Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 26. März 2013
Aktenzeichen: 4 U 176/12
(OLG Hamm: Urteil v. 26.03.2013, Az.: 4 U 176/12)
Weihnachtstassen, Becher, Grablichter, Christbaumkugeln, Schneemannfiguren dürfen an Sonn- und Feiertagen von einem in Niedersachsen gelegenen Gartencenter nicht verkauft werden, weil sie kein Zubehör zu Blumen und Pflanzen sind.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Juli 2012 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Der Kläger, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V., nimmt die Beklagte, die in P ein Gartencenter betreibt, auf Unterlassung wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) in Anspruch und verlangt von dieser Erstattung von Abmahnkosten.
Am 27.11.2011, einem Sonntag, ließ der Kläger im Gartencenter der Beklagten Testkäufe durchführen. Ausweislich der eingereichten Verkaufsbons (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) wurden dabei ein "Midi Weihnachtsstern", Kinderstiefel, Meisenringe, Tassen, Christbaumkugeln, ein Grablicht, ein Becher, eine Schneemannfigur und Servietten erworben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit diesen Verkäufen gegen das Niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) verstoßen, wonach sie an Sonn- und Feiertagen ausschließlich Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen verkaufen dürfe.
Mit Schreiben vom 29.11.2011 mahnte der Kläger die Beklagte ab. Diese gab die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Kläger nicht ab.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd an Sonn- und staatlich anerkannten Feiertagen in einer Verkaufsstelle, die auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG geöffnet ist, andere Waren als Blumen und Pflanzen, nämlich Kinderstiefel, Weihnachtstassen, Meisenringe, Christbaumkugeln, Grablichter, Trinkbecher, Schneemannfiguren und Servietten zum Verkauf anzubieten oder zu verkaufen, und auch dem Antrag auf Erstattung von Abmahnkosten i. H. v. 219,35 € nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch sei gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG i. V. m. § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 Nr. 4 NLöffVZG gegeben. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 4 NLöffVZG sei nicht verfassungswidrig. Mit dem Verkauf der in dem Klageantrag bezeichneten Gegenstände an einem Sonntag habe die Beklagte gegen die gesetzlichen Regelungen des NLöffVZG verstoßen. Sie habe sich nämlich nicht, wie gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 dieses Gesetzes erforderlich, "auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen" beschränkt. Bei den verkauften Gegenständen handele es sich weder um Blumen noch um Pflanzen. Auch die Argumentation der Beklagten, die Gegenstände seien als Zubehör zu Blumen und Pflanzen angeboten, überzeuge nicht. Letztlich könne diese Frage auch dahinstehen. Es sei nämlich davon auszugehen, dass die Beklagte die von dem Klageantrag erfassten Gegenstände nicht etwa als Zubehör zu Blumen und Pflanzen, sondern isoliert verkauft habe. Dafür sprächen die von dem Kläger vorgelegten Einkaufsbelege. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sei die Beklagte auch verpflichtet, dem Kläger die Kosten der Abmahnung in Höhe von 219,35 € zu ersetzen, weil die Abmahnung berechtigt gewesen sei.
Die Beklagte akzeptiert ihre Verurteilung zur Unterlassung hinsichtlich des sonn- und feiertäglichen Verkaufs von Kinderstiefeln und Meisenringen und entsprechender Verkaufsangebote sowie - nach diesbezüglicher Rücknahme ihrer Berufung - ihre Verurteilung zur Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten.
Mit ihrer Berufung wendet sie sich gegen das Urteil des Landgerichts im Übrigen mit folgender Begründung: Das Landgericht habe die Klagebefugnis des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht, ohne dazu Feststellungen zu treffen, obwohl die Klagebefugnis bestritten worden sei. In der Sache habe es zu Unrecht angenommen, dass bei den Testkäufen am 27.11.2011 Zubehör ohne Pflanzen (isoliert) verkauft worden sei. Aus den vorgelegten Kassenbons ergebe sich, dass der Testkäufer bei dem ersten Kauf um 14.52 Uhr einen "Midi-Weihnachtsstern", also eine Topfpflanze, für 2,49 € erworben habe. Das Landgericht habe daher klären müssen, ob die im Zusammenhang mit der Pflanze gekauften Grablichter und Weihnachtskugeln typisches Geschenkzubehör für Grabgestecke bzw. Weihnachtspflanzen seien. Es habe dann auch dem Beweisantritt nachgehen müssen, inwiefern der zweite Testkauf 24 Minuten später im Zusammenhang mit dem ersten gestanden habe. Aus dem zweiten Kassenbon ergebe sich, dass der Testkäufer die Gegenstände bei derselben Kassiererin des ersten Testkaufs erworben habe. Kaufe ein Kunde in nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG zulässiger Weise eine Pflanze mit Zubehör, sei es vom Gesetzeszweck erfasst, dass er 20 Minuten später eine Kleinigkeit, die er beim ersten Kauf vergessen habe, auch ohne erneuten Kauf einer Pflanze erwerben könne.
