Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 14. November 2013
Aktenzeichen: 2 U 182/12
(OLG Stuttgart: Urteil v. 14.11.2013, Az.: 2 U 182/12)
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Vorsitzenden der 20. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 09. November 2012 (Az.: 20 O 21/12) wirdz u r ü c k g e w i e s e n.
II. Der Beklagte trägt die Kosten seiner Säumnis. Die übrigen Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers wegen des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- EUR, diejenige aus dem Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der vollstreckbaren Kostenforderung abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung in der Hauptsache Sicherheit in Höhe 10.000,- EUR und vor derjenigen aus dem Kostenpunkt Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert:
bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug 40.000,- EUR,
danach bis zur übereinstimmenden Teilerledigungserklärung 20.000,- ,
danach 10.000,- EUR.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Unterlassung auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage und Kostenerstattung.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der Vorsitzenden der 20. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 09. November 2012 (Az.: 20 0 21/12) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat sein Versäumnisurteil vom 07. Mai 2012 aufrechterhalten und hierzu, soweit noch im Streit, im Kern ausgeführt:
Mit der werblichen Bezugnahme auf einen bisherigen Preis nach ABDA" (Klageantrag Ziffer 1b) verstoße der Beklagte gegen das Irreführungsverbot der §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Diese Bezugnahme sei der Form und den Begleitumständen nach weder klar noch bestimmt. Die werbende Angabe erwecke zudem den Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit gegenüber einem bisherigen Preis, der aber als solcher gar nicht existiert habe. Die Werbeaussage sei daher objektiv unwahr, was das Gericht beurteilen könne.
Die zu unverbindlichen Preisempfehlungen ergangene Rechtsprechung könne vorliegend nicht unmittelbar herangezogen werden, jedoch gälten die darin entwickelten Maßstäbe entsprechend. Gemessen an diesen Maßstäben liege eine Irreführung vor. Der Beklagte habe nicht klargestellt, dass es sich bei dem von ihm in Bezug genommenen bisherigen Preis nach ABDA um einen Preis handele, der als solcher nicht existiere. Nicht einmal ansatzweise ergebe sich aus der Werbung, dass der Beklagte seine Werbeaussage 40% gespart" auf Preisangaben aus der Lauer-Taxe beziehe.
Eine Werbung mit Preisnachlässen sei ferner auch irreführend, wenn sie unzutreffende Aussagen über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe der Preisnachlassgewährung enthalte. Die Bezugnahme auf einen bisherigen Preis nach ABDA erwecke beim Verbraucher den Eindruck, das beworbene Arzneimittel werde deutlich unter einem bisherigen verbindlichen Preis verkauft. Tatsächlich sei dies aber nicht der Fall.
Völlig unerheblich sei, ob sich der Verbraucher durch weitere Internet-Recherchen oder telefonische Rückfragen über den in Bezug genommenen Preis nach ABDA informieren könne.
Mit der Auslobung der Abgabe eines Thermobechers für den gleichzeitigen Kauf des apothekenpflichtigen Arzneimittels A.-C. (Klagantrag Ziffer 1c) verstoße der Beklagte gegen §§ 3, 4 Nr., 11 i.V.m. § 7 HWG, § 8 UWG. Keiner der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HWG genannten Ausnahmetatbestände liege vor. Insbesondere handele es sich bei dem ausgelobten Thermobecher nicht um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des Gesetzes. Dafür betrage die Wertgrenze einen Euro, wobei nicht ein Herstellerpreis der Maßstab sei, sondern der Preis, den der verständige Verbraucher, also der angesprochene Verkehrskreis - zu dem die Vorsitzende zähle - der Gabe beimesse. Dieser liege deutlich über 1,- EUR.
Auch der in der Werbemaßnahme ohnehin nicht sichtbare, sehr dezente Werbeaufdruck mindere den Wert des Thermobechers, der dazu noch den Eindruck vermittele, aus Edelstahl zu sein, nicht erheblich.
§ 7 HWG bezwecke gerade den Schutz der Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung. Erheblichkeit im Sinne des § 3 UWG liege vor.
Eine Einschränkung des Verbotes auf künftige Preisänderungen sei nicht geboten.
Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der Abmahnkosten folge aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. 205,- EUR zuzüglich 7% Mehrwertsteuer entspreche den üblicherweise geltend gemachten Kosten des Klägers. Der Betrag sei unbestritten.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
Der Beklagte bringt mit seiner Berufung vor:
Die mit Klagantrag 1b beanstandete Preisgegenüberstellung verstoße nicht gegen das Irreführungsverbot der §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG. UVPs könne der Verbraucher nicht verifizieren. Über Preise nach ABDA" könne er hingegen Gewissheit erlangen, indem er beim Besuch in der Apotheke am Bildschirm des Apothekers die Preise unmittelbar einsehen könne. Die Bezugnahme sei daher der Form und der Begleitumstände wegen klar und bestimmt, objektiv richtig und zutreffend, insbesondere bezüglich der Höhe, der Dauer, des Ausmaßes und der Gründe der Preisnachlassgewährung.
Der Beklagte habe nicht behauptet, dass die in der Lauer-Taxe ausgewiesenen Preise unverbindliche Empfehlungen seien. Das Landgericht übersehe, dass sich der Apotheker in diesem Kontext an den für die Abgabe zu Lasten der gesetzlichen Krankenverssicherungen festgesetzten Preisen orientiere. Als Bezugsgröße sei der Preis daher für den Verbraucher von Relevanz. Der nach dem AMG anzugebende Abgabepreis sei ernsthaft kalkuliert und als Endpreis angemessen, seine Angabe also nicht irreführend.
Die Angabe des Apothekenverkaufspreises gem. § 78 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AMG als Bezugsgröße für Rabatte liege auch im Interesse des Verbrauchers. Andere Bezugsgrößen seien ständig im Fluss und dadurch schwer nachvollziehbar.
Für den informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, der daran gewöhnt sei, Preise anhand einer für ihn per se nicht nachvollziehbaren Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung zu vergleichen, sei es sogar leichter möglich, eine ABDA-Preisangabe zu verifizieren. Folglich müsse es im Hinblick auf die Grundsätze der Preisklarheit und der Preiswahrheit ausreichen, wenn der vom Beklagten als bisheriger Preis nach ABDA" bezeichnete Preis sich bei dem betreffenden Produkt finde.
Auch eine tatsächliche Relevanz des Apothekenverkaufspreises sei für Verbraucher nicht erforderlich. Selbst die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers werde mitunter von kaum einem Händler als Endpreis verlangt. Dies führe nicht zu einer Irreführung nach § 5 UWG, sofern die Voraussetzungen an einen ernsthaft kalkulierten Preis eingehalten würden.
Eine erhebliche Mehrheit der deutschen Apotheken richte sich bei ihren Angeboten nach den von den Herstellern an die I. GmbH gemeldeten unverbindlichen Apothekenabgabepreisen. Gegenüber Krankenkassen seien sie verbindlich.
Die Irreführungsquote lege das Landgericht nicht fest. Selbst eine Irreführung von 20% aller angesprochenen Interessenten würde dabei nach neuerer Rechtsprechung nicht genügen. Vielmehr wäre eine Irreführungsquote von etwa einem Drittel erforderlich. Eine solche Quote habe der Kläger nicht vorgetragen, geschweige denn belegt. Sie dürfte erheblich niedriger liegen.
Es fehle der Angabe auch an wettbewerblicher Relevanz. Nur ein geringer Teil der informierten, mündigen Verbraucher werde keine weiteren Erkundigungen einziehen.
Der Thermobecher (Klageantrag Ziffer 1c) stelle eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 HWG dar. Der Wert von 1,- EUR sei nicht die absolute Höchstgrenze des Zulässigen. Der Becher sei einfachster Bauart und überschreite nicht einen Wert von 1,- EUR. Wertmindernd sei der Werbeaufdruck.
Mit seinem letzten, am 29. August 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vertieft der Beklagte sein Vorbringen.
Darüber hinaus verweist er neben der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf eine am 13. August 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG und meint, wie schon vorgerichtlich, verschreibungsfreie Arzneimittel fielen nicht unter das Zugabenverbot.
Er nennt einen ABDA-Preis für A. C.
Er beantragt unter Berücksichtigung der Teilklagerücknahme und der übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärung hinsichtlich des noch offenen Klageantrags
das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil:
Der Hinweis auf einen bisherigen Preis nach ABDA" sei irreführend, da es einen solchen nicht gebe. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA") gebe keine Preisempfehlungen, keine Preisvorgaben und keine bisherigen" Preisvorgaben und Preisempfehlungen aus, die als Referenzpreis zu Werbezwecken herangezogen werden könnten.
