Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juli 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 362/00

(BPatG: Beschluss v. 02.07.2002, Az.: 27 W (pat) 362/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Marke 397 50 461 für "Uhren und andere Zeitmeßinstrumente; Schmuckwaren, Ziergegenstände oder kunstgewerbliche Gegenstände aus Edelmetall und deren Legierungen, auch plattiert, insbesondere aus Silber; Waren aus Leder und Lederimitationen (soweit in Klasse 18 enthalten); Reise- und Handkoffer; Rucksäcke; Riemen- und Täschnerwaren (soweit in Klasse 18 enthalten); Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Bekleidungsstücke (einschließlich gewirkter und gestrickter); Jeansbekleidungsstücke; Freizeit- und Sportbekleidungsstücke; Lederbekleidungsstücke, Badebekleidungsstücke; Miederwaren; Kopfbedeckungen; Krawatten, Schals, Halstücher, Hosenträger; Handschuhe; Strumpfwaren; Schuhe, Stiefel, Sandaletten, Pantoffeln, Schuhwaren (ausgenommen orthopädische Schuhe und Schuhwaren)"

wurde Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Marke 397 39 726 für "Oberbekleidungsstücke, einschließlich Regenbekleidung, Lederbekleidung, Freizeit- und Sportbekleidungsstücke; Unterbekleidungsstücke, Miederwaren, Nacht-, Haus-, Bade- und Strandbekleidung; Strumpfwaren, Kopfbedeckungen; Handschuhe, Schals, Krawatten und Halstücher; Bekleidungsaccessoires, nämlich Kopf- und Schultertücher; Gürtel; Schuhwaren, einschließlich Sportschuhe; Teile von Schuhwaren, nämlich Sohlen, Absätze und Stiefelschäfte sowie Stollen; Kleider- und Hosenbügel".

Die Markenstelle für Klasse 25 hat durch Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes den Widerspruch aus der vorgenannten Marke wie auch zwei weitere Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Der Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken werde nicht durch "BRIGHT" geprägt. In ihrer Gesamtheit wiesen die Marken offensichtliche Unterschiede auf. Auch die graphische Ausgestaltung sei unterschiedlich. Sonnendarstellungen gehörten zu den häufigsten Werbemotiven. Bei einander gegenüberstehenden Darstellungen einer "Sonne mit menschlichen Gesichtszügen" seien an das Bejahen einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr hohe Anforderungen zu stellen; diese seien aufgrund der Abweichungen in den Darstellungen hier nicht erfüllt. Die Voraussetzungen für das Vorliegen assoziativer Verwechslungsgefahr lägen ebenfalls nicht vor.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, in Anbetracht einander gegenüberstehender teils identischer und teils ähnlicher Waren bestehe nach dem Gesamteindruck der Marken die Gefahr von Verwechslungen. Die Marken stimmten in dem Bildbestandteil "Sonne", im Wort "BRIGHT", in der Umrahmung der Marke bzw. von Bestandteilen der Marke sowie im Sinngehalt überein. Die Sonnenmotive seien identisch ausgestaltet; Abweichungen bestünden nur hinsichtlich der Größe. Die jüngere Marke kopiere die Darstellung des Sonnenmotivs als mit Blütenblättern umkröntes Gesicht in der Widerspruchsmarke. Dem Wortbestandteil "BRIGHT" komme in beiden Zeichen prägende Wirkung zu. Beide Marken vermittelten den Eindruck eines sonnigen, strahlenden, hellen Tages und damit verbundener Glücksgefühle. Es liege Verwechslungsgefahr in mehrfacher, insbesondere auch in assoziativer Hinsicht vor.

Die Markeninhaberin begehrt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie meint, es sei schon nicht davon auszugehen, daß der Bildbestandteil ihrer Marke eine Sonne darstelle; er könne ebenso gut als Blüte angesehen werden. Gesichter wie in den einander gegenüberstehenden Marken seien in Marken gängig; im übrigen weichen die Marken in ihrer weiteren graphischen Gestaltung deutlich voneinander ab. Es bestehe auch keine Veranlassung für die angesprochenen Verkehrskreise, den Wortbestandteil der angemeldeten Marke auseinanderzureißen und sich an dem Bestandteil "BRIGHT" zu orientieren. Auf dem fraglichen Warengebiet gebe es darüber hinaus mehrere weitere, im Vergleich zur Widerspruchsmarke prioritätsältere Marken mit diesem Bestandteil.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Die Beschwerdeführerin hat den Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet, weil die jüngere Marke auch in Anbetracht einander gegenüberstehender teilweise identischer Waren einen die Gefahr von Verwechslungen mit ausreichender Sicherheit ausschließenden Abstand zur Widerspruchsmarke einhält, so daß die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht vorliegen.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfaßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach der Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO, Rdn 26).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus normal; Anhaltspunkte für eine Stärkung oder Schwächung sind nicht ersichtlich.

Die Marken sind teils für identische, teils für ähnliche, teils aber auch für unähnliche Waren (zB Uhren und andere Zeitmeßgeräte im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke) bestimmt. Inwieweit im einzelnen zwischen den Waren Ähnlichkeit besteht und wie groß Grad der Ähnlichkeit ist, kann jedoch dahinstehen, da die jüngere Marke zur Widerspruchsmarke einen Abstand aufweist, der auch unter Berücksichtigung einander gegenüberstehender identischer Waren und damit gebotener hoher Anforderungen an den Markenabstand in jeder Hinsicht ausreicht, um Verwechslungen auszuschließen.