Das Landgericht sei auch fehlerhaft davon ausgegangen, dass das NLöffVZG eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstelle. Das Gesetz solle ausschließlich die Einhaltung der Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbestimmungen durch kontrollfähige Regelungen sichern, das Verkaufspersonal insbesondere vor überlangen Arbeitszeiten schützen und ihm unter anderem ein weitgehend zusammenhängendes Wochenende gewährleisten. Es enthalte weder unmittelbar wettbewerbsregelnde Normen noch schütze es mittelbar das Interesse der Marktteilnehmer. Es handele sich im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht um eine wertneutrale Ordnungsvorschrift.
Die Regelung des § 4 NLöffVZG sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen Art. 3 Abs. 2 NV iVm. Art. 3 Abs. 1 GG. Die in § 4 NLöffVZG geregelten Sachverhalte würden ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 b) und c) NLöffVZG dürften an Tankstellen, Bahnhöfen und Flughäfen Waren des täglichen Kleinbedarfs zwischen 0:00 Uhr und 24:00 Uhr ohne Beschränkung verkauft werden. Es bestehe kein sachlicher Differenzierungsgrund dafür, dass in einer Verkaufsstelle in einem Bahnhof oder einem Flughafen neben Pflanzen und Blumen auch Waren des täglichen Kleinbedarfs verkauft werden dürften, während ein solcher gekoppelter Verkauf in anderen Verkaufsstellen verboten sein solle, insbesondere in Blumengeschäften außerhalb eines Bahnhofsgeländes. Das NLöffVZG diene dem Arbeitnehmer- sowie dem Sonn- und Feiertagsschutz. Die Differenzierung der Öffnungszeit und des Warenangebots anhand räumlicher Kriterien lasse sich nicht mit dem Sonntags- und Arbeitnehmerschutz rechtfertigen, weil diesem an einem Bahnhof dasselbe Gewicht zukomme wie in einem Gartencenter. Andere Gründe für eine Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich. Damit, dass diese Verkaufsstellen nur einen kleinen Teil der Arbeitnehmer beschäftigten, so dass der Sonntagsschutz gewährleistet bleibe, lasse sich eine Differenzierung des Warenangebots nicht rechtfertigen. Ein Gartencenter benötige für den Verkauf von Blumen und Zubehör auch nicht mehr Verkaufspersonal, als wenn es nur Blumen verkaufen würde. Die Gesamtmenge an nachgefragten und verkauften Waren werde durch das Angebot von Zubehör zu Pflanzen nicht derart erhöht, dass mehr Kassierer am Sonntag beschäftigt werden müssten. Der Schutz der Arbeitnehmer werde durch die Einschränkung des Warenangebots nicht verstärkt. Auch das Argument, dass der Reisende sich unterwegs bei einem Zwischenstopp mit Waren eindecken solle, die auf einer Reise benötigt würden, lasse sich bei dem jetzigen Regelungsumfang des § 4 NLöffVZG nicht mehr aufrecht erhalten. Die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 c) NLöffVZG habe in Niedersachsen dazu geführt, dass die Verkaufsflächen in Bahnhöfen immer weiter ausgebaut würden, zumal die Regelung auf Bekleidungsartikel und Schmuck erweitert worden sei. So seien z. B. im Hauptbahnhof I2 auch Läden für Geschenke und Wohnaccessoires zu finden. Dort könne ein Kunde jegliche Artikel wie Grablichter, Weihnachtsdekorationsartikel, Weihnachtstassen, Schneemannfiguren und Weihnachtsservietten erwerben, deren Verkauf der Beklagten an Sonn- und Feiertagen verboten sein solle. Dieses Warenangebot ziele nicht nur auf den Reisenden, sondern orientiere sich an einem weitverstandenen Kaufbedürfnis der in den Blick genommenen Verbrauchergruppen. Die gut ausgebauten Bahnhöfe stünden in direkter Konkurrenz zu den kleinen Blumenläden und größeren Gartencentern, die aufgrund ihrer meist schlechteren Lage, des um einiges reduzierten Warenangebots und der nur kurzen Öffnungszeit kaum konkurrieren könnten.