Die vom Beklagten herangezogenen Vergleichspreise der Lauer-Taxe stellten keinen Preis nach ABDA" bzw. bisherigen Preis nach ABDA" dar. Der Preis gemäß Lauer-Taxe sei weder eine Preisempfehlung der Hersteller, noch eine unverbindliche Preisangabe. Sie gelte nicht im Verhältnis zum Apothekenkunden. Die Lauer-Taxe halte die Möglichkeit der Eingabe eines sogenannten empfohlenen Verkaufspreises" vor. Ein Hersteller, dem daran gelegen sei, Apothekern einen Abgabepreis zu empfehlen, könne dort einen Wert hinterlegen. Für die hier streitgegenständlichen Artikel gebe es eine solche Empfehlung nicht.
Es bleibe bestritten, dass die Angabe eines bisherigen Preises nach ABDA" im Interesse des Verbrauchers liege. Der Verbraucher habe mehr von der Angabe eines Referenzpreises am Markt. Wie man bei der Angabe eines bisherigen Preises nach ABDA" auf die Idee kommen sollte, innerhalb der Lauer-Taxe zu suchen, erschließe sich dem Kläger nicht.
Es bleibe bestritten, dass die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" mitunter von kaum einem Händler als Endpreis verlangt werde und dass der unverbindliche Apothekenverkaufspreis für den Verbraucher auch tatsächlich relevant sei, da apothekenüblich. Der vorgelegte Untersuchungsbericht sei hier untauglich.
Der Hinweis des Beklagten, dass das Landgericht keine Irreführungsquote dargelegt habe, sei unerheblich. Die Grenze der Geringwertigkeit liege nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei 1,- EUR. Die Feststellungen des Landgerichts nach Inaugenscheinnahme des von dem Beklagten zu Werbezwecken abgegebenen Thermobechers seien sachlich zutreffend. Zurecht stelle es nicht auf den Einkaufswert ab. Auch den Werbeaufdruck habe das Landgericht hinreichend berücksichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 05. September 2013 Bezug genommen.
Vor Beginn der streitigen Verhandlung zur Sache vor dem Senat hat der Kläger seinen Klageantrag Ziffer 1a mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit wegen des Klageantrags Ziffer 1b übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber - soweit noch über den erhobenen Unterlassungsanspruch zu entscheiden ist - unbegründet.
A)
Den noch im Streit stehenden Unterlassungsanspruch gemäß dem Klageantrag Ziffer 1c hat das Landgericht zurecht zugesprochen. Ohne Erfolg muss der Einwand des Beklagten bleiben, das Rabatt- und Zugabenverbot des Heilmittelwerberechts erfasse solche Arzneimittel nicht, die nicht der Preisbindung unterlägen (dazu 1.). Hiervon ausgehend, ist das landgerichtliche Urteil in Begründung und Ergebnis richtig (dazu 2.).
1.
Auch beim Verkauf von Arzneimitteln, die nicht der Preisbindung unterlagen, sind Zugaben nicht unbeschränkt, sondern nur nach Maßgabe des § 7 HWG zulässig.
a)
Zwar erscheint es auf den ersten Blick plausibel, dass es widersprüchlich wäre, wenn der Apotheker auf bestimmte Arzneimittel zwar einen Barnachlass geben dürfte, aber keine Zugabe selben Wertes.
b)
Dem steht aber entgegen, dass rechtsdogmatisch das Arzneimittelpreisrecht einerseits und das Heilmittelwerberecht andererseits in ihrer Zwecksetzung verwandt sind, aber doch unterschiedliche Regelungskreise darstellen, die folglich auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Das HWG bezieht sich zwar auf den Arzneimittelbegriff (vgl. § 2 AMG), aber eben nicht nur auf preisgebundene oder verschreibungspflichtige Arzneimittel (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG).
