Landgericht Dortmund:
Urteil vom 21. November 2007
Aktenzeichen: 10 O 133/07
(LG Dortmund: Urteil v. 21.11.2007, Az.: 10 O 133/07)
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch höchstens 2 Jahre,
zu unterlassen,
mit den folgenden Aussagen zu werben:
a) „... Clinic im Centrum, der größten und führenden Klinikgruppe für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Europa und Marktführer in Deutschland...“
und/oder
b) „Unsere langjährig erfahrenen Fachärzte haben mit Abstand die meisten ästhetischen Operationen durchgeführt und die Clinic im Centrum Gruppe dank ihrer hervorragenden Arbeit zum Marktführer in Deutschland gemacht;“
2.
an den Kläger 189,00 € (in Worten: einhundertneunundachtzig
Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verein, der es sich nach seiner Satzung zur Aufgabe gemacht hat, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Zu seinen Mitgliedern gehören zahlreiche Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern.
Die Beklagte ist Inhaberin der eingetragenen Wortmarke "Clinic im Centrum". Sie betreibt unter dieser Bezeichnung Kliniken für Plastische und Ästhetische Chirurgie in E, N und E2. Sie schließt darüber hinaus Kooperationsverträge mit - rechtlich und wirtschaftlich selbständigen - Kliniken und Ärzten, die auf dem Gebiet der plastischen und ästhetischen Chirurgie tätig sind. Aufgrund der Kooperationsverträge sind die Partner berechtigt, die Marke "Clinic im Centrum" zu führen. Der Abschluss der Kooperationsverträge ist an bestimmte Aufnahmekriterien geknüpft, die sich an den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für ästhetische und plastische Chirurgie, der ältesten und elitärsten Fachgesellschaft auf diesem Gebiet in Deutschland orientieren. Außerdem müssen sich die Kooperationspartner einem bestimmten Qualitätsmanagement mit regelmäßigen Kontrollen unterwerfen. Zur Zeit führen 33 Kliniken und Ärzte in der Bundesrepublik die Bezeichnung "Clinic im Centrum".
Die Beklagte wirbt auf der Startseite ihres Internetauftrittes (www.xxxx.de) u. a. mit den folgenden Aussagen:
"Willkommen bei Clinic im Centrum, der größten und führenden Klinikgruppe für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Europa und Marktführer in Deutschland."
und
"Unsere langjährig erfahrenen Fachärzte haben mit Abstand die meisten ästhetischen Operationen durchgeführt und die Clinic im Centrum Gruppe dank ihrer hervorragenden Arbeit zum Marktführer in Deutschland gemacht."
Der Kläger hält die Aussagen der Beklagten für irreführend und damit für wettbewerbswidrig. Bei den unter der Dachmarke "Clinic im Centrum" handelnden selbständigen Kliniken und Ärzte handele es sich, wie er geltend macht, nicht um eine Klinikgruppe. Unter einer Klinikgruppe verstehe der angesprochene Durchschnittsverbraucher ein Unternehmen im Sinne eines Konzerns, unter dessen "Dach" verschiedene Tochtergesellschaften tätig sind, nicht aber allein die namensmäßige Verbindung von 33 rechtlich selbständigen Kliniken und Ärzten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Einzelfall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch höchstens 2 Jahre,
zu unterlassen,
mit den folgenden Aussagen zu werben:
a) "...Clinic im Centrum, der größten und führenden Klinikgruppe für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Europa und Marktführer in Deutschland..."
und/oder
b) "Unsere langjährig erfahrenen Fachärzte haben mit Abstand die meisten ästhetischen Operationen durchgeführt und die Clinic im Centrum dank ihrer hervorragenden Arbeit zum Marktführer in Deutschland gemacht;"
2.
