Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 16/07

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2010, Az.: 19 W (pat) 16/07)

Tenor

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 L des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. Januar 2007 aufgehoben.

2. Die Sache wird an das Deutsche Patentund Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Deutsche Patentund Markenamt -Prüfungsstelle für Klasse B 60 L -hat die am 24. Oktober 2002 eingereichte Patentanmeldung, für welche Prioritäten der japanischen Voranmeldungen vom 25. Oktober 2001 (Az: JP 2001-328089) und vom 30. Oktober 2001 (Az. JP 2001-333224, Az. JP 2001-333231) in Anspruch genommen sind, mit Beschluss vom 9. Januar 2007 widerrufen, da die angemeldete Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 34 Abs. 4 PatG).

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 5. März 2007, eingegangen am selben Tag.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 L des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. Januar 2007 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung, 9 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 9, vom Anmeldetag.

Der mit einer eingefügten Merkmalsgliederung versehene ursprüngliche Patentanspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung:

"Elektrofahrzeug, umfassend:

1.

linke und rechte Antriebsmotoren (25L, 25R);

2.

linke und rechte Antriebsräder (23L, 23R), die jeweils von den linken und rechten Elektromotoren (25L, 25R) antreibbar sind; und 3.

einen Regelungsabschnitt (44), der dafür ausgelegt ist:

3.1 ein Motorsteuersignal zu erzeugen, um eine Ist-Motordrehzahl (Nml, Nmr) näher an eine Soll-Motordrehzahl (Mn) zu bringen; und 3.2 für jeden der linken und rechten Elektromotoren

(a) zu ermitteln, ob drei vorgegebene Bedingungen erfüllt sind, wobei die drei vorgegebenen Bedingungen darin bestehen, a1) daß ein Geradeausfahrbefehl ausgegeben wordenist, a2) daß die Ist-Motordrehzahl des Elektromotors kleiner ist als die Soll-Motordrehzahl, unda3) daß das Motorsteuersignal seinen vorgegebenen Obergrenzenausgangswert (Dmax) erreicht hat, und

(b) dann, wenn ermittelt wird, daß die drei vorgegebenen Bedingungen für wenigstens einen der linken und rechten Motoren erfüllt worden sind, b1) einen Abwärts-Motorrotations-Korrekturprozeß

auszuführen, um die Soll-Motordrehzahl (Mn) oder den Obergrenzenausgangswert (Dmax) des Motorsteuersignals progressiv zu reduzieren, b2) bis die jeweiligen Ist-Motordrehzahlen der linken und rechten Motoren im wesentlichen miteinander übereinstimmen."

Die Anmelderin ist der Auffassung, dass die ursprünglichen Unterlagen eine ausführbare Erfindung offenbart. Sie führt aus, dass das Fahrzeug, wenn die Geschwindigkeit reduziert sei in der Regel über weitere Hindernisse fahren könne ohne die Geschwindigkeit weiter absenken zu müssen. Zwar sei es bei widrigen Straßenverhältnissen mit mehrfacher Abwärts-Korrektur der Motordrehzahl nicht auszuschließen, dass das Elektrofahrzeug immer langsamer werde und irgendwann stehen bleibe. Für diesen Fall, der in der Praxis kein wirkliches Problem darstelle, müsse aber das Fahrzeug lediglich neu gestartet werden, was die Ausführbarkeit der Erfindung nicht in Frage stelle.

Auch sei es für den Fachmann kein Problem, eine wiederholte Abfrage der aktuellen Position des Richtungs/Geschwindigkeitshebels 34 vorzusehen, auf dessen Sollwertvorgabe die Regelung zurückgreifen könne, sobald die Ist-Motordrehzahlen der linken und rechten Motoren wieder übereinstimmten.

Das in der japanischen Patentveröffentlichung JP 59-17807 (A) beschriebene Elektrofahrzeug werde hinsichtlich der Geradeausfahrt nach einem von der vorliegenden Anmeldung grundverschiedenen Konzept geregelt. Denn dort werde eine schnelle Angleichung abweichender Drehzahlen des linken und rechten Motors dadurch erreicht, dass beide Motoren im normalen Lastbereich der Motoren gegensinnig beeinflusst würden.