Es liege auch eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Beschränkung des Warenangebots für Blumenläden und Gartencenter im Vergleich zu Blumenläden in Erholungsorten vor. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 b) NLöffVZG eröffne Geschäftsinhabern die Möglichkeit, in Kur- und Erholungsorten sowie in Ausflugsorten Verkaufsstellen für acht Stunden zu öffnen. Das Ansinnen, von der Kaufkraft der Touristen zu profitieren, stelle keine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung dar. Diese führe zu dem skurrilen Ergebnis, dass ein Urlauber an einem Sonntag ein Grablicht für ein Grab kaufen könne, das sich in seinem Heimatort befinde, oder er seine Weihnachtsdekoration am Sonntag auf einer Nordseeinsel erwerbe, dies ihm aber in seinem Heimatort nicht möglich sei. Ob dies zum typischen Bedarf eines Touristen gehöre, erscheine zumindest zweifelhaft.
§ 4 Abs. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG verstoße zudem gegen das sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ergebende Gebot der Normenklarheit. Dies folge aus der Gesetzesbegründung, wonach sich die Zulässigkeit des Zubehörverkaufs in engem Umfang aus Sinn und Zweck der Regelung hinreichend deutlich ergebe. Zu den Gegenständen, die üblicherweise mit dem Verkauf von Blumen und Pflanzen verbunden seien, gehörten auch ein Grablicht, die Kerze im Blumengesteck wie auch der Ziertopf. Wenn dies anders zu beurteilen sei, sei ein diesbezügliches Verbot für den Normadressaten nicht zu erkennen. Die Grenze zwischen Gegenständen, die noch zum Verkauf zugelassen seien, und solchen, die bereits vom zulässigen Verkauf ausgenommen seien, sei dann nicht mit hinreichender Klarheit zu ziehen. Das werde auch deutlich bei der Frage, ob Zubehör auch einzeln verkauft werden dürfe.
Das Landgericht sei zudem fehlerhaft davon ausgegangen, dass Meisenringe, Christbaumkugeln, Grablichter, Schneemannfiguren und Servietten nicht in den Zubehörbegriff einzubeziehen seien. Dies sei aufgrund einer historischen, teleologischen und systematischen Auslegung der Norm hingegen zu bejahen. Nach dem Inhalt der Gesetzesmaterialien sei ein eng umschriebener Zubehörverkauf nach Sinn und Zweck der Regelung gestattet. Als Zubehör seien im Gesetzgebungsverfahren insbesondere Gegenstände genannt worden, die mit Blumen zu Geschenkzwecken üblicherweise verbunden seien: Grabbepflanzung, Tischschmuck, Geschenkpapier, Übertopf, Kerze im Gesteck oder vergleichbarer Schmuck. Der Gesetzgeber habe zwar eine Erweiterung der Öffnungsmöglichkeiten auf das Warenangebot der Baumärkte ausschließen wollen, habe aber ansonsten eine Erweiterung des schon bestehenden Begriffs der Waren des täglichen Lebensbedarfs auf Blumen und Pflanzen bezweckt. Von diesem Zubehörbegriff würden alle hier streitgegenständlichen Waren erfasst. Ein Grablicht sei nichts anderes als eine Kerze. Es sei auch denkbar, dass ein Käufer eine Pflanze und ein Grablicht eigenhändig zu einem Grabgesteck zusammenführe. Weihnachtstassen und -servietten in kleinen Mengen seien übliche Geschenke. Ein kleiner Tonweihnachtsmann sei üblicher Schmuck, der an einem Adventskranz angebracht werde. Christbaumkugeln würden üblicherweise mit einem Weihnachtsbaum gekauft.
