Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 8. Mai 2002
Aktenzeichen: 13 B 1636/01

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 08.05.2002, Az.: 13 B 1636/01)

Tenor

Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 3,07 Mio. EUR (= 6 Mio. DM) festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, und 4 VwGO nicht vorliegen.

I. Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat die auf einstweiligen Rechtsschutz zielenden Anträge der Antragstellerin gegen den Bescheid der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 12. Oktober 2001 zu Recht in vollem Umfang abgelehnt, weil diese entweder unzulässig oder jedenfalls unbegründet sind.

Zu Antrag 1. a) aa) u. bb): Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 1 K 8277/01 VG Köln gegen den o.a. Bescheid, soweit dieser die Abrechnung der genehmigten Entgelte für die einzelnen Tarifzonen nach Maßgabe der Anlage F - Einzugsbereiche (Stand: 19.12.2000) anordnet und soweit er Entgelte für nicht mehr als drei unterschiedliche Tarifzonen genehmigt, ist unzulässig. Bei den dies betreffenden Teilen der Beschlusskammerentscheidung handelt es sich nämlich nicht um im Hauptsacheverfahren mit der Anfechtungsklage selbständig anfechtbare Teile eines Verwaltungsakts, und zwar auch nicht um, wie die Antragstellerin meint, selbständig anfechtbare Auflagen.

Zu aa): Aus Sicht des Senats enthält die Nr. 3 des o.a. Bescheids bereits keine Nebenbestimmung i.S.d. allein in Betracht kommenden § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, so dass schon deswegen eine selbständige Anfechtbarkeit einer Auflage nicht in Betracht kommt. Zwar wird durch diese Tenornummer die Antragstellerin angehalten, die genehmigten Entgelte für die einzelnen Tarifzonen nach Maßgabe der Anlage F - Einzugsbereiche (Stand: 19.12.2000) abzurechnen, doch wird insoweit keine Bestimmung neben dem Hauptausspruch der Regelung, nämlich der Genehmigung von Tarifzonenentgelten getroffen. Aus den Tarifzonen und zugehörigen Entgelten ergibt sich in Verbindung mit der Begründung des Bescheides hierzu zwingend, dass die Tarifzonenentgelte auf der Grundlage einer Zwei-Ebenen-Netzstruktur mit dazu festgelegter Größe und Örtlichkeit der Einzugsbereiche beruhen und nur auf dieser Grundlage überhaupt handhabbar sind. Insoweit ist die Nr. 3 ein im Tenor des o.a. Bescheids nur zur Klarstellung herausgestellter wesentlicher Teil der Entscheidungsgrundlage, der im Ergebnis die Tarifzonen definiert und mit dieser Bedeutung auch bereits Teil der Beschlussbegründung (Blatt 34ff) mit dem Charakter einer Inhaltsbestimmung des Verwaltungsakts selbst ist. Bereits daraus ergibt sich, dass die Entgelte der Tarifzonen denknotwendig nur auf der Grundlage der in den Gründen (Blatt 39/40) bereits angezogenen Anlage F - Einzugsbereiche (Stand: 19.12.2000) handhabbar, d. h. abzurechnen sind.

Wollte man hingegen der Nr. 3 anknüpfend an ihren Wortlaut den Charakter einer regelnden Nebenbestimmung neben der eigentlichen Entgeltgenehmigung zuerkennen, wäre sie ebenfalls nicht isoliert anfechtbar und nicht geeignet, Gegenstand einer Anfechtungsklage und damit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zu sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 -, NVwZ 2001, 429, m.w.N.,

