Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 3. Dezember 1997
Aktenzeichen: 6 U 159/95
(OLG Köln: Urteil v. 03.12.1997, Az.: 6 U 159/95)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Oktober 1995 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 287/95 - teilweise dahin abgeändert, daß sich die in Ziff. I.2. des vorer-wähnten Urteils ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie die in Ziff. II. des Urteils vom Landgericht festgestellte Verpflichtung zur Schadensersatzleistung nur auf die in Ziff. I 1 a) und b) des Urteils beschriebenen Handlungen der Beklagten für die Zeit ab dem 22. Februar 1995 erstreckt. Die weitergehende Klage auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wird abgewiesen. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurück-gewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/25 und die Beklagte 22/25. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen die Zwangsvollstre-ckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von insgesamt 700.000,00 DM (350.000,00 DM je beanstandetes Scherenmodell) hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung sowie in Höhe von 60.000,00 DM hinsichtlich der Verurteilung zur Aus-kunft- und Rechnungslegung und in Höhe von 45.000,00 DM hinsichtlich der Verurteilung zur Zah-lung von Prozeßkosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Zwangsvollstreckung je-weils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klä-gerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Hö-he von 6.200,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Be-klagte ihrerseits vor der Zwangsvollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet. Beide Parteien können die von ihnen zu erbringenden Sicherheiten auch durch selbstschuldnerische Bürg-schaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelasse-nen Kreditinstituts leisten. Die Beschwer der Beklagten wird auf insgesamt 700.000,00 DM (350.000,00 DM je beanstandetes Sche-renmodell) für die Verurteilung zur Unterlassung, auf 60.000,00 DM für die Verurteilung zur Aus-kunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf 120.000,00 DM hinsichtlich der Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz festgesetzt. Die Beschwer der Klägerin wird auf 40.000,00 DM hinsichtlich der teilweisen Abweisung der Klage auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf 60.000,00 DM hinsichtlich der teilweisen Abweisung der Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklag-ten festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin stellt hochwertige Stahlwaren, insbesondere
Schneidwaren aller Art her und vertreibt diese Erzeugnisse
weltweit. Zu ihrem Vertriebsprogramm gehört u. a. eine
Vielzweckschere "T." mit einem Flaschenöffner - Fenster, die sie
nach einem Entwurf des Designers R. B. anfertigt und nach ihrer
Behauptung seit 1982 in unveränderter Gestaltung mit großem
Markterfolg in den inländischen Handel bringt. Die Schere ist im
April 1984 von einer internationalen Jury für die Ausstellung "iF
Die gute Industrieform" anläßlich der Hannover-Messe sowie im
August 1984 von der "Industrieform e. V.", Essen, wegen ihres
Designs ausgezeichnet und in deren ständige Produktschau
aufgenommen worden (vgl. dazu die als Anlagen K 7 und 8 zur Klage
vorgelegten Urkunden). Wegen des Aussehens der Vielzweckschere "T."
wird auf das als Anlage 3 zur Klage vorgelegte Produktmuster und
die Abbildungen in den mit dem Anlagenkonvolut K 9 von der Klägerin
überreichten Werbeschriften Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 8. Dezember 1981 für eine Vielzweckschere
beim Amtsgericht Solingen ein Geschmacksmuster hinterlegt, das am
10. Dezember 1981 unter dem Aktenzeichen 5 MR 9210 mit einer
Schutzfrist von 15 Jahren eingetragen worden ist. Die (aus der
Anlage K 4 und Bl. 56 GA ersichtliche) hinterlegte Schere
unterscheidet sich von der am Markt vertriebenen Schere "T." u.a.
dadurch, daß an den unteren Griffenden des hinterlegten Modells
füßchenartige Dornfortsätze angebracht sind und die runde
Kunststoffkappe auf dem Drehpunkt der Scherenblätter nicht - wie
bei "T." - in roter sondern in weiß-grauer Farbe gehalten ist.
Die Beklagte bietet u. a. ebenfalls Schneidwaren an und steht
deshalb mit der Klägerin im unmittelbaren Wettbewerb. Teil des
Programms der Beklagten war im Jahre 1992 eine im Katalog Nr. 15
der Beklagten unter der Bestell-Nr. 284723 angebotene Küchenschere
mit einer großen, runden, in roter Farbe gehaltenen Kunststoffkappe
auf dem Drehpunkt der Scherenblätter, hinsichtlich der die Klägerin
die Beklagte mit Fax vom 11. Mai 1992 (Bl. 59 GA) unter Berufung
auf ihr Geschmacksmuster Nr. 5 MR 9210 AG Solingen erfolglos
abgemahnt hatte. Wegen der Einzelheiten des insoweit zwischen den
Parteien im Mai 1992 geführten Schriftwechsels wird auf die von der
Beklagten als Anlage B 13 überreichten Schreiben (Bl. 59 - 63 GA)
verwiesen. Zu der von der Klägerin bei diesem Schriftwechsel - im
Fax vom 20. Mai 1992 - angekündigten Klageerhebung kam es
nicht.
Am 16. August 1993 machte die Klägerin vor dem Landgericht Köln
- AZ.: 31 O 535/93 - die u. a. gegen die Firma W. B. jr (GmbH u.