Ferner habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass § 4 Abs. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG den isolierten Verkauf von Zubehör ohne den Erwerb einer Pflanze nicht erfasse. Der Gesetzgeber habe es auch den Gartencentern ermöglichen wollen, am Sonntag das gleiche Warenangebot zu verkaufen, wie es Blumenläden nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 a) NLöffVZG möglich sei. Der Gesetzeszweck, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen der Einzelhändler an freier Berufsausübung und den Interessen der Bevölkerung an einer Deckung des täglichen Bedarfs auch an Sonn- und Feiertagen einerseits und den Rechtsgütern des Arbeitsschutzes und der Feiertagsruhe andererseits zu schaffen, werde nicht dadurch konterkariert, dass ein Gartencenter das zulässige Zubehör ohne eine Blume bzw. Pflanze verkaufe. Dies bedürfe weder mehr Personal noch werde die Sonn- und Feiertagsruhe dadurch beeinträchtigt. Eine Zurückweisung von Kunden, die zunächst eine Pflanze kauften, um anschließend noch einen Übertopf zu erwerben, sei der Beklagten nicht zumutbar.
Der Landesgesetzgeber habe nach dem Wechsel der Gesetzgebungszuständigkeit die Praxis des Verkaufs an Sonn- und Feiertagen nicht einengen, sondern tendenziell liberalisieren und eine praktisch kaum nachvollziehbare Differenzierung zwischen einzelnen Warengruppen und Verkaufsstätten gerade vermeiden wollen. Er habe mit einer deutlichen Verstärkung des Sortiments an Deko-Artikeln gegenüber dem traditionellen Angebot von Blumen und Pflanzen den strategischen Wandel im Blumenhandel berücksichtigt, der viel stärker als in der Vergangenheit auf den Aspekt der Dekoration abstelle. Da das Sortiment im Blumenhandel heute untrennbar aus Blumen und Pflanzen einerseits und aus Zubehörartikeln, insbesondere "Deko-Artikeln", andererseits bestehe, sei eine Sortimentsteilung an Sonn- und Feiertagen weder praktisch durchführbar noch gegenüber den Kunden kommunizierbar. Eine faktisch nicht durchführbare Trennung des Sortiments würde damit im Ergebnis zu einer faktischen Veränderung der gesamten Verkaufsaktivität im Blumenhandel an Sonn- und Feiertagen führen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 2. insoweit abzuweisen, als der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd an Sonn- und staatlich anerkannten Feiertagen in einer Verkaufsstelle, die auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Ziffer 4 a) des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten geöffnet ist, andere Waren als Blumen und Pflanzen, nämlich Weihnachtstassen, Christbaumkugeln, Grablichter, Schneemannfiguren und Servietten zum Verkauf anzubieten oder zu verkaufen,
2.
für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer 1. der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten anzudrohen, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementärgesellschaft der Beklagten zu vollziehen ist.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Landgerichts mit näheren Ausführungen. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens macht er weiterhin geltend, die Beklagte habe im Hinblick auf die streitgegenständlichen Testkäufe gegen § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4. a) NLöffVZG verstoßen. Diese Norm sei verfassungskonform, insbesondere verstoße sie weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 20 Abs. 3 GG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Der Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Insbesondere bezieht er sich auf die Waren, die die Beklagte anlässlich der streitgegenständlichen Testkäufe veräußert hat.
2.
Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist der Kläger in umfassendem Umfang als prozessführungsbefugt anzusehen. Auf Grund seiner Mitgliederstruktur hat er die umfassende Verbandsklagebefugnis für das gesamte Bundesgebiet (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., Einleitung Rn. 2.29; OLG Naumburg WRP 2010, 1567, 1572). Das Erfordernis der "erheblichen Zahl von Unternehmern, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben" erfüllt der Kläger schon deshalb, weil ihm sämtliche Industrie- und Handelskammern, der Deutsche Handwerkskammertag und viele örtliche Handwerkskammern angehören (vgl. BGH, GRUR 1997, 758 m. w. N.). Die dadurch vermittelte mittelbare Mitgliedschaft, die den Anforderungen genügt, erstreckt sich auch auf das Unternehmen des Gartencenters der Beklagten. Gemäß § 2 Abs. 1 des Industrie- und Handelskammerngesetzes (IHKG) gehören zur Industrie- und Handelskammer natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind. Dies ist bei der Beklagten als Handelsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG der Fall.