Somit könne diese Druckschrift den Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1 nicht nahelegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat mit dem nun wieder geltenden ursprünglichen Patentbegehren insoweit Erfolg, als der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 L vom 9. Januar 2007 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patentund Markenamt gem. § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG zurückzuverweisen wird, weil das im Erstbescheid und im Zurückweisungsbeschluss einzig genannte Patentierungshindernis (mangelnde Ausführbarkeit nach § 34 Abs. 4 PatG) nicht vorliegt, so dass nun von Seiten der Prüfungsstelle die folgerichtig nicht weiter geprüften Patentierungsvoraussetzungen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit zu prüfen sind.

Als zuständiger Fachmann ist hier nach Auffassung des Senats ein Diplom-Ingenieur (FH) der Elektrotechnik/Elektrischen Regelungstechnik mit Berufserfahrung in Entwicklung und Betrieb von Elektrofahrzeugen anzusehen.

1. Die dem Fachmann durch den erteilten Anspruch 1 gegebene Lehre muss hinsichtlich zahlreicher Merkmale unter Heranziehung der Gesamtoffenbarung der ursprünglichen Anmeldeunterlagen zunächst ermittelt werden.

1.1 Aus der Gesamtoffenbarung der Anmeldeunterlagen ergibt sich für den Fachmann, dass das beanspruchte Elektrofahrzeug insoweit symmetrisch ist, dass sowohl die Motoren als auch die Motorsteuersignale der linken und rechten Fahrzeugseite jeweils gleich ausgebildet sind (Merkmale 1 bis 3).

Wenn für ein solches symmetrisches Fahrzeug die im Merkmal 3.2 (a) erstmals genannten drei vorgegebenen Bedingungen "für wenigstens einen der linken und rechten Motoren erfüllt" sein müssen, um die beanspruchte Regelung in Tätigkeit zu setzen (Merkmal 3.2 (b)), so fallen für den Fachmann im Licht der Anmeldungsbeschreibung hierunter drei von den Fahrwegverhältnissen bestimmte Betriebs-Varianten:

V1) einer, mehrere oder alle Motoren einer der beiden Seiten erfüllen die Bedingung a2) durch einseitige Überlastung des Fahrzeugs, die zu einem Drehzahlabfall des/der Motoren nur auf dieser Seite führt. Das hat zur Folge, dass das Fahrzeug in Richtung dieser Seite ausgelenkt wird wegen der Drehzahlabweichung zwischen den linken und rechten Motoren.

V2) Motoren beider Seiten erfüllen in unterschiedlichem Umfang die Bedingung a2), z. B. aufgrund eines holperigen Untergrundes (vgl. S. 3 Abs. 2 Z. 3 deru. U.). Dann erfolgt aus den vorgenannten Gründen eine Verschwenkung der Fahrtrichtung zur stärker belasteten Seite hin, und zwar wiederum aufgrund einer Drehzahlabweichung zwischen den Motoren der linken und rechten Seite.

V3) Alle Motoren erfüllen in gleichem Umfang die Bedingung a2), weil z. B. das Fahrzeug auf einer ansteigenden Straße fährt (S. 3 Abs. 2 Z. 3 der u. U.). Dann tritt keine Drehzahlabweichung auf, die ausgeregelt werden muss, sondern nur eine gleichzeitige und gleichmäßige Absenkung der Solldrehzahl beider Seiten (in Figur 6: gleichzeitiges Durchlaufen beider Schleifen "Nml < Mn" und "Nmr < Mn").

Im Gegensatz zu den Betriebs-Varianten V1) und V2) betrifft die Betriebs-Variante V3) gar nicht das Problem einer "angemessenen Geradeausfahrt" sondern eine Reaktion der anmeldungsgemäßen Regelung auf Überlastung der Motoren beider Seiten, die aber im Ergebnis -ebenso wie die Varianten V1) und V2) -aufgrund jeder vorgenommenen Drehzahl-Sollwert Reduktion zu einer immer langsameren Weiterfahrt führt.

Hierbei wird aber durch die Drehzahl-Sollwert-Reduktion lediglich bewirkt, dass eine Drehzahl-Regelung wieder stattfinden kann, die -wegen Erreichen des Obergrenzenausgangswertes Dmax -nicht mehr möglich war.