Co), Solingen (im folgenden "Firma B." genannt), gerichtete Klage
auf Unterlassung und Auskunft sowie auf Feststellung der
Verpflichtung der Firma B. zur Schadensersatzleistung anhängig.
Dieses Verfahren schloß mit dem rechtskräftigen, dem Klagebegehren
entsprechenden Urteil des Landgerichts Köln vom 25. Januar 1994 ab
(vgl. dazu Anlage 10 a zur Klageschrift sowie die Beiakte 31 O
535/93). Gegenstand dieses Rechtsstreits war eine Vielzweckschere,
die nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien mit der im Mai
1992 von der Beklagten vertriebenen und von der Klägerin erfolglos
abgemahnten Schere identisch war. Wegen des Aussehens dieser Schere
wird auf die Schwarz-Weiß-Fotokopie auf der S. 10 des Schriftsatzes
der Klägerin vom 30. August 1995 (Bl. 75 GA, dort die 2. Abbildung
von oben) sowie auf die Farbkopie Bl. 3 d. BA 31 O 535/93 LG Köln
verwiesen.
Die Beklagte, die nach ihren Angaben den Vertrieb der im Mai
1992 durch die Klägerin beanstandeten Schere mit der roten
Kunststoffkappe noch 1992 eingestellt hat, nahm in der folgenden
Zeit zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt den Vertrieb des im
vorliegenden Rechtsstreit mit der Klage zu I. 1 b) angegriffenen
Scherenmodells auf. Wegen der Gestaltung dieser Vielzweckschere
wird auf das von der Beklagten als Anlage B 5 überreichte
Originalmuster Bezug genommen. Diese Schere wurde in dem Katalog
der Beklagten "Werbeartikel 1993" (Anlage B 14 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 17. Juli 1995, dort S. 20 und 26) beworben, außerdem
im "Zusatz-Katalog 15" (Anlage B 15, dort S. 66 und 69).
Mit dem im Oktober 1994 herausgekommenen "Katalog 16" (vgl.
Anlage 12 zur Klageschrift, dort S. 51) bewarb die Beklagte das
weitere im vorliegende Verfahren beanstandete Scherenmodell, mit
dessen Vertrieb sie angeblich bereits ab Mitte 1994 begonnen hat.
Wegen der Gestaltung dieser Vielzweckschere, die Gegenstand des
Unterlassungsantrags zu I. 1 a) ist, wird auf das von der Beklagten
als Anlage B 6 überreichte Originalmuster verwiesen.
Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der beiden angegriffenen
Scheren (Anlagen B 5 und B 6) eine Verletzung ihres
Geschmacksmusterrechts Nr. 5 MR 9210 (AG Solingen) sowie einen
Verstoß gegen § 1 UWG. Nach erfolgloser Abmahnung der Beklagten
wegen des Scherenmodells Anlage B 6 mit Fax vom 21. Februar 1995
(Bl. 406 GA) und einem zunächst vor dem Landgericht Frankfurt von
der Klägerin gegen die Beklagte eingeleiteten einstweiligen
Verfügungsverfahren kam es sodann am 8. Mai 1995 zur Einleitung des
vorliegenden Rechtsstreits.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das - mit der von ihr
vertriebenen Schere "T." praktisch identische - Geschmacksmuster
sei mit seinem neuartigen, herausragenden Design eigentümlich.
Ebenso komme der Gestaltung von "T." wettbewerbliche Eigenart zu,
die trotz des inzwischen dichter besetzten Produktumfeldes erhalten
geblieben sei. Die mit der vorliegenden Klage angegriffenen
Vielzweckscheren der Beklagten stellten unzulässige Nachbildungen
des durch das Geschmacksmuster geschützten Modells bzw. des Modells
"T.", dar, denn bei diesen Scheren seien sämtliche maßgeblichen
Gestaltungselemente des Geschmacksmuster-Modells bzw. von "T."
praktisch identisch übernommen worden.
Die Klägerin hat beantragt,
I.
Die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00
DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu
unterlassen,
Vielzweckscheren aus Kunststoff und
Stahl in den nachstehend wiedergegebenen Ausstattungen feilzuhalten
oder in den Verkehr zu bringen:
2.
der Klägerin Auskunft über die Herkunft
der unter Ziff. I. 1. bezeichneten Vielzweckscheren zu erteilen,
und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der
Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer
Vorbesitzer, sowie über den Umfang der zu I. 1. bezeichneten
Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe der einzelnen
Lieferungen unter Nennung
a)
der Liefermengen, Lieferzeiten,
Lieferpreise sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b)
der Gestehungskosten unter
detaillierter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie
c)
des erzielten Gewinns,
und unter Angabe der einzelnen Angebote
und der Werbung unter Nennung
d)
der Angebotsmengen, Angebotszeiten,
Angebotspreise sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger
und
e)
der einzelnen Werbeträger, der
Auflagenhöhe, des Verbreitungszeitraums und
Verbreitungsgebietes,
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl
vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Empfänger ihrer
Angebote statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, der
Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der
Bundesrepublik Deutschland vereidigten und ansässigen
Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch
dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und diesen
ermächtigt, der Klägerin Auskunft zu geben, ob ein bestimmtes
Angebot oder ein bestimmter Empfänger eines Angebots in der
Rechnung enthalten ist;
II.
festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr
durch die unter I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist
und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, eine Verletzung des Geschmacksmusters
mit der Geschäftsnummer 5 MR 9210 AG Solingen sei nicht gegeben.
