Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 19. Oktober 2001
Aktenzeichen: 6 U 79/01
(OLG Köln: Urteil v. 19.10.2001, Az.: 6 U 79/01)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. Februar 2001 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 674/00 - wird zurückgewiesen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit vorläufig vollstreckbar, als die Beklagten zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt worden sind. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs 500.000,00 DM, bezüglich des Auskunftsanspruchs 50.000,00 DM und hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs weitere 60.000,00 DM. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin, die Firma W. B. GmbHblobamp; Co.KG, stellt Spirituosen her und vertreibt diese. Sie ist Inhaberin der mit Priorität zum 2. Februar 1992 eingetragenen Wortmarke "F." sowie der zur Verdeutlichung nachfolgend wiedergegebenen Wortmarke Nr. ... "Kl. F.", der seit dem 23. September 1993 zeichenrechtlicher Schutz zukommt.
Kopie Blatt 11 einfügen
Unter dieser Bezeichnung "Kl. F." vertreibt die Klägerin seit Herbst 1992 einen von ihr hergestellten Likör "Wodka mit Feige", und zwar sowohl in 0,02 l-Flaschen als auch in 0,7 l-Flaschen. Bis Ende 1999 verkaufte die Klägerin von ihrem Produkt "Kl. F." im Inland über 600 Mio. 0,02 l-Flaschen und nahezu 15 Mio. 0,7 l-Flaschen ab. Im Jahr 1999 wurden ca. 87 Mio. 0,02 l-Flaschen und nahezu 2 Mio. 0,7 l-Flaschen. Für die Bewerbung ihres Produkts wandte die Klägerin bis September 2000 mehr als 36 Mio. DM auf. Allein der Werbeaufwand im Jahre 1999 für das Produkt "Kl. F.", das nach einer Nielsen-Studie (Blatt 15 d.A.) seit 1995 Marktführer ist, betrug 6 Mio. DM.
Die Beklagte zu 1., die Be. Brennereien GmbHblobamp; Co.KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2. ist, befasst sich ebenfalls mit der Herstellung und dem Vertrieb alkoholischer Getränke. Auf ihren Antrag wurde Ende 1999 u.a. die Wortmarke ... "Fr." mit Priorität zum 20.08.1999 eingetragen. Unter dieser Bezeichnung bietet die Beklagte zu 1. einen Apfel-Kräuter-Likör in einer 0,02 l-Flasche im Markt an. Wegen der Einzelheiten der Markeneintragung wird auf Blatt 24 d.A. verwiesen, hinsichtlich des von der Beklagten zu 1. unter der Bezeichnung "Fr." vertriebenen Apfel-Kräuter-Likörs wird auf die von der Klägerin als Anlage K 8 zur Klageschrift zu den Akten gereichte Farbkopie Bezug genommen. Im Internet bewarb die Beklagte zu 1. ihr Produkt u.a. wie aus Blatt 22 d.A. ersichtlich mit der Aussage
"Sei kein Feigling, hol Dir den Fr. für PC oder MAC".
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die sich gegenüberstehenden Marken seien nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verwechslungsfähig, außerdem legen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vor.
Die Klägerin hat beantragt,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei der Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für einen Likör die Marke "Fr." zu benutzen, insbesondere unter dieser Marke einen Likör anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu diesen Zwecken zu besitzen,
2.
ihr Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 01.04.2000 Handlungen gemäß Ziffer 1. vorgenommen haben, und zwar unter Angabe der erzielten Umsätze, der Menge der hergestellten, der ausgelieferten und der verkauften Erzeugnisse und des Umfangs der betriebenen Werbung unter Angabe der Werbeträger, deren Auflagenhöhe und der Werbungskosten, und zwar jeweils aufgegliedert nach Kalenderjahren, sowie weiterhin Angaben zu machen über den Vertriebsweg der in Ziffer 1. gekennzeichneten Waren durch Nennung von Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber,
II.
die Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der deutschen Marke Nr. 399 50 669 mit Ausnahme der Waren/Dienstleistungen "32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; 42: Beherbergung von Gästen" gegenüber dem deutschen Patentamt einzuwilligen,
III.
festzustellen, dass die Beklagten wie Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr - der Klägerin - allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen gemäß Ziffer I. 1. seit dem 01.04.2000 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten haben die Verwechslungsgefahr sowie die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG in Abrede gestellt und daher beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 56 ff. d.A.), hat das Landgericht den gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Löschungsantrag zurückgewiesen und der Klage im übrigen stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Unterlassungsanspruch der Klägerin folge aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 5 MarkenG, weil sich die Marken "F." und "Fr." einander verwechslungsfähig gegenüberstünden. Zur Vorbereitung des aus § 14 Abs. 6 MarkenG dem Grunde nach gegebenen Schadenersatzanspruchs seien die Beklagten zur Auskunftserteilung verpflichtet, außerdem könne die Klägerin gemäß § 55, 51, 9 MarkenG Löschung der Marke "Fr." im tenorierten Umfang verlangen, allerdings nur von der Markeninhaberin und damit der Beklagten zu 1.
Gegen das ihnen am 07. März 2001 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 06. April 2001 Berufung eingelegt und diese mit einem am Montag, den 07. Mai 2001 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und sind weiterhin der Auffassung, für die geltend gemachten Unterlassungs- und Folgeansprüche sowie für den erhobenen Löschungsanspruch fehle es an der notwendigen Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 5 MarkenG scheitere jedenfalls an der mangelnden Bekanntheit der Marken im Sinne dieser Vorschriften. Im übrigen bestreiten die Beklagten nunmehr die rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "F.". Sie erheben insoweit den Einwand der Löschungsreife und beantragen,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil als richtig. Im übrigen behauptet sie, ihre mit der Marke "Kl. F." versehene Spirituose habe über das Jahr 1999 hinaus Absatzzahlen verzeichnet, welche ein weiteres deutliches Wachstum belegten. In der Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 30.06.2001 seien ca. 208 Mio. 0,02 l-Flaschen "Kl. F.", ca. 6,5 Mio. 0,1 l-Flaschen "Kl. F." sowie ca. 4,3 Mio. 0,7 l-Flaschen "Kl. F." in Deutschland abgesetzt worden. Die Werbeaufwendungen in diesem Zeitraum hätten ca. 17,5 Mio. DM betragen. Die Marke "Kl. F." verfüge über eine überragende Verkehrsbekanntheit. Dies ergebe sich insbesondere aus dem als Anlage K 19 (Blatt 130 d.A.) zu ihrem Schriftsatz vom 10. August 2001 (Blatt 121 ff. d.A.) auszugsweise zu den Akten gereichten Produkt-Test der Firma Kehrmann Marktforschung vom 30. November 2000. Dieser Test dokumentiere, dass die Marke "Kl. F." bei 98,2 % aller Befragten bekannt gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht dem Klagebegehren im Ergebnis zu Recht stattgegeben, soweit nicht der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Löschungsanspruch in Rede steht. Allerdings wird in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend deutlich, ob das Landgericht die Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hinsichtlich beider zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Marken "F." und "Kl. F." annehmen wollte. Denn in den Entscheidungsgründen ist einerseits stets von der Marke "F." als der "klägerischen Marke" die Rede, während das Landgericht andererseits eine große Kennzeichnungskraft wegen bestimmter