Landgericht Mannheim:
Beschluss vom 5. November 2008
Aktenzeichen: 2 S 3/08

(LG Mannheim: Beschluss v. 05.11.2008, Az.: 2 S 3/08)

Ist nach den Vorschriften des jeweiligen Landesrechts in Urheberrechtsstreitsachen die Zuständigkeit des Berufungsgerichts bei einem Landgericht konzentriert, so kann die Berufung nur bei diesem Gericht fristwahrend eingelegt werden.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 08.04.2008, Az. 4 C 355/07, wird als unzulässig verworfen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens von Forderungen der Beklagten aus einem Vertrag über die Einräumung von Nutzungsrechten aus urheberrechtlich geschützten Werken, wie schon das Amtsgericht in der Urteilsbegründung ausführt. Die Beklagte macht diese Forderungen im Wege der Widerklage geltend.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

festzustellen,

1. dass der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten wegen des Vertrages Nr. 330145 vom 07. Februar 2006 für die Zeit vom 01. Februar bis zum 30. April 2007 (Rechnung Nr. 1111000987317 vom 20. Januar 2007) 755,76 EUR zu zahlen;

2. dass der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten wegen des Vertrages Nr. 330145 vom 07. Februar 2006 für die Zeit vom 01. Mai bis zum 31. Juli 2007 (Rechnung Nr. 1111001069659 vom 21. April 2007) 655,76 EUR zu zahlen;

3. dass der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten Schäden zu ersetzen, die entstanden sein sollen, weil der Kläger die oben genannten Beträge nicht bezahlt.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zudem im Wege der Widerklage beantragt,

den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.411,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 755,76 EUR seit dem 02.02.2007 sowie aus 655,76 EUR seit dem 02.05.2007 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 218,80 EUR zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen stattgegeben.

Der Kläger hat gegen das Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 08.04.2008, welches ihm am 14.04.2008 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 14.05.2008 beim Landgericht Karlsruhe Berufung eingelegt. Dieser Schriftsatz ging am 14.05.2008 per Fax und am 16.05.2008 im Original beim Landgericht Karlsruhe ein.

Mit Schriftsatz vom 10.06.2008 legte der Kläger beim Landgericht Mannheim Berufung gegen die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Bruchsal ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Berufungsfrist. Dieser Schriftsatz ging beim Landgericht Mannheim am 10.06.2008 per Fax und am 11.06.2008 im Original ein.

Das Landgericht Karlsruhe hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22.08.2008 an das Landgericht Mannheim auf Grund der für Urheberrechtsstreitigkeiten nach §§ 105 UrhG, 13 ZuständigkeitsVO Justiz des Landes Bad.-Württ. begründeten ausschließlichen Zuständigkeit abgegeben. Die Akten gingen beim Landgericht Mannheim am 28.08.2008 ein.

Der Kläger ist der Auffassung, die Einlegung der Berufung beim Landgericht Karlsruhe habe ungeachtet einer Unzuständigkeit des Gerichts für Urheberrechtsstreitigkeiten die Frist gewahrt. Zumindest aber sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da für den Kläger nicht sicher zu beurteilen sei, ob eine Urheberrechtsstreitigkeit vorliege, weshalb er davon ausgehen durfte, dass die Einlegung der Berufung beim an sich zuständigen Gericht die Frist wahre.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben, wie beantragt festzustellen und die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers und Widerbeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 08.04.2008 zu verwerfen.

Die Beklagte hält die Berufung für verfristet, weil sie nicht rechtzeitig beim zuständigen Landgericht Mannheim eingelegt worden ist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil von dem anwaltlich vertretenen Kläger die zutreffende Qualifizierung des Rechtsstreits als Urheberrechtsstreitigkeit verlangt werden könne. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das erstinstanzliche Urteil in der Sache.

Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Das als einheitliche Berufung zu behandelnde Rechtsmittel war nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da die Berufungsfrist nicht gewahrt wurde.

