Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2002
Aktenzeichen: 8 W (pat) 6/01

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2002, Az.: 8 W (pat) 6/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 04 C des Patentamts vom 24. Oktober 2000 aufgehoben und das nachgesuchte Patent erteilt.

Bezeichnung: Wärmedämm-Mauerstein Anmeldetag: 17. September 1999 Die Priorität der Anmeldung in Deutschland vom 21. September 1998 ist in Anspruch genommen.

(Aktenzeichen der Erstanmeldung 198 43 172.4)

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 6, Beschreibung Spalten 1 bis 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Zeichnungen, Abbildungen 1 und 2, wie Offenlegungsschrift.

Gründe

I Die Patentanmeldung 199 44 672.5-25 mit der Bezeichnung "Wärmedämm-Mauerstein" ist am 17. September 1999 beim Patentamt eingegangen - die Priorität einer deutschen Anmeldung vom 21. September 1998 (innere Priorität) ist in Anspruch genommen - und von dessen Prüfungsstelle für Klasse E 04 C mit Beschluß vom 24. Oktober 2000 im Rahmen einer Anhörung zurückgewiesen worden, weil ihr Gegenstand nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Anspruchsfassung der ursprünglichen Offenbarung entbehre.

Im Verfahren vor dem Patentamt war noch der folgende Stand der Technik in Betracht gezogen worden:

EP 0 214 650 A2 EP 0 825 306 A1 DE 32 39 633 A1.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat der Anmelder Beschwerde eingelegt.

Er hat in der mündlichen Verhandlung neugefaßte Unterlagen (Patentansprüche 1 bis 6, Beschreibung, Spalten 1 bis 3) eingereicht.

Patentanspruch 1 lautet:

"Mauerstein mit senkrechten Lochungen für Außenwände zur Erzielung eines möglichst geringen Wärmedurchgangs, mit einer auf der Innenseite der zu errichtenden Außenwand liegenden tragenden und wärmedämmenden Struktur (2) und einer auf der Außenseite liegenden nichttragenden und hochwärmedämmenden Struktur (4), dadurch gekennzeichnet, daß

- die tragende Struktur (2) über ihren gesamten Querschnitt durchgehend sich wiederholende untereinander parallele und in Richtung der Außenwand angeordnete Zick-Zack-Lamellen (9) aufweist, die an den Knickpunkten (10, 11) wechselseitig mit der nächstinnenseitigen Lamelle bzw mit der nächstaußenseitigen Lamelle über Querstege (12) verbunden sind, und - die nichttragende Struktur (4) parallel zu der Außenwand verlaufende unterschiedlich lange Langlöcher aufweist, deren Enden gegenüber den Enden der Langlöcher der benachbarten Lochzeile (21) versetzt sind und die Flanken (16) der sehr langen Langlöcher (15) an mehr als einer Stelle (17) gestützt werden".

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 6 wird auf die Akten Bezug genommen.

Der Anmelder beantragt, den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 04 C des Patentamts vom 24. Oktober 2000 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 6, Beschreibung Spalten 1 bis 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Zeichnungen, Abbildungen 1 und 2, wie Offenlegungsschrift.

II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet.

Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist in den ursprünglichen Unterlagen als zum Anmeldungsgegenstand gehörend offenbart.

Der neugefaßte Anspruch 1 beruht auf dem ursprünglichen Anspruch und stellt eine Zusammenfassung von dessen Merkmalsgruppen a), c), e) und f) dar. Das Vorhandensein unterschiedlich langer Langlöcher in der nichttragenden Struktur des Steins ist aus der ursprünglichen Zeichnung (Abb. 2) ersichtlich und ist durch die Formulierung "sehr lange parallel zu der zu errichtenden Wand verlaufende Langlöcher" gemäß Merkmal e) des ursprünglichen Patentanspruchs hinreichend kenntlich gemacht. Der Verlauf der Zick-Zack-Lamellen in der tragenden Struktur in Richtung der Außenwand ist aus der ursprünglichen Zeichnung (Abb. 1, 2) ersichtlich.

2. Die neugefaßten Ansprüche 2 bis 6 sind zulässig, denn ihre Merkmale sind in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.

