Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 2. Januar 2009
Aktenzeichen: 3 O 431/08
(LG Bielefeld: Urteil v. 02.01.2009, Az.: 3 O 431/08)
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin gehört zu den führenden Herstellern pflanzlicher Arzneimittel in Deutschland und produziert und vertreibt unter anderem das pflanzliche Arzneimittel "U. forte 40 mg" zur symptomatischen Behandlung von Hirnleistungsstörungen mit dem Wirkstoff Ginkgobiloba-Blätter-Trockenextrakte. Das Arzneimittel ist vom AfArM rechtlich zugelassen worden. Bei den für die arzneimittelrechtliche Zulassung verwendeten Ginkgoextrakten der Verfügungsklägerin handelt es sich um solche, welche durch 22 bis 27 % Flavonglykoside und 5 - 7 % Terpenlaktone charakterisiert sind. Hinsichtlich der Einzelheiten der Gebrauchsinformation für die Arzneimittel "U. forte 40 mg" und "U. konzent 240 mg" wird auf die Anlage AS 16 zur Antragsschrift vom 18.12.2008 verwiesen. Aus einem Zulassungsbescheid nebst Auflage aus dem Jahre 2007, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf die Anlagen AS 17 zur Antragsschrift vom 18.12.2008 verwiesen wird, ergeben sich Anwendungseinschränkungen des Ginkgo Special Extrakts.
Die Verfügungsbeklagte vertreibt Arzneimittel und Lebensmittel. Unter anderem vertreibt sie unter der Bezeichnung "L. Ginkgo plus" bundesweit ein Mittel, das 100 mg "Ginkgo biloba Extrakt" enthält. Das streitgegenständliche Produkt wird seit dem 15.10.2008 abverkauft. Das "rollout" fand ab dem 25.09.2008 statt. Hinsichtlich der Produktausstattung wird auf die Anlage AS 2 zur Antragsschrift vom 18.12.2008 verwiesen. Das Mittel wird als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet und hat keine arzneimittelrechtliche Zulassung. Am 17.11.2008 wurde das Mittel im Rahmen eines Testkaufs erworben und am 18.11.2008 der Verfügungsklägerin übergeben. Die Verfügungsklägerin hat daraufhin das Produkt analysieren lassen mit dem Ergebnis, dass das Produkt "L. Ginkgo plus" der Verfügungsbeklagten ein Ginkgo biloba Extrakt aufweist, welcher durch ein Gehalt von 25,1 % Ginkgoflavonglykoside und 6,9 % Terpenlactone gekennzeichnet ist. Gemäß der Verzehrempfehlung der Verpackung soll täglich eine Tablette des streitgegenständlichen Produkts eingenommen werden, die 100 mg Ginkgo biloba Extrakt enthält.
Die Verfügungsklägerin behauptet,
Im Gegensatz zu Ginkgofrüchten seien die Blätter des Ginkgobaumes traditionell nie als Lebensmittel verwendet worden, u.a. da getrocknete Ginkgoblätter bis zu 2 % gesundheitsschädliche Ginkgogolsäure enthielten.
Die pharmakologische Wirkung von Ginkgobiloba-Extrakten sei durch zahlreiche Quellen dokumentiert. Hinsichtlich der einzelnen Quellen, die die Verfügungsklägerin in diesem Zusammenhang angibt, wird auf die Auflistung Blatt 5 ff. der Antragsschrift verwiesen. Die empfohlene Tagesmenge 100 mg Extrakt in einer Tablette "L. Ginkgo plus" entfalte pharmakologische Wirkungen. Der Vertrieb des streitgegenständlichen Produkts durch die Verfügungsbeklagte ohne eine arzneimittelrechtliche Zulassung verstoße deshalb - so meint die Verfügungsklägerin - gegen das Arzneimittelrecht.
Auch wenn von ihm keine pharmakologische Wirkung ausginge, sei das Produkt als Lebensmittel nicht verkehrsfähig, da es einen nicht zugelassenen Lebensmittelzusatz im Sinne des § 6 LFGB beinhalte.
Darüber hinaus sei das streitgegenständliche Produkt gemäß § 14 EG-Basisverordnung aufgrund einer Gesundheitsgefahr als Lebensmittel nicht verkehrsfähig, da der verwendete monographiekonforme Ginkgobiloba-Extrakt mit erheblichen Blutungsrisiken und anderen Nebenwirkungen einhergehe, die in der Verwendung als Arzneimittel gerechtfertigt seien, jedoch bei der Verwendung als Lebensmittel nicht durch einen entsprechenden Nutzen ausgeglichen würden.