Die tatsächlich von der Klägerin vertriebene Modellvariante,
nämlich die Vielzweckschere "T.", sei in dieser Form nicht
Bestandteil der Geschmacksmusteranmeldung, so daß es bereits an den
formellen Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägern aus § 14 a
GeschmMG fehle. Nach § 7 GeschmMG erlange nämlich der "Urheber"
eines Musters den Schutz gegen Nachbildung nur, wenn er dieses
Muster bei dem Patentamt zur Eintragung in das Musterregister
anmelde. Abgesehen davon weise das Muster nicht die erforderliche
Gestaltungshöhe auf und sei deshalb nicht schutzfähig. Sowohl in
der Formgebung des Klingenteils als auch der Griffenden greife das
Muster Elemente des vorbekannten Formenschatzes auf. Die Klägerin
habe schlichtweg zwei Scheren aus dem Programm der Firma B.
zusammengezogen, so daß es lediglich nur noch einer gewissen
Harmonisierung der Außenkontur an der neuentstandenen Schere im
mittleren Bereich bedurft habe, um zu der von dem Geschmacksmuster
der Klägerin erfaßten Schere zu gelangen. Sowohl das Zusammenfügen
dieser vorbekannten Elemente als auch die damit verbundene
Harmonisierung der Außenkontur im mittleren Bereich stelle jedoch
eine simple durchschnittliche Grundübung dar, die eine
Eigentümlichkeit nicht begründen könne. Es fehle aber ebenfalls an
einem Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1 UWG. Die Schere
"T." der Klägerin habe angesichts des Produktumfeldes einen
allenfalls eng zu definierenden, nämlich auf die konkrete Form sich
beschränkenden Schutzbereich, der jedoch die beanstandeten Scheren
der Beklagten nicht erfasse, denn diese wiesen deutliche
Unterschiede zu der Gestaltung von "T." auf.
Zudem hat die Beklagten die Auffassung vertreten, mögliche
Unterlassungsansprüche der Klägerin seien verwirkt. Die Klägerin
habe die Abmahnung vom Mai 1992 nicht weiter verfolgt, so daß sie -
die Beklagte - darauf habe vertrauen dürfen, daß die Klägerin gegen
die nunmehr streitgegenständlichen Scheren nicht vorgehen werde.
Der Klägerin seien diese Scherenmodelle im übrigen auch jeweils
zeitnah bekannt geworden, denn die Klägerin erhalte seit Jahren die
Kataloge der Beklagten. Im übrigen stünden die Parteien seit 1993
in rechtlichen Auseinandersetzungen. Insoweit ist unstreitig, daß
die Beklagte Nebenintervenientin einer von der Firma B. 1993 in
Bezug auf das Patent 3232145 der Klägerin angestrengten
Nichtigkeitsklage ist.
Schließlich hat die Beklagte bezüglich der von der Klägerin
verfolgten Nebenansprüche die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrag
der Parteien wird auf die dort gewechselten Schriftsätze und deren
Anlagen Bezug genommen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der
zu den Akten gereichten Produkte der Parteien und des
wettbewerblichen Umfelds.
Mit Urteil vom 5. Oktober 1995 hat das Landgericht der Klage
antragsgemäß stattgegeben. Das Landgericht hat das
Unterlassungsverlangen der Klägerin gemäß § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung als begründet
angesehen und dem Verlangen der Klägerin auf Auskunft,
Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der
Beklagten gemäß §§ 1 UWG, 242 BGB entsprochen. Wegen der
Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die
angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 18. Oktober 1995 zugestellte Urteil hat die
Beklagte am 17. November 1995 Berufung eingelegt, die sie nach
entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
rechtzeitig am 28. Januar 1996 begründet hat.
