Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 23/04

(BPatG: Beschluss v. 12.12.2005, Az.: 30 W (pat) 23/04)

Tenor

Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. Oktober 2003 aufgehoben.

Der Widerspruch aus der Marke 398 72 446 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Für die Waren und Dienstleistungen

"Elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten;

Büroarbeiten; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren"

ist unter der Nr. 301 63 329 seit dem 28. Februar 2002 eingetragen die Wortmarke ELREP.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der seit dem 15. März 1999 unter 398 72 446 für die Waren und Dienstleistungen Datenverarbeitungsgeräte, Computer und deren Peripheriegeräte; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; gespeicherte Computer-Software, insbesondere für das Gebiet des Telefonreports und des Telefon-Marketing; 35: Beratung bei der Organisation von Unternehmen, Beratung in Fragen der Geschäftsführung, insbesondere auf dem Gebiet des Telefonreports und des Telefon-Marketing; 42: Entwurf und Entwicklung von Datenverarbeitungssystemen; Entwurf und Entwicklung von Informations-Technologien, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; die vorgenannten Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet des Telefonreports und des Telefon-Marketingeingetragenen Wortmarke TELREP.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch auf der Grundlage des ursprünglichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Bei einer bis zur Teilidentität reichenden Warenähnlichkeit sei eine Markenähnlichkeit zu bejahen, da sich die einzige unterscheidende Abweichung auf einen dentalen Verschlusslaut bzw. relativ konturenschwachen Buchstaben beschränke, der abweichende Sinngehalt wirke sich demgegenüber nicht aus.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Widerspruchsmarke habe durch den harten und kurz ausgesprochenen Anfangskonsonanten ein völlig eigenständiges und markantes Klangbild. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei gering, da sie sich aus zwei allgemein bekannten Abkürzungen zusammensetze.

In der mündlichen Verhandlung schränkt er das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ein durch den Zusatz "sämtliche Waren und Dienstleistungen ausgenommen Fertigwaren des Telekommunikationsbereiches".

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,

(auf der Grundlage des eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses) den angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 31. Oktober 2003 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Inhaberin der Widerspruchsmarke beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende bezieht sich im wesentlichen auf die im Beschluss der Markenstelle angeführten Gründe, beide Marken wiesen keinen konkreten Sinn auf und wirkten wie reine Phantasiebegriffe.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke hat nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in der Sache Erfolg.

Die angegriffene Marke ist nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu löschen, weil sie der Widerspruchsmarke nicht so ähnlich ist, dass die Gefahr von Verwechslungen besteht.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH st. Rspr. vgl. GRUR 2005, 513 - MEY/Ella May; WRP 2004, 1281 - Mustang; WRP 2004, 1043 - NEUROVIBOLEX-/NEURO-FIBRAFLEX; WRP 2004, 907 - Kleiner Feigling).

Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Die Widerspruchsmarke "TELREP" ist in der ersten Silbe - trotz Zusammenschreibung durch die Kürze des Markenwortes gut erkennbar - aus der Abkürzung "Tel" gebildet, die als allgemein gebräuchliche Abkürzung für "Telekommunikation, Telefon" verwendet wird (vgl. 30 W (pat) 022/96 - SOFTTEL/toptel; HABM, R0254/03-2 - ELDAT/Teldat beide PAVIS PROMA).

Auch dem zweiten Bestandteil des Markenwortes - "REP" - kann eine sinnvolle Bedeutung in Bezug auf die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden. Wie sich schon aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ergibt, das "Computer-Software für das Gebiet des Telefonreports" sowie Dienstleistungen "auf dem Gebiet des Telefonreports" benennt, kann "REP" gerade in Verbindung mit der Abkürzung "TEL" als Abkürzung für "Report" verstanden werden und die Gesamtbezeichnung "TELREP" als Abkürzung für den Gesamtbegriff "Telefonreport". Die Markeninhaberin selbst wirbt daher auch mit folgender Information "Der TelefonReport TELREP realisiert über alle gängigen Emulationen den Datenimport aus Ihrem System..." (vgl. http://www.kaitech.de/html/telrep.html). Die Widerspruchsmarke hat deshalb in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen deutlich beschreibende Anklänge und damit einen deutlich eingeschränkten Schutzumfang.

Nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses besteht zwischen den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und den von der angegriffenen Marke erfaßten Waren noch Warenähnlichkeit.

Den bei reduzierter Kennzeichnungskraft und bei - nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses - nur noch ähnlichen Vergleichswaren zu fordernden mittleren Markenabstand hält die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ein.

Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht in aller Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Dabei bleibt auch ein beschreibender Bestandteil bei der Feststellung des Gesamteindrucks nicht außer Betracht, sondern ist mit zu berücksichtigen (vgl. BGH a.a.O. NEUROVIBO-LEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass sich die gegenüberstehenden Marken in ihrem Gesamteindruck ausreichend unterscheiden.

Eine klangliche Ähnlichkeit ist zu verneinen. Zwar stimmen die beiden Marken in einem Großteil der Buchstaben überein, die angegriffene Marke ist in der Widerspruchsmarke vollständig enthalten. Das in der Widerspruchsmarke zusätzlich als Anfangsbuchstabe vorangestellte "T" ist aber ein markanter Konsonant, der der Gesamtmarke ein gegenüber der angegriffenen Marke abweichendes Klangbild verleiht.

