Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 264/03
(BPatG: Beschluss v. 05.07.2005, Az.: 27 W (pat) 264/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. August 2003 aufgehoben.
Gründe
I Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit dem angefochtenen Beschluss die als Wortmarke für
"Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 28 enthalten), insbesondere Taschen, Koffer, Etuis, Futterale, Kleidersäcke aus Leder, Textil oder Kunststoff; Bekleidungsstücke, Regenschutzbekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, alle Waren auch als Sportbekleidung, für Damen, Herren und Kinder; Turn- und Sportartikel und -geräte, soweit in Klasse 28 enthalten, Spiele, Spielzeuge"
angemeldete Bezeichnung Speedcarvingnach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Bei der angemeldeten Marke "Speedcarving" handele es sich um eine Bestimmungsangabe darauf, dass die so gekennzeichneten Waren besonders für eine spezielle Wintersportart, nämlich schnellen Carvingskisport geeignet und bestimmt seien. Diese Sportart sei beachtlichen Teilen des angesprochenen Verkehrs bekannt. Da der sachbezogene Bedeutungsgehalt für diese Verkehrsteile dominierend im Vordergrund stehe, so dass der Gedanke an eine betriebskennzeichnende Marke bei ihm nicht aufkomme, vermöge die Anmeldemarke die geforderte betriebliche Hinweiswirkung nicht zu entfalten, so dass sie mangels Unterscheidungskraft nicht eintragbar sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die nicht begründete Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt bereits in Abrede, dass der Begriff "Speedcarving" von den angesprochenen Verkehrskreisen als Bezeichnung für eine bestimmte Skisportart erachtet werde. Wörtlich übersetzt bedeute die englische Wortkombination im übrigen "Geschwindigkeitsschnitzerei" und sei daher ohne Bedeutungsgehalt. Erst recht könne sie in bezug auf die beanspruchten Waren keinen beschreibenden Inhalt aufweisen. Für die Schutzfähigkeit der Anmeldemarke spreche im übrigen auch, dass es sich bei ihr um eine Wortneuschöpfung handele und vergleichbare Marken wie "BIG SKI", "OPTION SNOWBOARD", "Ski-Edition" oder "Motion Ski" eingetragen worden seien.
Nach der mündlichen Verhandlung, in welcher verschiedene Internet-Ausdrucke für den beschreibenden Gebrauch der angemeldeten Bezeichnung erörtert worden sind, hat die Anmelderin nach Übergang ins schriftliche Verfahren auf Anraten des Senats das Warenverzeichnis wie folgt beschränkt:
"Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 28 enthalten), nämlich Aktentaschen, Einkaufstaschen, Handtaschen, Reisekoffer, Etuis für Schreibgeräte, Schmuck und Kleinutensilien, Futterale, Kleidersäcke aus Leder, Textil oder Kunststoff für die Reise; Bekleidungsstücke, nämlich Gesellschaftsbekleidung, Bürobekleidung, Bekleidungsstücke zum Laufen, Wandern, Fahrradfahren; Regenschutzbekleidung zum Laufen, Wandern, Fahrradfahren; Schuhwaren nämlich Straßenschuhe, Fahrradschuhe, Turnschuhe; Kopfbedeckungen zum Laufen, Wandern und Fahrradfahren; Turn- und Sportartikel und -geräte zum Laufen, Wandern, Fahrradfahren, soweit in Klasse 28 enthalten".
II Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG mehr entgegenstehen. Insbesondere kann der Anmeldemarke das nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren nicht abgesprochen werden.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist. Werden rein beschreibende Angaben zu einem Gesamtbegriff zusammengesetzt, ohne dass sich durch die Wortkombination ein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt, so bleibt dieser auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es sich bei ihm um eine Wortneuschöpfung oder einen bislang nicht verwendeten Begriff handelt (EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD). Nach diesen Grundsätzen ist der Anmeldemarke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft für die nach Einschränkung des ursprünglichen Warenverzeichnisses beanspruchten Waren zuzubilligen.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin handelt es sich bei dem Markenwort "Speedcarving" allerdings, wie insbesondere der Blick in das Internet zeigt, dessen Fundstellen in der mündlichen Verhandlung im einzelnen erörtert worden sind, um einen auch im inländischen Verkehr geläufigen und häufig anzutreffenden (Fach-) Ausdruck, mit dem ein schnelle Geschwindigkeiten erlaubender moderner Ski sowie die mit diesem Sportgerät ermöglichte besondere Wintersportart bezeichnet wird. Der Verkehr wird die Anmeldemarke daher ohne weiteres Nachdenken als bloßen (Sach-) Hinweis auf diese Sportart verstehen, wenn er ihr in Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen begegnet, die typischerweise mit dieser Sportart in Verbindung stehen.
Um solche Produkte und Tätigkeiten handelt es sich aber bei den Waren nicht mehr, für welche die Anmelderin nach Einschränkung des Warenverzeichnisses nunmehr nur noch die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung begehrt. Vielmehr zeigt bereits die Einschränkung "zum Laufen, Wandern, Fahrradfahren" bei den beanspruchten Waren der Klassen 25 und 28, dass es sich bei diesen Produkten um keine Skisportartikel handelt. Aber auch bei den beanspruchten Waren der Klasse 18 liegt der Gedanke, dass sie in irgendeiner Verbindung mit einer bestimmten Skisportart stehen könnten, für den Verkehr fern.
Da es zudem für den Verkehr offensichtlich ist, dass diese Waren bei dieser Skisportart keine Verwendung finden können, so dass eine solche Vorstellung bei ihm erst gar nicht aufkommen wird, steht mangels möglicher Irreführung des Verkehrs der Schutzfähigkeit der Anmeldemarke für diese Waren auch nicht das Eintragungshindernis des §8 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 37 Abs. 3 MarkenG entgegen.
Da auch keine Anhaltspunkte für eine Schutzversagung aus anderen Gründen ersichtlich sind, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle, mit welcher der Anmeldemarke die Eintragung versagt worden war, aufzuheben.
Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz Na
BPatG:
Beschluss v. 05.07.2005
Az: 27 W (pat) 264/03
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