Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Oktober 2002
Aktenzeichen: 24 W (pat) 6/02
(BPatG: Beschluss v. 08.10.2002, Az.: 24 W (pat) 6/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarkepreventivoist für verschiedene Waren der Klassen 3, 10 und 25 zur Eintragung in das Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 u 2 MarkenG teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren
"Seifen, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Zahnputzmittel; orthopädische Artikel; Hygieneartikel, nämlich Kondome."
Zur Begründung ist ausgeführt, "preventivo" sei ein spanisches und italienisches Wort mit der Bedeutung "vorbeugend, Vorbeugungs-, Schutzmittel" und weise damit auf die Beschaffenheit oder Bestimmung der von der Zurückweisung betroffenen Waren hin, die alle eine vorbeugende Wirkung haben könnten. Die warenbeschreibende Bedeutung des Markenwortes werde von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen aufgrund der im Deutschen gebräuchlichen, sehr ähnlichen Fremdworte "Prävention, präventiv" ohne weiteres erfaßt, welche sich ebenso wie das spanische und italienische Wort "preventivo" sowie auch das entsprechende englische und französische Wort "preventive" von dem gleichen lateinischen Stamm (preventio) ableiteten. Die angemeldete Marke sei daher als eine im Inland verständliche warenbeschreibende Angabe freihaltebedürftig sowie nicht unterscheidungskräftig. Da Spanisch zu den wichtigsten Welthandelssprachen gehöre, bestehe außerdem ein Freihaltebedürfnis zugunsten der am Im- und Export beteiligten Verkehrskreise.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung wird im wesentlichen vorgetragen, daß die angemeldete Marke unterscheidungskräftig sei, da der maßgebliche inländische Verkehr mangels der erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse das Wort "preventivo" nicht in der Bedeutung "vorbeugend, Vorbeugungs-, Schutzmittel" verstehen werde. Er könne den Sinngehalt der ihm unbekannten fremdsprachigen Angabe auch nicht aus dem ähnlichen deutschen Begriff "präventiv" oder dem englischen bzw französischen Begriff "preventive" herleiten und werde die Marke allenfalls als phantasievolle Abwandlung hiervon auffassen. Außerdem fehle dem Markenwort selbst in der genannten Bedeutung ein für die Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt. So seien Kondome keine Vorbeugungs-, sondern Verhütungsmittel und würden im Spanischen auch nicht mit "preventivo", sondern mit "Condn", "Preservativo" oder "Goma" bezeichnet. Ebenso ergebe das Wort "preventivo" in Alleinstellung ohne ergänzende Angaben, wie zB "gegen Karies", "gegen trockene Haut" etc, für die übrigen Waren keinen eindeutig beschreibenden Sinn. An dem in seinem Bedeutungsgehalt unscharfen Begriff "preventivo", der nahezu in jedem Warenbereich einsetzbar sei, bestehe auch kein Freihaltebedürfnis, weder für den inländischen, noch für den Im- und Exportverkehr.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung sowie zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Fremdsprachige Marken dürfen dabei nicht schematisch ihren jeweiligen deutschen Übersetzungen markenrechtlich gleichgestellt werden. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung eine Gleichbehandlung nur dann gerechtfertigt, wenn entweder die beschreibende Bedeutung des fremdsprachigen Ausdrucks auch von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt wird oder die Mitbewerber den fraglichen Begriff beim inländischen Warenvertrieb bzw beim Ex- und Import einschlägiger Waren benötigen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 131, mN aus d Rspr). Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Marke vor.
Das Markenwort "preventivo" besitzt in der spanischen und in der italienischen Sprache als Adjektiv die Bedeutung "vorbeugend, präventiv" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Spanisch, 1992, S 497 f; Langenscheidts Millennium-Wörterbuch Spanisch, S 402; Slab/Grossmann/Illig, Wörterbuch der spanischen und deutschen Sprache, Bd I, Span - Dt, 5. Aufl, S 998; via mundo, Universalwörterbuch Span/Dt, Dt/Span, S 428; PONS Wörterbuch für Schule und Studium, Ital - Dt, 1999, S 631). Im Spanischen hat es außerdem als Substantiv die Bedeutung "Vorbeugungs-, Schutzmittel" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch, aaO; Langenscheidts Millennium-Wörterbuch Spanisch, S 1006; Slab/Grossmann/Illig, aaO, Bd II, Dt - Span, S 1265).