Da es sich um relativ kurze, übersichtliche Markenwörter handelt, tritt der Unterschied am stärker beachteten Wortanfang auch im schriftbildlichen Vergleich noch mehr hervor.

Dies wird noch verstärkt durch den in der Widerspruchsmarke deutlich erkennbaren Begriffsgehalt. Der in beiden Vergleichsmarken übereinstimmende Wortbestandteil "REP" ist jedenfalls in der Widerspruchsmarke kein kennzeichnungsstarker Bestandteil, sondern hat die oben erläuterten beschreibende Anklänge an den Begriff "(Telefon)Report".

Im Gegensatz zur Widerspruchsmarke, wo die beiden Abkürzungselemente deutlich erkennbar werden, trifft dies für die angegriffene Marke nicht in gleicher Weise zu, da die Einzelelemente nicht mehr so deutlich werden und die Marke in der Zusammensetzung wie ein neuer eigenständiger Phantasiebegriff wirkt. In der angegriffenen Marke lässt sich bei der dem gemeinsamen Bestandteil "REP" vorangestellten Silbe "EL" nämlich nicht ohne weiteres annehmen, dass sie als Abkürzung für den Begriff "elektronisch" verstanden wird. Zum einen fehlt es an einer bei Abkürzungen üblichen Kenntlichmachung durch einen Punkt, Bindestrich oder ein Abstandszeichen, zum anderen ist die Abkürzung für "Elektronisch" mit dem Einzelbuchstaben "e, E" gebräuchlicher wie bspweise in vergleichbaren Begriffen wie E-Commerce, E-Banking, wobei aber auch beschreibende Wortteile bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit nicht ohne weiteres vernachlässigt werden dürfen.

Durch den direkten Anschluß an die nachfolgenden Buchstaben bildet die Anfangssilbe "EL" jedoch mit dem nachfolgenden Bestandteil "REP", dessen beschreibender Anklang im Sinne von "Report" in dieser Verbindung und in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht so nahe liegt wie bei der Widerspruchsmarke, eine geschlossene Einheit und einen neuen eigenständigen Phantasiebegriff. Es tritt keine wie sonst bei Vorsilben übliche sprachliche oder begriffliche Zäsur ein, so dass der mit der angegriffenen Marke identische Teil "REP" mit dem "EL" verschmilzt. Zwar kann in der Regel bei weitgehenden Übereinstimmungen im übrigen eine alleinige Abweichung am Wortanfang die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O. § 9 Rdn. 184). Doch handelt es sich hier bei dem übereinstimmenden Teil "REP" wie oben erläutert um einen in der Widerspruchsmarke kennzeichnungsschwachen Bestandteil, in der angegriffenen Marke aber um ein Element ohne vergleichbaren Sinngehalt, das zudem von dem die Betonung tragenden Element "EL" überlagert oder zumindest aufgenommen wird, so dass der Gesamteindruck nachhaltig verändert ist. Zudem kann bei einteiligen Marken allenfalls unter ganz besonderen Umständen ein Bestandteil zu vernachlässigen sein (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O. § 9 Rdn. 339).

Auch die Widerspruchsmarke bildet mit den beiden Bestandteilen "TEL" und "REP" einen einheitlichen Begriff, wobei im Gegensatz zur angegriffenen Marke bei der Widerspruchsmarke der Sinngehalt der Abkürzung "TEL" für "Telekommunikation, Telefon" und damit in Verbindung der Sinngehalt von "REP" für "Report" deutlich erkennbar wird. Der Verkehr wird daher die Widerspruchsmarke wegen ihres deutlich beschreibenden Anklangs mit Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation und Telefonie in Verbindung bringen.

Demgegenüber hat der Inhaber der angegriffenen Marke sein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis entsprechend eingeschränkt, so dass keine Anhaltspunkte mehr dafür bestehen, dass der Verkehr die angegriffene Marke im Zusammenhang mit den Bereichen Telekommunikation oder Telefon sehen wird. Er wird die angegriffene Marke vielmehr als neuen Phantasiebegriff auffassen.

Durch den erkennbar unterschiedlichen Sinngehalt der Vergleichsmarken ist eine Verwechslungsgefahr daher nicht zu befürchten.

Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Fälle von Verwechslungsgefahr sind nicht ersichtlich.

So besteht insbesondere nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können. Die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt demnach voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen und insoweit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen, gleichwohl einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und deshalb die übrigen abweichenden Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke ansehen (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O. § 9 Rdn. 466). Dabei sprechen die zu vergleichenden (abweichenden) Markenteile insbesondere dann gegen eine mittelbare Verwechslungsgefahr ebenso wie gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, wenn sie sich mit dem gemeinsamen Bestandteil zu eigenen, in sich geschlossenen Gesamtbegriffen verbinden, die von der Vorstellung wegführen, es handele sich um Serienmarken eines Unternehmens (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O. § 9 Rdn. 493). Im vorliegenden Fall führt eine gesamtbegriffliche Verbindung wie oben ausgeführt zu dem Phantasiebegriff "ELREP" von der Vorstellung weg, das Markenelement "REP" stelle den Stammbestandteil von Serienmarken dar. Es besteht daher keine Veranlassung, den Bestandteil "EL" abzuspalten.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Paetzold Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 12.12.2005
Az: 30 W (pat) 23/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/68af0e9664e3/BPatG_Beschluss_vom_12-Dezember-2005_Az_30-W-pat-23-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share