Die Beklagte wiederholt und vertieft mit ihrer Berufung ihren
Vortrag aus der ersten Instanz. Sie vertritt weiterhin die Ansicht,
daß die Klage weder aufgrund eines Geschmacksmusters der Klägerin
noch aus § 1 UWG begründet sei. Daß der Klägerin keine Ansprüche
aus dem Geschmacksmustergesetz zustünden, sei bereits in der ersten
Instanz detailliert dargetan worden. Entgegen der Ausführungen des
angefochtenen Urteils könne der Klage jedoch auch nicht auf der
Grundlage des § 1 UWG stattgegeben werden. Dies gelte bereits
deshalb, weil das Klagemodell "T." nicht über wettbewerbliche
Eigenart verfüge. Die Merkmale, die das Landgericht insoweit für
seine gegenteilige Meinung angeführt habe, seien einzeln wie auch
insgesamt Gestaltungselemente, welche für die Formgebung von
Vielzweck-Küchenscheren zum Zeitpunkt des erstmaligen
Marktauftritts der angegriffenen Küchenscheren typisch gewesen und
es erst recht heute immer noch seien. Dies werde augenfällig durch
die Scherenmodelle der Drittprodukte demonstriert, die vom
Landgericht nicht zutreffend gewürdigt worden seien. Wenn sich der
Verkehr überhaupt etwas von der Gestaltung des Klagemodells
einpräge, also nicht nur bei einer Nachfrage allgemein typische
Merkmale und Funktionen einer Schere angäbe, könne es allenfalls
die leuchtend rote Kappe der Präzisions-Schraube auf der Oberseite
der Schere mit der Wiedergabe der Zwillings-Bild-Marke der Klägerin
sein, deren Firmenbestandteile "Z.J.A. H." zusätzlich unterhalb
dieser Plastikkappe angegeben seien. Eben diese leuchtend rote
Kappe der Präzisions-Schraube werde auf dem der Verpackung des
Klagemodells beigegebenen Produktblatt bei der Wiedergabe des
Klagemodells herausgestellt; das gleiche geschehe auf der
Unterseite der Plastik-Verpackung, in der das Klagemodell
vertrieben werde - dort zugleich unter der Wiedergabe der
Bild-Marke der Klägerin, die mit der dreifachen Benutzung der
Bild-Marke ebenfalls in demselben leuchtenden Rot auf derselben
Beschreibung korrespondiere. Die Klägerin bezeichnet im übrigen
selbst Rot als (ihre) Hausfarbe. Sie färbe nicht nur den i-Punkt
ihrer Produktbezeichnung "T." ihres Klagemodells leuchtend rot,
sondern verfahre auch sonst in dieser Weise bei der Bewerbung
dieser Schere, im übrigen auch bei der Propagierung aller ihrer
Vielzweckscheren. Óberall werde die Bild-Marke der Klägerin im
selben leuchtenden Rot herausgestellt. Daß im übrigen das
Landgericht Köln selbst die leuchtend rote Kappe des Klagemodells
als maßgebliches Merkmal der angeblichen wettbewerblichen Eigenart
von "T." angesehen habe, ergebe sich daraus, daß deren Fehlen bei
dem Drittmodell der Firma L. (Anlage B 8) als wesentliche
Abweichung vom Klagemodell angesehen worden sei.
Dem Landgericht könne aber auch nicht gefolgt werden, soweit es
eine Verwechslungsgefahr zwischen den zwei streitbezogenen Modellen
und dem Klagemodell angenommen habe, abgesehen davon, daß es
mangels wettbewerblicher Eigenart des Klagemodells auf diese
weitere Voraussetzung des § 1 UWG ohnehin nicht ankomme. Da beide
streitbezogenen Küchenscheren der Beklagten keine rote Kappe der
Präzisions-Schraube, schon gar nicht mit der Bild-Marke der
Klägerin oder einer anderen Bild-Marke aufwiesen, bei dem mit dem
Klageantrag zu I. 1 a) beanstandeten Modell (Anlage B 6) zudem die
Form der Kappe eine gänzlich andere sei (nämlich achteckig statt
kreisrund), fehle es an einer Verwechslungsgefahr. Dies gelte erst
recht, wenn die zahlreichen weiteren Abweichungen der
streitbezogenen Modelle vom Klagemodell mit berücksichtigt würden,
auf die sie - die Beklagte - bereits in der ersten Instanz
hingewiesen habe. Eine Verwechslungsgefahr lasse sich aber auch
nicht als mittelbare bejahen, wie es im angefochtenen Urteil
geschehen sei. Es gebe keine objektiv nachvollziehbaren
Anhaltspunkte, geschweige denn Belege oder sonstige Beweise dafür,
daß der Verkehr die beiden angegriffenen Modelle als
Modellvarianten des markteingeführten Klagemodells oder als eine
Art Zweit-/Billigmarke für einen anderen Vertriebsweg oder für
andere Abnehmer ansehe. Das Klagemodell und die streitbezogenen
Modelle würden nicht auf prinzipiell unterschiedlichen Wegen
feilgeboten oder in den Verkehr gebracht; auch seien die
Wiederverkäufer/Abnehmer nicht prinzipiell andere. Desgleichen sei
nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Verkehr annehmen könne,
zwischen den Herstellern/Vertreibern solcher Küchenscheren
bestünden geschäftliche oder organisatorische Beziehungen selbst
dann, wenn nicht nur die leuchtend rote Farbgebung der Kappe fehle,
sondern die Kappe der Schere vielmehr weiß sei und die Form der
Kappe zudem nicht kreisrund sondern - wie bei dem beanstandeten
Modell gemäß Anlage B 6 - achteckig und auch keine Óbergröße
aufweise.
