Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 309/00

(BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az.: 29 W (pat) 309/00)

Tenor

Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Mai 2000 wird aufgehoben.

Gründe

I Die Bezeichnung Prima.Comist für

"Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere das Errichten, die Unterhaltung, das Vermieten und das Betreiben von Festnetzen und Funknetzen für das Kabelfernsehen, die Datenübertragung und für Sprach-, Video- und Multimedia-Dienste sowie das Einspeisen, Weiterleiten und das Verteilen solcher Dienste in bzw. über Fest- und Funknetze"

als Wortmarke zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 3. Mai 2000 zurückgewiesen, weil ihr die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Marke bestehe aus dem Werbeschlagwort "Prima" und der Top-Level-Domain ".com", der als bloßes organisatorisches Zuordnungskriterium bereits keine eigenständige Bedeutung zur Unterscheidung von individualisierbaren Internet-Adressen zukomme. Wegen der qualitativen Aussage des Wortes "Prima" für "erstklassig, hervorragend, toll" werde der Verkehr die angemeldete Marke lediglich für einen Teil der Internetadresse eines beliebigen Inhabers halten, der sich oder seine Dienstleistungen prima finde und entsprechend anpreise.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie rügt eine unzulässige Aufspaltung der angemeldeten Marke und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts zur Schutzfähigkeit von Wortverbindungen mit dem Bestandteil "COM". Dieser sei mehrdeutig und könne nicht ausschließlich als Top-Level-Domain angesehen werden. Außerdem sei die angemeldete Marke nicht mit den von der Markenstelle genannten vollständigen Kennungen "http://www.cyberlaw.de" und "http://www.patent.de" vergleichbar.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 vom 3. Mai 2000 aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angemeldeten Marke fehlt weder jegliche Unterscheidungskraft noch ist sie als freihaltebedürftige beschreibende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen (§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG).

Einer Anmeldung kann die Unterscheidungskraft als Marke nur abgesprochen werden, wenn ihr in Bezug auf die beanspruchten Waren bzw Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender eindeutig beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich ansonsten um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt, das vom Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st Rspr BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.; zuletzt WRP 2003, 517, 518 - Buchstabe "Z").

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Aussagegehalt der angemeldeten Marke ist mehrdeutig. Er läßt sich insbesondere nicht auf den Markenteil "Prima" reduzieren, sondern ist in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Zwar ist für die Beurteilung einer angemeldeten Marke zunächst der Sinngehalt eines jeden Markenelements zu ermitteln, ohne daß darin eine unzulässige Aufspaltung zu sehen ist. Bei der sich daran anschließenden Bewertung der einzelnen Markenbestandteile in ihrer Gesamtheit ist jedoch darauf zu achten, daß der Sinn der Gesamtbezeichnung nicht auf eine Auslegung beschränkt wird, wenn etwa in der angemeldeten Marke anklingende weitere Bedeutungsinhalte - wie hier - naheliegen (vgl BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

Die angemeldete Marke besteht erkennbar aus dem Wort "Prima", einem Punkt sowie der Abkürzung "Com". Als Adjektiv und in Kleinschreibung ist "prima" ein lobender Ausspruch der Umgangssprache im Sinne von "hervorragend, ausgezeichnet, großartig" (Duden-Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl 2001). In Großschreibung hat "Prima" als weibliche Form von Primus die Bedeutung von "die Erste, Vorderste" (Duden aaO) und lehnt sich damit an Bezeichnungsgewohnheiten an, die auf dem Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere von Fernseh-, Kabel- und Funknetzen, in der Regel betriebskennzeichenmäßigen Charakter haben (z.B. Premiere, Das Erste, First Telecom GmbH, Kabel 1 und ähnliche).

Bei "Com" handelt es sich um ein Kürzel, mit dem die verschiedensten Begriffe wie z.B. "communication", "commercial", "Command", "Computer", "compiler" u.a. abgekürzt werden (vgl Peter Wennrich, Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1992, S 207; Duden, Wörterbuch der Abkürzungen, 4. Aufl; Winkler, M + T Computerlexikon, Heyne Verlag 2000; Rosenbaum, Abkürzungslexikon ET/EDV/IT, Verlag Technik Berlin). Im Bereich des Internets ist "com" eine Top-Level-Domain, mit der darauf hingewiesen wird, daß es sich um einen kommerziellen Anbieter handelt. Hieraus hat sich der Ausdruck "Dot-Com-Unternehmen" herausgebildet für Unternehmen, die den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Internet haben (vgl SZ Nr 35 vom 12.2.2001, S 28 u Nr 112 vom 16. Mai 2001, S 12). Darüber hinaus wird mit "COM" eine serielle Schnittstelle bezeichnet (Rosenbaum Online Lexikon, S 45).

Die einzelnen Elemente der angemeldeten Marke "Prima, "Punkt" sowie "Com" mögen jedes für sich hier beschreibenden Charakter haben (vgl 29 W (pat) 382/99 - Telecom Prima; 32 W (pat) 230/01 - PRIMA; HABM R 0083/99 - 2 - PRIMA). Das Zeichen seinem Gesamteindruck nach ist jedoch von gewisser Unschärfe. Soweit im Hinblick auf die beanspruchten Telekommunikationsdienstleistungen in "Com" die Abkürzung von "communication" gesehen wird, läßt sich nach den Ermittlungen des Senats eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung "Prima.Com" als Gesamtaussage für "prima communication(s)" derzeit nicht belegen. Die angemeldete Marke unterscheidet sich damit von der Bezeichnung "MultiCom" die u.a. als Kurzfassung für "Multi Communications Units" zur Beschreibung gebündelter Kommunikationseinrichtungen ermittelt worden ist (vgl 29 W (pat) 5/00 - MultiCom).

Aber auch soweit "Prima.Com" als Teil einer Internetadresse aufgefaßt wird, folgt daraus nicht deren fehlende Schutzfähigkeit. Es ist auf dem vorliegenden Dienstleistungsgebiet nämlich ungewöhnlich technische Abkürzungen für eine allgemein wertende Aussage zu verwenden. Erstere werden bevorzugt eingesetzt, um Angaben zu Funktionsweise, technische Vorteile oder sonstige besondere Merkmale hervorzuheben oder den potentiellen Abnehmer darüber zu informieren, nicht jedoch in Verbindung mit umgangssprachlichen Ausdrücken der Wertschätzung wie "prima".

Die angemeldete Bezeichnung ist ferner nicht mit den von der Markenstelle zitierten Internetadressen vergleichbar, die als Marke von der Eintragung ausgeschlossen sind, weil sie mit "patent" bzw "cyberlaw" eine eindeutig beschreibende Aussge über das jeweilige Sachgebiet und den Gegenstand des Informationsangebotes abgeben, die im Vordergrund der Gesamtbezeichnung steht.

Da die angemeldete Marke keinen hinreichend konkret beschreibenden Hinweis auf die angemeldeten Dienstleistungen gibt, ist davon auszugehen, daß der angesprochene breite Verkehr eine derart mehrdeutige Bezeichnung in Ermangelung einer klaren Aussage eher als nicht beschreibend einordnet (st Rspr BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 200, 722, 723 - LOGO; GRUR 1997, 468, 469 - NetCom).

Aus diesen Gründen erscheint die angemeldete Marke nicht geeignet, im Verkehr als Bezeichnung zur Beschreibung bestimmter Eigenschaften oder Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen zu dienen, so daß ihr das von der Markenstelle mangels konkreter Anhaltspunkte ohnehin offengelassene Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegensteht.

Grabrucker Pagenberg Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 26.02.2003
Az: 29 W (pat) 309/00


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