Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 26. September 1997
Aktenzeichen: 6 U 76/97
(OLG Köln: Urteil v. 26.09.1997, Az.: 6 U 76/97)
1. Ein Wettbewerber ist nicht gehalten, jede ihm bekanntgewordene Wettbewerbshandlung von Konkurrenten alsbald zu prüfen und zu beanstanden, um sich die Möglichkeit des Vorgehens im Wege der einstweiligen Verfügung zu erhalten. Etwas anderes gilt aber, wenn eine Werbeaussage schon für sich genommen ihre Unzulässigkeit erkennen läßt oder jedenfalls Anlaß für Zweifel an ihrer Wettbewerbsmäßigkeit (ihrem Wahrheitsgehalt) gibt. Die werbliche Behauptung eines Teppichhändlers ,... Der Teppich-Hoflieferant seit 1875" zählt - auch unter Berücksichtigung der heutigen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten - als solche nicht zu derartigen Werbeaussagen.
2. Erkennt ein Wettbewerber aufgrund ihm vorliegender Handelsregisterauszüge zu einem Konkurrenzunternehmen, daß ein werblich herausgestelltes Gründungsjahr erheblichen Zweifeln begegnet und wartet er mit der Einreichung seines auf Unterlassung gerichteten Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ohne zügige Vornahme konkreter Recherchen ca. 6 Wochen zu, ist die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG widerlegt.
Tenor
Die Berufung des Antragstellers gegen das am 14. Februar 1997 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts A. - 43 0 8/97 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe
E n t s c h e i d u n g s g r ü n
d e
Die Berufung des Antragstellers ist zulässig, aber
unbegründet.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag des
Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung als
unzulässig zurückgewiesen, denn es fehlt an den Voraussetzungen der
§§ 935, 940 ZPO für das Vorliegen des Verfügungsgrundes. Die
zunächst zu Gunsten des Antragstellers eingreifende
Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG hat der Antragsteller durch
sein eigenes Verhalten widerlegt. Umstände, die dennoch gemäß §§
935, 940 ZPO das Vorgehen des Antragstellers im Wege der
einstweiligen Verfügung im Streitfall rechtfertigen könnten, sind
aber vom Antragsteller nicht dargelegt und glaubhaft gemacht.
Dem Antragsteller kann allerdings nicht bereits deshalb der
Vorwurf gemacht werden, sein Unterlassungsbegehren gegenüber der
Antragsgegnerin nicht mit der gebotenen Eile verfolgt zu haben, die
für die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch eine einstweilige
Verfügung erforderlich ist, weil die Antragsgegnerin die
Werbeaussage "Teppich R. - Der Teppich-Hoflieferant seit 1875" mit
dem beanstandeten Hinweis "seit 1875" bereits seit vielen Jahren
verwendet und diese Werbung dem Antragsteller unstreitig auch schon
lange vor der Einleitung des vorliegenden einstweiligen
Verfügungsverfahrens mit der am 15. Januar 1997 bei Gericht
eingegangenen Antragsschrift bekannt war. Ein Wettbewerber ist
nicht gehalten, jede ihm bekannt gewordene Wettbewerbshandlung von
Konkurrenten alsbald zu prüfen und beanstanden, um sich die
Möglichkeit des Vorgehens im Wege der einstweiligen Verfügung zu
erhalten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Werbeaussage schon
für sich genommen ihre Unzulässigkeit erkennen läßt oder jedenfalls
Anlaß für Zweifel an ihrer Wettbewerbsmäßigkeit gibt. Für die hier
in Rede stehende Werbeankündigung der Antragsgegnerin gilt dies
jedoch nicht, denn diese Werbung ist bei isolierter Betrachtung
weder unrichtig noch legt sie nahe, daß es dabei eventuell um eine
im Sinne von § 3 UWG irreführende Werbeankündigung geht.
Der Antragsteller hat jedoch in anderer Weise durch sein eigenes
Verhalten die Vermutung des § 25 UWG widerlegt. Es mag zwar sein,
daß der Antragsteller erst am 9. Januar 1997 davon erfahren hat,
daß über das Vermögen des Inhabers der A.er Firma "F. W. R." im
Jahre 1913 das Konkursverfahren eröffnet und die Firma im
Handelsregister gelöscht worden ist, wie es in den eidesstattlichen
Versicherungen des Antragstellers und des Zeugen F. jeweils vom 22.
Januar 1997 angegeben wird. Dies bedeutet aber nicht, daß der
Antragsteller erst am 9. Januar 1997 Kenntnis von der von ihm
geltend gemachten Unrichtigkeit der Alterswerbung der
Antragsgegnerin erlangt hat bzw. nicht bereits vorher von Umständen
erfahren hat, die ihm Anlaß geben mußten, zu dieser Frage näher zu
recherchieren, wenn ihm die Verfolgung dieser Wettbewerbshandlung
der Antragsgegnerin tatsächlich dringlich war. Der Antragsteller
hat mit der Antragsschrift einen bereits am 18. Dezember 1996
gefertigten Handelsregisterauszug des Amtsgerichts A. zu der
Registereintragung der Antragsgegnerin vorgelegt. Ausweislich
dieses Handelsregisterauszuges stammt aber die erste Eintragung für
die Firma "Teppichlager R. O. R." vom 10. Dezember 1913. Der
Antragsteller hat zudem mit der Antragsschrift ein an ihn
gerichtetes Schreiben des Stadtarchivs A. vom 12. Dezember 1996
vorgelegt, in dem auf eine (nicht bei den Akten befindliche)
Anfrage des Antragstellers vom 29. November 1996 geantwortet wird.
Dieses Schreiben des Stadtarchivs A. läßt aber nur den Schluß zu,
daß der Antragsteller bereits zum damaligen Zeitpunkt, also bei
seiner Anfrage vom 29. November 1996, die Berechtigung der
Antragsgegnerin für die streitgegenständliche Alterswerbung (und
für die Führung der Bezeichnung "Hoflieferant", die im
Parallelverfahren 6 0 84/97 OLG Köln beanstandet wird) prüfte, was
wiederum nur den Schluß zuläßt, daß er bereits damals die
Unrichtigkeit dieser Werbung der Antragsgegnerin vermutete. Dann
war jedoch der Antragsteller gehalten, die Werbeaussage der
Antragsgegnerin mit der notwendigen Eile zu überprüfen, um nicht
durch sein eigenes zögerliches Verhalten zu demonstrieren, daß ihm
die Verfolgung dieser Wettbewerbshandlung in Wahrheit nicht so
dringlich ist, daß dies in zulässiger Weise im Wege der
einstweiligen Verfügung geschieht. Ersichtlich ist aber der
Antragsteller nicht in dieser Weise vorgegangen, wie die Tatsache
zeigt, daß er erst am 15. Januar 1997 den Verfügungsantrag bei
Gericht eingereicht hat und weder in seinem schriftsätzlichen
Vorbringen noch bei der Erörterung im Berufungstermin hierfür
nachvollziehbare Gründe anzuführen vermochte.
Hat danach der Antragsteller die Vermutung des § 25 UWG durch
sein Verhalten bei der gerichtlichen Verfolgung seines
Unterlassungsbegehrens widerlegt, waren nunmehr von ihm die
Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO für das Vorliegen des
Verfügungsgrundes vorzutragen und glaubhaft zu machen. An einer
derartigen Darlegung fehlt es jedoch, so daß dem Verfügungsantrag
und damit auch dem Rechtsmittel des Antragstellers der Erfolg zu
versagen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung
rechtskräftig.
OLG Köln:
Urteil v. 26.09.1997
Az: 6 U 76/97
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