Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 9/00

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2000, Az.: 33 W (pat) 9/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Zahlfür die Waren

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, insbesondere Grund-, Roh-, Hilfs- und Wirkstoffe auf der Basis von Naturstoff-Hochkonzentraten bzw Naturstoff-Hochkonzentrate zur Herstellung von medizinischen und kosmetischen Präparaten;

Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel;

Arzneimittel, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Pflaster und Verbandmaterial"

am 2. Mai 1995 zur Eintragung als Marke angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat die Anmeldung durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Der Verkehr werde in der angemeldeten Marke "2001" lediglich eine Jahreszahl erkennen und damit nach den jeweiligen Begleitumständen ausschließlich beschreibende Vorstellungen in Richtung auf das Verfalls-, Haltbarkeits- oder Herstellungsdatum verbinden. Es handele sich nicht um eine spezielle mehrgliedrige Zahl. Vielmehr bestehe an der nicht ersetzbaren Jahreszahl "2001" ein starkes Freihaltebedürfnis.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde beantragt die Anmelderin (sinngemäß) die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Patentamts.

Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, daß es sich bei der Anmeldemarke um eine Zahl handele, die gemäß § 3 MarkenG grundsätzlich schutzfähig und ohne weiteres geeignet sei, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Hierzu verweist sie auf Kennzeichnungen wie zB "4711" (Kölnisch Wasser) und "1881" (Cerutti). Die Zahl "2001" sei nicht weniger unterscheidungskräftig als etwa die zur Eintragung zugelassene Zahl "2000". Die Anmelderin beruft sich ferner auf § 23 MarkenG sowie auf die Spruchpraxis, nach der die Annahme des Freihaltebedürfnisses konkrete Feststellungen zur Bedeutung der angemeldeten Marke erfordere. Das Argument der Markenstelle, die Anmeldemarke könne als Hinweis auf die Haltbarkeitsdauer verstanden werden, spreche gegen ein Freihaltebedürfnis, da die Zahl "2001" jedwede sonstige Bedeutung haben könne und somit nicht eindeutig sei.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der angemeldeten Marke stehen auch nach Auffassung des Senats Eintragungshindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen, da ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt und sie als beschreibende Angabe im Interesse der Allgemeinheit freizuhalten ist.

Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei der angemeldeten Zahl um ein Zeichen handelt, das gemäß § 3 MarkenG grundsätzlich als Marke geschützt werden kann. Entgegen der Ansicht der Anmelderin hat die Markenstelle auch nicht verkannt, daß Zahlen durchaus geeignet sein können, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Zahlen unterliegen aber ebenso wie die sonstigen gemäß § 3 MarkenG markenfähigen Zeichen ua der Prüfung, ob sie gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 bzw 2 MarkenG für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen von der Eintragung ausgeschlossen sind. Entscheidend ist dabei, inwieweit ihnen ein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder ob es sich um ein so gebräuchliches Wort bzw Begriff handelt, daß er vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH GRUR 1997, 366 - quattro II; WRP 1998, 495, 496 - TODAY; BlPMZ 1999, 408 f - YES; zuletzt BlPMZ 2000, 53, 54 und MarkenR 2000, 400, 401 - FÜNFER).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Anmeldemarke auch unter Berücksichtigung des gebotenen grundsätzlich großzügigen Maßstabes die betriebliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren abzusprechen. Die angemeldete Zahl "2001" stellt eine Jahreszahl dar, der im Hinblick auf die Bezeichnung des kommenden Jahres hohe Aktualität zukommt. Dem angesprochenen Verkehr gegenüber wird damit ohne weiteres verständlich zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei den so bezeichneten Waren um moderne, zukunftsorientierte und hochaktuelle Artikel handelt, die auf der Höhe der Zeit liegen und dem neuesten Stand der Entwicklungen und Erkenntnisse entsprechen. Es ist daher zu erwarten, daß der Verkehr der Zahl "2001" nur den allgemein anpreisenden Hinweis entnimmt, die Waren genügten den Ansprüchen und Erwartungen, die er an Produkte des neuen Jahrtausends bzw des kommenden Jahres stellt. Die Annahme liegt um so näher, als den Abnehmern die Verwendung der Zahl "2000" gegenwärtig in beschreibender Weise zur Anpreisung und als Sachhinweis auf die Eignung oder die Bestimmung der Waren und Dienstleistungen für das neue Jahrtausend auf nahezu allen Gebieten begegnet (vgl Beschluß des Senats vom 18. Februar 200,0 33 W (pat) 153/99 - World 2000). Der Gedanke, daß sich ein bestimmtes Unternehmen zur betrieblichen Unterscheidung seiner Waren der hochaktuellen Jahreszahl "2001" als Kennzeichen bedient, liegt dem Verkehr eher fern und widerspricht den zahlreichen Beispielen, in denen die vergleichbare Zahl "2000" lediglich eine beschreibende Hinweisfunktion erfüllt.

