Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juli 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 165/09

(BPatG: Beschluss v. 13.07.2009, Az.: 27 W (pat) 165/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Die Anmelderin hat die Wortmarke LOCHMÜHLE als Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Turnund Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Christbaumschmuck Klasse 41: Betrieb eines Freizeitparks sowie Fahrund Belustigungsgeschäften, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung von Tagungen, Festen, künstlerischen Darbietungen, Schulungen, Vortragsreihen und Produktionseinweisungen; Erziehung; Ausbildung Klasse 43: Beherbergung und Bewirtung von Gästen; Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästenangemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Erstbeschluss vom 19. Januar 2009 die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe insgesamt zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Anmelder hat sie mit Beschluss vom 12. März 2009 den Erstbeschluss nur insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich der Waren der Klasse 28 zurückgewiesen worden war; im Übrigen hatte die Erinnerung keinen Erfolg. Zur Begründung ist ausgeführt, auch wenn der Begriff "Lochmühle" lexikalisch nicht nachweisbar sei, werde er von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als beschreibende Angabe über die geografische Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen verstanden, da, wie zahlreiche Belege im Internet zeigten, der Begriff Lochmühle allgemein für (ehemalige) Mühlen, die inzwischen für Freizeitaktivitäten jeglicher Art genutzt würden, Verwendung finde. Das Publikum erfasse den Markenbegriff daher unmittelbar nur in dem Sinne, dass in einer (ehemaligen) Mühle kulturelle oder Unterhaltungsdienstleistungen aller Art stattfänden. Da die Anmeldemarke daher einen sachgerechten Hinweis auf den Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistungen gebe und damit unmittelbar beschreibend sei, sei sie nicht eintragbar.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. März 2009 aufzuheben und die Marke auch für die Klassen 41 und 43 einzutragen.

Sie hält die Anmeldemarke für schutzfähig, weil sie einen Fantasiebegriff darstelle und ihr kein beschreibender Inhalt zukomme. Ein besonderer Bedeutungsgehalt komme dem Begriff "Lochmühle" -anders als dem allgemeinen Begriff "Mühle", der aber nicht angemeldet sei -nicht zu; das Publikum könne hiermit nichts verbinden. Allein der Umstand, dass es Nachahmer der Anmelderin, welche ihren Freizeitpark schon seit langem betreibe, gebe, welche denselben, erst durch die Anmelderin bekannt gemachten Begriff verwendeten, könne der Eintragung nicht entgegenstehen, denn ihre eigene Bekanntheit könne der Anmelderin nicht zum Nachteil gereichen.

II. A. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1 MarkenG versagt, da ihr jedenfalls die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.

a) Für die Auslegung des Begriffs der Unterscheidungskraft ist allein die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs maßgeblich, an welche der Senat nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG gebunden ist; denn da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11. Februar 1989) -der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist -zurückgeht, ist die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte verbindlich.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] -Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] -SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] -Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] -SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] -Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] -Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).

Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist dies nicht nur bei einem im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt der angemeldeten Marke (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 -marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 -City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. -RATIONAL SOFT-WARE CORPORATION) der Fall, sondern in allen Fällen, in denen -gleich aus welchem Grund -das Publikum die angemeldete Bezeichnung nicht (mehr) als Hinweis auf die Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen ansieht. Dies ist vorliegend aber der Fall, weil die Markenstelle zutreffend festgestellt und nachgewiesen hat, dass der Begriff "Lochmühle" für die zurückgewiesenen Dienstleistungen nur eine allgemeine, häufig anzutreffende Angabe für Veranstaltungsund Beherbergungsorte ist. Bezeichnungen, welche grundsätzlich nur auf irgendeine der vielen Vertriebsstätten der betreffenden Gattung hinweisen und vom Verkehr daher nicht mit einem ganz bestimmten Unternehmen in Verbindung gebracht werden können, sind aber nach ständiger Rechtsprechung als Herkunftshinweis nicht geeignet und daher mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht eintragbar (vgl. BPatG 27 W (pat) 64/01 -KLEIDERMARKT; 27 W (pat) 96/03 und 97/03 -TECHNOMARKT; 27 W (pat) 335/03 -Gardinenland; 27 W (pat) 207/03 -FITNESS GALLERY; 27 W (pat) 76/05 -STOFFE RIA; 27 W (pat) 212/05 -Deutsche Druckservice; 27 W(pat) 69/07 -GolfHouse [eintragbar allein wegen der Grafik]; 27 W (pat) 65/07 -HOTLINE; 27 W (pat) 113/06 -Brautshop; 26 W (pat) 98/04 -Küchenpavillion).