II.
Die Klage ist auch begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2; 3 Abs. 1; 4 Nr. 11 UWG iVm. §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG zu.
1.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zu I. 2. Bezug genommen.
2.
Die Verkäufe der betreffenden Waren durch die Beklagte anlässlich der Testkäufe sowie ihre diesbezüglichen Verkaufsangebote stellen unzweifelhaft geschäftliche Handlungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
3.
Die streitgegenständlichen Wettbewerbshandlungen der Beklagten sind nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG iVm. §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG unlauter.
a)
§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG ist im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG zumindest auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Bei den Regelungen über den Ladenschluss handelt es sich nach überwiegender Ansicht um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.144, m. w. N.; auch Senat, GRUR-RR 2009, 30 zu gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe). Dies beruht darauf, dass sie Wettbewerbsbezug aufweisen und zumindest sekundär auch Regelungen im Interesse der Mitbewerber darstellen, denn sie betreffen die Tätigkeit gleichartiger Unternehmen in gleicher Weise beim Absatz der Ware (OLG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2008 - 2 U 51/07 - BeckRS 2008, 14725, m. w. N.; LG Nürnberg-Fürth, Schlussurteil vom 25.06.2012 - 1 HKO 1231/12, BeckRS 2012, 23065). Hiervon geht auch der Bundesgerichtshof in der "Abgasemissionen"-Entscheidung (GRUR 2000, 1076, 1079) aus, welche gerade die Wende zur "wettbewerbsbezogenen Schutzfunktion" statt des Vorliegens einer "wertbezogenen Norm" als entscheidendes Kriterium vollzogen hat; er hatte aber auch bereits zuvor vielfach wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Verstöße gegen ladenschlussrechtliche Vorschriften gestützt (OLG Stuttgart, a. a. O., mit Verweis auf BGH GRUR 1995, 601, 603 - Bahnhofsverkaufsstellen - und GRUR 1996, 786, 788 - Blumenverkauf an Tankstellen). Soweit in der Literatur hingegen befürwortet wird, gesetzliche Bestimmungen zum Ladenschluss mangels Regelung im EU-Recht wegen der Vollharmonisierung vom Anwendungsbereich des UWG auszuschließen (so Link in: Ullmann jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 4 Nr. 11 UWG), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar hat die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt. Sie regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben (BGH, GRUR 2012, 949 - Missbräuchliche Vertragsstrafe - m. w. N.). Hier geht es indes nicht um den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Die Regelungen über den Ladenschluss betreffen vielmehr das Verhältnis zwischen Unternehmern und Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern, so dass der Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie nach deren Art. 3 Abs. 1 hier nicht eröffnet ist (vgl. Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.6f).
b)
Die Beklagte hat im Hinblick auf die streitgegenständlichen Testkäufe gegen §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG verstoßen. Unstreitig hat sie am Sonntag, dem 27.11.2011, in ihren Geschäftsräumen in P außer einem (zulässigerweise verkauften) "Midi Weihnachtsstern" (Pflanze) auch Kinderstiefel, Meisenringe, Tassen, Christbaumkugeln, ein Grablicht, einen Becher, eine Schneemannfigur und Servietten veräußert.
Gem. § 3 Abs. 2 NLöffVZG dürfen Verkaufsstellen an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen nur in den Ausnahmefällen der §§ 4 und 5 NLöffVZG geöffnet werden. An Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen dürfen nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG Verkaufsstellen, die nach ihrem Sortiment auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen ausgerichtet sind, sofern sie sich auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen beschränken, für die Dauer von täglich drei Stunden, die außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten liegen sollten, geöffnet werden.
aa)
Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG ist verfassungsgemäß.
(1)
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) iVm. Art. 3 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung (NV) liegt nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hieraus ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Der allgemeine Gleichheitssatz ist hingegen nicht verletzt, wenn hinreichende Sachgründe vorhanden sind, die eine Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigen können (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2012 - 1 BvL 18/11 = WM 2013, 279). Die Beklagte möchte letztlich eine Gleichstellung mit den durch § 4 NLöffVZG in weitergehendem Umfang privilegierten Betrieben, nämlich Tankstellen und Verkaufsstellen auf Bahnhöfen und Flughäfen, in Kur- und Erholungsorten sowie in Ausflugsorten, erreichen. Damit vermag sie im vorliegenden Rechtsstreit nicht durchzudringen.