Der Verfügungsklägerin sei nicht möglich gewesen, das streitgegenständliche Produkt vor dem 18.11.2008 zu erhalten. Da die genaue Zusammensetzung des Extrakts für den geltend gemachten Versagungsanspruch von entscheidender Bedeutung sei, habe die Verfügungsklägerin erst nach Kenntnis der Laborergebnisse beurteilen können, ob ihr der geltend gemachte Untersagungsanspruch zustünde.
Die Verfügungsklägerin beantragt eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt zu erlassen:
Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken das Mittel "L. Ginkgo Plus" als Lebensmittel mit einem Ginkgobiloba-Extrakt, der durch 22 bis 27 Prozent Flavonglykoside und 5 bis 7 Prozent Terpenlactone charakterisiert ist, in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und /oder zu bewerben und /oder bewerben zu lassen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte behauptet:
Das vorgerichtliche Verhalten der Verfügungsklägerin zeige, dass sie der Angelegenheit keine Dringlichkeit beimesse. Der Verfügungsklägerin als Marktführerin im Bereich der ginkgobilobahaltigen Arzneimittel seien die umfangreichen Vorbereitungsaktivitäten der Verfügungsbeklagten nicht verborgen geblieben, so dass nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass die Verfügungsklägerin das streitgegenständliche Produkt zugleich mit dessen Marktpräsenz am 15.10.2008 erworben habe. In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg habe man in der mündlichen Verhandlung am 2.10.2008, bei der auch der Justiziar der Antragsstellerin, Herr Rechtsanwalt U., anwesend gewesen sei, eine Werbung des Produkt "L. Ginkgo Plus" gezeigt. Zusätzlich habe Herr Dr. H. N., Leitungsforschungsentwicklung bei der Verfügungsklägerin spätestens am 28.10.2008, auf der Gesellschafterversammlung der Kooperation Phytopharma GbR im Rahmen des Vortrags von Herrn Dr. C. F. vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller Kenntnis von dem hiesigen Produkt erlangt. Am 30.10.2008 habe Herr Dr. G. M., Leiter der analytischen Entwicklung bei der Verfügungsklägerin, ein praktisch identisches Referat von Herrn Dr. G. G. zur Kenntnis nehmen können. Im Anschluss an der Diskussion dieses Referats habe Herr Dr. M., Herrn Dr. Q. persönlich mitgeteilt, dass die Rechtsanwälte längst dran seien und man noch hören werde. Die Produktnatur von "L. Ginkgo Plus" sei ebenfalls Gegenstand der Erörterung anlässlich des deutschen Rechtstags für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmitteln am 28.10.2008 in Frankfurt am Main gewesen, bei dem unter anderem auch der anwaltliche Bevollmächtigte im hiesigen Verfahren, Herr Rechtsanwalt V. H., die Veranstaltung moderiert habe.
Das als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebrachte Produkt "L. Ginkgo Plus" sei kein Funktionsarzneimittel, da es in der empfohlenen Tagesdosierung keinerlei pharmakologische Eigenschaften oder pharmakologische Wirkung entfalte. Die Tatsache, dass bei einer Dosierung unterhalb von 120 mg täglich keinerlei pharmakologische Nutzen des Ginkgobiloba-Extrakt nachweisbar sei, ergebe sich auch aus der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Dr. F. T., hinsichtlich dessen Einzelheiten auf die Anlage AG 12 der Verfügungserwiderung vom 30.12.2008 verwiesen wird.
Der von der Verfügungsbeklagten verwendete Extrakt aus Ginkgo biloba stelle keinen dem Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellten Stoff im Sinne von § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 LVGB dar, da Ginkgo die charakteristische Zutat des streitgegenständlichen Produkts sei. Ginkgolblätter würden auch in unterschiedlichern gewöhnlichen Lebensmitteln - vorwiegend in Tees - als Zutaten verwendet, wobei die eingesetzte Verzehrmenge mit dem im vorliegenden Ernährungsergänzungsmittel enthaltenen Extrakt vergleichbar sei. Auch handele es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt nicht um ein unsicheres Lebensmittel. Risiken bestunden allenfalls bei einer pharmakologisch wirksamen Tagesdosis von mindestens 120 mg Ginkgobiloba-Extrakt .
Die Verfügungsklägerin hat zur Glaubhaftmachung eidesstattliche Versicherungen der Herren Dr. G. X. vom 12.12.2008 (Anlage AS 4 zur Antragsschrift vom 18.12.2008), Dr. Höher (Anlage AS 9 zur Antragsschrift vom 18.12.2008), Dr. U. (Anlage AS 16 zur Antragschrift vom 18.12.2008) und Joachim A. U. vom 19.12.2008 (Anlage zum Protokoll vom 2.1.2009) vorgelegt. Die Verfügungsbeklagte hat zur Glaubhaftmachung eidesstattliche Versicherungen der Herrn Dr. N. Q. und H. R. vom 22.12.2008 (Anlage zu Protokoll vom 2.1.2009) vorgelegt.