Der geltende Anspruch 2 beruht auf dem Merkmal e) des ursprünglichen Patentanspruchs, während der Anspruch 3 auf das ursprüngliche Merkmal f) zurückgeht. Das Merkmal des Anspruchs 3 findet seine Stütze im Merkmal d) des ursprünglichen Anspruchs, während die Merkmale des Anspruchs 5 in Merkmal b) des ursprünglichen Anspruchs in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung Sp 1, Z 64, 65 der Offenlegungsschrift 199 44 672 offenbart sind. Die Merkmale des Anspruchs 6 finden ihre Stütze in der ursprünglichen Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift Sp. 3, Z 34 bis 39 in Verbindung mit der Zeichnung (Abb. 2), wonach die beschriebene mäanderförmige Wandung des innenseitigen Bereichs des Steins die Nut- und Federverbindung erkennen läßt. Aus Abb. 2 ist auch ersichtlich, daß die Tiefe der Nuten größer ist als die Höhe der Federn, wobei der sich beim Aneinanderstoßen benachbarter Mauersteine ergebende Zwischenraum zwischen Nut und zugeordneter Feder durch vom Nutgrund ausgehende Lamellen aufgefüllt ist. Die den Nutgrund ausfüllenden Lamellen werden, wie gemäß Merkmal h) des ursprünglichen Anspruchs beschrieben und in Abb. 2 der Zeichnung ersichtlich, durch einen Quersteg verbunden und zwar derart, daß mindestens die Enden zweier benachbarter Lamellen durch einen solchen Quersteg verbunden sind.

3. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 hat als neu zu gelten, da keine der zum Stand der Technik in Betracht gezogenen Druckschriften diesen vollständig vorbeschreibt.

Von dem zweiteiligen aus einer tragenden und einer wärmedämmenden Struktur bestehenden Mauerstein nach der EP 0 214 650 A2 unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 in seiner Lamellen-Geometrie in Form von parallelen Zick-Zack-Lamellen in der tragenden Struktur sowie durch unterschiedlich lange parallel zur Außenwand verlaufende versetzte Langlöcher in der nichttragenden Struktur, wobei die Flanken der sehr langen Langlöcher an mehr als einer Stelle gestützt werden.

Von den einteiligen Mauersteinen nach der EP 0 825 306 A1 sowie der DE 32 39 633 A1 unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand nach Patentanspruch 1 bereits durch seinen zweiteiligen Aufbau hinsichtlich einer tragenden und nichttragenden Struktur. Auch die Lamellengeometrie in den jeweiligen Strukturen des Mauersteins nach Anspruch 1 ist eine andere als die, welche gemäß den genannten Entgegenhaltungen - hier für den gesamten Mauerstein jeweils durchgängig - vorgeschlagen wird.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die verbesserte Wärmedämmung mit Hilfe des zweiteiligen, aus einer tragenden und nichttragenden Struktur bestehenden Mauersteins nach Patentanspruch 1 wird maßgeblich durch dessen Lamellen- bzw Lochungsgeometrie in der inneren tragenden sowie der äußeren nichttragenden Struktur erreicht. Die tragende Struktur ist zu diesem Zweck über ihren gesamten Querschnitt mit durchgehend sich wiederholenden untereinander parallelen und in Richtung der Außenwand verlaufenden Zick-Zack-Lamellen versehen, wobei die Lamellen wechselseitig mit der nächstinnenseitigen bzw. mit der nächstaußenseitigen Lamelle über Querstege verbunden sind. Demgegenüber weist die nichttragende Struktur parallel zu Außenwand verlaufende Langlöcher von unterschiedlicher Länge auf, deren Enden gegenüber den Enden der Langlöcher der benachbarten Lochzeile versetzt sind, wobei die Flanken der sehr langen Langlöcher an mehr als einer Stelle gestützt werden.

Durch diese Maßnahmen soll die Anzahl der Übergangsstellen des Wärmeflusses soweit wie möglich minimiert werden (vgl Beschreibung Sp 1, Z. 3 bis 8).

Die EP 0 214 650 A2 offenbart (Fig 1, 10) einen Mauerstein mit senkrechten Lochungen (6) für Außenwände (Sp 2, Z 45 - 50) zur Erzielung eines möglichst geringen Wärmedurchgangs, mit einer auf der Innenseite der zu errichtenden, Außenwand liegenden tragenden und wärmedämmenden Struktur (Grundkörper 1) und einer auf der Außenseite liegenden nichttragenden und hochwärmedämmenden Struktur (2, 3, 4, 5).

