Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. April 2010
Aktenzeichen: 33 W (pat) 105/08

(BPatG: Beschluss v. 13.04.2010, Az.: 33 W (pat) 105/08)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patentund Markenamts vom 16. November 2006 und vom 8. August 2008 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Klasse 35: Werbung im Internet für Dritte; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Werbung;

Klasse 37: Dienstleistungen betreffend die Vermietung von Bauwerkzeugen oder Baumaterial; mit Dienstleistungen im Bauwesen in Verbindung stehende Dienstleistungen, wie Bauprojektprüfung.

Gründe

I Am 2. Mai 2003 ist beim Deutschen Patentund Markenamt die Wortmarke Kapitalunionfür Klasse 35: Werbung im Internet für Dritte; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Werbung;

Klasse 37: Dienstleistungen betreffend die Vermietung von Bauwerkzeugen oder Baumaterial; mit Dienstleistungen im Bauwesen in Verbindung stehende Dienstleistungen, wie Bauprojektprüfungsowie für weitere finanz-, versicherungsund immobilienbezogene Dienstleistungen der Klasse 36 angemeldet worden.

Mit Beschlüssen vom 16. November 2006 und 8. August 2008, letztgenannter im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung nach § 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG (Erinnerungsprüfer: nur § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle handelt es sich bei dem Wort "Kapitalunion" um eine reine Sachangabe, die sich aus den Angaben "Kapital" (alle Geldund Sachwerte, die zu einer Produktion verwendet werden, die Gewinn abwirft) und "Union" (Einheit, Vereinigung, Zusammenschluss) zusammensetze. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen weise die Anmeldemarke nach Auffassung der Erstprüferin darauf hin, dass es sich "um einen Begriff aus dem Wirtschaftsleben" handele. Daher sei Kapitalunion für die fraglichen Dienstleistungen beschreibend und freihaltebedürftig. Dem stehe nicht entgegen, dass der Gesamtbegriff "Kapitalunion" im Zusammenhang mit der Europäischen Gemeinschaft aufzufinden sei, wo er als Begriff für den gemeinschaftsweiten Kapitalmarkt verwendet werde. Der Verkehr werde den Begriff nur als beschreibenden Hinweis verstehen. Jedenfalls fehle der Marke nach Auffassung des Erinnerungsprüfers die Unterscheidungskraft, da das Wort "Kapitalunion" die Bedeutung "Kapitalverbund" bzw. "Kapitalzusammenschluss" aufweise und vom Verkehr dahingehend verstanden werde, dass die fraglichen Dienstleistungen im Rahmen eines Kapitalverbundes bzw. von einem Kapitalverbund und damit von den dahinter stehenden Personen angeboten und erbracht würden, oder dass die Dienstleistungen dazu geeignet und bestimmt seien, von einem Kapitalverbund oder im Zusammenhang damit in Anspruch genommen zu werden, oder aber dass sie einen Kapitalverbund zum Gegenstand hätten. Dabei sei es im Kontext der Anmeldung nicht naheliegend, die Anmeldemarke als einen Hinweis auf die Europäische Union zu verstehen. Jedenfalls sei angesichts der Nähe des Zeichens zu den beanspruchten Dienstleistungen trotz einer gewissen begrifflichen Unschärfe davon auszugehen, dass der Verkehr die Anmeldemarke nur als solche, nicht aber als Marke sehen werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben. Zur Begründung führt er aus, dass es sich bei dem Wort "Kapitalunion" nicht um eine Sachaussage handele. Das aus einzelnen Wörtern zusammengesetzte Zeichen sei keine allgemeine, alltägliche und sprachgebräuchliche Bezeichnung, die vom Verkehr automatisch und unmittelbar mit den fraglichen Dienstleistungen in Verbindung gebracht werde. Obwohl Kapital ein zum allgemeinen Wortschatz gehöriger Begriff sei und auch im alltäglichen Sprachgebrauch hin und wieder Anwendung finde, verberge sich dahinter eine Bedeutung, die vom normalen Durchschnittsbürger in ihrer Gesamtheit nicht auf Anhieb erfasst werde. Vielmehr beschränke sich die Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers auf eine vage Bedeutung in dem Sinne, dass dies etwas mit Geld zu tun habe. Fraglich sei auch, ob das Wort "Union" ohne weiteres vom Verkehr in seinem Bedeutungsgehalt erfasst werden könne, da dieser Begriff vor allem im Rahmen der Staatslehre und im Zusammenhang mit der Kirche von Bedeutung sei. Ebenso bleibe unklar, was die Begriffskombination "Kapitalunion" beschreiben solle. Dafür spreche auch, dass es sich um eine eigene Wortkreation handele, die in dieser Zusammensetzung nicht lexikalisch belegbar sei. Für den Suchbegriff "Kapitalunion" würden bei Google nur 102 Treffer angezeigt. Zudem sei nicht ersichtlich, inwieweit diese Wortzusammensetzung gerade in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen über einen beschreibenden Gehalt verfügen solle. Darüber hinaus sei eine Wort-/Bildmarke "kapitalunion" ohne weiteres für die Dienstleistungsklassen 35 und 36 eingetragen worden.

Mit Eingabe vom 7. April 2010 hat der Anmelder erklärt, dass er die Anmeldung für die Dienstleistungen der Klasse 36 zurücknehme und sie lediglich hinsichtlich der Klassen 35 und 37 aufrechterhalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Nach der teilweisen Zurücknahme der Anmeldung ist die Beschwerde begründet. Für die verbleibenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 37, für die die Anmeldung noch aufrecht erhalten wird, hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG insoweit nicht entgegen.