Wie die Markenstelle durch entsprechende Internet-Ausdrucke nachgewiesen hat, gibt es im Inland eine sehr große Zahl an Hotel-, Gaststättenund Veranstaltungsbetrieben, welche den Begriff "Lochmühle" in ihrer Bezeichnung führen. Wie auch die Anmelderin nicht bestreitet, stehen diese zahlreichen Betriebe in keinerlei rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zu ihr. Damit das Publikum die einzelnen Betriebe unterscheiden kann, bedarf es daher stets weiterer Angaben; hierfür wird in der Regel der konkrete Ortsname hinzugefügt oder der allgemeine Begriff "Lochmühle" wird -wie es in der Firma der Anmelderin zum Ausdruck kommt und in welcher Form sie ihren Betrieb auch tatsächlich betreibt -um die Angabe der konkreten angebotenen Dienstleistung (hier also "Freizeitpark") erweitert (wobei Letzteres für eine individualisierende Unterscheidung nur ausreichend sein dürfte, solange es weitere Lochmühlen mit der konkreten Dienstleistung noch nicht gibt).

Auch wenn der Begriff "Lochmühle" lexikalisch nicht nachweisbar ist (worauf nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs -vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] -Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] -DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] -POST-KANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] -BIOMILD); GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] -BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] -CELLTECH -ohnehin nicht abzustellen ist) kann das Publikum mit dem hier angemeldeten allgemeinen Begriff "Lochmühle" wegen der Häufigkeit seiner Verwendung zur Bezeichnung von Betrieben, in denen die hier in Rede stehenden Dienstleistungen angeboten werden oder zumindest werden können, nicht die Vorstellung verbinden, die damit gekennzeichneten Dienstleistungen stammten aus einem (einzigen) bestimmten Unternehmen.

Die Häufigkeit des Begriffs Lochmühle beruht darauf, dass Lochmühlen weit verbreitete Einrichtungen waren. In ihnen wurden die für die Lochgerberei notwendigen pflanzlichen Gerbmittel zerkleinert. Vor allem Fichtenund Eichenrinden aus sog. Lohwäldern werden zur "Lohe" zermahlen.

Insbesondere in der Nähe von Gerbereien fanden sich häufig Lochmühlen. Ihre Standorte fanden oft Eingang in Straßenoder Gaststättennamen.

Verschiedene Lochmühlen aus dem 18. Jahrhundert standen zum Beispiel auf der Lochmühleninsel am Landwehrkanal im Berliner Ortsteil Kreuzberg.

In Lübeck gibt es das "Stadion an der Lochmühle".

Damit fehlt der Anmeldemarke die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für eine Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft, so dass die Markenstelle ihr die Eintragung teilweise für die entsprechenden angemeldeten Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 zu Recht versagt hat.

Hieran ändert sich auch nichts durch die Behauptung der Anmelderin, es handele sich bei diesen Drittanbietern (allesamt€) um "Nachahmer". Zwar kann dem Internetauftritt der Anmelderin entnommen werden, dass sie ihren Betrieb bereits seit mehr als ... Jahren betreibt. Ange sichts der Geschichte der Lohmühlen und vieler danach erfolgter Benennungen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Anmelderin diesen Begriff -wie ihr Hinweis auf eine angebliche Neuschöpfung wohl verstanden werden muss -"erfunden" hat und die Vielzahl der anderen Betriebe, welche ebenfalls den hier zu beurteilenden Begriff enthalten, erst nach dem Markteintritt der Anmelderin mit ihrem Betrieb diesen von der Anmelderin erstmals eingeführten Begriff "übernommen" hätten. Ungeachtet dessen käme es hierauf aber auch nicht an; maßgeblich für die hier zu beurteilende Frage der Eintragbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung ist nämlich allein die Sachlage, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung vorliegt; diese ist aber wie oben dargelegt dadurch gekennzeichnet, dass der Begriff "Lochmühle" allgemein verwendet wird, was seiner jetzigen Eintragung wegen seines Charakters als generischer Begriff entgegensteht. Selbst wenn die Anmelderin den Begriff als Etablissementbezeichnung "erfunden" hätte und ihm andere Unternehmen in der Folgezeit "übernommen" hätten, würde dies nämlich nichts daran ändern, dass es sich bei ihm zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung seiner Eintragbarkeit als Marke um eine allgemeine und damit nicht unterscheidungskräftige Angabe handelte, was seiner Eintragung als Marke aber entgegensteht.

2.

Bei dieser Sachlage bedarf es keiner weiteren Ausführungen mehr dazu, ob der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, wobei allerdings fraglich ist, ob der Begriff "Lochmühle", gerade weil er als allgemeine Angabe für (irgendeinen) Veranstaltungsort Verwendung findet, noch als geografische Angabe i. S. dieser Vorschrift erachtet werden kann.

3.

Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung jedenfalls wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG bestand keine Veranlassung.

Dr. Albrecht Kruppa Schwarz Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.07.2009
Az: 27 W (pat) 165/09


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