Im Hinblick auf die anmeldungsgemäße Ausgestaltung der tragenden Struktur in Form von parallel verlaufenden Zick-Zack-Lamellen vermag diese Entgegenhaltung einem Fachmann - einem in der Entwicklung und Herstellung von Bauelementen und Bausteinen erfahrenen Bauingenieur mit Fachhochschulausbildung - keine Anregungen zu vermitteln, denn die Stege in der tragenden Struktur verlaufen annähernd gitterförmig diagonal und lassen langlochartige an den beiden Enden jeweils spitz zulaufende Zwischenräume (6) zwischen sich frei. Somit weicht diese Lamellen- und Lochungsgeometrie weit von derjenigen ab, wie sie gemäß Patentanspruch 1 für die tragende Struktur vorgeschlagen wird.

Ähnliches gilt auch für die Lamellengeometrie in der äußeren nichttragenden Struktur des entgegengehaltenen Mauersteins nach der EP 0 214 650 A2. Diese besteht aus zwei einzelnen Schalen welche ebenfalls, wie bereits beim Grundkörper aus gitterähnlich sich überkreuzenden Lamellen bestehen, welche nach beiden Seiten spitz zulaufende Langlochartige Zwischenräume begrenzen. Die beiden Schalen sind dabei durch nach außen weisende Stege (4) zwischen sich und vom Grundkörper (1) beabstandet (Stege 2), wobei die Stege (2) und (4) jeweils in Fluchtung zueinander liegen und senkrecht zur Fläche der Außenwand verlaufen. Eine Struktur, bestehend aus parallel zu der Außenwand verlaufenden unterschiedlich langen Langlöchern bei denen die Flanken der sehr langen Langlöcher an mehr als einer Stelle gestützt werden, kann durch diese sehr regelmäßig verlaufende Stegmusterung in den einzelnen Schalen der nichttragenden Struktur somit nicht nahegelegt werden.

Der einteilig ausgestaltete Mauerstein nach der DE 32 39 633 A1 (Fig. 1, 2a) enthält zwar in Richtung der Außenwand verlaufende Zick-Zack-Lamellen, die jedoch einzeln vorliegen, gegenläufig zueinander verlaufen (vgl. z.B. Fig. 1, bei (4)) und durch andere Lamellenstrukturen unterbrochen sind, welche z.B. aus geradlinig ausgebildeten Lamellen (Fig. 1, Ziff (6)) oder Y-artigen und wabenförmig zusammengesetzten Lamellen (Fig. 2a, Ziff. (7)) bestehen. Durchgehend sich wiederholende und untereinander parallel verlaufende Zick-Zack-Lamellen können indes durch diese Entgegenhaltung nicht nahegelegt werden.

Durch den ebenfalls einteilig ausgebildeten Mauerstein nach der EP 0 825 306 A1 (Ausführungsbeispiel nach Fig 5) wird zwar eine Lochgeometrie vorweggenommen, bei der parallel zu der Außenwand verlaufende unterschiedlich lange Langlöcher vorgesehen sind, deren Enden gegenüber den Enden der benachbarten Lochzeile versetzt sind. Die Flanken der sehr langen Langlöcher werden hier jedoch ebenso wie diejenigen der kürzeren Langlöcher lediglich durch jeweils einen Verbindungssteg gestützt (vgl Fig. 5). Daher konnte ein Fachmann aus dieser Entgegenhaltung keinerlei Hinweise auf eine Abstützung der Flanken sehr langer Langlöcher an mehr als einer Stelle erhalten.

Somit konnte der Gegenstand nach Anspruch 1 einem Fachmann durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik weder für sich genommen noch in einer Zusammenschau betrachtet nahegelegt werden.

Nach alledem ist der Gegenstand nach Anspruch 1 patentfähig und der Anspruch 1 somit gewährbar.

Mit diesem zusammen sind auch die Unteransprüche 2 bis 6 gewährbar, die auf vorteilhafte Ausgestaltungen eines Mauersteins nach Anspruch 1 gerichtet sind.

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Az: 8 W (pat) 6/01


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