1. Obgleich der Kläger zunächst beim Landgericht Karlsruhe und dann erneut beim Landgericht Mannheim Berufung eingelegt hat, liegt lediglich eine einheitliche Berufung vor. Auch die mehrfache Einlegung einer Berufung führt nicht zu einer Vervielfachung der Berufungsverfahren, sondern zu einem einheitlichen Rechtsmittel, über das einheitlich zu entscheiden ist. Das gilt auch bei Einreichung der Berufungsschriften bei verschiedenen Gerichten, wenn die Berufungen nach Verweisung ein und demselben Gericht zur Entscheidung vorliegen (BGH NJW-RR 2005, 780). Letzteres ist vorliegend der Fall.

Inwieweit die Vorschrift des § 281 ZPO bei funktioneller Unzuständigkeit Anwendung findet, bedarf hier keiner Entscheidung. Das Landgericht Mannheim ist an den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 22.08.2008, mit dem der Rechtsstreit abgegeben worden ist, gebunden, da die Abgabe zumindest nicht willkürlich geschehen ist.

2. Die am 14.05.2008 eingelegte Berufung wahrt die Berufungsfrist nicht. Zwar ging die Berufung innerhalb der Monatsfrist nach § 517 ZPO beim Landgericht Karlsruhe ein. Damit lag aber keine Einlegung der Berufung beim Berufungsgericht nach § 519 ZPO vor, da zuständiges Berufungsgericht das Landgericht Mannheim ist. Die Einreichung bei einem anderen Gericht wahrt die Berufungsfrist grundsätzlich nicht (Musielak/Ball, ZPO, 6. A., 2008, § 519 Rn 17).

a) Das Landgericht Mannheim ist zuständiges Berufungsgericht. Auf der Grundlage von § 105 UrhG sind Urheberrechtsstreitsachen, für die das Landgericht in der Berufungsinstanz zuständig ist, durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Justizministeriums des Landes Baden-Württemberg über Zuständigkeiten in der Justiz (Zuständigkeitsverordnung Justiz - ZuVOJu) vom 20. November 1998 dem Landgericht Mannheim für den Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe zugewiesen. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine Urheberrechtsstreitigkeit nach § 105 UrhG. Der Begriff Urheberrechtsstreitsachen umfasst Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse in Bezug auf das Urheberrecht und die sonstigen im UrhG geregelten Leistungsschutzrechte. Ansprüche aus diesen Rechtsverhältnissen sind alle aus diesen Rechten hergeleitete Ansprüche, und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Geltendmachung quasi-dinglicher Rechte (dies sind z.B. die sich aus der Verletzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten ergebenden Rechte) oder um rein schuldrechtliche Ansprüche handelt. Zu den Verträgen, die einen Bezug zum UrhG aufweisen, gehören unter anderem diejenigen, welche die Einräumung von Nutzungsrechten betreffen (Wandtke/Bullinger/Kefferpütz, Urheberrecht, 2. A., 2006 § 104 Rn 2 ff.). Eine Klage, die wie die vorliegende auf die Feststellung des Nichtbestehens solcher Ansprüche in Bezug auf die Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken gerichtet ist (negative Feststellungsklage), ist daher ebenfalls als Urheberrechtsstreitsache zu qualifizieren. Demnach ist für die Berufung nicht das Landgericht Karlsruhe, sondern das Landgericht Mannheim zuständig.

b) Der Umstand, dass sich die Unzuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe erst aus der besonderen Zuweisung der funktionellen Zuständigkeit in Urheberrechtsstreitsachen nach den §§ 105 UrhG, 13 ZuVOJu ergibt, erlaubt nach Ansicht der Kammer keine Abweichung von dem Grundsatz, dass die Einlegung der Berufung beim unzuständigen Gericht nicht fristwahrend ist.

In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob die Einlegung der Berufung beim allgemein zuständigen Gericht im Fall einer abweichenden urheberrechtlichen Konzentrationszuständigkeit die Frist wahrt.