Bei der mündlichen Wiedergabe der Marken besteht keine Veranlassung anzunehmen, daß sie anders als mit ihren jeweiligen Wortbestandteilen benannt werden, weil das Kennwort einer Marke für den Verkehr regelmäßig die einfachste Bezeichnungsform darstellt (stRspr., vgl BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze; 1999, 241 - Lions). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Verkehr aus dem in der jüngeren Marke enthaltenen einheitlichen Wort "SUNBRIGHT" den Bestandteil "SUN" willkürlich herauslöst und die Marke nur mit "BRIGHT" (= engl. hell, strahlend, glänzend) benennt. Das gilt umso mehr, als die beiden Wortelemente begrifflich erkennbar aufeinanderbezogen sind. Der Gesichtspunkt der begrifflichen Zusammengehörigkeit trifft in gleicher Weise auf die beiden Wortelemente der Widerspruchsmarke zu, weil die Anrede "Mr." den weiteren Wortbestandteil "BRIGHT" in einprägsamer Weise individualisiert und ihm den Charakter eines Personennamens verleiht.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden besteht aber auch keine Gefahr, daß die Marken bildlich miteinander verwechselt werden. Bei dieser Beurteilung ist zwar zu berücksichtigen, daß der Verkehr bei der visuellen Wahrnehmung von Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, neben den zur Benennung dienenden Wortelementen auch die Bildbestandteile in sein Erinnerungsbild aufnimmt, sofern es sich nicht um völlig nichtssagende oder kennzeichnungsschwache Darstellungen handelt (vgl BGH aaO, 243 - Lions). Die in beiden Marken enthaltenen Bildbestandteile mögen von ihrem Motiv einer Sonne mit menschlichem Gesicht und als Blütenblätter geformten Strahlen her gesehen auch identisch sein. Die Darstellungen nehmen jedoch im Rahmen der Gesamtzeichen nicht nur hinsichtlich ihrer Größe und räumlichen Anordnung eine deutlich unterschiedliche Stellung ein, sondern weichen auch in ihrer Gestaltung voneinander ab. Während die Sonne in der angegriffenen Marke wesentlich kleiner ist als der Wortbestandteil "SUNBRIGHT" und den Eindruck eines bloßen schmückenden Beiwerks erweckt, tritt sie in der Widerspruchsmarke größenmäßig dominierend hervor. Aufgrund der Größe der Darstellung treten auch die deutlich gezeichneten Gesichtszüge der Sonne (Augen, Nase, Mund, Kinn, Augenbrauen) in einer den Betrachter unmittelbar und einprägsam ansprechenden Weise hervor, während das Gesicht der Sonne in der jüngeren Marke durch verschwommene flächige Hell-Dunkel-Schattierungen geformt ist. Aufgrund dieser bildlichen Unterschiede in Verbindung mit der ebenfalls erheblichen Abweichung in den Wortbestandteilen vermitteln die Marken in optischer Hinsicht einen deutlich abweichenden Gesamteindruck.

Der Ansicht der Widersprechenden, der Verkehr setze die Marken wegen der begrifflichen Übereinstimmung von Wort- und Bildbestandteilen gleich, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Der in beiden Marken enthaltene Begriff "BRIGHT" entspricht inhaltlich nicht dem Sonnenmotiv, sondern steht damit nur in einem gewissen gedanklichen Bezug. Der Teil des Verkehrs, der diesen Zusammenhang überhaupt erfaßt, was schon eine analysierende Betrachtung verbunden mit Sprachkenntnissen voraussetzt, prägt sich in der Regel aber auch den begrifflichen Unterschied ein, den die das dargestellte Sonnengesicht personifizierende Bezeichnung "Mr. BRIGHT" im Verhältnis zu der Wortkombination "SUNBRIGHT aufweist. Nach alledem kann vorliegend nicht von einem übereinstimmenden Gesamteindruck der Marken ausgegangen werden, der auf einem - von der Widersprechenden als "komplex" bezeichneten - Zusammenwirken klanglich, bildlich und begrifflich ähnlicher Wort- und Bildbestandteile beruht.

Auch die für eine Verwechslungsgefahr in assoziativer Hinsicht erforderlichen Voraussetzungen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl., § 9 RdNr. 212 f) liegen ersichtlich nicht vor. Darstellungen einer Sonne mit Gesicht und als Blütenblätter gestalteten Strahlen bilden ein in der Werbung relativ beliebtes Motiv, dem jedenfalls von Haus aus ohne Vorliegen besonderer Umstände (etwa Verwendung in einer Markenserie oder erhöhte Verkehrsgeltung) keine betriebliche Hinweiswirkung zugesprochen werden kann. Hinzu kommt, daß die Sonnendarstellung nicht unwesentliche Unterschiede in der grafischen Gestaltung aufweisen, die den aufmerksameren, fachlich orientierten oder jedenfalls interessierten Verkehrskreisen, die überhaupt detaillierte Überlegungen über die Zuordnung einer Marke zu dem Geschäftsbetrieb des Inhabers einer anderen Marke anstellen, nicht entgehen werden. Dies schließt in Verbindung mit der Tatsache, daß auch die Art der Bildung Wortbestandteile von der Vorstellung wegführt, die Marken gehörten zu einer Zeichenserie ein und desselben Geschäftsbetriebs oder wirtschaftlich oder organisatorisch miteinander verbundener Unternehmen, eine als relevant zu erachtende Gefahr assoziativer Verwechslungen aus.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Dr. Schermer Schwarz Friehe-Wich Fa






BPatG:
Beschluss v. 02.07.2002
Az: 27 W (pat) 362/00


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