Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 245/00
(BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az.: 28 W (pat) 245/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluß der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 21. August 2000 aufgehoben.
Die Löschung der Marke 397 03 838 wird für die Waren: "Feuerwerkskörper wie Raketen, Tischfeuerwerke, Leuchtfeuerwerke" angeordnet.
Kosten werden nicht auferlegt.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung COUNTDOWN 2000 am 13. Juli 1998 unter der Nummer 397 03 838 u.a. für die Waren
"Feuerwerkskörper wie Raketen, Tischfeuerwerke, Leuchtfeuerwerke;"
in das Markenregister eingetragen worden.
Gegen die Eintragung der Marke für diese Waren ist Löschungsantrag gestellt und im wesentlichen damit begründet worden, daß die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG eingetragen worden sei, da es sich bei "Countdown 2000" lediglich um eine umgangsprachübliche Bezeichnung für das Rückwärtszählen von Zeiteinheiten bis zum Zeitpunkt "NULL" (Start) handele.
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen und verneint einen unmittelbar beschreibenden Bezug der Bezeichnung mit den angegriffenen Waren, zumal es mehrerer gedanklicher Schritte bedürfe, um von der Zeitzählung zu der Ware "Feuerwerkskörper zu gelangen.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patentamts hat den Löschungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Bezeichnung "Countdown 2000" enthalte keine Aussage über Eigenschaften der Ware "Feuerwerkskörper" und vermittle allenfalls einen diffusen Bedeutungsgehalt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsstellerin. Sie trägt vor, der Begriff "Countdown 2000" stelle einen eindeutigen Hinweis auf ein bestimmtes Zeitereignis, nämlich den Jahreswechsel 1999/2000 dar, für den die Feuerwerkskörper ureigens zur Benutzung bestimmt seien und benenne daher den Zeitpunkt der Benutzung der Ware. Somit bestehe ein Freihaltungsbedürfnis an dieser Angabe, deren Eintragung darüberhinaus auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegengestanden habe.
Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, die Löschung der Marke für die Waren der Klasse 13 anzuordnen und der Markeninhaberin die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Für sie handelt es sich bei der angegriffenen Marke um eine im Bezug auf die Waren "Feuerwerkskörper" mehrdeutige Angabe, die allenfalls durch gedankliche Analyse mit diesen Waren in Verbindung gebracht werden könne. Soweit die Antragsstellerin der angegriffenen Bezeichnung exakt den Jahreswechsel 1999/2000 zuordne, sei dieser Zeitpunkt inzwischen verstrichen, so daß einer Löschung der Marke derzeit jedenfalls § 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG entgegenstehe.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet, weil die Voraussetzungen für die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang entgegen der Ansicht der Markenabteilung gegeben sind. Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren ist die Marke "Countdown 2000" wegen Nichtigkeit zu löschen, denn im Zeitpunkt der Eintragung wie im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag steht der Eintragung der Marke insoweit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen (§ 50 MarkenG Abs 1 Nr 3, Abs. 2 S.1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht (BGH GRUR 1999, 492, 495 - Altberliner). Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 1999, 408, 409 - YES).