Gründe
Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet, da weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vorliegt.
Ein Anordnungsgrund ist seitens der Verfügungsklägerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Es bedurfte eines entsprechenden Vortrages, da die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG durch die Verfügungsbeklagte entkräftet worden ist. Der Verfügungskläger kann durch sein Verhalten die Dringlichkeitsvermutung selbst entkräften, wenn sein Verhalten darauf schließen lässt, dass er selbst keine Eilbedürftigkeit annimmt. Das ist dann der Fall, wenn der Verfügungskläger die Antragsstellung trotz Kenntnis von der Zuwiderhandlung und der Person des Schuldners unangemessen hinauszögert, wobei grob fahrlässige Unkenntnis positiver Kenntnis gleichsteht, wenn auch dem Wettbewerber keine allgemeine Beobachtungslast trifft. Aus den eidesstattlichen Versicherungen des Herrn Dr. N. Q. und des Herrn H. R. vom 22.12.2008 ergibt sich zum einen, dass wesentliche Mengen des streitgegenständlichen Produkts ab Ende September 2008 in den Markt gelangt sind und dass Abverkäufe ab dem 15.10.2008 erfolgt sind. Mitarbeiter der Verfügungsklägerin in wesentlichen und leitenden Funktionen erhielten spätestens Anfang Oktober Kenntnis von dem streitgegenständlichen Produkt. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Herrn Dr. Q. vom 22.12.2008 hat Herr Dr. H. N., Leiter Forschung und Entwicklung bei der Verfügungsklägerin bereits am 28.10.2008 von dem Produkt Kenntnis erhalten und Herr Dr. G. M. hat am 30.10.2008 im Anschluss an ein Referat mitgeteilt, dass die Anwälte dran seien. Hieraus ergibt sich, dass die Verfügungsklägerin einen möglichen wettbewerbsrechtlichen Verstoß seitens der Verfügungsbeklagten zu dem damaligen Zeitpunkt angenommen haben. Angesichts dessen und der Tatsache, dass der Antrag erst am 18.12.2008 bei Gericht eingegangen ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsklägerin die Angelegenheit als nicht besonders dringlich erachtet. Dem steht auch nicht entgegen, dass sie das streitgegenständliche Produkt erst am 18.11.2008 erhalten hat und es nach dem Vortrag der Verfügungsklägerin entscheidend auf die Zusammensetzung des Ginkgobiloba-Extrakt für die Frage eines Wettbewerbsverstoßes ankommt. Es erscheint nicht lebensnah und ist im übrigen auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsklägerin vor dem 18.11.2008 nicht in der Lage gewesen ist, das streitgegenständliche Produkt zur Analyse der Zusammensetzung käuflich zu erwerben.
Die Verfügungsklägerin hat auch keinen Verfügungsanspruch.
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte keinen Anspruch auf das begehrte Wettbewerbsverbot aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 AMG. Nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG dürften Arzneimittel nach Zulassung bzw. Genehmigung durch die dafür zuständigen Behörden in den Verkehr gebracht werden. Das in Verkehr bringen und bewerben von Arzneimitteln ohne Zulassung stellt einen nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Marktverhalten dar, das regelmäßíg gemäß § 3 UWG erheblich ist, weil die Gesundheit des Verbrauchers auf dem Spiel steht (OLG Köln, Urteil vom 21.12.2007, Aktenzeichen 6 U 64/06). Für das begehrte Werbeverbot verweist § 3 a HWG auf die arzneimittelrechtlichen Zulassungsvorschriften, so dass gleichfalls auf § 21 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AMG abzustellen ist.
Der Verfügungsklägerin ist die Glaubhaftmachung der Tatsache nicht gelungen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt "L. Ginkgo Plus" um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel im Sinne des § 21 AMG handelt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Arzneimittels als einspruchsbegründete Tatsachen liegt bei der Verfügungsklägerin (vgl. BGH, Urteile vom 26.6.2008, Aktenzeichen I ZR 61/05 und I ZR 112/05).
Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, lindern, zu verhüten oder zu erkennen sind. Entscheidend für die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel ist die pharmakologische Eigenschaft des Erzeugnisses (vgl. BGH a.a.O.), die durch wissenschaftliche Studien nachzuweisen ist (OLG Köln, a.a.O.). Abzustellen ist bei der Frage ob ein Produkt pharmakologische Wirkung hat, auf die für den normalen Tagesbedarf benötigten Menge. Für eine pharmakologische Wirkung eines Produktes ist gekennzeichnet, dass seine Wirkung über dasjenige hinausgeht, was physiologisch eine Nahrungsaufnahme im menschlichen Körper auslösen würde (BGH a.a.O.). Wenn ein Produkt lediglich Stoffe enthält, die auch in einem Lebensmittel in dessen natürlichem Zustand vorhanden sind, so besitzt es keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stoffwechsel, wenn seine Auswirkung auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkung hinaus gehen, die eine in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktion haben kann (BGH a.a.O.)
Die pharmakologische Wirkung des streitgegenständlichen Produktes bei einer Aufnahme der empfohlenen Tagesdosis von 100 mg pro Tag hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft machen können. Nach der Entscheidung des OLG Köln vom 21.12.2007 (Aktenzeichen 6 U 64/06) kann nach dem Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der damaligen Entscheidung nicht als gesichert angesehen werden, dass eine Tagesdosis von 100 mg Ginkgoextrakt ausreichend ist, um pharmakologische Wirkungen auszulösen. Der Verfügungsklägerin ist auch nicht durch die eidesstattlichen Versicherungen der Herrn Dr. S.. I. vom 24.11.2008 K. A. U. vom 19.12.2008 die Glaubhaftmachung einer pharmakologischen Wirkung des streitgegenständlichen Produkts bei der Einnahme der empfohlenen Tagesdosis von 100 mg gelungen. Auch wenn die in Bezug genommenen Publikationen, die in englischer Sprache als Anlage zu Protokoll gereicht wurden, hierfür sprechen und diese nicht in das Verfahren vor dem OLG Köln (a.a.O.) eingeführt wurden, ergibt sich hieraus nicht mit hinreichender Sicherheit, dass eine empfohlene Tagesdosis von 100 mg des streitgegenständlichen Wirkstoffs pharmakologische Wirkung entfaltet. Zum einen stehen dieser Erkenntnis anderen seitens des OLG Köln und auch der Verfügungsbeklagten angeführten wissenschaftlichen Untersuchungen und Publikationen entgegen. Zum anderen hat die Verfügungsbeklagte eine entgegenstehende Stellungnahme zur Frage der pharmakologischen Wirkung und zur Produktsicherheit von Ginkgobiloba-Extrakten des Herrn Dr. F. T. vom 30.12.2008 vorgelegt. Die entscheidungserheblichen Fragen lassen sich mit hinreichender Sicherheit damit nur durch die gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachten klären, was im Verfahren des einzelnen Rechtschutzes nicht geschehen kann.
Auch handelt es sich nicht bei dem vorliegenden Produkt um ein Arzneimittel im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 15.11.2007 (Aktenzeichen: C 319/05, Knoblauchpräparate). Ein durchschnittlich informierter Verbraucher wird aufgrund der Präsentation nicht von einer Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produkts ausgeht.
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte auch keinen Anspruch aus den §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 1 Nr. 1 A Nr. 2 LVGB in Verbindung mit §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG. Bei dem im streitgegenständlichen Produkt enthaltenen Ginkgobiloba-Extrakt handelt es sich nicht um ein im Lebensmittelzusatzstoff gleichgestellten Stoff im Sinne des § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 LFGB, da er als charakteristische Zutat anzusehen ist (vgl. OLG Köln, a.a.O.).
Darüber hinaus ist der Verfügungsklägerin die Glaubhaftmachung nicht gelungen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein unsicheres Lebensmittel handelt. Ihr obliegt nach den Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast die Glaubhaftmachung, dass das streitgegenständliche Produkt unsicher ist. Auch hier gelten die oben genannten Grundsätze, dass hier unterschiedliche Stellungnahmen vorliegen und sich ebenfalls der Zulassungsbescheid, aus den sich möglicherweise Risiken des Ginkgoextraktes ergeben, sich nicht auf die konkret empfohlene Tagesdosis des streitgegenständlichen Produkts bezieht. Weiterhin kann aus der bereits angeführten gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dr. F. T. entnommen werden, dass nach Auffassung des Gutachters zumindest bei der konkreten empfohlenen Tagesdosis nach kein Gefahrenpotential zu sehen ist. Auch hier hätte es zur letztendlichen der Klärung der Streitfrage durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft, was im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht möglich ist.
Die prozessuale Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf 100.000,-- Euro festgesetzt.
LG Bielefeld:
Urteil v. 02.01.2009
Az: 3 O 431/08
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