So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die für diese Dienstleistungen die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Die angemeldete Marke ist sprachüblich aus den Wörtern "Kapital" (Geldund Sachvermögen bzw. allgemein: Geld und Sachwerte) und "Union" (Vereinigung, Verbindung oder Zusammenschluss, vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl.; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl.) zusammengesetzt. Sie erschließt sich daher für den Verkehr ohne weiteres als Vereinigung oder Zusammenschluss von Personen, die einen wesentlichen Bezug zu(m) Kapital aufweisen, sei es dass sie Kapital einbringen, ansammeln oder dieses verwalten, anlegen, schützen usw. In Betracht kommt auch die Bedeutung einer Staatengemeinschaft, in der bestimmte einheitliche Standards in Bezug auf Kapital bzw. den Kapitalverkehr herrschen. So wird verschiedentlich die Europäische Union als Kapitalunion genannt (vgl. z. B. www.zeitfragen.ch/ARCHIV/ZF_76c/T05.HTM (Auszug aus Schachtschneider: Republikanismus versus Gobalismus): "... Es ist geradezu die ökonomische Logik des Binnenmarktes der Europäischen Gemeinschaft, dass er mit einer Kapitalunion verbunden ist, also den Kapitalverkehr nicht durch territoriale Grenzen der Mitgliedstaaten behindert, sondern ein einheitliches und für die Union geltendes Kapitalverkehrsrecht schafft, ...").

Die angemeldete Marke mag daher für Dienstleistungen, die einen unmittelbaren Bezug zu Kapital haben, eine im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung aufweisen. Diese sind jedoch nicht mehr Gegenstand der Anmeldung. Für die verbleibenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 37 kann eine solche beschreibende Bedeutung nicht festgestellt werden. Dies gilt zunächst für die Werbedienstleistungen der Klasse 35. Es ist nicht ohne näheres Nachdenken und analysierende Betrachtung ersichtlich, inwieweit das Wort "Kapitalunion" eine Merkmalsbeschreibung für Werbedienstleistungen darstellen könnte. Zum einen entspricht es nicht den Branchengewohnheiten, dass Werbedienstleistungen nach der Art des beworbenen Gegenstandes bezeichnet werden (vgl. BGH GRUR 2009, 949 -My World), zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine Kapitalunion geworben werden könnte, zumal Deutschland längst Mitglied der Europäischen Union als der hierfür einzig in Betracht kommenden Kapitalunion ist. Auch der Umstand, dass Werbedienstleistungen von einem Zusammenschluss oder einer Vereinigung mit Bezug zu Kapital erbracht werden könnten, ist kein naheliegendes verkehrswesentliches Merkmal von Werbedienstleistungen, das mit der Marke beschreibend bezeichnet werden könnte.

Auch für die Dienstleistungen der Klasse 37 ist nicht ersichtlich, dass die angemeldete Marke hierfür eine Merkmalsbezeichnung darstellen kann. Für die Vermietung von Bauwerkzeugen oder Baumaterial und die mit Dienstleistungen des Bauwesens in Verbindung stehenden Dienstleistungen, wie Bauprojektprüfung, war die angemeldete Marke nicht als Beschreibung eines Merkmals belegbar. Unter Berücksichtigung der o. g. Bedeutungen, die für den angemeldeten Begriff "Kapitalunion" in Betracht kommen, könnte er in Bezug auf die genannten Dienstleistungen der Klasse 37 allenfalls Nebenaspekte benennen, wie etwa die Eigenschaft des Dienstleisters als Zusammenschluss oder Vereinigung mit Bezug zu Kapital (was mit dem Wort "Kapitalgesellschaft" aber sprachüblicher und treffender ausgedrückt wird) oder die Belegenheit von Immobilien, auf die die verschiedenen Baudienstleistungen gerichtet sind, in einer Kapitalunion bzw. der Kapitalunion der Europäischen Gemeinschaften. Es würde sich hierbei aber um eher selbstverständliche Eigenschaften handeln, von denen nicht erwartet wird, dass sie besonders benannt oder sonst wie herausgestellt werden. Der Verkehr wird daher Überlegungen zum Sinn des angemeldeten Markenworts in Bezug auf die Dienstleistungen anstellen müssen und dabei nicht zu einer eindeutigen, insbesondere beschreibenden Bedeutung gelangen. Damit eignet sich die Marke insoweit nicht als Merkmalsbezeichnung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Wie oben dargelegt, konnte ihr für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen kein eindeutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden. Es waren auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird. Vielmehr regt die Marke mit ihrem auf den Zusammenschluss bzw. eine Vereinigung von Personen mit Bezug auf Kapital bezogenen Sinngehalt für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 37 zu Überlegungen an, welchen konkreten Sinn dieser Ausdruck in Alleinstellung für solche Dienstleistungen, die nicht zum engeren Bereich der Finanzen gehören, haben mag. Insofern kann der Anmeldemarke ein gewisser Fantasiegehalt nicht abgesprochen werden, so dass ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Der Beschwerde war damit stattzugeben. Im Verfahren vor der Markenstelle dürfte die Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses noch zu klären sein.

Bender Dr. Hoppe Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 13.04.2010
Az: 33 W (pat) 105/08


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