Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 30. Juli 1991
Aktenzeichen: 3 S 1867/91
(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 30.07.1991, Az.: 3 S 1867/91)
1. Erheben mehrere Kläger in getrennten Klageschriften Klage gegen eine Baugenehmigung, so handelt es sich dabei nicht um "dieselbe Angelegenheit" im Sinne von § 6 BRAGO (BRAGebO).
2. Der kostenpflichtige Kläger hat die den Prozeßbevollmächtigten des erstattungsberechtigten Beigeladenen zu zahlende Umsatzsteuer dann nicht zu erstatten, wenn sie der Beigeladene als Vorsteuer im Sinne von § 15 Umsatzsteuergesetz abziehen kann, weil der Gegenstand des Verfahrens betriebsbezogen war (hier: Baugenehmigung zur Errichtung eines betrieblichen Gebäudes).
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der Kostenbeamte des Verwaltungsgerichts Freiburg hat die vom Kläger der Beigeladenen zu erstattenden Kosten mit 2.322,11 DM zu hoch festgesetzt.
Entsprechend der Kostenentscheidung im Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17.10.1990 trägt der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig.
Die der Beigeladenen zu erstattenden Kosten sind nicht deshalb auf 1/3 herabzusetzen, weil die Prozeßbevollmächtigten der Beigeladenen diese auch in zwei anderen Verfahren, in denen ebenfalls eine ihr erteilte Baugenehmigung angegriffen worden ist, vertreten haben. Bei den drei von den Prozeßbevollmächtigten der Kläger jeweils getrennt erhobenen Klagen handelt es sich nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 6 Abs. 1 BRAGO. Für die Annahme "derselben Angelegenheit" genügt es nicht, daß es sich in allen drei Verwaltungsstreitverfahren um Verfahren handelt, in denen sich Nachbarn gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung wenden. Für die Annahme derselben Angelegenheit reicht es auch nicht aus, daß in allen drei Verfahren im wesentlichen die gleichen Einwendungen erhoben worden sind. Vielmehr müßte sich aus den Aufträgen ergeben, daß die Prozeßbevollmächtigten der Kläger derart zu einem gleichgerichteten Vorgehen für alle Anlieger berechtigt und verpflichtet sein sollten, daß von einem einheitlichen Rahmen ihrer Tätigkeit gesprochen werden könnte.
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere haben die Prozeßbevollmächtigten der Kläger nicht nur einen einzigen Rechtsstreit anhängig gemacht, sondern haben drei getrennte Klagen erhoben. Auch das Verwaltungsgericht hat davon abgesehen, die getrennten Rechtsstreitigkeiten nach § 93 VwGO miteinander zu verbinden und dadurch aus mehreren Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinn dieselbe Angelegenheit zu machen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 17.7.1986 Kost.Rsp. BRAGO § 6 Nr. 155 mit Anm. Lappe).
Dagegen ist die Mehrwertsteuer in Höhe von 285,17 DM zu Unrecht als vom Kläger zu erstattende Kosten festgesetzt worden. Der kostenpflichtige Kläger hat die den Prozeßbevollmächtigten des erstattungsberechtigten Beigeladenen zu zahlende Umsatzsteuer dann nicht zu erstatten, wenn sie der Erstattungsberechtigte als Vorsteuer abziehen kann (Bundesfinanzhof, Beschluß vom 6.3.1990 - BWGZ 1991, 210). Gegenstand des Verfahrens war vorliegend eine Baugenehmigung zur Erweiterung des Betriebsgebäudes der Beigeladenen. Damit ist die Beigeladene gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz zum Vorsteuerabzug berechtigt, denn die Leistung ihres Prozeßbevollmächtigten ist für ihr Unternehmen ausgeführt worden. Die erstattungsberechtigte Beigeladene hat auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht (vgl. § 164 VwGO in Verbindung mit § 104 Abs. 2 ZPO), daß sie vorliegend nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 30.07.1991
Az: 3 S 1867/91
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