Finanzgericht Baden-Württemberg:
Beschluss vom 13. Februar 2008
Aktenzeichen: 4 V 630/07

(FG Baden-Württemberg: Beschluss v. 13.02.2008, Az.: 4 V 630/07)

Tatbestand

I. Streitig ist, ob dem Antragsgegner (Ag) im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen ist, die Strafverfolgungsbehörden von eventuellen Schmiergeldzahlungen der Antragstellerin (Astin) in Kenntnis zu setzen.

Die Astin betreibt ein Unternehmen zur Herstellung von ... in -X-. Einen erheblichen Teil ihres Umsatzes erwirtschaftet sie aus der Geschäftsbeziehung mit der Y-GmbH mit Sitz in -T-. Deren verantwortlicher Einkäufer war in den im Streitfall betroffenen Jahren Herr F.. Seit dem Jahr 1995 leistete die Astin Zahlungen an Herrn F. in Höhe von 10 v.H. des Wertes der von ihm im Namen der Y-GmbH bei der Astin bestellten Waren.

Im Jahr 2001 wurde bei der Astin eine steuerliche Betriebsprüfung (BP) hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1999 und im Jahr 2006 eine BP für die Jahre 2000 bis 2004 durchgeführt. Im Rahmen der letztgenannten BP gelangte der Ag zu der Auffassung, dass die Zahlungen der Astin an Herrn F. den Tatbestand des § 299 Strafgesetzbuch (StGB) erfüllen könnten. Er beabsichtigt daher, die erlangten Erkenntnisse über diese Zahlungen wegen des Verdachts einer Strafbarkeit gemäß § 299 StGB an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.

Die Astin wendet dagegen ein, diese Zahlungen, die bereits vom früheren Geschäftsinhaber der Astin geleistet worden seien, hätten bereits der BP für die Jahre 1995 bis 1999 unterlegen. Es seien zwar Kontrollmitteilungen über die Provisionen gefertigt worden, jedoch ohne dass die fraglichen Beträge im Hinblick auf § 4 Abs. 5 Nr. 10 Einkommensteuergesetz (EStG) aufgegriffen oder auch nur angesprochen worden seien. Auch im Rahmen der BP für die Jahre 2000 bis 2004 seien die Provisionszahlungen zunächst nicht unter dem Gesichtspunkt der Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG thematisiert worden, obwohl erneut Kontrollmitteilungen gefertigt worden und dem Betriebsprüfer sämtliche Rechnungen bzw. Gutschriften über die Provisionen in Kopie vorgelegen hätten. Erst im Rahmen einer abschließenden Besprechung eines gesonderten Teilaspekts der BP am 5. April 2007, nach Einigung der Parteien in allen anderen Punkten, habe der Betriebsprüfer darauf hingewiesen, dass er sich aufgrund einer kurz zuvor erfolgten Fortbildung diese Provisionszahlungen noch einmal näher angeschaut habe und er der Auffassung sei, dass diese unter § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG zu subsumieren seien. Die Astin trägt weiter vor, der Betriebsprüfer hätte sie zu diesem Zeitpunkt über ihre Rechte bei der Mitwirkung im Besteuerungsverfahren belehren müssen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 Betriebsprüfungsordnung (BPO) sei diese Belehrung unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen. Eine entsprechende Belehrung sei jedoch nicht erfolgt, was zu einem strafrechtlichem Verwertungsverbot führe. In strafrechtlicher Hinsicht sei aufgrund der Beendigung der Tat im Jahre 2002 gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in Verbindung mit - i.V.m. - § 78a EStG bereits Verjährung eingetreten.

Die Mitteilungspflicht der Finanzbehörde nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG diene vordringlich der Sicherung der Strafverfolgung und solle verhindern, dass die Finanzbehörde straf- oder bußgeldrechtlich relevantes Verhalten unzutreffend beurteile. Aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung in strafrechtlicher Hinsicht könne eine Mitteilung der Finanzbehörden aber zu keiner strafrechtlichen Verfolgung mehr führen. Als Folge der beabsichtigten Mitteilung an die Staatsanwaltschaft würde diese sehr wahrscheinlich Ermittlungen beim entsprechenden Kunden der Astin durchführen. Der Umsatz mit diesem Kunden, der zwischenzeitlich ein Unternehmen des Z-Konzerns sei, betrage - Tendenz steigend - im ersten Halbjahr 2007 bereits mehr als 20 % des Gesamtumsatzes der Astin. Es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass aufgrund der zu erwartenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sämtliche Geschäftsbeziehungen zur Astin eingestellt würden und damit ein für den Fortbestand des Unternehmens existenzieller Anteil des Gesamtumsatzes wegfalle.