Zum Teil wird es im Hinblick auf die Wahrung der Berufungsfrist für unschädlich gehalten, wenn die Berufung bei dem allgemein zuständigen und nicht bei dem aufgrund einer besonderen funktionellen Zuständigkeitsverteilung zuständigen Gericht eingereicht wird. Auf Antrag einer der Parteien habe das allgemein zuständige Gericht die Sache dann an das funktionell zuständige Gericht zu verweisen (Wandtke/Bullinger/Kefferpütz, Urheberrecht, 2. A., 2006 § 105 Rn 4; Dreier/Schulze, UrhG, 2. A., 2006, § 105 Rn 7, Schricker/Wild, Urheberrecht, 2. A., 1999, § 105 Rn 4; alle jeweils unter Verweis auf LG München I UFITA 87 (1980) 338, 340). Die Gegenauffassung hält die Fristwahrung auch in solchen Fällen nur durch Einlegung der Berufung beim zuständigen Gericht für möglich (LG Hechingen, GRUR 2003, 168; allgemein zur Berufungseinlegung bei Zuständigkeitskonzentration: Zöller/Greger, ZPO, 26. A., 2007, § 519 Rn 7).

Der letztgenannten Auffassung schließt sich die Kammer an. Im Fall der Konzentrationszuständigkeit für Urheberrechtsstreitsachen besteht kein Anlass, von dem Grundsatz abzuweichen, dass nur die Einlegung des Rechtsmittels beim zuständigen Gericht zur Einhaltung der Berufungsfrist genügt. Ausnahmen von dieser im Wortlaut des § 519 ZPO klar zum Ausdruck gekommenen Regel sind allenfalls unter besonderen Umständen angebracht. Solche besonderen Umstände sind aber im Hinblick auf die Zuständigkeit nach §§ 105 UrhG, 13 ZuVOJu nicht ersichtlich.

aa) Der bloße Umstand, dass eine von der allgemeinen Zuständigkeit abweichende besondere funktionelle Zuständigkeit besteht, macht die Einlegung der Berufung beim zuständigen Gericht nicht entbehrlich. Diese Wertung kann der herrschenden Rechtsprechung zu Sonderzuständigkeiten auf verschiedenen Rechtsgebieten entnommen werden.

So ist etwa höchstrichterlich bereits entschieden, dass im Falle einer besonderen Konzentrationszuständigkeit für die gegen Urteile der Kammern für Baulandsachen gerichteten Berufungen nur die Einlegung der Berufung beim funktionell zuständigen Gericht fristwahrend wirkt (BGH NJW 2000, 1574; a.A. OLG Köln 1997, 1351). Der BGH führt hierzu aus, dass die Gewährleistung staatlichen Rechtsschutzes es nicht erforderlich macht, die Berufungseinlegung beim an sich zuständigen Berufungsgericht für ausreichend zu erachten, wenn einer besonderen Zuständigkeitsregelung eindeutig zu entnehmen ist, dass über die betreffenden Berufungen ausschließlich ein anderes Gericht (dort das OLG Hamm - Senat für Baulandsachen) zu entscheiden hat.

Etwas anderes mag ausnahmsweise gelten, wenn die Zuständigkeitsregelung das zuständige Gericht nur mit erheblicher Unsicherheit erkennen lässt, was bislang insbesondere in Bezug auf die Zuständigkeitsregelung in § 92 S. 2 GWB a.F. angenommen worden ist. Zur Gewährleistung staatlichen Rechtsschutzes gehört, dass der Rechtsuchende in die Lage versetzt wird, die verfahrensrechtlichen Wege zu erkennen, auf denen er sein Recht finden kann. Die Zuständigkeitsregelung in § 92 S. 2 GWB a.F. war insofern bedenklich, da sie vielfach nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen ließ, ob über eine Berufung das allgemein zuständige oder das Kartell-OLG zu entscheiden hat. Diese Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass im Einzelfall zweifelhaft war, ob das LG als für Kartellsachen zuständiges Gericht entschieden hat, sofern es dies nicht in der Entscheidung klargestellt hat. Die Zuständigkeit des Berufungsgerichts hing jedoch gerade davon ab, ob das Landgericht als für Kartellrecht zuständiges Gericht entschieden hat. Aus diesem Grund hat der BGH hier auch die Einlegung der Berufung beim allgemeinen Berufungsgericht ausreichen lassen (BGHZ 71, 371, 372 = NJW 1978, 2096). Ob sich diese Rechtsprechung auch auf das heute geltende Kartellrecht übertragen lässt, bedarf hier keiner Erörterung.