an ihn 189,00 € (in Worten: einhundertneunundachtzig
Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
(16. August 2007) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, bei den unter dem Dach der Marke "Clinic im Centrum" geführten Kliniken für Plastische und Ästhetische Chirurgie handele es sich um eine nach außen hin als Einheit auftretende Klinikgruppe. Die Eigenständigkeit der Klinikstandorte sei unerheblich. Es handele sich gleichermaßen um ein Unternehmen, weil der Zugang zur Marke nur unter "härtesten" Aufnahmebedingungen möglich sei. Die von der Klinikgruppe in Anspruch genommene Alleinstellung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Klinikgruppe "Clinic im Centrum" sei, wie sie weiter geltend macht, die größte und führende Klinikgruppe für Plastische und ästhetische Chirurgie. Mit 33 Standorten "überrage sie sämtliche Mitbewerber" um ein Vielfaches. Sie sei damit nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa Marktführerin.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2; 3; 5 UWG zu. Außerdem kann der Kläger von der Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG Ersatz der ihm für die Abmahnung der Beklagten erforderlichen Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe ersetzt verlangen.
Die von dem Kläger beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten sind irreführend und damit wettbewerbswidrig. Bei den unter der Marke "Clinic im Centrum" an mehr als 30 Standorten in der Bundesrepublik tätigen und auch nach außen hin auftretenden Kliniken handelt es sich nicht um eine Klinikgruppe.
Unter einer Klinik- oder auch Unternehmensgruppe versteht ein nicht unerheblicher Teil des auch von der Werbung der Beklagten angesprochenen Verkehrs eine konzernmäßige Verbindung mehrerer Unternehmen von einer gewissen Größe und Bedeutung. Diese Voraussetzungen erfüllen die Beklagte und ihre Kooperationspartner ersichtlich nicht. Es sind hier noch nicht einmal konzernähnliche Strukturen festzustellen. Auch die Kooperationspartner der Beklagten sehen sich offensichtlich nicht als Teil eines Konzerns oder einer Unternehmensgruppe. Wie sich dem Tatbestand des von dem Kläger mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2007 vorgelegten Urteils des Landgerichts München II vom 17. Januar 2007 entnehmen lässt, sieht der dortige Kooperationspartner in dem Verbund "Clinic im Centrum" lediglich einen Marketingverbund, der unter der Bezeichnung Clinic im Centrum Werbung für Fachärzte für Plastische Chirurgie an 30 Standorten in Deutschland betreibt. Dass es sich bei einem solchen Marketingverbund erst recht nicht um eine "Klinikgruppe" handelt, ist selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Kommentierung.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sich aus dem weiteren Inhalt ihrer Homepage auf der Seite "Entscheidung - Philosophie" dem Verbraucher die Bedeutung der Bezeichnung "Klinikgruppe für Plastische und Ästhetische Chirurgie" erschließt. Die dortigen Hinweise sind nicht geeignet, der irreführenden Wirkung, die mit den Aussagen auf der Startseite der Beklagten verbunden sind, entgegenzuwirken. Der Verbraucher erwartet auf der von ihm anzuklickenden Seite "Entscheidung - Philosophie" keine "Aufklärung" in diesem Sinne. Auch wird auf der Startseite im Zusammenhang mit den hier beanstandeten Werbeaussagen kein weitergehender Hinweis auf diese Seite erteilt. Der Verbraucher gelangt auf diese Seite nur dann, wenn er sie "zufällig" anklickt.
Die Beklagte ist auch nicht berechtigt, sich und ihre Kooperationspartner als Marktführer zu bezeichnen. Die allein aus der irreführenden Bezeichnung Klinikgruppe abgeleitete Stellung als Marktführer ist ebenfalls irreführend. Da die unter der Bezeichnung "Clinic im Centrum" handelnden Kliniken und Ärzte keine Klinikgruppe darstellen, kommt ihnen auch nicht die beworbene Alleinstellung zu.
Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
LG Dortmund:
Urteil v. 21.11.2007
Az: 10 O 133/07
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