Auch tatsächlich stellt es einen Unterschied dar, ob der Apotheker einen Kaufpreis verändert oder ob er eine Zusage gewährt oder auslobt. Gerade der vorliegende Fall, in dem der objektive Wert der Zugabe deutlich von der Wertschätzung abweicht, welche sich dem potenziellen Kunden in der Werbung aufdrängt, zeigt, dass eine Zugaben-werbung stärker geeignet ist, den Kunden zu einer sachfremden Entscheidung zu bewegen als der reine, arithmetisch mit dem Konkurrenzpreis vergleichbare Warenpreis.
Von dieser Auslegung ist ersichtlich auch der Bundesgerichtshof ausgegangen (vgl. BGH, Urteil vom 09. September 2010 - I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136, bei juris Rz. 25 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE).
Die Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG hat daran nichts geändert. Im Gegenteil belegt die vom Beklagten zitierte Novelle (vgl. BGBl. 2013, Abt. I, S. 3108), dass zumindest der Gesetzgeber des Jahres 2013 davon ausgegangen ist, dass die bisherige Rechtslage auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel erfasst habe. Denn er hat lediglich einen Satz zu den verschreibungspflichtigen angefügt, der das Zugabenverbot verschärft. Hätte er angenommen, verschreibungsfreie seien von der alten Regelung nicht betroffen, so hätte er diese Ziffer ändern und nicht ergänzen müssen.
2.
Die im Streitfall in Rede stehende Werbung des Beklagten ist nach keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 HWG enthaltenen Regelungen zulässig. Zurecht hat das Landgericht die ausgelobte Dreingabe nicht als nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 HWG zulässige geringwertige Dreingabe angesehen, sondern als unzulässige, den Markt unlauter und erheblich beeinflussende Zugabe. Auszugehen ist für die Geringwertigkeit derzeit von einer Wertgrenze von 1,- EUR. Die Erwägungen, welche der Bundesgerichtshof im Jahr 2010 hierzu angestellt hat, harren insbesondere nicht im Hinblick auf Geldentwertung einer Anpassung. Für Preisnachlässe, Wertgutscheine und dergleichen zieht der Beklagte dies im Hinblick auf die Urteile des Bundesgerichtshofes in Sachen I ZR 90/12 und I ZR 98/12 nicht mehr in Zweifel. Dieselbe Grenze gilt, was die Berufung bekämpft, auch für Dreingaben. Der anzusetzende Wert des versprochenen Thermobechers überschreitet diese Grenze deutlich.
a)
Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 09. September 2010 - I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136, bei juris Rz. 25 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 915). Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (BGH, a.a.O., u.H. auf u.a. BGH, Urteil vom 09. September 2010 - I ZR 98/08, Rn. 22 - Bonuspunkte).
b)
Wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist zur Würdigung, ob eine derartige geringwertige Kleinigkeit abgegeben oder als Zugabe angepriesen wird, nicht auf den vom Landgericht mit 1,05 EUR festgestellten, unstreitigen Einkaufspreis, geschweige denn auf einen zukünftig möglicherweise geringeren Einkaufspreis abzustellen, sondern auf die Wertschätzung, die der angesprochene Verbraucher nach der Werbung für die angebotene Zugabe entwickelt. Denn von ihr hängt es ab, ob er sich von der Aussicht auf die Zugabe bei der Auswahl der Apotheke beeinflussen lässt, in der er das Produkt kauft, mit dessen Kauf er die Zugabe erwartet und ob er sich für dieses Produkt entscheidet oder für ein anderes, gleichfalls in Betracht kommendes Konkurrenzprodukt.
c)
Hierzu hat das Landgericht, von der Berufung nicht substantiiert angegriffen, festgestellt, der Becher erwecke auf dem Werbebild den Eindruck, aus Edelstahl zu sein. Den Wert eines Edelstahlthermobechers bemisst der Verbraucher, wie vom Landgericht erkannt, auf mehrere Euro; er geht davon aus, für ein gleichwertiges Produkt im Laden einen Preis in dieser Größenordnung bezahlen zu müssen. Der Senat geht von einem regelmäßigen Kaufpreis zwischen 3,- EUR und 5,- EUR aus. Auf etwaige Sonderverkäufe, wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für einen späteren Zeitraum als Angebot der Fa. T. vorgetragen, kommt es dabei nicht an, weil der Verbraucher diese zum einen nicht vorab kennt, zum anderen auch keine Marktanalyse anstellen wird, wenn er eine Vorstellung vom Kaufpreis eines Bechers der beworbenen Art, wie er ihn sich vorstellt, hat.
Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, der Becher sei einfachster Bauart. Dies bleibt unbeachtlich, da es dem Verbraucher verborgen bleibt. Es hätte dem Beklagten offen gestanden, darauf in seiner Werbung hinzuweisen, weil die Abbildung einen anderen Eindruck erweckte. Da er eine solche Klarstellung unterlassen hat, kann er dieses objektive Kriterium nicht gegen den maßgebenden subjektiven Eindruck des Verbrauchers stellen, den er durch seine Werbung hervorgerufen hat.
Auch der Werbeaufdruck mindert die Wertschätzung des Verbrauchers für den Becher nicht. Das Landgericht hat, gleichfalls unangegriffenermaßen, festgestellt, dass dieser Aufdruck in der Werbung nicht erkannt werde. Damit scheidet eine Beeinflussung des Verbrauchers durch ihn aus.
B)
Der Kostenerstattungsanspruch des Klägers aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG besteht nebst Zinsen, wie vom Landgericht zugesprochen und vom Beklagten der Höhe nach nicht angegriffen. Eine Abmahnkostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu entrichten, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war (vgl. BGHZ 177, 253, bei juris Rz. 50, m.w.N.; OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 U 51/09, bei juris Rz. 47 f., m.w.N.). Gegen die Höhe der Pauschale bestehen (noch) keine Bedenken; die Berufung macht solche auch nicht geltend.
III.A)
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 91a ZPO.
1.
Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat (Klageantrag Ziffer 1 a) trifft ihn die Kostenlast.
2.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Senat im Zuge einer einheitlichen Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden (§ 91a ZPO). Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits insoweit dem Beklagten aufzuerlegen. Denn der Klageantrag Ziffer 1 b) war entgegen der im Verhandlungstermin geäußerten Ansicht des Beklagten nicht zu weit gefasst, und das Landgericht hat den mit diesem Klageantrag erhobenen Unterlassungsanspruch zurecht zugesprochen.
a)
Die Werbung mit einem Preisnachlass von 40% gegenüber dem bisherigen Preis nach ABDA war irreführend, da unklar und gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG unlauter. Bei einer solchen Preisgegenüberstellung oder -bezugnahme muss sich aus der Werbung klar und deutlich ergeben, worum es sich bei dem Vergleichspreis handelt (vgl. BGH, Urteile vom 17. März 2011 - I ZR 81/09, MDR 2011, 1191, bei juris Rz. 22 - Original Kanchipur; vom 25. Januar 1980 - I ZR 10/78, GRUR 1980, 306, 307 = WRP 1980, 330 - Preisgegenüberstellung III; und vom 12. Dezember 1980 - I ZR 158/78, GRUR 1981, 654, 656 = WRP 1981, 454 - Testpreiswerbung; OLG Hamm, Urteil vom 24. Januar 2013 - I-4 U 186/12, GRUR-RR 2013, 261, bei juris Rz. 55 ff. - Q-Börse).
Daran geht das Argument des Beklagten vorbei, der angesprochene Verbraucher könne sich in der Apotheke oder über das Internet weiter unterrichten und der informierte Verbraucher nutze diese letztgenannte Möglichkeit auch. Abgesehen davon, dass dem in tatsächlicher Hinsicht nicht beizutreten ist, weil die erste Variante an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht, die zweite nur von einem kleinen Bruchteil der Verbraucher genutzt wird, gilt rechtlich: Entscheidend ist die Werbung selbst. Veranlasst sie den Verbraucher dazu, sich näher mit dem beworbenen Angebot zu befassen, etwa indem er sich in die Apotheke des Werbenden begibt, so hat die Unklarheit der Werbung bereits zu einem Wettbewerbsvorteil geführt. Eine Heilung der Unlauterkeit scheidet dann aus.