1.2 Der Regelungsabschnitt 44 ist nach fachmännischem Verständnis des Anspruchs 1 nicht nur für die Durchführung der Merkmale 3.1 und 3.2 ausgelegt, sondern auch dafür, das Fahrzeug aus dem Stillstand zu beschleunigen oder wieder zum Stillstand zu bringen. Solches ist im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel gemäß Figuren 1 bis 4 offenbart, insbesondere in Verbindung mit den Wirkungspfeilen zwischen dem in Figur 4 als Regelungseinheit bezeichneten Regelungsabschnitt und verschiedenen Fahrzeugkomponenten.

1.3 Der unbestimmten Angabe im Merkmal b2), dass die Drehzahlen "im wesentlichen" übereinstimmen sollen, kommt nach Ansicht des Senats im Rahmen der Gesamtoffenbarung keine andere Bedeutung zu, als dass mit jeweils vorhandenen Mitteln -d. h. unter Berücksichtigung von unvermeidlichen System-Toleranzen und Störeinflüssen -auf eine möglichst genaue Übereinstimmung der Drehzahlen geregelt wird.

1.4 Im Hinblick auf die unter den Anspruchswortlaut des ursprünglichen Anspruchs 1 fallende Variante 3) kommt dem Merkmal b2) nicht nur die wortlautgemäße Bedeutung zu, dass die Regelung solange ausgeführt wird, bis durch Drehzahl-Sollwert-Reduktion zwei unterschiedliche Drehzahl aneinander angeglichen sind, sondern auch noch die nicht unter diesen Wortlaut fallende Bedeutung, dass die Solldrehzahl auf einen Wert heruntergeregelt wird, der mit der Dmax erreichbaren maximalen Motorleistung auch als Ist-Wert erreichbar ist (d. h. auf die das Fahrzeug überhaupt regelbar ist).

Auch diese -durch die anmeldungsgemäße Aufgabe einer "angemessenen Geradeausfahrt" quasi überdeckte -Lehre des ursprünglichen Anspruchs 1 wäre bei der nachzuholenden Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu beachten

(s. u.).

2. Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG).

Zwar ergibt sich aus den Ausführungen der Prüfungsstelle im Erstbescheid vom 1. März 2006 und im Zurückweisungsbeschluss vom 9. Januar 2007 zutreffend, dass mit den in den Anmeldeunterlagen explizit angegebenen Merkmalen weder ein Querstand des Elektrofahrzeugs noch eine Soll-Drehzahlabsenkung bis zum Stillstand des Elektrofahrzeugs verhinderbar ist.

Anders als bei der Neuheitsprüfung oder bei der Prüfung, ob die im Patentanspruch enthaltene Lehre einer Erfindung ursprungsoffenbart ist, kommt es bei der Prüfung einer für die Ausführbarkeit ausreichenden Offenbarung nicht darauf an, ob der Fachmann die im Patentanspruch enthaltene technische Lehre dem jeweiligen Vergleichstext unmittelbar und eindeutig entnehmen kann. Vielmehr stellt sich bei der Prüfung der Ausführbarkeit die Frage, ob die in der Anmeldung enthaltenen Angaben dem Fachmann so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Dies erfordert nicht notwendig die (vollständige) Offenbarung einer Ausführungsform. Vielmehr reicht es aus, wenn der Fachmann ohne eigenes erfinderisches Bemühen und ohne unzumutbare Schwierigkeiten Unvollständigkeiten ergänzen und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit verschaffen kann (vgl. BGH GRUR 2010, 916 (Nr. 17) -Klammernahtgerät; BGH vom 6. Juli 2010, X ZR 115/07 Nr. 31).

2.1 Zwar ist das anmeldungsgemäße Fahrzeug weder mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen noch mit den anhand der Figuren 6 bis 9 beschriebenen Regelvorgängen in der Lage, in die ursprüngliche (Geradeaus-)Fahrtrichtung zurückzukehren.

Jedoch ist im Zusammenhang mit dem Linksbzw. Rechtsschwenk-Betätigungshebel 37L bzw. 37R der beispielsgemäßen Schneebeseitigungsmaschine angegeben, dass eine Bedienperson die Schneebeseitigungsmaschine -abhängig von der Greifintensität dieser beiden Hebel -nach links bzw. rechts schwenken kann

(S. 12 Abs. 2 und 3 der u. U.).

Dass auf eben diese Weise unter Benutzung der beiden Betätigungshebel auch ein regelungsbedingtes Verlassen der Geradeausfahrt bedarfsweise korrigierbar ist und auch korrigiert werden muss, liegt schon für eine lediglich zur Bedienung der in den Anmeldeunterlagen explizit beschriebenen Schneefräse angeleitete Person auf der Hand.

