Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Mai 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 59/01
(BPatG: Beschluss v. 08.05.2002, Az.: 26 W (pat) 59/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. November 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 732 247 für die Waren "Kunsthandwerkliche Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke)" der Marke 2 901 440 zurückgewiesen wurde.
Die Löschung der Marke 2 901 440 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 732 247 für die Waren "Kunsthandwerkliche Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke)" angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die nach einer Teillöschung noch für die Waren
"Kunsthandwerkliche Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke)"; kunsthandwerkliche Menschen- und Tierfiguren sowie vermenschlichte Tierfiguren aus Keramik"
am 15. März 1995 bekanntgemachte Marke 2 901 440 TATI ist Widerspruch erhoben worden aus der 1959 eingetragenen Marke 732 247 Takydie noch für "Spielwaren, insbesondere Tierfiguren" im Markenregister eingetragen ist.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat den Nichtbenutzungseinwand erhoben, worauf die Widersprechende die eidesstattliche Versicherung vom 16. Juli 1996 mit weiteren Unterlagen eingereicht hat.
Die Erstprüferin hat dem Widerspruch mit Beschluß vom 29. Juni 1998 stattgegeben und die Löschung der Marke 2 901 440 in vollem Umfang angeordnet. Die Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß die eingereichte eidesstattliche Versicherung und die übrigen Benutzungsunterlagen auch vor dem Hintergrund der Vielfalt der von der Widersprechenden vertriebenen Waren eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für eine Plüschtierfigur belegten. Soweit die Widerspruchsmarke "Taky" zusammen mit der weiteren Marke "STEIFF-Knopf im Ohr" verwendet werde, stelle diese Mehrfachkennzeichnung eine weit verbreitete und wirtschaftlich sinnvolle Praxis dar. Die unter der Widerspruchsmarke benutzte Ware "Plüschtier" sei auch nach Eigenschaft und Zweckbestimmung ähnlich mit den von der Inhaberin der angegriffenen Marke beanspruchten Waren. Die beiden Wortmarken "TATI" und "Taky" seien sich auch so ähnlich, daß mit klanglichen Verwechslungen gerechnet werden müsse.
Auf die Erinnerung der Markeninhaberin hat der Erinnerungsprüfer mit Beschluß vom 27. November 2000 den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, die Widersprechende habe nicht eine Benutzung ihrer Marke 5 Jahre vor seiner Entscheidung glaubhaft gemacht (§ 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Diese Entscheidung wurde dem früheren Geschäftsführer der Markeninhaberin, Herrn D... zugestellt, weil die vermögenslose Markeninhaberin am 18.12.2000 gemäß § 141 a FGG von Amts wegen gelöscht wurde. Die Beschwerde der Widersprechenden richtet sich gegen den Beschluß vom 27. November 2000. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer Widerspruchsmarke legt sie die eidesstattliche Versicherung vom 22. März 2001 sowie die darin aufgeführten Unterlagen vor. Im übrigen verweist sie auf ihr Vorbringen gegenüber der Markenstelle. Sie beschränkt nunmehr ihren Widerspruch auf "Kunsthandwerkliche Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke)" und beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben.
Die im Handelsregister gelöschte Markeninhaberin hat sich zur Beschwerde, die ihrem frühren Geschäftsführer D... zugestellt wurde, nicht geäußert.
Gegenüber der Markenstelle hat der damalige Vertreter der Markeninhaberin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke, die Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und eine klangliche Verwechslungsgefahr bestritten.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet, soweit sich der Widerspruch aus der Marke 732 247 gegen die Eintragung der Marke 2 901 440 für die Waren "Kunsthandwerkliche Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke)" richtet.
Soweit Bedenken gegen die Beteiligtenfähigkeit der wegen Vermögenslosigkeit gelöschten Markeninhaberin bestehen könnten, greifen diese nicht durch. Der Senat schließt sich insoweit der Argumentation des 33. Senats des Bundespatentgerichts vom 21. Mai 1999 - 33 W (pat) 24/98 - an, in dem sich dieser wie folgt geäußert hat:
"Die Auflösung der GmbH der Beschwerdeführerin hat keine rechtliche Auswirkung auf die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens, da sie die gemäß § 7 MarkenG in Verbindung mit § 13 Abs 1 GmbHG, § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG, §§ 50 Abs 1, 52 ZPO erforderliche Rechts- und Beteiligtenfähigkeit der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht berührt. Denn die durch Eintragung in das Handelsregister..... erlangte Rechtsfähigkeit verliert eine GmbH erst bei Beendigung (Vollbeendigung, Erlöschen) (vgl Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl, 1996, § 13 Rdn 2). Die Auflösung einer GmbH (§ 60 GmbHG) führt noch nicht zu ihrer Beendigung; vielmehr schließt sich die Liquidation (Abwicklung) an (§ 66 GmbHG).... Die Beendigung tritt erst ein, wenn die GmbH nach Abschluß des Liquidationsverfahrens gemäß § 74 Abs 1 Satz 2 GmbHG im Handelsregister gelöscht wird....Allerdings tritt die Beendigung der GmbH durch Löschung im Handelsregister nur bei Vermögenslosigkeit ein; andernfalls besteht sie dennoch als Liquidationsgesellschaft fort.... Somit beseitigte selbst die Löschung im Handelsregister nicht die Beteiligtenfähigkeit der Beschwerdeführerin, weil jedenfalls ihre Marke .... noch einen Vermögensgegenstand darstellt...".