Absatzzahlen und Werbeaufwendungen aufgenommen hat, die sich nach dem Sachvortrag der Klägerin auf eine Spirituose beziehen, die die Marke "Kl. F." tragen. Der Berufung verhilft das indes nicht zum Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob der erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. August 2001 erhobene Einwand, man bestreite die rechtserhaltende Benutzung der Marke "F.", diese sei wegen Nichtbenutzung löschungsreif, das auf die Marke "F." gestützte Klagebegehren zu Fall bringen könnte. Denn die Verwendung der Marke "Fr." für eine Spirituose der von der Beklagten zu 1. hergestellten und vertriebenen Art verletzt jedenfalls die Rechte der Klägerin aus ihrer Marke "Kl. F." und verpflichtet die Beklagte gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 5 MarkenG nicht nur zur Unterlassung und gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG zum Schadenersatz, sondern hat auch zur Folge, dass die Beklagte zu 1. in dem tenorierten Umfang in die Löschung ihrer Marke einzuwilligen hat, §§ 55, 51, 9 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist - wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht hervorgehoben hat - nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt etwa: BGH, Urteil vom 16.11.2000, GRUR 2001, 507 ff. = WRP 2001, 694 ff. "EVIAN/REVIAN") unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, a.a.O., "EVIAN/REVIAN" m.w.N.). Deshalb kann der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein, je größer die Kennzeichnungskraft und/oder die Warennähe ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Klagemarke nur schwach und/oder der Warenabstand größer ist. Diese von der Rechtssprechung bereits zu den §§ 24, 31 WZG entwickelten Grundsätze (siehe nur: BGH GRUR 1995, 50, 51 "indorektal/indohexal" und BGH GRUR 1993, 118, 119 corvaton/corvasal") haben gleichermaßen für die Prüfung der Verwechslungsgefahr im Rahmen von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Geltung (vgl. statt vieler: BGH GRUR 2000, 875, 876 "Davidoff"; BGH WRP 1998, 755, 757 "nitragin" sowie EuGH GRUR 1998, 387 "Springende Raubkatze" zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 b) MarkenRL, der durch § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG umgesetzt worden ist). Deshalb ist eine sichere Grundlage für die Beantwortung der Frage nach der Verwechslungsgefahr grundsätzlich nur zu gewinnen, wenn geklärt wird, welcher Grad an Kennzeichnungskraft der eingetragenen Marke von Natur aus und/oder kraft Bekanntheit im Verkehr zukommt. Je größer die Kennzeichnungskraft der Marke ist, desto größer ist der ihr zuzubilligende Schutzumfang gegen die markenrechtliche Verwechslungsgefahr (vgl. statt vieler nur: BGH GRUR 2001, 158, 160 "Drei-Streifen-Kennzeichnung"). Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr, einer Frage, die nicht Tatsachen-, sondern Rechtsfrage ist (vgl. u.a.: BGH GRUR 1995, 808, 810 "P3-plastoclin"), ist auf den Gesamteindruck der jeweiligen Kennzeichnung abzustellen. Ein Elementenschutz einzelner Bestandteile kommt grundsätzlich nicht in Betracht, eine zergliedernde, semantische Betrachtungsweise ist - worauf die Beklagten zu Recht hingewiesen haben - unzulässig (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH WRP 2000, 529, 531 "ARD-1" und BGH GRUR 1999, 735, 736 "Monoflam/Polyflam", jeweils m.w.N.). Das folgt daraus, dass der markenrechtliche Schutz von der eingetragenen Gestaltung der Marke auszugehen hat und eine Ähnlichkeit der Marke mit einer angegriffenen Kennzeichnung nur in Bezug auf die konkrete Form, in der diese verwendet wird, festgestellt werden kann (BGH GRUR 1999, 583, 584 "LORA DI RECUARO" sowie BGH, GRUR 1996, 775, 776 "Sali Toft"). Dieser Grundsatz schließt allerdings nicht aus, dass einem einzelnen Zeichenbestandteil eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deshalb bei Übereinstimmung der Bezeichnungen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen sein kann (BGH WRP 1999, 189, 191, "Tour de Culture"; BGH WRP 1998, 988, 989 "ECCO II" und BGH GRUR 1996, 200, 201 "Innovadiclophlont"). Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Übereinstimmungen im maßgeblichen Gesamteindruck regelmäßig stärker im Erinnerungsbild haften bleiben, und dass deshalb bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Kennzeichnungen abzuheben ist, als auf die Abweichungen (BGH, a.a.O., "Monoflam/Polyflam" und BGH GRUR 1998, 924, 925 = WRP 1998, 875 "salvent/salventerol", jeweils m.w.N.), und zwar auch dann, wenn - was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs notwendig ist (siehe etwa BGH GRUR 2000, 506 "Attaché/Tisserand") - bei der Beurteilung des Gesamteindrucks einer Marke als Voraussetzung für die Prüfung einer Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht auf einen flüchtigen, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abgestellt wird, der im übrigen im allgemeinen stärker den Wortanfang als das Wortende beachtet (siehe etwa BGH WRP 1999, 530, 532 "Cefallone"; BGH GRUR 1999, 735, 736 "Monoflam/Polyflam"; BGH WRP 1998, 875, 876 "Salvent/salventerol"; BGH GRUR 1975, 370, 371 "Protesan" und - bezogen auf eine Firmenbezeichnung - BGH NJW 1992, 695, 696 "dipadib").
Im Streitfall führen diese Grundsätze zur Annahme einer Verwechslungsgefahr zwischen der Marke "Kl. F." auf der einen und der Marke "Fr." auf der anderen Seite, und zwar selbst dann, wenn entgegen der vom Landgericht und auch vom Senat gewonnen Überzeugung von einer durch Bekanntheit der Marke erhöhten Kennzeichnungskraft und dem damit einhergehenden erweiterten Schutzumfang nicht ausgegangen werden könnte.
Der Klagemarke
S. 11 einfügen
kommt vom Hause aus zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Prägender Wortbestandteil ist der Begriff "F.", der eine Spirituose der vorliegenden Art originell und phantasievoll bezeichnet. Das vorgeschaltete Wort "Kl." tritt dabei in den Hintergrund, namentlich in optischer Hinsicht. Erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs werden diesen Bestandteil des Zeichens zwar wahrnehmen, ihn aber auf die kleine Größe der Flachen beziehen, in denen die Spirituose "Wodka mit Feige" angeboten wird, und daher letztlich beschreibend verstehen. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören und was diese deshalb aus eigener Sachkunde und Erfahrung zu beurteilen in der Lage sind, ist prägender Bestandteil der Marke "Kl. F." allein das Wort "F.". Damit sind bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr letztlich die Worte "F." auf der einen und "Fr." auf der anderen Seite miteinander in Beziehung zu setzen. Dann wiederum teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass an der Verwechslungsgefahr wenn nicht dem Sinngehalt nach, so jedoch jedenfalls in schriftbildlicher und auch klanglicher Hinsicht kein Zweifel bestehen kann: Beide Worte bestehen aus zwei Silben. Die zweite Silbe ist identisch. Beide Worte beginnen mit einem "F" und sind sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht sehr ähnlich. Was das Klangbild angeht, ist überdies dem Umstand Rechnung zu tragen, dass weite Teile des Verkehrs den Wortbestandteil "Feig" wie "Feich" aussprechen, was zu einer weiteren Verringerung des Abstandes der beiden Zeichen führt. Das sieht der Senat nicht anders als das Landgericht. Mit Rücksicht darauf, dass im vorliegenden Fall beide Zeichen für identische Waren, nämlich Spirituosen, verwendet werden, die darüber hinaus von beiden Parteien wenn nicht ausschließlich, so jedoch zum bei weitem überwiegenden Teil in nur sehr kleinen Flaschengrößen