b)
Diesen Vorgaben genügt die angegriffene Rabatt-Werbung nicht. Sie erweckt, wie vom Landgericht dargelegt, beim Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, es habe für das beworbene Produkt bislang einen festen Preis gegeben, gegenüber dem der nunmehr angebotene um 40% niedriger liege. Die Werbung spricht nicht von einer Preisempfehlung, sondern von einem bisherigen Preis. Das Wort Preis suggeriert in deutlich stärkerem Maße als das Wort Preisempfehlung, dass der genannte Betrag vom Kunden auch tatsächlich und durchgängig zu bezahlen gewesen wäre. Zwar mag, was der Senat nicht zu entscheiden braucht, von dem maßgebenden durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher bei einer Werbung für andere als pharmazeutische Produkte ein Bezug zum Verkaufspreis nur dieses werbenden Händlers gezogen werden. Im pharmazeutischen Bereich ist das Denken vieler Verbraucher aber nach wie vor auch im preisbindungsfreien Segment unterschwellig geprägt von der Vorstellung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises. Außerdem weiß der Verbraucher regelmäßig nicht, welche Arzneimittel der Preisbindung unterliegen und welche nicht.
Wird in dieses Vorverständnis noch durch die Worte Preis nach ABDA unterstützend hineingewirkt, so legt dies auch für den ganz überwiegenden Teil der Verbraucher, der mit dem Kürzel ABDA nichts anfangen kann, die Annahme nahe, es handele sich bei dem Bezugspreis um einen bisherigen Fest- oder verbindlichen Listenpreis, den er am Markt bislang habe bezahlen müssen.
Einen Bezug zu der in der Berufungsbegründung in den Vordergrund gespielten Lauer-Liste enthält die Werbung nicht.
c)
Das Gebot der Klarheit der Werbung entspricht demjenigen bei der Werbung durch Kaufleute mit Preisnachlässen. Derartige Rabattwerbung ist irreführend, wenn der Werbende den angeblichen Normalpreis nicht zuvor für einen angemessenen Zeitraum tatsächlich für das betreffende Produkt verlangt hatte. Darüber hinaus erweckt die Werbung beim Verbraucher den Eindruck, der in Bezug genommene Referenzpreis sei bis zum Beginn der Werbeaktion vom Beklagten selbst verlangt worden durch das Beiwort bisherigen in besonderer Weise. Dieses verstärkt das Verständnis des Wortes Preis noch.
Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils und dem Berufungsvorbringen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte diesen Vorgaben genügt habe. Dies kann aber auf dem Hintergrund der oben beschriebenen Unlauterkeit ebenso dahinstehen wie die Frage, ob es für das beworbene Produkt A. C. einen bisherigen Preis nach ABDA überhaupt gegeben habe, als der Beklagte so warb.
d)
Die demnach irreführende Werbung war auch markterheblich im Sinne des § 3 UWG. Von erheblichen prozentualen Preisnachlässen geht stets eine starke Anlockwirkung aus (vgl. zu Barrabatten BGH, Urteil vom 09. September 2010 - I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136, bei juris Rz. 25 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE), so dass es sich verbietet, bei einem Nachlassversprechen von 40% auf einen üblichen oder einen bisherigen Preis anzunehmen, dieses beeinflusse den Markt nicht oder nur unerheblich.
B)
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
C)
Den Streitwert schätzt der Senat nach §§ 48 Abs. 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 51 GKG i.V.m. § 3, 4 ZPO. Dabei kommt dem zurückgenommenen Klageantrag Ziffer 1a eine größere wirtschaftliche Bedeutung zu als jeweils den Klageanträgen Ziffer 1b und 1c, da die damit angegriffene Werbung nach den - glaubhaften - Ausführungen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat das ganze Jahr über praktiziert werde und da sie das gesamte Sortiment des Beklagten umfasse, wohingegen die beiden anderen Anträge nur ein kleineres Teilsortiment beträfen und vom Hersteller empfohlene Sonderaktionen seien. Bei der Wertschätzung ist darüber hinaus zu bedenken, dass der Kläger nicht nur das Interesse eines Mitbewerbers verfolgt, sondern die Interessen der Allgemeinheit.
Aufgrund dessen setzt der Senat für den vormaligen Klageantrag Ziffer 1a 20.000,- EUR an und für die Klageanträge Ziffer 1b und 1c jeweils10.000,- EUR.
D)
Die Revision wird nicht zugelassen. Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist zu entnehmen, dass die Wertgrenze von 1,- EUR nach wie vor und auch für Zugaben abseits der Wertgutscheine gilt. Auch die Erstreckung des Heilmittelwerberechts auf verschreibungsfreie Arzneimittel steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes außer Zweifel.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 14.11.2013
Az: 2 U 182/12
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