hängt der Erfolg einer Anfechtungsklage gegen eine Nebenbestimmung davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann; dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Die genehmigten Entgelte wären ohne die als maßgeblich bestimmte Anlage rechtlich nicht anwendbar und auch von der Erlassbehörde nicht gewollt. Liegen nämlich die Punkte, an denen eine Zusammenschaltung erfolgt oder erfolgen kann, und ihre Zuordnung zu einer bestimmten Netzebene nicht fest, kann eine Einordnung der über den Zusammenschaltungspunkt laufenden Verbindung in die anzuwendende Tarifzone nicht erfolgen. Bei Aufhebung der Nr. 3 des Tenors und damit bei Wegfall der Netz- und Entgeltstruktur mit 475 LEZB (lokale Einzugsbereiche), denen die Zusammenschaltungspunkte zugeordnet sind, träten nicht automatisch die von der Antragstellerin favorisierte Struktur mit 936 LEZB ein. Es ist an dieser Stelle auch nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin auf den Antrag der Antragstellerin nach 1. b) verpflichtet ist, die Entgeltgenehmigung auf der Grundlage einer Netzstruktur mit 936 LEZB zu erteilen. Ohne Festlegung der anzuwendenden Struktur wären daher die genehmigten Entgeltbeträge nicht mehr handhabbar und lediglich ein Genehmigungstorso. Dies erhellt, dass es sich allenfalls um sog. modifizierende Auflagen handelt, die wegen ihrer engen Verbundenheit mit der eigentlichen Regelung nicht selbständig anfechtbar und aussetzbar sind.

Zu bb): Auch die nicht erfolgte Bestimmung einer weiteren Tarifzone bzw. eines Entgelts für eine vierte Tarifzone beinhaltet keine Nebenbestimmung, die für eine isolierte Anfechtung bzw. einen isolierten Rechtsschutzantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht käme. Denn insoweit liegt keinerlei Bestimmung, damit auch keine Nebenbestimmung vor. Die von der Regulierungsbehörde erteilte Genehmigung ist schlicht nur in einem von der Antragstellerin nicht akzeptierten, aus ihrer Sicht verkürzten Umfang getroffen worden. Insoweit ist ebenso wie im Falle aa) statthafte Rechtsschutzform im Hauptsacheverfahren die Verpflichtungsklage und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Antrag nach § 123 VwGO.

Zu 1. b) aa) u. bb): Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenfalls zu Recht abgelehnt.

Selbst wenn der Antrag mit dem Verwaltungsgericht unter Rückgriff auf die Entgeltbeträge im Antrag zu 2. a) aa) u. bb) für hinreichend bestimmt gehalten würde, könnte er wegen Vorwegnahme der Hauptsache keinen Erfolg haben, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt ist.

Eine Ausnahmesituation, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung trotz Vorwegnahme der Hauptsache gleichwohl die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wege des § 123 Abs. 1 VwGO geböte - drohende schwere, unzumutbare und irreversible Nachteile, die ein herabgesetzte Anforderungen an die Erfolgsaussichten in der Hauptsache rechtfertigen -, kann auch der Senat nicht erkennen. Die Antragstellerin, in deren gegenwärtigem Netz (Ist-Netz) allenfalls ein Viertel des Verkehrs auf die vom angefochtenen Bescheid erfassten Verkehre entfällt und die insoweit jedenfalls keinem akuten Netzanpassungsdruck aus Rentabilitätsgründen ausgesetzt sein dürfte, ist nicht gezwungen, entsprechend der genehmigten Tarifierung auch die Struktur ihres Ist-Netzes alsbald, d. h. noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens, anzupassen. Denkbar erscheint nämlich auch eine Abrechnung mit den Unternehmen der Zusammenschaltung auf Grundlage der genehmigten Entgelte und Tarifstruktur bei Beibehaltung und ggf. routinemäßiger Überarbeitung des Ist-Netzes und eine Entgeltnacherhebung bei erfolgreicher Durchsetzung der von ihr beantragten Entgelte im Hauptsacheverfahren. In dem die Zusammenschaltung an sich betreffenden Verfahren 13 B 307/02 OVG NRW hat das dort zusammengeschaltete Unternehmen von der Antragstellerin unwidersprochen mitgeteilt, dass die Umstellung der Abrechnung auf das neue Tarifsystem problemlos erfolgt sei und die Abrechnung erfolgreich laufe. Dass die Antragstellerin dazu ihr Ist- Netz für die Tarifumstellung habe ändern müssen, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Dies lässt erwarten, dass auch bei einem späteren Erfolg der Antragstellerin in der Hauptsache eine Abrechnungsrückumstellung und eine eventuelle Entgeltnacherhebung nicht ausgeschlossen wäre.