Eine Unklarheit über das zuständige Berufungsgericht, wie sie in Kartellsachen angenommen worden ist, besteht bei der vorliegenden Konzentrationszuständigkeit in Urheberrechtsstreitsachen gerade nicht. Hier liegt wie im Fall der Konzentrationszuständigkeit für Baulandsachen eine eindeutige Zuweisung und keine unklare Rechtslage vor. Die Zuständigkeit des Berufungsgerichts hängt allein von der Frage ab, ob eine Urheberrechtsstreitsache nach § 104 UrhG vorliegt (vgl. LG Hechingen GRUR-RR 2003, 168). Dies vermag der Rechtssuchende aber ohne unzumutbare Schwierigkeiten festzustellen.

Dass auch bei Sonderregelungen über die Zuständigkeit des Berufungsgerichts nur die Einlegung der Berufung beim zuständigen Gericht genügt, wird bestätigt durch die überwiegende Rechtsprechung zu § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) und c) GVG. Bei Rechtsstreitigkeiten vor dem Amtsgericht mit Auslandsberührung ist nur die Einlegung der Berufung beim zuständigen Oberlandesgericht fristwahrend (Zöller/Gummer, ZPO, 26. A., 2007, § 119 GVG, Rn 13 m.w.N.). Bei einer an den allgemeinen Gerichtsstand einer Partei im Ausland anknüpfenden Zuständigkeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) besteht keine mit den für das Kartellrecht oben dargestellten Besonderheiten vergleichbare Unsicherheit über die Zuständigkeit (BGH NJW 2003, 1672, 1673; vgl. auch BGH NJW 2003, 2686; BGH NJW 2005, 3776). Nach dem klaren Wortlaut von § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG kommt es allein darauf an, ob einer der Beteiligten einen allgemeinen Gerichtsstand tatsächlich im Ausland hat (OLG Karlsruhe, OLGR 2003, 520). Insbesondere die Feststellung des Sitzes einer Partei im Ausland bereitet dem Rechtmittelführer aber in der Praxis nicht weniger Schwierigkeiten als die Prüfung des Rechtsstreits auf seine Natur als Urheberrechtsstreitsache. Eine unklare Rechtslage besteht jedoch in beiden Fällen nicht.

bb) Dass die besondere funktionelle Zuständigkeit des Landgerichts Mannheim für Urheberrechtsstreitsachen in zum Teil wenig bekannten Vorschriften bestimmt ist, stellt ebenfalls keinen Grund für eine Durchbrechung des in § 519 ZPO bestimmten Grundsatzes der Einlegung der Berufung beim zuständigen Gericht dar. Die Einlegung der Berufung beim Landgericht unterliegt dem Anwaltszwang. Es ist dem Rechtsanwalt aber zumutbar, sich über ohne weiteres zugängliche landesrechtliche Sonderregelungen für gerichtliche Zuständigkeiten zu informieren (BGH NJW 2000, 1574, 1576 - Berufung in Baulandsachen).

cc) Nach Ansicht der Kammer wird der Grundsatz, dass zur Fristwahrung die Anrufung des zuständigen Berufungsgerichts erforderlich ist, zudem durch § 13 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen (BinnSchVerfG) bestätigt. Der Gesetzgeber hat dort nämlich erkennbar in bewusster Abweichung von § 519 ZPO bestimmt, dass in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht dadurch berührt wird, dass es - statt bei dem nach § 11 BinnSchVerfG zuständigen Oberlandesgericht - bei dem dem Schifffahrtsgericht (Amtsgericht) übergeordneten Landgericht eingelegt wird. Damit soll verhütet werden, dass jemand in Binnenschifffahrtssachen allein deshalb einen Nachteil erleidet, weil die Berufungsschrift entsprechend der allgemeinen Regelung des Instanzenzuges in zivilrechtlichen Streitigkeiten beim Landgericht eingereicht wird (BGH MDR 1979, 475 m.w.N.). Wo es aber an einer solchen Regelung fehlt, wahrt grundsätzlich nur die Einlegung des Rechtsmittels beim zuständigen Gericht die Frist. So kommt etwa bei der in § 4 BinnSchVerfG allgemein vorgesehenen Möglichkeit zur landesrechtlichen Konzentration der örtlichen Zuständigkeit eine entsprechende Anwendung von § 13 BinnSchVerfG nicht in Betracht (BGH a.a.O.).