Dem Landgericht Köln könne ebenfalls nicht darin zugestimmt
werden, daß sie - die Beklagte - nicht das ihr Zumutbare getan
habe, um eine Verwechslung der sich gegenüberstellenden
Scherenmodellen zu vermeiden. Das Erfordernis der Abstandwahrung
beziehe sich nur auf die Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart
bedingten. Sie - die Beklagte - habe jedoch dadurch, daß die Kappe
der Präzisions-Schraube bei ihren Scheren nicht leuchtend rot,
sondern weiß gestaltet sei, auch nicht übergroß gehalten und bei
dem allein seit Mitte 1994 aktuellen Modell zudem nicht kreisrund
sondern achteckig geformt sei, das ihr auch nach der Abmahnung vom
11. Mai 1992 Zumutbare gegen betriebliche Herkunftsverwechslungen
getan.
Schließlich macht die Beklagte wie in der ersten Instanz
geltend, daß alle etwaigen Klageansprüche verwirkt seien, und hält
weiterhin ihre Verjährungseinrede gegen den Schadensersatzanspruch
und den Auskunftsanspruch der Klägerin für einen Zeitraum von mehr
als 6 Monaten vor Klageerhebung, d.h. für die Zeit vor dem 1.
Dezember 1994, aufrecht.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen
Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 5. Oktober
1995 - 31 O 287/95 - die Klage kostenpflichtig und vorläufig
vollstreckbar abzuweisen,
ihr - der Beklagten - als Gläubigerin
Sicherheitsleistung, auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder
öffentlichrechtlichen Sparkasse, zu gestatten,
hilfsweise
ihr - der Beklagten - für den Fall des
teilweisen oder vollständigen Unterliegens nachzulassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik
Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlichrechtlichen
Sparkassen, abzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
die gegnerische Berufung
zurückzuweisen,
hilfsweise, ihr - der Klägerin -
nachzulassen die Zwangsvollstreckung auch durch Sicherheitsleistung
abzuwenden mit der Maßgabe, daß die Sicherheit auch durch
Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank oder
öffentlichrechtlichen Sparkasse erbracht werden kann.
Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihren
erstinstanzlichen Vortrag, wobei sie ihre Klage weiterhin auf
Geschmacksmusterrecht sowie auf § 1 UWG stützt. Sie ist der
Ansicht, das Klagemodell "T." weise hohe wettbewerbliche Eigenart
auf, wie vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung
dargelegt. Die "leuchtend rote Kappe" des Klagemodells, auf die die
Beklagte in ihrer Berufungsbegründung wiederholt abhebe, stünde
dessen wettbewerblicher Eigenart nicht entgegen. Vielmehr werde
durch dieses zusätzliche Gestaltungsmerkmal, das zugleich dem
Markenschutz diene, die Anbindung der prägnanten und merkfähigen
Form von "T." an das weltbekannte Unternehmen der Klägerin sogar
weiter verdeutlicht. Ein Ersetzen des roten Firmenlogos des
Klagemodells durch einen ansonsten identischen weißen Knopf oder
ein (fast) identisches weißes Achteck könne demgegenüber - falls
dies vom (flüchtigen) Verkehr überhaupt bemerkt werde - allenfalls
als Abänderung des Firmenlogos verstanden werden, welches aber
weder die merkfähige Produkt-Gestalt noch die für die
wettbewerbliche Eigenart konstitutive "Besonderheit" des
Klagemodells beeinträchtige. Daß im übrigen die von der Beklagten
bewußt in Kauf genommene, wenn nicht sogar angestrebte
Fehlvorstellung der Verbraucher, es gehe bei den Produkten der
Beklagten um eine Zweitmarke des bekannten und geschätzten
Klagemodells, nicht durch die streitgegenständlichen
Minimaländerungen der Abdeckung des Gewerbeknopfes beeinträchtigt
werden könne, verstehe sich im übrigen von selbst. Wenn sie - die
Klägerin - je auf den Gedanken gekommen wäre, eine preiswerte
"Zweitmarke" zu entwickeln und anzubieten, dann hätte sie ihr
Klagemodell nahezu zwangsläufig in der Weise gestalten müssen, wie
es die Beklagte anbiete.
Es könne aber auch keine Rede davon sein, daß das Pro-
duktumfeld der wettbewerblichen Eigenart von "T." entgegenstehe.
Es habe zu keinem Zeitpunkt auf dem deutschen Markt
Konkurrenzprodukte gegeben, deren Gestaltung geeignet (gewesen)
wäre, die wettbewerbliche Eigenart der streitgegenständlichen
Vielzweckschere der Klägerin zu schwächen oder gar völlig in Frage
zu stellen. Dabei sei zudem zu beachten, daß das Auftauchen von
Nachahmungen Dritter die wettbewerbliche Eigenart und den
Wettbewerbsschutz entsprechend den vom Bundesgerichtshof in der
Entscheidung "Tchibo/Rolex I" (GRUR 1985/876, 878) angeführten
Grundsätzen die wettbewerbliche Eigenart und den Wettbewerbsschutz
nicht entfallen lasse. Die Beklagte könne sich folglich zu ihrer
Entlastung und zur angeblichen Einengung der wettbewerblichen
Eigenart nicht auf parallel hinzutretende Nachbildungen berufen,
gleichgültig, ob sie ursprungsgleich oder ursprungverschieden
seien. Auszugehend sei vorliegend von dem wettbewerblichen Umfeld,
wie es insbesondere in der Anlage 11 zur Klageschrift dargestellt
sei. Diese in der Anlage 11 vorgestellten Drittprodukte gäben im
übrigen nicht nur das wettbewerbliche Umfeld ab, sondern machten
zugleich deutlich, daß ausreichende Möglichkeiten für einen
deutlichen Abstand zum Klagemodell und jeweils eigenständige
Gestaltungen bestünden. Die von der Beklagten vertriebenen und im
vorliegenden Verfahren beanstandeten Produkte hängten sich folglich
ohne jede Notwendigkeit und Rechtfertigung an das Geschmacksmuster
und an das in den Markt eingeführte Klagemodell an.