Selbst diese geringen Anforderungen erfüllt die Marke im Hinblick auf die Waren der Klasse 13 nicht. Nach den Feststellungen des Senats weist die Bezeichnung "Countdown 2000" unzweifelhaft auf ein konkretes Zeitereignis und zwar auf den Übergang des Jahres 1999 zum Jahr 2000 hin. Dieser sog. Jahrtausendwechsel war bereits im Zeitpunkt der Eintragung Mitte 1998 wegen der damit in Zusammenhang gebrachten Unsicherheiten in der Zeitumstellung bzw allgemeiner Zukunftsängste in aller Munde, was sich u.a. darin ausdrückte, daß weit vor dem Ereignis speziell hierfür bestimmte Waren in Verkehr gebracht wurden. So gab es besondere Uhren, die auf den Jahrtausendwechsel zurückzählten. Sogenannte Milleniums-Produkte wurden gezielt als Marketinginstrument eingesetzt, angefangen von der exakt 2000 Gramm schweren Milleniums-Schokolade, über den Sekt mit der Aufschrift "Edition 2000", den passenden Gläsern mit der Gravur "2000" bis hin zum eigens entwickelten Jahrtausendbrot der Fa.A..., auf dessen Ver packung die Hersteller seit Oktober 1999 den "Countdown bis zum Jahresende zählten". Diese Beispiele sind dem Artikel "Schillernder Begriff soll Kunden locken. Kaum ein Hersteller verzichtet auf spezielle Angebote zum Jahrtausendwechsel" in der Süddeutschen Zeitung vom 13. Dezember 1999 entnommen. Diese Zeitung - wie andere auch - veröffentlichte weit vor dem Jahreswechsel über längere Zeiträume zahlreiche Serien unter der Überschrift "2000-Problem", die sich u.a. mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der problematischen Jahrtausendumstellung befaßten. Gerade diese weitverbreitete Unsicherheit vor dem Jahreswechsel 2000, die zeitweise hysterische Züge etwa im Zusammenhang mit den erwarteten Computerproblemen und Versorgungsausfällen annahm, spiegelte sich auch im Internet wieder. Dort finden sich unter dem Stichwort "Countdown 2000" mehrere mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterte Seiten, die eine Gebräuchlichkeit dieser Bezeichnung und eine klare Bezugnahme nur und gerade auf den Jahreswechsel 1999/2000 belegen. Dieselbe Internetrecherche zeigt auch, welche Bedeutung speziell das Silvester-Feuerwerk im Zusammenhang mit diesem epochalen Ereignis besitzt., das mehrere Städte auf der Welt groß ankündigten (vgl für alle "Insel Rügen Countdown 2000 in Binz",www.tmv.de) und der Fernsehsender RTL 2 als "The final Countdown, 24 Stunden live Silvesterpartys" ausstrahlte (vgl leben 99.de/Programm-RTL2.html). Dass dieses medienwirksame Großereignis auch noch über den Jahreswechsel hinauswirkt und dem Verkehr mindestens bis zum heutigen Tag gut ein Jahr nach dem Jahrtausendwechsel im Gedächtnis bleibt, liegt auch und gerade im Zusammenhang mit den angegriffenen Waren auf der Hand. Die Angabe "Countdown 2000" auf der Verpackung von Feuerwerkskörpern wirkt damit über Sylvester 1999/2000 hinaus als bloße Bestimmungsangabe über die Verwendung der Waren.
Dem steht nicht entgegen, dass die Markeninhaberin vorträgt, einen Großteil ihrer Umsätze mit Feuerwerk außerhalb der Sylvesterzeit zu tätigen. Abgesehen von einzelnen Feuerwerksdarbietungen aus besonderen Anlässen, die einer Genehmigung durch die örtlichen Ordnungsbehörden bedürfen, ist dem Verkehr bekannt, daß diese Waren nur zum Jahresende frei verkäuflich sind und nur dann von jedermann primär zu diesem Ereignis erworben werden können.
Die Löschung der Marke im beantragten Umfang ist im vorliegenden Fall auch nicht durch § 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG ausgeschlossen, wonach im Zeitpunkt der Eintragung vorhandene Schutzhindernisse auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag weiterbestehen müssen. Ein Großereignis wie der Jahreswechsel 1999/2000, mit dem der Beginn eines neuen Jahrtausends verbunden war, wirkt über seinen eigentlichen Zeitpunkt weit hinaus und ist damit auch im Nachhinein - jedenfalls in einem begrenzten zeitlichen Rahmen, wie er vorliegend noch eingehalten wird - nicht geeignet, für speziell zu diesem Anlaß gebräuchliche Waren, wie Feuerwerkskörper, einen betrieblichen Hinweis zu geben. Damit fehlt der Marke für diese Waren auch noch zum Zeitpunkt der Verkündung dieses Beschlusses jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 WZG.
Ob die Marke im angegriffenen Umfang auch wegen des weiteren Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG löschungsreif wäre, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob ein eventuelles Freihaltungsbedürfnis für die Zeit nach dem Jahreswechsel 1999/2000 entfallen würde und somit wegen § 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG einer Löschung entgegenstehen könnte.
Für den Senat bestand keine Veranlassung, einem der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Für ein Abweichen von der gesetzlichen Regelung im § 71 Abs 1 MarkenG fehlt es vorliegend an besonderen Umständen, die unter Billigkeitsgesichtspunkten die Kostentragung durch eine Beteiligte nahelegen. Weder rechtfertigt die Beschwerdeeinlegung durch die Antragstellerin noch das Verhalten der Markeninhaberin eine Ausnahme vom Grundsatz der eigenen Kostentragung.
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BPatG:
Beschluss v. 23.01.2002
Az: 28 W (pat) 245/00
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