c) War demnach die Einlegung der Berufung beim unzuständigen Landgericht Karlsruhe nicht fristwahrend, so war die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die vom Kläger erneut eingelegte Berufung beim Landgericht Mannheim ging am 10.06.2008 und damit nach Ablauf der Berufungsfrist ein. Gleiches gilt für die nach Abgabe durch das Landgericht Karlsruhe beim Landgericht Mannheim am 28.08.2008 eingegangenen Akten.

3. Die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nach alledem ebenfalls nicht in Betracht. Voraussetzung wäre nach § 233 Abs. 1 ZPO, dass der Kläger ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Ein unvermeidbarer Irrtum über das zuständige Berufungsgericht liegt jedoch im hier zu entscheidenden Fall nicht vor.

a) Die Ermittlung des zuständigen Berufungsgerichts obliegt grundsätzlich der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten (BGH NJW 2005, 3776; BVerfG NJW 2006, 1579; vgl. auch Zöller/Gummer, ZPO, 26. A., 2007, § 119 GVG, Rn 13 m.w.N zu § 119 Abs. 1 Nr. 1 b)). Die Unkenntnis ohne weiteres zugänglicher landesrechtlicher Sondervorschriften über die Zuständigkeit entschuldigt den Anwalt nicht (BGH NJW 2000, 1574, 1576). Der Kläger muss sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

b) Auch ein entschuldbarer Irrtum über die Qualifizierung des Rechtsstreits als Urheberrechtstreitsache ist nicht ersichtlich. Dies gilt bereits deswegen, weil von einer anwaltlich vertretenen Partei erwartet werden kann, eine Urheberrechtsstreitigkeit im Sinne des § 104 UrhG rechtlich zutreffend als solche einzuordnen. Dass diese Regelung, wonach Urheberrechtsstreitigkeiten solche Rechtsstreitigkeiten sind, durch die ein Anspruch aus einem der im Urhebergesetz geregelten Rechtsverhältnis geltend gemacht wird, dem Rechtssuchenden die materiell-rechtliche Abgrenzung und damit die Ermittlung des zuständigen Gerichts unzumutbar erschwert, kann nicht angenommen werden.

Selbst wenn man aber in Ausnahmefällen von einer unzumutbaren Erschwernis bei der Einordnung des Rechtsverhältnisses ausgehen wollte, so liegt eine solche hier jedenfalls nicht vor. Der vorliegende Rechtsstreit hatte Forderungen der Beklagten aus einem Vertrag über die Einräumung von Nutzungsrechten aus urheberrechtlich geschützten Werken zum Gegentand und war daher zweifellos urheberrechtlicher Natur. Dies konnte auch dem Kläger nicht verborgen bleiben, da das Amtsgericht dies in der Urteilsbegründung niedergelegt hat.

Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, den sichersten Weg zu wählen, indem er die Zuständigkeit auch im Hinblick auf Spezialregelungen prüft und beim zuständigen Gericht die Berufung einlegt. Es bestand vorliegend angesichts des oben dargestellten Meinungsstandes auch kein berechtigter Grund, bei Unsicherheit über das Eingreifen einer besonderen Zuständigkeitsregelung darauf zu vertrauen, dass die Einlegung der Berufung beim allgemein zuständigen Gericht in jedem Fall fristwahrend sein würde.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.






LG Mannheim:
Beschluss v. 05.11.2008
Az: 2 S 3/08


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