Mit dem Landgericht sei jedoch ebenfalls von der Gefahr einer
Verwechslung der sich gegenüberstehenden Scherenmodelle auszugehen.
Die von der Beklagten insoweit herausgearbeiteten angeblichen
Detail-Unterschiede würden zum einen von dem - zumal von dem
flüchtigen - Verbraucher nicht wahrgenommen und seien im übrigen
nicht geeignet, die Gefahr einer mittelbaren Verwechslung und die
Annahme einer billigen "Zweitmarke" aus dem gleichen Hause
auszuräumen. Gerade minimale Unterschiede der von der Beklagten
angesprochenen Art seien charakteristisch für "Zweitmarken", die
von führenden Markenherstellern als markenlose und verbilligte
Schwesternprodukte auf den Markt gebracht würden. Die Beklagte
könne sich inbesondere nicht damit entlasten, daß sie nicht auch
noch die rote Farbe des markanten Knopfes im Zentrum, die der
prägnanten Abdeckung der Präzisions-Schraube diene, übernommen
habe. Zum einen sei die These der Beklagten, daß Rot die Hausfarbe
der Klägerin sei, in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Zutreffend
sei allein, daß das Firmenlogo der Klägerin, insbesondere die
stilisierte Darstellung der Zwillinge, durchweg in weißer Abbildung
auf roten Grund oder umgekehrt in roter Abbildung auf weißem Grund
erfolge. Aber schon die Markeneintragungen der Klägerin sei in
Schwarz-Weiß gehalten. Entscheidend komme hinzu, daß insbesondere
bei den Kunststoff-Materialien und -Gestaltungen (und bei der
Knopfabdeckung im Zentrum gehe es lediglich um ein ästhetisches
Gestaltungsmerkmal) bei den Produkten der Klägerin durchaus
unterschiedliche Farben eingesetzt würden. So würde z. B. die als
Anlage 1 zur Klage vorgelegte klassische Vielzweckschere der
Klägerin im Katalog in fünf verschiedenen Farben angeboten (vgl.
dazu die Abbildung auf Bl. 12 d. Berufungserwiderung der Klägerin
vom 30. April 1996, Bl. 208 d. A.). Zudem sei daran erinnert, daß
auch das hinterlegte Geschmacksmuster der Klägerin einen weißen
Knopf aufweise, was zusätzlich zeige, daß die rote Farbe der
Gewerbeknopf-Abdeckung keine herkunftshinweisende Funktion besitze
oder besitzen solle. Zu beachten sei darüber hinaus, daß die
Scheren der Firma K. mit weißem Punkt und mit rot/schwarzem Punkt
(eine Seite rot, eine Seite schwarz) angeboten würden. Dies spreche
ebenfalls dafür, daß der Verkehr die Farbe des betreffenden
Punktes/Knopfes nicht ausschließlich einem einzelnen Hersteller
zuordne und zuordnen könne. Dann aber könne sich auch die Beklagte
nicht durch eine andere Grundfarbe des ansonsten identisch
übernommenen hervorgehobenen Knopfes entlasten. Unerheblich sei im
übrigen aber auch, daß die Beklagte bei einem ihrer Produkte einen
achteckigen weißen Knopf verwende. Schon vom Grundsatz her sei das
Achteck wie jedes Vieleck dem Kreis angenähert. Der Verkehr, zumal
der flüchtige Verbraucher, der sich nur an den ins Auge springenden
äußeren Gestaltungsmerkmalen und an dem ästhetischen Gesamteindruck
orientiere, werde die "Achteckigkeit" nicht oder kaum bemerken. Und
selbst diejenigen Verbraucher, denen die leicht abweichende Gestalt
des achteckigen weißen Knopfes auffallen sollte, würden deswegen
nicht auf eine unterschiedliche Besonderheit oder Herkunft des
Produktes schließen, sondern vielmehr annehmen, daß es sich
insoweit um eine Variante bzw. um eine Zweitmarke des bekannten und
geschätzten Klagemodells handele.
