Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. September 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 77/02
(BPatG: Beschluss v. 04.09.2002, Az.: 29 W (pat) 77/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die zur Kennzeichnung der Dienstleistung "Telekommunikation" angemeldete Wortmarke
"Simlock"
ist am 31. Mai 2000 unter der Nummer 300 32 031 in das Markenregister eingetragen worden. Die Markenabteilung 3.4.des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Löschungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 18. Januar 2002 stattgegeben und die Marke wegen absoluter Eintragungshindernisse gelöscht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Begriff "Simlock" sei im Bereich der Telekommunikation unmittelbar beschreibend, und zwar nicht nur für die Vorrichtung, die ein Mobiltelefon an das Netz eines bestimmten Anbieters zeitlich begrenzt binde, sondern auch für das Dienstleistungsverhältnis zwischen Verbraucher und Anbieter, weil diese Bindung gegen Bezahlung aufgehoben werden könne.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Markeninhaberin geltend, die Bezeichnung "Simlock" besitze Phantasiecharakter. Die Abkürzung "SIM" bezeichne auf dem Gebiet der Telekommunikation ein Modul (Chip) zur Feststellung der Identität eines Nutzers. "Lock" bedeute (Tür-) Schloß, Verschluß-, Halte-, Sperrvorrichtung oder zuschließen, verschließen oder versperren. Damit enthalte das Markenwort einen unlogischen Sinn, da es eine Anordnung oder ein Verfahren bezeichne, das die Identifizierung eines Teilnehmers verhindere. Im übrigen sei "Simlock" mehrdeutig, da eine weitere Marke "Simlock" zur Kennzeichnung von Vorrichtungen für die Befestigung von SIM-Karten in Handys eingetragen sei.
Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluß des deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Januar 2002 aufzuheben und den Antrag auf Löschung der Wortmarke 300 32 031 "Simlock" zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die Markenabteilung die Marke "Simlock" zu Recht gelöscht hat. "Simlock" war im Zeitpunkt der Eintragung mangels Unterscheidungskraft nicht schutzfähig und ist es zwischenzeitlich auch nicht geworden (§§ 50,54, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Dabei nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede, auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.). Gemessen an diesen Anforderungen ist die verfahrensgegenständliche Marke nicht schutzfähig, da "Simlock" bezüglich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender Sachhinweis ist.
Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, setzt sich das Zeichen aus der englischsprachigen Abkürzung "SIM" für "Subscriber Identification Module" und dem ebenfalls aus dem Englischen stammenden Wort "lock" für "Schloß, Verschlussvorrichtung". Es kommt nicht darauf an, ob die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise die Bedeutung der wörtlichen Übersetzung des angemeldeten Zeichens kennen oder nicht, denn "Simlock" hat sich im Zusammenhang mit Mobilfunkangeboten verschiedener Betreiber zu einem den angesprochenen Kreisen geläufigen Fachbegriff entwickelt, wie die Markenabteilung bereits zutreffend nachgewiesen hat. Ausgehend von den in Mobiltelefonen verwendeten SIM-Karten, nämlich Chips, auf denen die ID-Nummer des Kunden und sonstige Daten gespeichert sind, bedeutet das Markenwort, dass ein - regelmäßig preislich subventioniertes - Mobiltelefon mittels eines Codes auf der SIM-Karte, des sogenannten "Simlock" vom Anbieter und Netzbetreiber derart gesperrt ist, daß es für einen begrenzten Zeitraum nur in seinem Netz benutzt werden kann. Vor Zeitablauf kann die Sperre gelöst werden, wenn der Nutzer einen bestimmten Geldbetrag bezahlt (vgl. z.B. die Hinweise auf den Websites www. alexsinclaire.de zum Stichwort Handy: "Was ist ein Simlock€" oder home. arcor.de "Was ist Simlock€"). Dem Nutzer ist beim Erwerb eines regelmäßig weit unter Preis angebotenen Handy's bewusst, dass das Interesse des Anbieters nicht im Vertrieb des Mobiltelefons liegt, sondern im Verkauf der Telefondienstleistung. Das "Simlock" wird eingesetzt, um den Kunden an seine Telefondienstleistung zu binden und so "Kundentreue" zu gewährleisten. Dies ist eine spezielle vertragliche Gestaltung, unter der die hier allgemein beanspruchte Dienstleistung "Telekommunikation" im Bereich Mobilfunk erbracht wird.
Auch wenn der Begriff "Simlock" von einem Hardware-Hersteller für einen Adapter verwendet wird, der bei größenmäßig nicht passenden SIM-Karten einen ungestörten Kontakt gewährleisten soll, steht die oben dargestellte Bedeutung auf dem hier beanspruchten Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen eindeutig im Vordergrund. Die Abnehmer werden "Simlock" dementsprechend stets nur in diesem Sinn verstehen und nicht als Herkunftshinweise auf einen bestimmten Anbieter ansehen.
Das Eintragungshindernis bezieht sich auf die gesamte Klasse 38, auch wenn die obigen Ausführungen speziell nur Mobilfunkdienstleistungen betreffen. Der Anmelderin, die mit "Telekommunikation" einen Oberbegriff beansprucht, steht es nämlich frei, welchen Teil der diesem unterfallenden Dienstleistungen sie später benutzt, so dass die Prüfung der Eintragungsfähigkeit nicht bei dem Oberbegriff stehen bleiben darf (vgl. BGH WRP 2002, 91 ff - AC).
Ein Anlass, einem der Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG), liegt nicht vor.
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BPatG:
Beschluss v. 04.09.2002
Az: 29 W (pat) 77/02
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