Verfassungsrechtlich ist es anerkannt, dass es grundsätzlich keinen Anspruch auf Teilhabe an Vergünstigungen gibt. Niemand kann allein daraus, dass einer Gruppe aus besonderem Anlass Vergünstigungen zugestanden werden, für sich ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen, sofern für ihn kein vergleichbarer besonderer Anlass besteht. Wegen des Ausnahmecharakters der Regelungen für die Verkaufsstellenöffnung an bestimmten Orten, die letztlich dem Bereich der "Arbeit für den Sonntag" zuzuordnen sind, kann deren Ausweitung auf bis dahin nicht erfasste Sachverhalte nicht durch Berufung auf den allgemeinen Gleichheitssatz erzwungen werden (BVerfG, NVwZ 2010, 570 (Rn. 171)).
Für die Beklagte besteht hier kein vergleichbarer besonderer Anlass, wie er bei den durch § 4 Abs. 1 NLöffVZG in weitergehendem Umfang privilegierten Unternehmern vorliegt. Es ist ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung gegeben: Dass § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NLöffVZG für Apotheken, Tankstellen, Verkaufsstellen auf Bahnhöfen für den Personenverkehr, auf Flug- und Fährhäfen sowie andere Verkaufsstellen für den Verkauf der dort genannten Waren an Sonn- und Feiertagen eine unbegrenzte Öffnung gestattet und nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 NLöffVZG in Kur- und Erholungsorten sowie Wallfahrtsorten und anerkannten Ausflugsorten eine tägliche Öffnung von acht Stunden im dort genannten Zeitraum erlaubt ist, trägt besonderen gesellschaftlichen Bedürfnissen bzw. der speziellen Situation des geschäftlichen Verkehrs mit Touristen sowie Reisenden an Sonn- und Feiertagen Rechnung. Es handelt sich deshalb um einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung (vgl. VG Braunschweig, GewArch 2011, 369).
Dass das öffentliche Interesse an unbeschränkten Öffnungszeiten der Apotheken und Tankstellen (§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1. a) und b) NLöffVZG) sowie der Verkaufsstellen für den Verkauf von Waren zum sofortigen Verzehr zwecks Deckung örtlich auftretender Bedürfnisse (§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 d) NLöffVZG) an Sonn- und staatlich anerkannten Feiertagen mit Blick auf die (nur) dort erhältlichen Waren höher zu gewichten ist als das öffentliche Interesse an einer unbeschränkten Öffnungszeit von Gartencentern, liegt auf der Hand.
Die durchgehende Öffnung der Verkaufsstellen auf Bahnhöfen für den Personenverkehr und an Flug- und Fährhäfen zum Verkauf der in § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 c) NLöffVZG genannten Waren rechtfertigt sich wegen des entsprechenden Bedarfs der Reisenden (für sich selbst oder zu Geschenkzwecken). Dieser Bedarf kann zu unterschiedlichen Tageszeiten auftreten, zumal sich Reisende je nach Ankunfts- bzw. Abreisezeit zu verschiedenen Zeitpunkten an den genannten Verkehrsstellen aufhalten.
Soweit nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Nr. 4 b) und S. 2 NLöffVZG für Verkaufsstellen in Kur- und Erholungsorten, in Wallfahrtsorten und in anerkannten Ausflugsorten für den Verkauf der dort genannten Waren eine tägliche Öffnungszeit von acht Stunden gestattet ist, liegt ebenfalls ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu dem von § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG erfassten Sachverhalt vor. Die längeren Öffnungszeiten sind mit Blick auf die Erwerbsinteressen der Kurgäste bzw. Touristen gerechtfertigt. Touristen halten sich in Erholungs-, Wallfahrts- und Ausflugsorten gerade auch an Sonn- und Feiertagen auf und haben dort ebenfalls ein Interesse am Erwerb der genannten Waren. Insbesondere bei Kurgästen kann zwar davon ausgegangen werden, dass sie zumindest eine Grundversorgung in der Kureinrichtung erhalten, in der sie sich befinden. Aber auch sie mögen durchaus ein Interesse an der Deckung eines weitergehenden Bedarfs durch einen Warenerwerb im Kurort außerhalb der Einrichtung haben. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es Kurgäste gibt, die nicht über eine hinreichende Mobilität verfügen und für die etwa Besucher im Kurort Einkäufe tätigen. Da solche Besuche vielfach an Wochenenden stattfinden und sich die Ankunftszeit der Besucher nicht immer sicher vorhersehen lässt, erscheint eine Öffnungszeit der Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen von lediglich drei Stunden nicht ausreichend bemessen.