Die Widersprechende hat nunmehr auf die zulässigerweise gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erhobene Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin die Benutzung ihrer Widerspruchsmarke ausreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere reichen die in dem maßgeblichen Glaubhaftmachungszeitraum von 5 Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch fallenden, unter der Widerspruchsmarke erzielten Absatzzahlen, wie sie sich aus der eidesstattlichen Erklärung vom 22. März 2001 ergeben, dazu aus, eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für einen "Plüschtier-Panther" zu belegen. Die glaubhaft gemachten Absatzzahlen von 2154 bzw 1631 Plüschtier-Pantern in den Jahren 1999 und 2000 genügen ohne Zweifel den Anforderungen des § 26 Abs 1 MarkenG, zumal es sich bei den mit der Widerspruchsmarke versehenen Artikel gerichtsbekannt um einen aus einer umfangreichen Palette von Plüschtieren handelt. Die Hinzufügung der Erstkennzeichnung der Widersprechenden, die auch den Firmennamen "Steiff" enthält, und die sich daraus ergebende Benutzung der Widerspruchsmarke als Zweitkennzeichnung ist häufig üblich und damit unbedenklich.
Ausgehend von der glaubhaft gemachten Verwendung der Widerspruchsmarke für einen "Plüschtier-Panther" besteht zwischen den Marken auch eine klangliche Ähnlichkeit im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (vgl EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/PUMA; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, der Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (vgl EuGH GRUR 1998, 922 - CANON). Hiervon ausgehend ist die Ware "Kunsthandwerkliche Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke)" den Plüschtieren, für die die Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht hat, ähnlich. Bei den von der Markeninhaberin beanspruchten Puppen kann es sich, da nur das Material des Kopfes festgelegt ist, sowohl um Puppen in Form von Menschen als auch in Form von Tierfiguren handeln. Außerdem um solche, die einen weichen, aus Stoff gefertigten Körper besitzen. Solche Puppen werden nicht nur von speziellen kunsthandwerklichen Unternehmen, sondern auch von einigen Spielwarenherstellern hergestellt und vertrieben. Sie werden, wie die von der Markeninhaberin angebotenen Puppen, in der Regel nicht als Spielfiguren verwendet, sondern als Sammlerobjekte oder Souvenirs erworben. Insoweit stehen sich die beiderseitigen Waren auch in ihrem Verwendungszweck nicht fern, weil auch Plüschtiere, insbesondere solche der Widersprechenden, häufig nicht zu Spielzwecken, sondern von Sammlern erworben werden. Auch der Verkauf der Waren erfolgt, was die vorstehend genannten Waren betrifft, häufig in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander. Bei dieser Sachlage konnte die Ähnlichkeit von kunsthandwerklichen Puppen mit keramischen Köpfen (nicht für Spielzwecke) mit Plüschtieren nicht vollständig verneint werden, wenn auch zwischen beiden Waren ein gewisser gattungsmäßiger Abstand bestehen mag.
Selbst wenn die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Taky" nur als durchschnittlich anzusehen ist, da für eine Erweiterung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke keine Anhaltspunkte vorliegen, sind an den Abstand der sich gegenüberstehenden Marken dennoch erhebliche Anforderungen zu stellen, den die jüngere Marke nicht wahrt.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist grundsätzlich auf ihren Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO - Sabèl/PUMA; BGH aaO - ATTACHé/TISSERAND mwNachw). Die Wörter "Taky" und "TATI" kommen sich zumindest klanglich zu nahe. Sie weisen die gleiche Silbenzahl, den gleichen Sprechrhythmus und die gleiche Vokalfolge auf, denn das "y" in der Widerspruchsmarke wird überwiegend wie ein "i" ausgesprochen werden. Da auch die Anfangssilben "Ta" identisch sind, stimmen beide Wörter zudem in den im allgemeinen stärker beachteten Wortanfängen überein. Der einzige verbleibende klangliche Unterschied in den Anlauten der zweiten Silbe, nämlich "k" gegenüber "T", reicht auch unter Berücksichtigung der nur geringen Wortlänge nicht aus, um klangliche Verwechslungen zu verhindern, weil sich beide Konsonanten in ihrem Klangbild recht nahe kommen. Nachdem die Markenwörter auch keinen für den Verkehr sofort erfaßbaren Sinngehalt aufweisen, besteht zwischen den Marken eine erhebliche klangliche Ähnlichkeit.
Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidung des Senats vom 19. August 1998 in dem Verfahren 26 W (pat) 53/97 verwiesen, das eine weitgehend übereinstimmende Sachlage zum Gegenstand hatte und ebenfalls zwischen den jetzigen Beteiligten ergangen ist.
Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand kein Anlaß.
Kraft Reker Eder Bb
BPatG:
Beschluss v. 08.05.2002
Az: 26 W (pat) 59/01
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