angeboten werden, kommen sich die Zeichen insgesamt so nahe, dass die realistische Gefahr besteht, dass der Verkehr die Zeichen unmittelbar miteinander verwechselt. Schon das lässt das Klagebegehren als gerechtfertigt erweisen. Hinzu kommt, dass mit dem Landgericht von einer besonderen Bekanntheit der Marke "Kl. F." mit der Folge auszugehen ist, dass der Marke ein erweiterter Schutzumfang zukommt. Denn aus den von der Klägerin im ersten Rechtszug unbestritten vorgetragenen Absatzzahlen sowie den Werbeaufwendungen für das Produkt "Kl. F." folgt, dass die Klägerin mit diesem Produkt zum Zeitpunkt des Marktzutritts der Beklagten bereits enorme Absatzerfolge erzielt hatte. Das deckt sich im übrigen mit den Erfahrungen der Mitglieder des Senats insoweit, als diese aus eigener Sachkunde wissen, dass die kleine Spirituose "Wodka mit Feige" unter dem Markennamen "Kl. F." in 1999 und auch zu Beginn des Jahres 2000 äußerst intensiv beworben und im Verkehr entsprechend bekannt gemacht worden ist. Soweit die Beklagten erstmals im Termin vom 17. August 2001 die weitere positive Umsatzentwicklung des mit der Marke "Kl. F." verbundenen Produkts der Klägerin in Abrede gestellt haben, ist dieses Bestreiten mit Nichtwissen für die Entscheidung des Rechtsstreits irrelevant. Denn es kommt nicht darauf an, ob die Marke der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eine noch größere Bekanntheit erfahren hat, als das in 1999 und im Jahre 2000 der Fall war. Dass demgegenüber die Absatz- und Umsatzzahlen der Klägerin derart rückläufig sein könnten, dass damit auch der Bekanntheitsgrad der Marke der Klägerin geschwunden sein könnte, ist nicht ersichtlich und erst recht nicht vorgetragen. Genießt die Marke der Klägerin damit aber einen erweiterten Schutzumfang, ist das für den Streitfall insoweit von Bedeutung, als selbst diejenigen Teile des Verkehrs, die die Unterschiede in den Marken der Parteien wahrnehmen und die Marken voneinander unterscheiden, sie dennoch demselben Unternehmen zuordnen. Denn es liegt außerordentlich nahe, dass ein solcher Verbraucher annimmt, dasjenige Unternehmen, das bislang eine aus "Wodka mit Feige" bestehende Spirituose unter der Marke "Kl. F." sehr erfolgreich vermarktet hat, nunmehr unter der sehr ähnlichen Bezeichnung "Fr." auch einen Likör anbietet, und zwar ebenfalls in kleinen Flaschen. Zumindest wird dieser Teil des Verkehrs zwischen den Zeichen eine gedankliche Verbindung herstellen und wegen der Nähe der Marke "Fr." zu der ihm bekannten Marke "Kl. F." einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Anbieter der Spirituose "Kl. F." und des Kräuterlikörs "Fr." vermuten oder für möglich erachten. Damit ist aber jedenfalls Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben, die das Unterlassungsbegehren ebenso trägt und auch die geltend gemachten Folgeansprüche einschließlich des Löschungsanspruchs als gerechtfertigt erscheinen lässt.
Führt demgemäß bereits die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Berechtigung des Klagebegehrens, kann im übrigen offen bleiben, ob im Streitfall auch die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gegeben sind, wonach es Dritten untersagt ist, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Namentlich kann dahinstehen, ob § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG so zu verstehen ist, dass seine Anwendung nur außerhalb der Warenidentität oder Warenähnlichkeit in Betracht kommt (vgl. hierzu BGH, GRUR 2001, 507 ff. = WRP 2001, 694 ff. "EVIAN/REVIAN" und insbesondere das Vorabentscheidungsgesuch des Bundesgerichtshofs in der Sache "Davidoff" (BGH GRUR 2000, 875 = WRP 2000, 1142).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.
OLG Köln:
Urteil v. 19.10.2001
Az: 6 U 79/01
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