Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Oktober 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 53/02
(BPatG: Beschluss v. 09.10.2003, Az.: 25 W (pat) 53/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung UNI.DE ist am 2. September 1999 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38, 41 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die Markenstelle für Klasse 42 hat die Anmeldung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG durch Beschluss vom 22. Januar 2002 durch eine Prüferin des höheren Dienstes teilweise zurückgewiesen, nämlich für
"Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Peripheriegeräte für Datenverarbeitungsgeräte und Computer; mit Programmen versehene maschinenlesbare datenträger aller Art; Nachrichtenwesen und Telekommunikation; Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Erziehung; Unterhaltung; Fernkurse; Gesangsunterricht; Musikunterricht; Sportunterricht; Tanzunterricht; Unterricht durch Rundfunk und Fernsehen; Weiterbildung; Betrieb einer Sportanlage; Betrieb eines zoologischen Gartens; Büchervermietung; Filmproduktion; Filmvermietung; Filmvorführungen; Musikdarbietungen; Theateraufführungen; Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Veröffentlichung und Herausgabe Büchern; Zeitungen und Zeitschriften; Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung; Dienstleistungen eines Chemikers; Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines medizinischen, bakteriologischen oder chemischen Labors; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleistungen eines Physikers; Dolmetschen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern, Aktualisieren und Liefern von Daten und sonstigen Informationen, sowie Vermittlung von Datenbankinformationen; Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Datenverarbeitung für Datenbanken und deren Erstellung, Entwicklung von Computer-Codes bzw. Programmierungssystemen; Erstellen von technischen Gutachten; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Übersetzungen; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; Werkstoffprüfung".
Der angemeldeten Marke fehle insoweit jegliche Unterscheidungskraft, da sie sich aus den Bestandteilen "UNI", als Substantiv eine Kurzform von "Universität", und ".DE", die allgemein bekannte Länderkennung für Deutschland, zusammensetze. Für die im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen, die sämtlich einen engen sachlichen Zusammenhang zu dem Umfeld einer Universität aufwiesen, sei ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt feststellbar. Der Länderkennung komme keine unternehmenskennzeichnende Bedeutung zu, da sie im Internet ganz allgemein als elektronische Adresse verwendet werde. Da der Eintragung bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegenstehe, könne dahingestellt bleiben, ob die angemeldete Marke auch nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG schutzunfähig sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. Januar 2002 aufzuheben.
Die Bezeichnung "UNI.DE" beschreibe weder unmittelbar noch mittelbar die Waren selbst oder irgendwelche ihrer Eigenschaften. Allein die Tatsache, dass die Waren an einer Universität benutzt werden können, habe aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise noch nicht zur Folge, dass die Bezeichnung die Waren unmittelbar beschreibe. Gleiches gelte auch für die Dienstleistungen. "UNI.DE" müsse als Gesamtbezeichnung gesehen werden und könne nicht auf den Bestandteil "UNI" reduziert werden. Der angemeldeten Marke fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft. Dies erhelle sich schon daraus, dass die Inhaber bzw Gestalter einer Studentenplattform, die unter dem Domain Namen "uni.de" erreichbar sei, ebenfalls den Begriff gewählt hätten. Die Bezeichnung sei sehr bekannt und die angesprochenen Studenten verbänden damit selbstverständlich ein konkretes Portal, das auch diesen Namen trage. Charakteristisch sei dabei, dass der Name gerade nicht nur den Bestandteil "UNI" einschließe, sondern der Bestandteil ".DE" untrennbar zu der Gesamtbezeichnung gehöre und diese ohne weiteres geeignet sei, in den Augen der betroffenen Verkehrskreise Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen zu unterscheiden. Der fehlende Charakter als unmittelbar beschreibende Angabe deute ohne weiteres darauf hin, dass "UNI.DE" auch nicht unmittelbar waren- oder dienstleistungsbezogen sei. Die lediglich nebulöse Vorstellung, dass die unter der Bezeichnung "UNI.DE" angebotenen Waren und Dienstleistungen irgendetwas mit Universität zu tun hätten, genüge dafür nicht.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Eintragung steht für die von der Markenstelle zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES, GRUR 2001,1151 - marktfrisch). Dabei darf die Prüfung jedoch nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, vielmehr muss sie streng und vollständig sein (EuGH, WRP 2003, 735, 740 - Libertel Groep.- Farbe Orange), wobei der Senat "streng" eher im Sinne von sorgfältig versteht.
Das angemeldete Zeichen "UNI.DE" stellt in Verbindung mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen eine Sachangabe dar, die ausschließt, dass der Verkehr es als Marke auffasst. Dabei ist die Anwendung des § 8 Abs 1 MarkenG nicht auf unmittelbar beschreibende Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG beschränkt. Aus der Sicht des Verkehrs kann es zahlreiche - im Einzelfall zu untersuchende - Gründe geben, in einem Zeichen keinen herkunftsbezogenen Hinweis zu sehen - wie zB bei nur mittelbar beschreibenden Zeichen oder solchen mit lediglich assoziativer Verbindung zur beanspruchten Ware oder Dienstleistung (vgl hierzu eingehend BPatG 2002, 201, 205-207 - BerlinCard - mwN).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Zeichen für Waren und Dienstleistungen auch dann schutzunfähig ist, wenn es für jeweils unter die angemeldeten Oberbegriffe fallende Spezialprodukte nicht schutzfähig ist (BGH, GRUR 2002, 261 - AC). Das Eintragungshindernis kann sich zudem nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Ware oder Dienstleistung selbst ergeben, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren bzw Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; EuG GRUR Int 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).