Weiter lässt die Astin vortragen, Rechtsgrund der Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG sei die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen und materiell zutreffenden Besteuerung. Diese sei nunmehr gewährleistet. Jedenfalls bestehe der Rechtsgrund der Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG nicht darin, eine Strafverfolgung wegen der in dieser Norm beschriebenen Straftaten zu gewährleisten. Die strafrechtliche Verfolgung habe bei der ursprünglichen Fassung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG lediglich den Gleichklang von strafrechtlicher und steuerrechtlicher Beurteilung gewährleisten sollen und außerdem mit der damaligen Voraussetzung einer strafrechtlichen Verurteilung oder einer Einstellung nach den §§ 153 ff Strafprozessordnung (StPO) die Voraussetzungen für die steuerliche Verwirklichung des Abzugsverbots nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG schaffen sollen. Auch nach der Neufassung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG bestehe der Rechtsgrund der Mitteilungspflicht vorwiegend darin, eine zutreffende materiell-rechtliche steuerliche Beurteilung zu gewährleisten und nicht etwa darin, Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Korruptionsdelikten in die Wege zu leiten. Dieser Umstand bilde allenfalls einen Rechtsreflex.

Außerdem bestehe ein strafprozessuales Verwertungsverbot. Der Betriebsprüfer habe den Geschäftsführer der Astin mit den Provisionszahlungen konfrontiert. Daraufhin habe dieser Auskunft über die Hintergründe und die Abwicklung der Zahlungen gegeben. Wäre er vom Betriebsprüfer bereits zu diesem Zeitpunkt über das Vorliegen eines strafrechtlichen Verdachts in Kenntnis gesetzt worden, was nach Auffassung der Astin geboten gewesen wäre, hätte er keine weiteren Angaben zu dem Sachverhalt gemacht. Ergänzend weist die Astin darauf hin, dass nach Tz. 31 des BMF-Schreibens vom 10. Oktober 2002, Bundessteuerblatt (BStBl) I 2002, 1031, keine Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden zu erfolgen habe, wenn die Zahlungen nicht als Betriebsausgaben verbucht worden seien. Auch hieraus ergebe sich der rein steuerliche Charakter der Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG.

Der erforderliche Anordnungsgrund bestehe darin, dass nach Auskunft des zuständigen Sachgebietsleiters in einer Besprechung am 2. Juli 2007 im Finanzamt -A- die Mitteilung des Ag gegenüber der Straf- und Bußgeldsachenstelle kurzfristig erfolgen solle.

Zur Glaubhaftmachung legte die Astin eine eidesstattliche Versicherung ihres Verfahrensbevollmächtigten vor, der das Gespräch mit dem Sachgebietsleiter des Ag geführt habe.

Die Astin beantragt, dem Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im Rahmen der Betriebsprüfung erlangten Informationen zu den Zahlungen an Herrn F., ..., an die zuständige Straf- und Bußgeldstelle zur Weiterleitung an die zuständige Staatsanwaltschaft weiterzugeben, hilfsweise im Unterliegensfall, die Beschwerde zuzulassen.

Der Ag beantragt, den Antrag abzulehnen, hilfsweise im Unterliegensfall, die Beschwerde zuzulassen.

Er erwidert, § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG sehe vor, dass die Finanzbehörde Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 1 EStG begründeten, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mitteile. Wenn der Steuerpflichtige die Vorteilszuwendungen in der steuerlichen Gewinnermittlung als Betriebsausgaben abgezogen habe, bestehe eine Mitteilungspflicht. Insoweit bezieht sich der Ag auf das BMF-Schreiben vom 10. Oktober 2002, am angegebenen Ort (a.a.O.). Da im Streitfall die Aufwendungen als Betriebsausgaben abgezogen worden seien, bestehe insoweit für den Ag diese Mitteilungspflicht. Der Ag sei an die Weisungen des BMF gebunden. Vom Ag sei nicht zu prüfen, ob strafrechtlich Verjährung eingetreten oder ob die Mitteilung verhältnismäßig sei. Auch bei möglicherweise eingetretener strafrechtlicher Verjährung führe die Mitteilungspflicht nicht zu einer ausschließlich die Astin belastenden Wirkung, was möglicherweise zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führen könnte. Eine von den Finanzbehörden strikt vollzogene Mitteilungspraxis erfülle durchaus auch generalpräventive Zwecke. Auch im Streitfall führe die Mitteilung unter Umständen zu einer Aufdeckung eventueller Nachfolgetaten im Betrieb des Kunden der Astin, möglicherweise durch den Nachfolger des sich mittlerweile im Ruhestand befindlichen Angestellten F.. Eine Abwägung der mit der Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 3 EStG i.V.m. Tz. 31 des BMF-Schreibens für die Astin verbundenen Nachteile mit dem dadurch vom Gesetz- und Erlassgeber verbundenen Zwecken, lasse die Anwendung der genannten Vorschriften und die damit verbundene Mitteilungspflicht nicht unverhältnismäßig erscheinen.

