Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 282/03

(BPatG: Beschluss v. 19.09.2005, Az.: 30 W (pat) 282/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung LA DOLCE VITA für die Dienstleistungen:

"Beherbergung und Verpflegung von Gästen in Hotels, Pensionen, Restaurants, Bars, Cafes, Zimmervermietungen, Ferienwohnungen, Feriendörfer und Gaststätten; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Bäderbetrieb, Saunen, Massagen, Kosmetikstudios, Sonnenstudios, Fitness Studios, Wellness- und Freizeiteinrichtungen; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten und Personen, Begleitagentur, Partnervermittlung, Besorgungs- und Versorgungsagentur, Singleclub und Singele-Reiseveranstaltungen, Reiseveranstaltungen allgemein".

Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil sie in der deutschen Bedeutung von "Das süße Leben" eine werbende, beschreibende Anpreisung für die Dienstleistungen darstelle.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie meint, dass mit dem angemeldeten Ausdruck nur ein inneres Lebensgefühl bezeichnet werde, das für die "Äußerlichkeiten" der beanspruchten Dienstleistungen keine beschreibende Angabe darstelle.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 43 vom 29. April 2003 und vom 17. Juli 2003 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Die Bezeichnung LA DOLCE VITA ist hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Zur Klarstellung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Gegenstand der Anmeldung die Bezeichnung LA DOLCE VITA in Großbuchstaben in Druckschrift ist. Im Anmeldeformular ist die Marke - wie auch die weiteren Angaben - zwar in Großbuchstaben in Druckschrift von Hand niedergeschriebenen; auf diese etwas figürliche Darstellung ist die Anmelderin aber nicht zurückgekommen, sondern hat in den nachfolgenden gedruckten Schriftsätzen nur die Darstellung LA DOLCE VITA verwendet. Nur über diese Anmeldung hat das Patentamt sodann auch entschieden. Allein diese Entscheidung ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st Rspr vgl BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH WRP 2004, 1173, 1174 mwN - URLAUB DIREKT). Einer Marke kann die Unterscheidungskraft aber auch aus anderen Gründen als ihrem etwaigen beschreibenden Charakter fehlen; keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere auch Angaben, die den Verbrauchern lediglich eine für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehende Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art vermitteln (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr 86 - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr 35) - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2005, 417 ff, - BerlinCard; BGH GRUR 2001, 1151f - marktfrisch; BGH aaO - Cityservice; BGH GRUR 2001, 735, 736 - Test it; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2001 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BPatG BlPMZ 2001, 155 - HAPPINESS; EuG GRUR Int 2003, 834, 835 f (Nr 29, 30) - BestBuy; GRUR Int 2004, 944, 946 (Nr 29-32) - Mehr für Ihr Geld).

Die aus der italienischen Sprache stammende Wortfolge "LA DOLCE VITA" bedeutet im Deutschen "Das süße Leben" und hat in diesem Sinn Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl Duden, Deutsches Univeralwörterbuch S 388; Duden, Das große Buch der Zitate und Redewendungen S 163); die Wortfolge geht auf den gleichnamigen Film des Regisseurs Federico Fellini aus dem Jahr 1960 zurück und bezeichnet ein luxuriöses Leben, das aus Müßiggang und Vergnügen besteht (vgl Duden aaO). Für die Verwendung der Wortfolge wird auf die der Anmelderin übersandte Anzeige für ein Reisespecial mit dem Satz "Ich will LA DOLCE VITA" (aus der Tchibo Fernseh-Zeitung 6.-12.8.2005) verwiesen. Lediglich zur Veranschaulichung wird ferner darauf Bezug genommen, dass im laufenden Wahlkampf in der Presse bezüglich des Politikers Lafontaine und Behauptungen zu dessen Leben in Luxus und Nichtstun von "Luxus-Oskar und la dolce vita" die Rede war (vgl http://focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/newsausgabe.htm€id=18485).

Dass LA DOLCE VITA eine Wortfolge der italienischen Sprache ist, steht von daher nicht der Annahme entgegen, dass es von den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen verstanden wird. Zudem gehört italienisch zu den Welthandelssprachen (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 8 Rdn 375) und zwischen Deutschland und insbesondere Italien bestehen umfangreiche Handelsbeziehungen; auch ist Italien eines der Hauptreiseziele der Deutschen.

Die angemeldete Bezeichnung stellt damit eine für die angesprochenen Verkehrskreise ohne Weiteres verständliche anpreisende Werbeaussage in dem Sinn dar, dass sämtliche beanspruchten Dienstleistungen darauf bezogen sein können, dem Publikum ein Leben in Luxus, Müßiggang und Vergnügen, kurz "la dolce vita", zu ermöglichen; dies gilt auch für die beanspruchten Sicherheitsdienstleitungen, die zur Vorbeugung gegen kriminelle Aktivitäten oder auch gegen Beobachtung durch Medienvertreter heute - speziell auch im Zusammenhang mit der Beherbergung von Gästen - vielfach nötig sind und so zum "süßen Leben" beitragen können. Beachtliche Teile des angesprochenen inländischen Verkehrs werden LA DOLCE VITA deshalb nur als eine solche allgemeine Werbeanpreisung auffassen und dieser angemeldeten Marke keine individualisierende, die Unterscheidungskraft begründende Eigenart beimessen.

Der Annahme einer allgemein werblichen Anpreisung steht nicht entgegen, dass der Ausdruck LA DOLCE VITA bzw "das süße Leben" keine konkrete Aussage darüber enthält, wie im Einzelnen die so bezeichneten Dienstleistungen ein solches Leben ermöglichen. Denn bereits in der Aussage als solcher liegt eine zwar allgemeine, gleichwohl aber klare und unmissverständliche Werbebotschaft (vgl zur Frage der begrifflichen Bestimmtheit allgemein beschreibender Angaben iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG BGH aaO - Bücher für eine bessere Welt).

Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft nicht auf eine Eintragung einer Marke LA DOLCE VITA und die Eintragung von Marken mit dem Bestandteil "dolce vita" berufen. Aus inländischen Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; vgl auch EuGH GRUR 2004, 428, 431 f - Nr 60 ff Henkel).

Die Behauptung der Anmelderin, dass mindestens 10 bis 15% der Verkehrskreise in der Anmeldung den Dienstleistungsbetrieb der Anmelderin erkennen, ist nicht geeignet, eine Verkehrsdurchsetzung glaubhaft zu machen, die - vom Fehlen sonstiger erforderlicher Angaben abgesehen - bei 10-15% keinesfalls angenommen werden kann (vgl BGH MarkenR 2001, 363, 365 - REICH UND SCHÖN).

Ob der Eintragung der angemeldeten Kennzeichnung darüber hinaus der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 19.09.2005
Az: 30 W (pat) 282/03


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