Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 29. Oktober 2001
Aktenzeichen: 23 W 442/00
(OLG Hamm: Beschluss v. 29.10.2001, Az.: 23 W 442/00)
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten wird kostenpflichtig nach einem Gegenstandswert bis zu 6.000 DM zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten hat keinen Erfolg.
Mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin den dreifachen Ansatz der im Ausgangsrechtsstreit für einen jeden der Verfügungsbeklagten angefallenen Prozess- und Verhandlungsgebühr nebst Nebenkosten abgelehnt und unter Hinweis auf die Regelung des § 7 Abs. 2 BRAGO diese Gebühren jeweils nur einmal nach dem auf 50.000 DM für die erste Instanz festgesetzten Streitwert berücksichtigt.
Zwar ist den Verfügungsbeklagten darin beizupflichten, dass der Anwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird, gegenüber jedem einzeln abrechnen kann. Allerdings fallen bei nicht identischem Gegenstand seiner für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit erbrachten Leistungen die einzelnen Gebühren nur einmal an (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Dem durch die Mehrfachvertretung anfallenden Mehraufwand wird in diesen Fällen im Wege einer durch Addition der Einzelstreitwerte vorzunehmenden Streitwerterhöhung Rechnung getragen. Gegenüber jedem einzelnen Streitgenossen kann der Anwalt aber nur die Gebühren entsprechend dem Verhältnis der Einzelbeteiligung am Gesamtstreitwert geltend machen ( § 6 Abs. 3 Satz 1 BRAGO, insgesamt aber nicht mehr als die Summe der nach dem Gesamtstreitwert einmal angefallenen Gebühren ( §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 BRAGO).
Dem trägt der angefochtene Beschluss zutreffend Rechnung. Der Gegenstand der jeweils in eigener Sache durchgeführten Rechtsverteidigung der Verfügungsbeklagten war nicht derselbe. Die von ihnen verlangte Unterlassung bestimmter werbewirksamer Formulierungen in Zusammenhang mit dem Betrieb ihrer gemeinschaftlichen Anwaltspraxis war von einem jeden von ihnen unabhängig voneinander zu erfüllen. Damit kommt § 7 Abs. 2 BRAGO - in Verbindung mit § 91 Abs. 2 Satz 4 BRAGO - und nicht § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zur Anwendung.
Der Gebührenberechnung im angefochtenen Beschluss ist zu Recht ein Gesamtstreitwert von 50.000 auf der Grundlage der Streitwertfestsetzung des Landgerichts zugrunde gelegt worden. Eine andere Deutung läßt der Wortlaut der Ziffer 7 des Anordnungsbeschlusses des LG Essen vom 03.09.1999 - "Der Streitwert wird auf 50.000 DM festgesetzt" - nicht zu. Er beinhaltet eine umfassende Bewertung des Streitwerts des gesamten Verfahrens im Sinne einer Zusammenrechnung der einzelnen Gegenstände.
Der Ansatz von Umsatzsteuer auf die Anwaltskosten der Verfügungsbeklagten ist ebenfalls zu Recht abgelehnt worden.
Für die Einholung der von den Verfügungsbeklagten beantragten Auskunft des Bundesfinanzministeriums zur Frage der Umsatzbesteuerung im konkreten Fall bestand keine Veranlassung. Die in diesem Zusammenhang anstehenden Rechtsfragen sind bereits durch die Rechtsprechung abschließend geklärt. Danach gilt folgendes:
Wird der Anwalt in eigener Angelegenheit tätig, fällt Mehrwertsteuer nur bei sog. "Außengeschäften" aus Anlaß einer reinen Privattätigkeit an. Betrifft die anwaltliche Tätigkeit ein "Innengeschäft" - aus beruflicher Angelegenheit - liegt keine Leistung für Zwecke außerhalb des Unternehmens und damit kein mehrwertsteuerpflichtiger Eigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 b UStG ein (vgl. Stellungnahme der OFD Düsseldorf vom 15.2.1982 in AnwBl. 1982, 193; Senatbeschluss vom 5.2.1985 in JurBüro 1985, 1190; von Eicken in Gerold-Schmidt, BRAGO, 14. Aufl., § 25 A 6 mwN).
Die Eigenvertretung der Verfügungsbeklagten im Ausgangsrechtsstreit unterliegt danach nicht der Mehrwertbesteuerung. Denn sie betraf keine Leistungen außerhalb ihrer Anwaltskanzlei. Sie erfolgte in einer beruflichen Angelegenheit aller drei Verfügungsbeklagten. Das Unterlassungsbegehren der Verfügungsklägerin ist ausschließlich dem Bereich der anwaltlichen Tätigkeiten der Verfügungsbeklagten zuzuordnen; die beanstandeten Formulierungen in der von ihnen verteilten Kanzleibroschüre und dem dazugehörigen Rundschreiben dienten der Werbung von Mandanten.
Die sofortige Beschwerde war daher in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 12 GKG, 3 ZPO.
OLG Hamm:
Beschluss v. 29.10.2001
Az: 23 W 442/00
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