Die Klageansprüche seien jedoch auch nicht verwirkt, wie
ebenfalls bereits zutreffend vom Landgericht ausgeführt. Es sei
bereits mehr als fraglich, ob bei der Beklagten überhaupt ein
schutzwürdiges Vertrauen habe entstehen können, denn die Beklagte
sei angesichts des Abmahnverfahrens im Mai 1992 nicht gutgläubig
gewesen. Schon im Verlauf des Abmahnverfahrens im Mai 1992 habe sie
- die Klägerin - sich bemüht, die in dem Katalog Nr. 15 angebotene
Vielzweckschere, die mit der im Klageantrag zu Ziff. I 1. b.
bezeichneten Schere identisch sei, zu erlangen. Auf die Bestellung
durch eine dritte Firma habe sie jedoch die als Anlage 16 im
Original überreichte Vielzweckschere erhalten, die nicht mit der
Katalog-Abbildung übereinstimme. Sie habe daher zu der Ansicht
gelangen müssen, daß die Beklagte es faktisch unterlassen habe,
Vielzweckscheren der beanstandeten Art zu vertreiben. Der Beklagten
seien diese Vorgänge selbstverständlich bekannt gewesen, denn sie
habe "sie ja gestaltet". Daraus folge, daß die Beklagte entweder
nach der Abmahnung "kalte Füße" bekommen und die beanstandeten
Scheren nicht mehr zur Auslieferung gebracht habe. Eine andere
Möglichkeit bestehe darin, daß die Beklagte von dem Auftrag der
Klägerin gewußt oder diesen zumindest erahnt habe und durch die
Óbersendung eines nicht bestellten abweichenden Modells bewußt
getäuscht habe. In jedem Fall sei die Beklagte hinsichtlich des
Vertriebs der streitgegenständlichen Scheren nicht gutgläubig
gewesen. Hinzu komme, daß es für die Annahme der Verwirkung
angesichts des nur relativ kurzen Vertriebszeitraums der
streitgegenständlichen Scherenmodelle an dem zu fordernden
Zeitmoment fehle. Darüber hinaus könne keine Rede davon sein, daß
sie - die Klägerin - untätig geblieben sei und auf diese Weise
durch eigenes Verhalten die Entstehung eines Besitzstandes erst
ermöglicht habe. Schließlich sei von der Beklagten die Erlangung
eines für das Eingreifen des Verwirkungseinwands zu fordernden
wertvollen Besitzstands nicht dargelegt worden.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz
wird auf die Schriftsätze der Parteien und die damit zu den Akten
gereichten Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben über die Behauptung der
Klägerin,
die Vielzweckschere "T." sei in den
Jahren 1987 bis einschließlich 1995 im Inland mit den auf S. 4 (=
Bl. 275 GA) des Schriftsatzes der Klägerin vom 4. Juli 1996
angeführten Zahlen verkauft worden,
durch Vernehmung des Zeugen B..
Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das
Sitzungsprotokoll vom 18. Juli 1997 (Bl. 443, 444 GA) Bezug
genommen.
Die Akte 31 O 535/93 LG Köln sowie die Geschmacksmusterakte 5 MR
9210 AG Solingen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
E N T S C H E I D U NG S G R Ó N D E :
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache
nur in geringem Umfang Erfolg.
1.
§ 14 a GeschmMG vermag die Unterlassungsklage nicht zu
rechtfertigen, denn die 15jährige Schutzfrist des
Geschmacksmusters, auf das sich die Klägerin stützt
(Geschmacksmuster 5 Nr. 9210 AG Solingen), ist unstreitig im
Dezember 1996 abgelaufen und ein Geschmacksmusterschutz, wenn er
bestanden haben sollte, damit erloschen. Das Unterlassungsbegehren
der Klägerin ist jedoch gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der
vermeidbaren Herkunftstäuschung begründet.
Danach ist die grundsätzlich zulässige Nachahmung fremder, nicht
unter Sonderrechtsschutz stehender Erzeugnisse gemäß § 1 UWG
wettbewerbswidrig, wenn sie unter Óbernahme von Merkmalen erfolgt,
mit denen der Verkehr eine betriebliche Herkunftsvorstellung
verbindet, und der Nachahmer im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren
nicht alles Erforderliche getan hat, um eine Irreführung des
Verkehrs möglichst auszuschließen (vgl. BGH GRUR 1981/517, 519
"Rollhocker"; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., § 1
UWG Rdnr. 450, jeweils m.w.N.). Mit dem Landgericht ist davon
auszugehen, daß das beanstandete Verhalten der Beklagten diese
Voraussetzungen erfüllt und somit unlauter ist. Dabei konnten die
Mitglieder des Senats diese Feststellungen aus eigener Sachkunde
und Erfahrung treffen, da sie ebenso wie die Mitglieder des
Landgerichts zu den Verkehrskreisen gehören, an die sich die
Parteien mit ihren streitgegenständlichen Produkten wenden.
a)
Wettbewerbliche Eigenart besitzt ein Erzeugnis, dessen konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die
interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder
die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (BGH GRUR 1985/876,
877 "Tchibo/Rolex I"; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 451
m.w.N.). Der konkreten Gestaltung der Vielzweckschere "T." der
Klägerin (Anlage K 3 zur Klage) kommt in diesem Sinne
wettbewerbliche Eigenart zu, denn sie weist eine Kombination von
Merkmalen auf, die in ihrer Gesamtwirkung dem Produkt gegenüber den
vergleichbaren Konkurrenzprodukten eine einprägsame Individualität
verleihen und herkunftshinweisend wirken.