Zutreffend hat die Markenstelle festgestellt, daß sämtliche von der Zurückweisung betroffenen Waren eine vorbeugende, präventive Wirkung haben bzw ein Vorbeugungs- oder Schutzmittel sein können. "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" können verschiedenen negativen Veränderungen des Körpers und des äußeren Erscheinungsbildes vorbeugen, wie zB der Faltenbildung oder sonstigen Alterungserscheinungen, spröden Nägeln und Haaren, trockener rissiger Haut, Hautunreinheiten etc, ebenso können "Seifen" spröder trockener Haut oder anderen Hautirritationen vorbeugen (zB Hautschutzseifen). "Ätherische Öle" bieten vielfach Schutz und Vorbeugung vor Infektionserkrankungen (zB Teebaumöl, Schwarzkümmelöl, chinesisches/japanisches Heilpflanzenöl), "Zahnputzmittel" beugen Karies und Parodontose und "orthopädische Artikel" Abnutzungserscheinungen des Gelenk- und Knochenapparates (zB orthopädische Einlagen) vor. Auch "Hygieneartikel, nämlich Kondome" stellen ein präventives, dh ein vorbeugendes Mittel in erster Linie gegen unerwünschte Schwangerschaften, aber auch gegen Krankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden, dar. Die Argumentation der Anmelderin, daß Markenwort "preventivo" sei in der genannten Bedeutung schon deswegen für Kondome nicht beschreibend, weil Kondome nicht der Vorbeugung oder Prävention vor einer Schwangerschaft, sondern ihrer Verhütung dienten, überzeugt nicht. So werden im deutschen Sprachgebrauch die Fremdwörter "präventiv" bzw "Prävention" auch synonym für die Begriffe "verhütend" bzw "Verhütung" verwendet (vgl DUDEN, Das Fremdwörterbuch, Bd 5, 6. Aufl, S 645: "präventiv = vorbeugend, verhütend; Prävention = Vorbeugung, Verhütung; Präventivverkehr = der Geschlechtsverkehr mit empfängnisverhütenden Mitteln) und auch in der spanischen Sprache läßt sich das Wort "preventivo" explizit in der Bedeutung "verhütend" lexikalisch nachweisen (vgl Slab/Grossmann/Illig, aaO, S 998). Ferner hat eine Internet-Recherche des Senats in der Suchmaschine Google nach den Suchbegriffen "condn preventivo", welche der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung übergeben worden ist, eine Vielzahl von Treffern ergeben, die den Gebrauch des Wortes "preventivo" speziell in Verbindung mit dem Wort "condn" (span = Kondom) belegen, zB auf Seite 1 von 9: "...El condn es el nico metodo preventivo que protego contra contagios, de transmisin sexual. ..." ( = Der Kondom ist eine präventive Methode, welche gegen Ansteckungen durch Sexualübertragung schützt.). Im Sinn von "präventiv, vorbeugend, verhütend" kommt der angemeldeten Marke "preventivo" daher auch bzw gerade für Kondome eine unmittelbar beschreibende Bedeutung zu.
Weiterhin bedarf das Markenwort "preventivo" keiner ergänzenden Zusätze, um als ein eindeutig beschreibender Sachhinweis auf die Wirkung oder die Eigenschaft der betreffenden Waren als ein vorbeugendes, präventives Mittel aufgefaßt zu werden. Dem steht insbesondere nicht entgegen, daß sich aus dem Wort nicht ergibt, gegen was das jeweilige Produkt vorbeugend, präventiv wirkt, da bereits die vorbeugende präventive Wirkung bzw die Eigenschaft eines Vorbeugungs- oder Schutzmittels an sich ein den Verkehr interessierendes Produktmerkmal darstellt, im Unterschied etwa zu einer pflegenden oder heilenden Wirkung bzw der Eigenschaft eines Heil- oder Pflegemittels. Abgesehen davon ergibt sich die spezielle präventive Wirkung im konkreten Warenbezug regelmäßig aus der Art des jeweiligen Produkts. Insoweit liegt hier keine mit dem Beschluß des Bundesgerichtshofs "INDIVIDUELLE" (vgl BGH GRUR 2002, 64) vergleichbare Fallgestaltung vor.
Ob die angesprochenen inländischen Verkehrskreise über ausreichende Fremdsprachkenntnisse verfügen, um die beschreibende Bedeutung des spanischen und italienischen Markenwortes "preventivo" ohne weiteres zu erfassen, kann letztlich dahingestellt bleiben, wenngleich ein solches Verständnis auch bei der nicht spanisch- oder italienischkundigen inländischen Bevölkerung aufgrund der orthographischen Nähe zu den sinngleichen, im Deutschen geläufigen Fremdwörtern "präventiv" und "Prävention" sowie zu dem entsprechenden englischen und französischen Adjektiv "preventive" sehr wahrscheinlich erscheint. Angesichts dessen, daß sich das Markenwort "preventivo" in den Welthandelssprachen Italienisch und vor allem Spanisch zweifelsfrei als ein Begriff belegen läßt, der - auch in Alleinstellung und in hervorgehobener Form - eindeutig und unmittelbar eine wesentliche Wirkung bzw Eigenschaft der in Rede stehenden Waren beschreibt, kann die angemeldete Marke jedenfalls zur beschreibenden mehrsprachigen Produktkennzeichnung im inländischen Verkehr sowie zur beschreibenden fremdsprachigen Produktkennzeichnung im Im- und Export dienen und ist deshalb im Sinn des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG freihaltebedürftig.
Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb
BPatG:
Beschluss v. 08.10.2002
Az: 24 W (pat) 6/02
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