Es brauchte deshalb für den Fachmann in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht explizit angegeben zu werden, wie das Elektrofahrzeug nach Ende eines drehzahlreduzierenden Abwärts-Korrekturprozesses wieder seine ursprüngliche Geradeaus-Fahrtrichtung erreicht.

2.2 Zwar kann ein Elektrofahrzeug, das lediglich die in den Anmeldeunterlagen angegebenen Sachmerkmale und Regelungskonzepte aufweist, bei widrigen Straßenverhältnissen, die zu wiederholter Abwärts-Korrektur der Motordrehzahl führen, irgendwann zum Stillstand kommen, wie die Prüfungsstelle weiter zutreffend festgestellt und die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung auch zugestanden hat.

Denn es ist in den Anmeldeunterlagen an keiner Stelle angegeben, dass die gemäß Merkmal (b) bis b2) vorgenommene Abwärts-Korrektur der Soll-Motordrehzahl während des laufenden Betriebs jemals rückgängig gemacht wird, um die vom Bediener des Fahrzeugs mit dem Richtungs-/Geschwindigkeitshebel 34 vorgewählte Wunschgeschwindigkeit nach einer Abwärts-Korrektur der Motordrehzahl wieder zu erreichten.

Jedoch wird sich der Fachmann spätestens nach Eingang der ersten Kunden-Reklamationen auf ein lediglich mit den explizit in der Anmeldung angegebenen Merkmalen gebautes Elektrofahrzeug Gedanken darüber machen, wie den Fall eines Maschinenstillstands verhindern kann.

Lösungen dieses Problems findet er dann nach Ansicht des Senats aus seinem allgemeinen Fachwissen heraus, d. h. ohne erfinderisch tätig zu werden, so dass die angemeldete Erfindung auch insoweit ausführbar offenbart ist.

2.2.1 Zum Fahrbetrieb des anmeldungsgemäßen Elektrofahrzeugs ist explizit offenbart, dass zunächst der Richtungs-/Geschwindigkeits-Hebel 34 in eine gewünschte Stellung verschoben wird, bevor sich das Fahrzeug bei Ergreifen des Fahrbereitschaftshebels 38 in Bewegung setzt (S. 10 Abs. 3 bis S. 11 Abs. 1 i. V.m. S. 9Abs.2 deru. U.).

Schon an dieser Stelle liest der Fachmann in den Anmeldeunterlagen mit, dass die anhand der Figuren 6 bis 9 beschriebene Regelung zunächst nicht eingreifen darf. Denn die anspruchsgemäßen Bedingungen a1) bis a3) sind bei den Fahrbedingungen gemäß Betriebs-Variante V3) während der gesamten Beschleunigungsphase bis zum Erreichen der Soll-Motordrehzahl erfüllt, ohne dass schon jetzt ein Abwärtskorrekturprozess beginnen darf. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Bedienungsperson die Stellung des Richtungs-/Geschwindigkeitshebels 34 während der Fahrt ändert, so dass eine erneute Beschleunigung oder aber Verzögerung erforderlich wird.

Für den Regelungsabschnitt 44 ergänzt der Fachmann deshalb die fehlende explizite Offenbarung dahingehend, dass nach jeder Veränderung der Stellung des Richtungs-/Geschwindigkeitshebels 34 zunächst allein der durch diesen Hebel vorgegebene Sollwert der Motordrehzahl gelten soll und die in den Figuren 6 bis 9 beschriebene Regelung deshalb außer Kraft gesetzt sein muss oder werden muss, um die diesem Sollwert entsprechende Fahrgeschwindigkeit überhaupt erreichen zu können. Hierzu bedarf es lediglich einfachster logischer Schaltmittel, die das Vorliegen dieses Betriebsfalles ermitteln und entsprechend agieren.

2.2.2 Weiter zu ergänzen ist die Offenbarung dahingehend, dass bei Erreichen der vorgewählten Fahrgeschwindigkeit die anhand der Figuren 6 bis 9 beschriebene und mit Anspruchsmerkmal 3.2 beanspruchte Regelung einsetzen muss, wozu es lediglich einer einfachen Abfrage des erreichten Drehzahlwertes und dem Anstoßen der anspruchsgemäßen Regelung bedarf.