Selbst bei Annahme eines von der festgesetzten Entgeltstruktur und -höhe mittelbar auf die Antragstellerin ausgehenden Drucks zur Anpassung ihrer Netzstruktur an die Entgeltstruktur ist der Senat bei gegenwärtiger Erkenntnislage nicht davon überzeugt, dass eine eingeschränkte Anpassung der Netzstruktur, soweit sie für die Zeit des Hauptsacheverfahrens erforderlich wäre, die von der Antragstellerin aufgezeigten Kosten auslösen würde. Unterstellte man notwendig werdende Umbauten und/oder Kapazitätserweiterungen im Netz infolge verstärkten Zugriffs - ggf. Zugriffswechsels - der Zusammenschaltung nachsuchenden oder bereits zusammengeschalteten Unternehmen auf Vermittlungseinrichtungen mit Netzübergabefunktion (VE:N) auf der einen oder anderen Ebene und/oder verstärkte Verkehre auf bestimmten Linien, dürfte sich eine solche Situation lediglich gleitend entsprechend der Entwicklung der Netze der Wettbewerber und deren Bedarf einstellen, so dass die Antragstellerin eventuelle Netzanpassungen - die in gewissem Umfang auch nach ihren Strukturvorstellungen notwendig wären - gestreckt vornehmen kann und angesichts der Leistungsfähigkeit der verwendeten Technik vermutlich nicht in allen Fällen eines künftigen Anschlusses in einem Einzugsbereich nach Maßgabe der Anlage F (Stand: 19.12.2000) Neuinstallationen oder Verstärkungen erforderlich sein werden. Zwar besteht aus unternehmerischer Sicht kein Bedarf nach einer Investition, die sich nicht "rechnet", doch bedeuteten Kosten für eine Netzanpassung an aktuelle Marktanforderungen und damit für Netzmodernisierung insoweit keinen Verlust, als das Netz eine bleibende Aufwertung erfährt, die eine zunehmende Verkoppelung mit anderen Netzen und damit größere Verkehrsmengen mit höheren Entgelteinnahmen für die Antragstellerin - wenn auch zu niedrigeren Preisen - erwarten lässt. Ob ein kompletter Umbau des Ist-Netzes der Antragstellerin auf die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Struktur zur Erlangung kostendeckender Entgelte bei Erfolglosigkeit der Hauptsacheklage langfristig überhaupt erforderlich sein und den von der Antragstellerin angegebenen Milliardenbetrag erreichen wird, erscheint zweifelhaft. Im Übrigen dürften voraussichtlich lediglich situationsgebundene Umbauten und Verstärkungen im Einzelfall der Zusammenschaltungsdurchführung anfallen, denen für die Frage der Notwendigkeit vorläufigen Rechtsschutzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache kein durchschlagendes Gewicht zukommt.

Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO erscheint vorliegend auch nicht deshalb geboten, weil etwa der Antragstellerin, wie sie auf Grund der Entscheidung des Senats vom 3. Mai 2001 - 13 B 69/01 - meint, eine Entgeltgenehmigung mit Tarifzonen nach Maßgabe der Anlage F - Einzugsbereiche (Stand: 31.03.2001), d. h. unter Zugrundelegung von 936 LEZB und mit vier Tarifzonen offensichtlich zustehe. Vielmehr ist der Ausgang eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens bei der gegenwärtigen Erkenntnislage offen. Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 3. Mai 2001 ernstliche Bedenken an der den damals von der Antragsgegnerin festgesetzten Tarifen zugrunde liegenden Entgelt- und Netzstruktur, die mit derjenigen der jetzt genehmigten Entgelte übereinstimmt, geäußert. Er hat aber auch festgehalten, dass, auch wenn die realen Produktionsgegebenheiten des regulierten Unternehmens im Vordergrund zu stehen haben, die Zusammenschaltungsentgelte (nicht) ausschließlich auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten der Leistungsbereitstellung des zusammenschaltungspflichtigen Unternehmens zu ermitteln sind. Bei jener Entscheidung ist der Senat davon ausgegangen, dass das Ist-Netz der Antragstellerin dem ihrem damaligen Entgeltgenehmigungsantrag zugrunde gelegten Netz mit drei Ebenen und 936 LEZB auf unterer Ebene jedenfalls in etwa entspreche und auch ein solches Netz Grundlage einer effizienten Leistungsbereitstellung sein könne. Der vorliegend angegriffene Bescheid der Regulierungsbehörde und ihr Vorbringen im vorliegenden Verfahren machen jedoch - anders als in dem früheren Verfahren - deutlich, dass das Ist-Netz der Antragstellerin mit dem auch dem aktuellen Entgeltgenehmigungsantrag der Antragstellerin zugrunde gelegten Netz bezüglich der Vermittlung herstellenden Ebenen und der Zahl der Vermittlungseinrichtungen nicht vergleichbar und ebenfalls ein hypothetisches ist. Auch dieses Netz müsste die Antragstellerin erst noch durch kostenaufwendige Umbauten verwirklichen. Insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Antragstellerin vom 17. Mai 2001 auf Fragen der Regulierungsbehörde spricht einiges dafür, dass das Ist-Netz der Antragstellerin gewisse historisch bedingte Gegebenheiten aufweist, die Zweifel an einer zeitgemäßen effizienten Leistungsbereitstellung erlauben. So kann beispielsweise für eine ungewöhnlich hohe Zahl von Verbindungen bei einer Zusammenschaltung auf höherer Ebene keine Vermittlung unter Durchlaufen nur einer Vermittlungsstelle, also unter geringstem Aufwand (Tarifzone 1) zu Stande kommen. Geht man demgegenüber davon aus, dass jedenfalls das hypothetische, dem aktuellen Entgeltgenehmigungsantrag der Antragstellerin zugrunde gelegte Netz, soweit es einer vertretbaren unternehmerischen Leitentscheidung entspricht, als ein eine effiziente Leistungsbereitstellung i.S.d. § 3 Abs. 1 TEntgV ermöglichendes Netz angesehen werden könnte, lässt andererseits die von dem Großteil der eine Zusammenschaltung beanspruchenden Wettbewerber geforderte, der Tarifierung zugrunde zu legende Netzkonzeption erst recht eine effiziente Leistungsbereitstellung erwarten. In dieser Situation hat die Regulierungsbehörde, die eine für alle Beteiligten verbindliche Entscheidung über die Tarifierung und ihr zugrunde liegende Netzstruktur zu treffen hat, einen zwischen beiden Extremen vermittelnden Ansatz gefunden, was der Senat bereits in seinem Beschluss vom 3. Mai 2001 als mögliche Konfliktlösung angedeutet hat. Hinsichtlich der Zahl der LEZB hat sie der Forderung der Antragstellerin etwa zur Hälfte entsprochen - in einem früheren Verfahrensstadium ging die Antragstellerin selbst von 469 interconnectionsfähigen Bereichs-/Knotenvermittlungsstellen auf der zweiten Ebene und in einem letzten Kompromissangebot von 475 LEZB aus - und geht damit im Ergebnis von einer Beschaltungskapazität der Vermittlungseinheiten aus, die nicht wenige Vermittlungseinheiten im Ist-Netz der Antragstellerin bereits gegenwärtig offenbar problemlos bewältigen. Die von ihr ferner vorgenommene Beschränkung des Netzkonzepts auf zwei Ebenen, die bereits einmal von der Antragstellerin selbst in Grundzügen geplant war und der Struktur der meisten Telekommunikationsnetze europäischer Vergleichsstaaten entspricht, dürfte selbst bei einer weiter steigenden Nachfrage nach Internet-Verbindungen angesichts der zu erwartenden Fortschritte in der Leistungsfähigkeit der Vermittlungseinheiten nicht zu überlastbedingten Störungen im Netz führen und fasst die Nachteile des Ist-Netzes der Antragstellerin vermeidend die unterschiedlichen Einzugsbereiche mit VE:N zu einer lokalen Ebene mit entsprechender Tarifzone zusammen. So gesehen ist gegenwärtig jedenfalls nicht offensichtlich, dass die vermittelnde Entscheidung der Antragsgegnerin bezüglich der für die Tarifierung maßgeblichen Netzstruktur gemessen an § 3 Abs. 1 Satz 1 TKG zu beanstanden und allein vertretbar das dem Entgeltgenehmigungsantrag der Antragstellerin zugrunde liegende hypothetische Netz ist. Demgemäß ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens auf Verpflichtung zur Genehmigung der von der Antragstellerin mit ihrem Hilfsantrag zu 1. b) aa) u. bb) verfolgten Entgeltstruktur offen.

Zu 1. c): Auch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2001 hat das Verwaltungsgericht zu Recht wegen Unzulässigkeit abgelehnt.