Dass die Beschränkung des Verkaufs an Sonn- und Feiertagen für die Beklagte eine unzumutbare Belastung darstellt, hat sie im Übrigen nicht näher dargelegt. Nach alledem liegt ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht vor.
(2)
§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG verstößt auch nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Bestimmtheitsgebot bzw. das Gebot der Normenklarheit. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG dürfen an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen Verkaufsstellen, die nach ihrem Sortiment auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen ausgerichtet sind, sofern sie sich auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen beschränken, für die Dauer von täglich drei Stunden, die außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten liegen sollten, geöffnet werden. Nach dem Wortlaut der Norm ist der Regelungsgehalt eindeutig. Zweifel an der Reichweite dieses Ausnahmetatbestands ergeben sich lediglich mit Blick auf die Gesetzesbegründung, nach der auch ein Verkauf von Zubehör in engem Rahmen gestattet sein soll. Das führt aber nicht zur Unbestimmtheit der gesetzlichen Regelung.
Nach dem Gebot der Normenklarheit muss eine Norm in ihren Voraussetzungen und in ihrer Rechtsfolge hinreichend bestimmt und begrenzt formuliert sein, so dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Das Gebot der Normenklarheit zwingt den Gesetzgeber aber nicht, Regelungstatbestände für jeden denkbaren Einzelfall mit genau erfassbaren Maßstäben zu schaffen. An die tatbestandliche Fixierung dürfen keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Es ist Aufgabe der Fachgerichte, die bei der Gesetzesanwendung auf den konkreten Einzelfall auftauchenden Rechtsfragen mit Hilfe anerkannter Auslegungsmethoden zu klären. Eine solche Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (BVerfG, NJW 2007, 2753). Es ist deshalb unschädlich, dass die Norm nicht auch im Einzelnen regelt, welche konkreten Zubehörgegenstände ebenfalls von dem Ausnahmetatbestand erfasst sind. Diese Anforderung wäre zu weitgehend. Der Gesetzgeber hat bewusst davon Abstand genommen, die gesetzliche Bestimmung um den Begriff des Zubehörs zu ergänzen, weil die Verkaufsbeschränkung durch eine weite Auslegung des Zubehörbegriffs ausgehöhlt werden könnte (Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4074, S. 2). Das ist plausibel. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich im Übrigen deutlich, dass ein Zubehörverkauf nur in engem Umfang zugelassen sein soll und nur Gegenstände als Zubehör erfasst sind, die mit dem Verkauf von Blumen und Pflanzen, insbesondere zu Geschenkzwecken, üblicherweise verbunden sind (z. B. Ziertöpfe, Pflanz- und Aufwuchshilfen).
Nach alledem kann die gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG nicht als zu unbestimmt angesehen werden. Es ist vielmehr im Einzelfall durch die Fachgerichte zu entscheiden, ob ein Gegenstand als Zubehör im engen Sinne zu Blumen bzw. Pflanzen zu qualifizieren ist.
bb)
Hinsichtlich der bei den Testkäufen hier veräußerten Weihnachtstassen, Becher und Servietten liegt unzweifelhaft ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG vor. Dass diese Gegenstände möglicherweise zusammen mit Blumen oder Pflanzen verschenkt werden können, lässt sie nicht als Zubehör zu Blumen und Pflanzen erscheinen. Ebenso genügt es nicht, dass Weihnachtstassen und Becher entgegen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung als Trinkgefäße auch als Übertopf für Pflanzen verwendet werden können.