2.2.3 Da es in der Praxis nicht hinnehmbar ist, dass die auf einer holperigen Wegstrecke von der Maschinenregelung abgesenkte Fahrgeschwindigkeit auch nach Erreichen einer glatten Fahrbahn nicht wieder den vorgewählten Wert erreicht, ergänzt der Fachmann schließlich die Offenbarung der Anmeldungsunterlagen auch dahingehend, dass die reduzierte Soll-Motordrehzahl Mn bzw. der reduzierte Obergrenzenausgangswert des Motorsteuersignals nach Beendigung des Abwärts-Motorrotations-Korrekturprozesses nicht länger gelten.

Hierzu muss der Regelungsabschnitt 44 lediglich derart ausgebildet sein, dass er dann wieder den am Richtungs-/Geschwindigkeits-Hebel 34 vorgewählten Sollwert bzw. das systembedingt maximale Motorsteuersignal Dmax verwendet, wozu die vorgenannten einfachen logischen Schaltmittel lediglich abfragen müssen, ob im Schritt ST04 und ST12 (Fig. 6, weitere Figuren entsprechend) der Fall übereinstimmender Drehzahl Nml=Mn bzw. Nmr=Mn vorliegt.

3.

Der in Patents Abstracts of Japan erschienenen Kurzfassung der von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung überreichten japanischen Patentoffenlegungsschrift 59-17807 (A) entnimmt der Fachmann ein Elektrofahrzeug mit den Merkmalen 1 bis 3.1.

Abweichend von der anmeldungsgemäßen Regelung gemäß Merkmal 3.2, nach dem eine reduzierte Soll-Motordrehzahl dem/den linken und rechten Motor(en) zur Verfügung gestellt wird, offenbart der Abstract in Verbindung mit Figur 9 der Offenlegungsschrift, dass bei ungleicher Last auf den linken und rechten Motor -mit der Folge einer von der Geradeausfahrt abweichenden Fahrtrichtung -auf beide Motoren gegensinnig eingewirkt wird, um die die ursprüngliche Drehzahl und Fahrtrichtung an beiden Rädern beizubehalten oder wieder zu erreichen.

Der Gegenstand gemäß dem geltenden Anspruch ergibt sich nach Ansicht des Senats aus diesem Stand der Technik schon aufgrund dieses grundsätzlich unterschiedlichen Regelungskonzept nicht in naheliegender Weise.

4. Im Hinblick auf die schon im Erstbescheid vom 1. März 2006 bestrittene Ausführbarkeit des Anmeldegegenstandes und die Aufforderung der Prüfungsstelle, "zunächst einen klargestellten Anspruch 1 einzureichen", ergibt sich für den Senat, dass die Eingangs dieses Bescheids genannten zwei Druckschriften lediglich das Vorbekanntsein von Schneebeseitigungsmaschinen des Doppelmotortyps (S. 3 Abs. 3 der u. U.) zum Anmeldezeitpunkt belegen sollten.

Auch die fehlende Stellungnahme zu dem von der Anmelderin selbst genannten Stand der Technik (S. 1 Abs. 4 bis S. 2 Abs. 2 der u. U.) zeigt, dass eine umfassende Recherche und Prüfung des Anmeldegegenstandes auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit -in zulässiger Weise (vgl. BGH vom 27. September 1984, X ZB 5/84 = BlPMZ 1985, 117) -zunächst zurückgestellt wurde.

Dies wird nun nachzuholen sein.

Da -wie vorstehend dargelegt -unter den Anspruchswortlaut auch die "Betriebsvariante V3)" fällt, wird bei der Recherche -neben einem Stand der Technik nach Fahrzeugen des "Doppelmotortyps" im Sinne von Seite 1, Absatz 3 der ursprünglichen Unterlagen -auch ein Stand der Technik zu berücksichtigen sein, der Fahrzeuge des "Einzelmotortyps" betrifft.

Auch wird zu beurteilen sein, ob die unbestimmte Angabe "im wesentlichen" aus Merkmal 3.2 (b) gestrichen werden muss, um Fehlinterpretationen des Anspruchswortlauts von vorneherein auszuschließen (vgl. Schulte Patentgesetz, 8. Auflage, Rdn. 142 zu § 34).

Bertl Dr. Kaminski Kirschneck Groß






BPatG:
Beschluss v. 10.11.2010
Az: 19 W (pat) 16/07


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