Gründe

II. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 114 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in jedem Fall, dass der im Hauptverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 1, 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass die Astin den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO).

Nach § 114 Abs. 5 FGO gelten die Absätze 1 bis 3 des § 114 FGO nicht für die Fälle des § 69 FGO, also für die Fälle, in denen vorläufiger Rechtsschutz im Wege der Aussetzung der Vollziehung eines erlassenen Verwaltungsakts gewährt werden kann.

Vorliegend begehrt die Astin den Erlass einer Regelungsanordnung, denn durch die begehrte gerichtliche Anordnung möchte sie die vom Ag beabsichtigte Mitteilung bis zur Rechtskraft der Entscheidung im - zur Zeit noch nicht anhängigen - Hauptsacheverfahren verhindern und damit die Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erreichen.

Der Antrag ist gemäß § 114 Abs. 5 i.V.m. § 69 Abs. 3 FGO statthaft. Denn eine Konstellation, in der der vorläufige Rechtsschutz im Wege der Aussetzung der Vollziehung eines erlassenen Verwaltungsakts gewährt würde, ist nicht gegeben, da sich das Begehren der Astin auf das Unterlassen einer künftigen Handlung des Ag richtet.

Der Antrag ist aber unbegründet, denn ein Anordnungsanspruch der Astin besteht nicht.

Nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ist die Offenbarung von nach § 30 Abs. 2 AO erlangten Kenntnissen zulässig, wenn sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Eine solche gesetzliche Offenbarungsbefugnis findet sich in § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG.

Die mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1249) eingeführte Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG hat den folgenden Wortlaut:

Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:...

10. Die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn wegen der Zuwendung oder des Empfangs der Vorteile eine rechtskräftige Verurteilung nach einem Strafgesetz erfolgt ist oder das Verfahren gemäß den §§ 153 bis 154e der Strafprozessordnung eingestellt worden ist, oder wenn wegen der Zuwendung oder des Empfangs der Zuwendung ein Bußgeld rechtskräftig verhängt worden ist. Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Ordnungsbehörde mit; im Besteuerungsverfahren sind Zwangsmittel gegen den Steuerpflichtigen zur Ermittlung dieser Tatsachen unzulässig.

Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I, 402) wurde die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG wie folgt geändert:

Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:...

10. Die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen. Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit. Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen.

Nach § 52 Abs. 12 EStG gilt die Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG erstmals für Zuwendungen, die im ersten nach dem 31. Dezember 1998 beginnenden Wirtschaftsjahr geleistet werden.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG für alle vom Ag festgestellten Zahlungen der Astin an Herrn F. erfüllt.

Ein Verdacht für das Vorliegen einer Straftat im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG sowohl in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 als auch in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 setzt voraus, dass es aufgrund konkreter Umstände als möglich erscheint, dass eine Straftat vorliegt(vgl. Gotzens, DStR 2005, 673, 677; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. Q 120;ähnlich: - ein Anfangsverdacht im Sinne des § 152 StPO müsse vorliegen -: Bahlau, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 Rn. 1873;Dörn, DStZ 2001, 736, 737;Klingelhöfer, StBp 1999, 309, 312;Randt, BB 2000, 1006, 1013;Wichterich/Glockemann, INF 2000, 40, 42;Stapf, DB 2000, 1092, 1099).

Die hiernach erforderlichen zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte, die den Verdacht einer Straftat begründen, sind im Streitfall gegeben. Da der Geschäftsführer der Astin eingeräumt hat, dass die Zahlungen an Herrn F. geleistet wurden, um von ihm weiterhin Aufträge im Namen der Y-GmbH erteilt zu bekommen, bestehen ausreichende Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit nach § 299 StGB bzw. nach § 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) alter Fassung (a.F.).