Auch der Verkauf von Grablichtern an Sonn- und Feiertagen verstößt gegen § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG. Sie sind nicht als Zubehör zu Blumen und Pflanzen anzusehen. Denn sie sind weder mit Blumen und Pflanzen verbunden noch werden sie üblicherweise mit diesen gekauft. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, soll ein Verkauf von Zubehör zu Blumen und Pflanzen nur in engem Umfang zugelassen sein (s. o. aa) (2)). Die in der Gesetzesbegründung genannten Beispiele für Zubehörgegenstände stehen mit einer Pflanze in einem funktionellen Zusammenhang. Pflanz- und Aufwuchshilfen geben der Pflanze Halt. Ein Ziertopf dient ihrer Aufbewahrung. Papier bzw. Folie dient dem Schutz der Pflanzen bzw. der Blumen beim Transport. Auch die einem Blumengebinde beigefügte Kerze weist einen unmittelbaren Bezug zu den Blumen bzw. Pflanzen auf. Diese bilden eine Einheit. Das trifft für ein Grablicht nicht zu.
Christbaumkugeln dienen in der Advents- und Weihnachtszeit als Schmuck für Weihnachtsbäume und einzelne Tannenzweige. Insoweit besteht zwar ein unmittelbarer Bezug zu einer Pflanze. Da aber Christbaumkugeln zu nachfolgenden Weihnachtsfesten regelmäßig wiederverwendet werden, entspricht es allerdings nicht der Üblichkeit, dass Weihnachtsbäume und Christbaumkugeln gemeinsam gekauft werden. Die Christbaumkugeln sind auch hier nicht zusammen mit einem Weihnachtsbaum bzw. mit Tannenzweigen verkauft worden. Nach Ansicht des Senats ist ein Verkauf von Zubehör zu Blumen bzw. Pflanzen an Sonn- und Feiertagen nach der Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG nur dann gestattet, wenn es mit einer Pflanze bzw. mit Blumen erworben wird. Andernfalls fehlt es an dem von der Norm vorausgesetzten Verkauf von Blumen bzw. Pflanzen. Zwar mag diese Tatbestandsvoraussetzung dann noch vorliegen, wenn der Erwerb von Blumen bzw. Pflanzen einerseits und Zubehör andererseits in getrennten Verkaufsvorgängen geschieht, aber zwischen diesen Vorgängen ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang besteht (z. B. bei dem Erwerb eines Zubehörgegenstands, der bei dem kurz zuvor erfolgten Kauf einer Pflanze vergessen wurde). Hier ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass unmittelbar vor oder unmittelbar nach den dokumentierten Testkäufen auch ein Weihnachtsbaum von den Testkäufern erworben wurde.
Hinsichtlich der verkauften Schneemannfigur ist schon nicht konkret ersichtlich, dass diese als Zubehör an Tannenbäume oder -zweige gehängt werden kann. Zudem sind weder ein Weihnachtsbaum noch Tannenzweige erworben worden.
Dass außer dem durch § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG erlaubten Verkauf von Blumen und Pflanzen nebst Zubehör in engem Sinne an Sonn- und Feiertagen nicht auch der Verkauf von Geschenkartikeln oder Dekorationsartikeln jeder Art erlaubt sein soll, zeigt sich daran, dass diese Norm solche Gegenstände gerade nicht erwähnt, während Geschenkartikel an anderer Stelle des Gesetzes, nämlich in § 2 Abs. 2 Nr. 6 NLöffVZG durchaus genannt sind.
c)
Der demnach vorliegende Wettbewerbsverstoß der Beklagten ist auch im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG geeignet, die Interessen von Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (vgl. auch BGH, GRUR 1996, 786 - Blumenverkauf an Tankstellen). Durch den Verkauf von Waren an Sonn- und Feiertagen, soweit dies nicht erlaubt ist, kann sich die Beklagte einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern verschaffen.
d)
Schließlich besteht auch eine Wiederholungsgefahr. Die Beklagte hat die von dem Kläger geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.
Ihre erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung der vom Kläger geltend gemachten Abmahnkosten greift die Beklagte nicht weiter an. Sie hat ihre Berufung insoweit im Senatstermin zurückgenommen.
Die Entscheidungen zur Kostentragung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.
OLG Hamm:
Urteil v. 26.03.2013
Az: 4 U 176/12
Link zum Urteil:
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