Soweit die Antragstellerin die genehmigten, sie insoweit begünstigenden Entgelte angreift, fehlt es ihr am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Soweit sie sich gegen die aus ihrer Sicht fehlende vierte Tarifzone und die versagte Anwendung der Tarife auf 936 LEZB wendet, ist das Antragsbegehren, wie ausgeführt, unstatthaft. Diesen Zulässigkeitsmangel kann die Antragstellerin nicht mit der Überlegung überwinden, ein auch diesen Teil des angefochtenen Bescheids ergreifender Suspensiveffekt des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichte die Antragsgegnerin zu einer erneuten Entscheidung über ihren aktuellen Entgeltgenehmigungsantrag, und zwar im Sinne der von ihr erstrebten Tarifstruktur und Entgeltbeträge. Denn der Suspensiveffekt stellt nur ein Vollziehungshindernis dar.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 17. August 1995 - 3 C 17.94 -, BVerwGE 99, 109/112.

Die Behörde kann mithin von dem betroffenen Verwaltungsakt bei Eintritt des Suspensiveffekts keinen Gebrauch machen und aus ihm keine Folgerungen ziehen. Dies betrifft allerdings nur die Regelung des betroffenen Verwaltungsakts, denn nur von ihr kann Gebrauch gemacht werden. Ein Berufen auf die Existenz des Verwaltungsakts an sich und damit auf die bereits erfolgte Bescheidung eines Antragsbegehrens ist jedoch kein "Gebrauch machen" von der Regelung des Verwaltungsakts und damit der Erlassbehörde auch bei ausgelöstem Suspensiveffekt nicht verwehrt. Eine Pflicht der Regulierungsbehörde zur erneuten Entscheidung über den aktuellen Entgeltantrag der Antragstellerin bestünde mithin bei Einsetzen von Suspensiveffekt bezüglich des angefochtenen Bescheids nicht.

Zu Antrag 2. a) aa) u. bb): Das Verwaltungsgericht hat das Begehren der Antragstellerin auf vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zur Genehmigung der von der Antragstellerin betragsmäßig ausgewiesenen Entgelte bei vier Tarifzonen zu Recht abgelehnt.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist ein dem hier zu betrachtenden Rechtsschutzbegehren zugrunde liegender grundsätzlicher Anspruch der Antragstellerin auf eine Tarifierung mit vier Zonen und 936 LEZB bei gegenwärtiger Erkenntnislage offen. Selbst wenn man einen solchen Anspruch der Antragstellerin unterstellte, wäre nicht dargelegt, dass die von der Antragstellerin mit ihrem vorläufigen Rechtsschutzbegehren beanspruchten Entgeltbeträge der Höhe nach zuträfen. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass die von der Antragstellerin im Entgeltregulierungsverfahren vorgelegten Nachweise unzureichend waren und die Ermittlung der von der Antragstellerin bezifferten Entgelte nicht rechtfertigen. Einer Überprüfung dieser Beträge in Anwendung der Vergleichsmarktmethode steht der Charakter des vorliegenden summarischen Eilverfahrens entgegen. Die Antragstellerin kann dem auch nicht entgegenhalten, sie habe Anspruch auf Entgelte mindestens in Höhe der von ihr bezifferten Beträge, weil die Beträge dreier Tarifzonen denen der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten entsprechen und sich aus diesen der Betrag für eine vierte Tarifzone nach näher erläuterter Weise ableite. Damit hat die Antragstellerin gleichwohl nicht glaubhaft gemacht, dass auf der Grundlage der von ihr insoweit akzeptierten Vergleichsmarktmethode mindestens die von ihr bezifferten Entgeltbeträge der Höhe nach begründet sind. Denn die Erweiterung der Tarifzonen auf vier setzte notwendigerweise auch eine Veränderung der zu Grunde liegenden Netzstruktur im Sinne einer Erhöhung der Zahl der Netzebenen und der Aufteilung der Einzugsbereiche mit zugeordneten Vermittlungseinheiten voraus, was wiederum bei der notwendigen Umlegung der nach der Vergleichsmarktmethode anzusetzenden Kosten andere abzuleitende Entgeltbeträge als die von der Antragsgegnerin für drei Tarifzonen errechneten nach sich zöge. Welche Beträge sich richtigerweise ergäben und ob sie den mit dem Antrag zu 2. a) aa) u. bb) geltend gemachten entsprächen, ist im vorliegenden summarischen Verfahren nicht ersichtlich. Überdies könnte einiges dafür sprechen, dass bei Anwendung der Vergleichsmarktmethode diese Beträge niedriger wären als die von der Antragstellerin übernommenen bzw. mathematisch ermittelten und die Drei-Zonen-Tarifierung gegenüber einer Vier- Zonen-Tarifierung keinen zwingenden Einkommensnachteil für die Antragstellerin bedeuten muss.