Dass möglicherweise bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, steht der Mitteilungspflicht des Ag nicht entgegen. Denn die Prüfung, ob weitere verfahrensrechtliche Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (z.B. Vorliegen eines Strafantrags, kein Eintritt der Verfolgungsverjährung) vorliegen müssen und ob diese auch tatsächlich vorliegen, unterliegt der ausschließlichen Beurteilung durch die insoweit sachnäheren und fachkundigeren Strafverfolgungsbehörden (vgl. Gotzens, a.a.O.). Gleiches gilt für die Frage, ob - wie von der Astin angenommen - ein strafrechtliches Verwertungsverbot besteht.Würde die Finanzbehörde den Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse, die sie nach einer gesetzlichen Vorschrift zu übermitteln hat, im Hinblick darauf vorenthalten, dass diese nach Ansicht der Finanzbehörde von den Strafverfolgungsbehörden nicht mehr verwertet werden dürften, wäre ein sachwidriger Eingriff der Finanzbehörde in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Strafverfolgungsbehörden gegeben (vgl. hierzu Randt, BB 2000, 1006, 1013, der im Übrigen darauf hinweist, dass die Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG wegen der Verpflichtung der Finanzbehörde zur Vorlage der Akten an die Staatsanwaltschaft gemäß § 386 Abs. 2 Nr. 2 AO leerlaufen dürfte). Soweit die Zahlungen an Herrn F. dem zeitlichen Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 unterliegen, wonach die strafrechtliche Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörden für die steuerliche Beurteilung maßgeblich war, würde die Finanzbehörde im Falle einer Unterlassung der Mitteilung die Möglichkeit vereiteln, dass die Strafverfolgungsbehörde aufgrund abweichender strafrechtlicher Beurteilung die Voraussetzungen für die Qualifizierung der Zahlungen als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben schafft.

Eine einschränkende Auslegung der Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG im Hinblick auf die - bloße - Offenbarungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO ist nicht möglich. Denn bei § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG handelt es sich um eine eigenständige Normierung, die für Korruptionsdelikte im Hinblick auf das hohe Schutzgut der Korruptionsbekämpfung vom Gesetzgeber bewusst nicht nur als Offenbarungsbefugnis, sondern als Offenbarungspflicht ausgestaltet wurde. Aus Gründen des sachlichen Zusammenhangs mit der Regelung über die Nichtabziehbarkeit der Schmiergeldzahlungen als Betriebsausgaben hat die Offenbarungspflicht beim Verdacht des Vorliegens einer Korruptionstat eine Normierung in § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG und nicht in § 30 AO erfahren (Stapf, DB, 2000, 1092, 1099;Bahlau, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 Rn. 1876;a.A. Wichterich/Glockemann, INF 2000, 40, 41,43;Joecks, DStR 1997, 1025, 1031;Preising/Kiesel, DStR 2006, 118, 121, 122, 123)und geht als Spezialvorschrift der allgemeineren Regelung des § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO vor.

Für Zahlungen, die dem zeitlichen Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 unterliegen, war die Mitteilungspflicht schon deshalb geboten, um beim Vorliegen eines Anfangsverdachts die strafrechtliche Ahndung einzuleiten und - aufgrund der damals bestehenden Maßgeblichkeit der Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörden für die steuerliche Folge der Nichtabzugsfähigkeit der Schmiergeldzahlungen - die Voraussetzungen für die steuerliche Beurteilung zu schaffen.

Aber auch für Zahlungen, die der Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 unterfallen, besteht keine Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung der Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG aus gesetzessystematischen oder gesetzesteleologischen Gründen. Zwar wurde mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 der zuvor enge Zusammenhang zwischen der strafrechtlichen Ahndung und der steuerlichen Beurteilung gelöst, so dass für steuerliche Zwecke seither eine eigenständige Beurteilung zu erfolgen hat, die von einer Sanktionierung durch Straf- oder Bußgeldbehörden bzw. -gerichte unabhängig ist. Die Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden kann seither nicht mehr die Bedeutung haben, die Voraussetzungen für die steuerliche Beurteilung zu schaffen. Das Bestehen der Mitteilungspflicht des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG gegenüber einer bloßen Offenbarungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AO wird aber weiterhin durch den Umstand gerechtfertigt, dass es sich hierbei um eine Sondervorschrift zur Korruptionsbekämpfung handelt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass die Mitteilungspflicht des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG vom Gesetzgeber entgegen dem ursprünglichen Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BT-Drucksache 14/23, S. 169, 170,aus generalpräventiven Gründenbeibehalten wurde (vgl. dritter Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucksache 14/443, S. 21;Stapf, DB 2000, 1092, 1099 ; Bahlau, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 Rn. 1846).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde war gemäß § 128 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.






FG Baden-Württemberg:
Beschluss v. 13.02.2008
Az: 4 V 630/07


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