Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. April 2001
Aktenzeichen: 3 Ni 23/99
(BPatG: Beschluss v. 30.04.2001, Az.: 3 Ni 23/99)
Tenor
1) Auf die Erinnerung der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin vom 30. April 2001 abgeändert.
Die von der Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf insgesamt 12.089,03 DM festgesetzt.
Im übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
2) Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I Nach dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 5. September 2000 hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit Beschluß vom 30. April 2001 hat die Rechtspflegerin die der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 8.595,03 DM festgesetzt, wobei die Kosten des italienischen Rechtsanwalts Dr. S..., für denzwei Gebühren nach der BRAGO in Höhe von je 2.925,- DM sowie Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen über 40,- DM, Reisekosten über 309,- DM und Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 220,- DM geltend gemacht wurden, nicht anerkannt worden sind.
Gegen den Beschluß hat die Klägerin Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, die für den italienischen Rechtsanwalt entstandenen Kosten als erstattungsfähig anzuerkennen und die Kosten des Erinnerungsverfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Sollte das Gericht nicht beide Gebühren anerkennen, erscheine mindestens eine Gebühr erstattungsfähig.
Die Beklagte ist dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, daß ein Verkehrsanwalt, sofern die Notwendigkeit seiner Einschaltung überhaupt ausreichend dargelegt sei, lediglich eine Gebühr beanspruchen könne. Auch dem Kostenantrag werde widersprochen, weil die Entscheidung des Rechtspflegers nicht wegen eines Verhaltens der Beklagten, sondern deswegen zum Nachteil der Klägerin ausgefallen sei, weil die auf den italienischen Rechtsanwalt entfallenden Kosten nicht hinreichend begründet und spezifiziert worden seien.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II Die Erinnerung der Klägerin ist zulässig, § 84 Abs 2 PatG iVm § 104 Abs 3 ZPO, § 23 Abs 2 RPflG, insbesondere fristgerecht eingelegt, kann aber nur zum Teil Erfolg haben.
1) Die Rechtspflegerin hat insoweit zutreffend die Kosten für die Mitwirkung des italienischen Rechtsanwalts der Klägerin als nicht erstattungsfähig angesehen, als dieser als weiterer anwaltlicher Vertreter neben einem Patentanwalt analog § 145 Abs 5 PatG Gebühren beansprucht hat.
2) Nunmehr macht die Klägerin geltend, Rechtsanwalt Dr. S... sei als auslän-
discher Verkehrsanwalt tätig geworden.
a) Die Erstattungsfähigkeit der auf einen Verkehrsanwalt entfallenden Kosten richtet sich danach, ob diese Kosten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung notwendig sind, wobei die allgemeine Pflicht jeder Partei zu beachten ist, die Kosten im Rahmen des Verständigen möglichst gering zu halten (s Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl § 91, Rdnr 222; BPatGE 33, 102). Nach allgemeiner Ansicht sind die Kosten nur dann notwendig im Sinne des § 91 Abs 1 ZPO, wenn es der Partei aus sachlichen Gründen unmöglich oder wegen ihrer persönlichen Verhältnisse unzumutbar oder nicht hinreichend sicher ist, den Prozeßanwalt unmittelbar selbst zu informieren (Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl § 52 BRAGO, Rdnr 49). Diese Grundsätze gelten auch für eine an einem inländischen Verfahren beteiligte ausländische Partei (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl § 26, Rdnr 4 aE). Die Ausländereigenschaft einer Partei allein rechtfertigt es nicht, die Notwendigkeit der Einschaltung eines Verkehrsanwalts generell anzuerkennen (Gerold/Schmidt aaO, Rdnr 35). Vielmehr wird es im Einzelfall darauf ankommen, ob eine fernmündliche oder schriftliche Unterrichtung ihres Prozeßbevollmächtigten zumutbar ist oder nicht.
b) Im vorliegenden Verfahren ist zu berücksichtigen, daß die Korrespondenz mit dem italienischen Verkehrsanwalt in deutscher Sprache erfolgt ist, so daß Kosten für Übersetzungen vom Italienischen ins Deutsche und umgekehrt oder auch für eine Informationsreise nicht erforderlich waren. Ebenso hat der Verkehrsanwalt, wie sich aus der Anlage zum Schreiben der Klägerin vom 9. April 2001 ergibt, an einem deutschen Verletzungsverfahren mitgewirkt, das aus dem Streitpatent gegen einen Kunden der Klägerin angestrengt worden ist, so daß er zugleich Kenntnisse über eine umstrittene Verletzungsform hatte und daher in der Lage war, in der mündlichen Verhandlung über das Streitpatent die Konsequenzen der Diskussion für die Klägerin zu überblicken und zu würdigen und unter Umständen auch zu einer einvernehmlichen Einigung mit der Beklagten beizutragen. Daher kann hier die Hinzuziehung eines ausländischen Verkehrsanwalts als notwendig im Sinne des § 91 ZPO angesehen werden, weil der ausländische Verkehrsanwalt das deutsche Recht kennt und deutsch spricht (Hartmann aaO, § 52 BRAGO, Rdnr 59 aE mit Hinw zur Rspr).
Dementsprechend hält der Senat im vorliegenden Fall gemäß § 52 Abs 1 BRAGO analog die Kosten für den Verkehrsanwalt in Höhe einer Gebühr von 2.925,- DM sowie der Kosten für Telekommunikation, Reisekosten und Tagegelder in Höhe von 40,- DM, 309,- DM bzw 220,- DM für erstattungsfähig.
3) Soweit die Klägerin mit ihrem Erinnerungs-Vorbringen zu erkennen gibt, daß sie zwei Gebühren - auf welcher Grundlage auch immer - geltend machen will, mußte die Erinnerung ohne Erfolg bleiben, da sowohl im Fall des § 143 Abs 5 PatG, der hier nicht vorliegt, wie auch nach § 52 Abs 1 BRAGO jeweils nur eine Gebühr entsprechend dem festgesetzten Gegenstandswert erstattungsfähig ist.
4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 92 Abs 1 ZPO.
Hellebrand Dr. Pösentrup Sredl Be
BPatG:
Beschluss v. 30.04.2001
Az: 3 Ni 23/99
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