Der Zeichenbestandteil "UNI" ist (als Substantiv) die dem Verkehr bekannte Kurzform für Universität. In Verbindung mit den von der Markenstelle zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen, die für Universitäten bestimmt sein können, von ihnen erbracht werden können oder im universitären Umfeld benötigt werden können, hat der Bestandteil "UNI" eine eindeutige Bedeutung im Sinne von "Universität". Soweit die Anmelderin geltend macht, die Marke wecke lediglich nebulöse Vorstellungen, dass die Waren und Dienstleistungen irgend etwas mit der Universität zu tun hätten, und sei daher nicht beschreibend, führt dies nicht zur Bejahung der Unterscheidungskraft. Gerade wenn ein umfangreiches Angebot an Waren und Dienstleistungen gesucht wird, oder man auf ein solches aufmerksam machen will, ist es üblich, einen Begriff zu verwenden, der das vielfältige Angebot schlagwortartig umfasst, und nicht immer nur Einzelheiten aufzuzählen. Eine beschreibende Angabe wird auch dann nicht als Herkunftshinweis verstanden, wenn aus dieser Angabe wegen des allgemeinen Begriffsinhalts nicht alle Einzelheiten erkennbar sind, und daher der Begriff zB in Form einer Sammelbezeichnung eine gewisse Unschärfe enthält oder in mehrfacher Hinsicht ausschließlich beschreibend ist (vgl BGH MarkenR 2000, 330 - Bücher für eine bessere Welt", BPatG MarkenR 2002, 201 - BerlinCard; BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entfällt deshalb nicht dadurch, dass der Begriff "UNI" bzw "UNI.DE" noch nicht erkennen lässt, um welche konkreten Waren oder Dienstleistungen es geht.
Auch die hinzugefügte Länderkennung ".DE" für Deutschland führt aus Sicht des Verbrauchers nicht weg von einem Verständnis der Gesamtbezeichnung als Sachangabe, sondern konkretisiert diese nur dahingehend, dass die Sachinformation "UNI" über die Internetadresse "UNI.DE" zugänglich ist.
Zur Bildung von Internetadressen und zur Beschreibung von Teilnetzen oder als Suchhilfen und zur Eingrenzung von Themenkreisen werden häufig auch reine Sach- oder Gattungsbegriffe verwendet, die von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise angesehen werden (vgl auch BPatG BlPMZ 2000, 294 - http://www.cyberlaw.de). Der Domainname dient deshalb häufig nur dem schnelleren, zielgerichteten Angebot und Zugriff auf Sachinformationen und hat nicht schon deshalb Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, weil eine Internetkennung nach bisheriger Praxis in ihrer Gesamtheit nur einmal vergeben wird und die Einmaligkeit einer Internetadresse zwangsläufig eine technische Adressfunktion aufweist. Hiervon ist auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung zu dem Domainnamen "Mitwohnzentrale.de" (MarkenR 2001, 475, 478) ausgegangen und hat ausgeführt, dass an generischen Begriffen als Domainnamen ein reges Interesse bestehe und wegen des Suchverhaltens der Internetnutzer der Einsatz von Gattungsbezeichnungen als Internetadressen zu einer gewissen Kanalisierung der Kundenströme führen könne, die Registrierung und Monopolisierung derartiger Gattungsbezeichnungen als Domainnamen im Gegensatz zum Markenrecht (mangels einer Rechtsgrundlage) aber nicht aus dem Gesichtspunkt eines Freihaltungsbedürfnisses verhindert werden könne. Die aus der Einmaligkeit der Registrierung resultierende technische Adressfunktion eines Domainnamens gibt deshalb keinen Aufschluss über dessen kennzeichnende Funktion im markenrechtlichen Sinne (vgl hierzu auch Fezer, Die Kennzeichenfunktion von Domainnamen, WRP 2000, 669, 670-671).
Entgegen der Ansicht der Anmelderin zeigt auch das Studentenportal "uni.de", dass die angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bezeichnung nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen, sondern als Sachangabe. Im Internet dienen Portale häufig dazu, einen Einstieg in einen Themenbereich zu finden. Der Verkehr erwartet in einem solchen Fall, dass er damit an ganz unterschiedliche Informationen und Anbieter kommen kann, indem zB das Portal zu einem Themenbereich verschiedenste Links bereitstellt.
Die ausschließliche Verwendung von Großbuchstaben bei der Internetadressenangabe begründet ebenfalls nicht die Unterscheidungskraft, da auch mehr oder weniger optisch hervorgehobene Gestaltungen in Form von Internetadressen als Sachhinweise auf weitere Informationsquellen über bestimmte Waren und Dienstleistungen beliebt und üblich sind.
Die angemeldete Marke ist deshalb für sämtliche zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht eintragbar.
Da der Eintragung der angemeldeten Marke bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht, kommt es auf den Zurückweisungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht mehr an.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die angemeldeten Dienstleistungen "Betrieb eines botanischen Gartens; Betrieb eines Museums" im angegriffenen Beschluss nicht zurückgewiesen und daher auch nicht Gegenstand der Beschwerde sind. In den Tenor des angefochtenen Beschlusses sind diese nicht mit aufgenommen worden. In den Gründen hat die Markenstelle zwar ausgeführt, dass "im Umfeld der Fakultäten der.......Botanik die Einrichtungen von entsprechenden Gärten oder auch Museen" existierten. Eine Zurückweisung der angemeldeten Marke auch für die Dienstleistungen "Betrieb eines botanischen Gartens; Betrieb eines Museums" liegt darin noch nicht, zumal auch für die erfolgte Zurückweisung einer Dienstleistung wie zB "Betrieb eines zoologischen Gartens" diese Passage zur Abrundung der Argumentation ebenfalls verwendet werden kann.
Kliems Sredl Bayer Pü
BPatG:
Beschluss v. 09.10.2003
Az: 25 W (pat) 53/02
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