Zu 2. b): Das Hilfsbegehren der Antragstellerin auf vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin auf Neubescheidung ihres Entgeltgenehmigungsantrags mit vier Tarifzonen hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt. Nach den obigen Ausführungen ist bereits ein Anspruch der Antragstellerin auf Entgeltgenehmigung mit vier Tarifzonen lediglich offen, damit ein wenigstens überwiegend wahrscheinlicher Anspruch auf Neubescheidung nicht dargelegt und im Übrigen ein Anordnungsgrund auch und erst recht für eine Neubescheidung nicht gegeben.

Zu 2. c): Die Ablehnung dieses Antrages rechtfertigt sich aus den Gründen der Ablehnung des inhaltsgleichen Antrages zu 1. c).

II. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf. Die sich im vorliegenden Verfahren stellenden prozess- und verfassungsrechtlichen Fragen sind von der Rechtsprechung geklärt. Aufklärungen in tatsächlicher Hinsicht, die im summarischen Verfahren der Beschwerde durchführbar wären, sind nicht ersichtlich. Allein die kontroverse Wertung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des vorliegenden Rechtsstreits zwischen den Beteiligten vermittelt der Sache keine die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gebietende besondere Schwierigkeit.

III. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Die Antragstellerin hat keine Frage aufgezeigt, die in einem Beschwerdeverfahren grundsätzlich klärungsbedürftig und klärungsfähig wäre. Die von ihr formulierten zwei Fragen stellen sich nicht oder es kommt auf sie nach den obigen Ausführungen nicht an. (Frage 1) Das Verwaltungsgericht hat lediglich ausgeführt, dass eine mathematische Ableitung eines Tarifs aus anderen Tarifen § 27 Abs. 3 TKG, §§ 2, 3 TEntgV nicht entspricht, nicht aber die Ansicht vertreten, beanspruchte Entgelte seien nur durch Kostennachweise, nicht aber durch die Vergleichsmarktmethode belegbar. Die Ableitung durch die Antragstellerin stellt denn auch tatsächlich keine Vergleichsmarktbetrachtung dar. (Frage 2) Die Frage stellt sich nicht, weil bereits ein Anordnungsanspruch auf die von der Antragstellerin aktuell beanspruchten Tarife weder offensichtlich noch überwiegend wahrscheinlich, sondern offen ist und der Senat nicht davon überzeugt ist, dass die Vollziehbarkeit der festgesetzten Tarife bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu einer alsbaldigen, untragbaren, existenzgefährdenden Gefahr für die Antragstellerin führen wird.

IV. Schließlich greift auch die geltend gemachte Abweichung nicht durch. (Divergenzpunkt 1) Es mag offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht überhaupt von der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Begrenzung des Zurückstellens des vorläufigen Regelungs- und Sicherungsinteresses abgewichen ist. Einen hiermit unvereinbaren Rechtssatz hat es mit seinem "Inder-Regel-Ansatz" nicht aufgestellt. Jedenfalls beruhte das Entscheidungsergebnis nicht auf einer eventuellen Divergenz, weil es auch ohne sie, d.h. unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung Fortbestand behielte. Denn angesichts des offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens und des nicht glaubhaft gemachten zwingenden Netzrückbaus noch vor Ende des Hauptsacheverfahrens bedarf es eines Herabschraubens der Anforderungen an den Anordnungsgrund im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht. (Divergenzpunkt 2) Den von der Antragstellerin formulierten Rechtssatz "..., dass eine Entgeltgenehmigung bei der Vorlage unzureichender Kostenunterlagen nicht aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung zu ergehen hat." hat das Verwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es ist nicht davon die Rede, dass bei Kostennachweisdefiziten die Vergleichsmarktmethode entfiele.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 08.05.2002
Az: 13 B 1636/01


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