An der Zahl "2001", die zur Beschreibung der beanspruchten Waren geeignet ist, besteht auch ein künftiges Freihaltebedürfnis. Es bestehen auf der Grundlage der beschreibenden Bedeutung der Jahreszahl "2000" ausreichende Anhaltspunkte, daß die angemeldete Zahl "2001" in ähnlicher Weise als Zahl mit besonderer Symbolkraft zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen eingesetzt und verwendet wird, um zB neuentwickelte Produkte anzukündigen, ihre Neuartigkeit besonders hervorzuheben oder die Bedeutung einer neuen Produktlinie zu unterstreichen. Der beschreibende Gehalt, den die Zahl des kommenden Jahres im Sinne von Modernität, Neuheit und "auf die Zukunft ausgerichtet" vermittelt, kann auf alle Waren zutreffen, für die die Anmeldung bestimmt ist. Für einen Teil der Waren - wie insbesondere der Naturstoff-Hochkonzentrate, kosmetischen Präparate, ätherische Öle uä - kommt ferner auch dem Zeitpunkt der Herstellung und der Haltbarkeit Bedeutung zu. Es muß Mitbewerbern unbenommen bleiben, welchen warenspezifisch bedeutsamen Gesichtspunkt sie herausstellen wollen. Die Zahl "2001", die als Jahreszahl und Zeitangabe insoweit eindeutig ist, wird nicht dadurch mehrdeutig, daß mit ihr auf mehrere für die Beschreibung der Waren bedeutsame Umstände und Aspekte hingewiesen wird.

Aus dem Hinweis auf § 23 MarkenG läßt sich für die Prüfung des Eintragunshindernisses des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zugunsten der Anmelderin nichts herleiten. Die Bestimmung des § 23 MarkenG hat einen anderen Regelungsgehalt. Sie enthält eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber bei der Verwendung freihaltungsbedürftiger beschreibender Angaben, schränkt den Anwendungsbereich des Schutzhindernisses des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG aber nicht inhaltlich ein (vgl BPatG GRUR 2000, 149 - WALLIS, Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl., § 8 Rdn 54).

Die angegebenen Marken "4711" und "1881" führen ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung der Anmeldemarke. Abgesehen davon, daß das Zeichen "4711" den vor dem Markengesetz geltenden generellen Eintragungsausschluß von Zahlen durch Verkehrsdurchsetzung überwunden hat, kommt der historisch bedingten Hausnummer keine für die darunter vertriebenen Produkte beschreibende Bedeutung zu. Die Jahreszahl "1881" ist mit der angemeldeten Jahreszahl "2001" schon deshalb nicht vergleichbar, weil ihrer Eintragung kein für Waren oder Dienstleistungen aktuell bedeutsamer beschreibender Sinngehalt entgegenstünde.

Auch die Berücksichtigung der Eintragung der Zahl "2000" vermag die Eintragungshindernisse für die Anmeldemarke nicht zu überwinden.

Ungeachtet der Frage, ob die am 1. Januar 1995 angemeldete Zahl "2000" in Alleinstellung für die betroffenen Waren hätte eingetragen werden dürfen, stehen selbst identische oder vergleichbare inländische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung (vgl BGH GRUR 1995, 410, 411 - TURBO; BlPMZ 1998, 248 - TODAY; zuletzt GRUR 1997, 527 529 - Autofelge) der Annahme absoluter Eintragungshindernisse grundsätzlich nicht entgegen.

Winkler Dr. Schermer Pagenberg Cl






BPatG:
Beschluss v. 05.05.2000
Az: 33 W (pat) 9/00


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