Das Erscheinungsbild von "T." wird maßgeblich geprägt durch die
schlanke, einer Birnenform angelehnte Gestaltung des Produkts,
dessen fließende Außenkonturen in sanften, gegenläufigen Schwüngen
von den beiden Griffaugen zu den ebenfalls leicht geschwungenen
Scherenblätter führen und in deren Spitze zusammenlaufen.
Charakteristisch ist weiterhin die symmetrische Anordnung der
beiden gleich großen Griffaugen, die zusammen mit dem mandelförmig
gestalteten Flaschenöffner in der Art eines Dreiecks einander
zugeordnet sind, dessen Spitze auf die Scherenspitze hinweist und
den Eindruck von der schlanken Gestaltung der Vielzweckschere mit
den zur Spitze strebenden Linien und Formen unterstützt und
verstärkt. Der Gesamteindruck von "T." wird darüber hinaus
beeinflußt von der Akzentuierung der Schere durch den bis etwa auf
2/3 der Scherenhöhe über den Drehpunkt der Scherenblätter hinaus
hochgezogenen schwarzen Kunststoff, aus dem die dolchartigen
Scherenblätter herauswachsen, deren helles Metall mit dem
Kunststoff effektvoll kontrastiert. Hinzu kommt die Markierung des
Drehpunktes der Scherenblätter mit einer großen, leicht gewölbten
Kunststoffkappe, welche auf der einen Seite der Schere in roter
Farbe (mit eingeprägtem Z.-Zeichen) gestaltet ist, während sich auf
der anderen Seite der Schere an dieser Stelle nur eine
kappenförmige Wölbung des schwarzen Kunststoffs befindet. Das
Landgericht weist zu Recht darauf hin, daß das Klagemodell "T." mit
seiner sehr harmonischen, formschönen aber gleichwohl funktionellen
Gestaltung Gebrauchszweck und Àsthetik in gelungener Weise
miteinander verbindet und insgesamt den Eindruck erweckt, wie aus
einem Guß gefertigt zu sein. Der Senat hat - ebenso wie das
Landgericht - keinen Zweifel daran, daß eine derartige Gestaltung
einer Vielzweckschere geeignet ist, die Aufmerksamkeit des Verkehrs
zu erwecken und sich als Hinweis auf das Produkt und dessen
Herkunft von einem bestimmten Hersteller einzuprägen.
b)
Die von den Parteien angeführten Drittprodukte bestätigen diese
Beurteilung der Ausstattung des Klagemodells. Diese Produkte mit
ihren vielfältigen Gestaltungsformen sind nicht nur Ausdruck des
Bemühens der Hersteller, ihren Erzeugnissen durch ein individuelles
Design ein unverwechselbares Gesicht zu geben, um sie von
vergleichbaren eigenen Produkten und insbesondere denen der
Konkurrenz zu unterscheiden. Vielmehr spiegelt sich darin auch das
Interesse der Verbraucher wider, die - wie die Mitglieder des
Senats aus eigener Erfahrung und Sachkunde wissen - bereits seit
vielen Jahren Wert auf das Design solcher Küchen- und
Haushaltsgeräte legen und sich deshalb hieran maßgeblich oder
jedenfalls auch bei ihrer Kaufentscheidung orientieren. Die
ersichtlich in den letzten Jahren vermehrt auf den Markt gelangten
mit "T." konkurrierenden Vielzweckscheren halten aber, selbst wenn
sie einzelne Formelemente des Klagemodells aufweisen, nach ihrem
jeweiligen Gesamteindruck einen solchen Abstand von "T." ein, daß
sie die dieser Vielzweckschere von Hause aus zukommende
wettbewerbliche Eigenart weder in Frage stellen noch zumindest
schwächen, sondern bestärken.
Zum relevanten Produktumfeld gehört zunächst die von der
Klägerin in den 30er Jahren geschaffene und bis heute vertriebene
Schere "Küchenhilfe", wie sie als Anlage 1 zur Klage als Modell zu
den Akten gereicht worden ist. Zwar finden sich auch bei diesem
Produkt symmetrisch angeordnete Griffaugen und ein mandelförmiger
Flaschenöffner. Insbesondere durch die sehr stark geschwungenen
Außenkonturen im schwarz gehaltenen mittleren und unteren Bereich
der Schere sowie durch die nahezu kreisrunde Àffnung des oberhalb
des Flaschenöffners angeordneten Kapselöffners, dessen Rundung mit
dem Schwung der Außenkonturen korrespondiert, ist jedoch der von
diesem Modell vermittelte Gesamteindruck ein völlig anderer als bei
dem Modell "T.". Die nur bei der Schere "Küchenhilfe", nicht aber
bei "T." vorhandenen Dornansätze an den unteren Griffaugen und die
zur Gänze sichtbaren Scherenblätter, deren Drehpunkt zudem nicht
mit einer Kunststoffkappe bedeckt ist, tragen zusätzlich dazu bei,
die erheblichen Unterschiede zwischen diesen beiden Scherenmodellen
der Klägerin zu verstärken.
Aber auch die von der Klägerin mit den Farblichtbildern in
Anlage 11 zur Klageschrift angeführten sechs Vielzweckscheren
konkurrierender Hersteller, die teils symmetrische, teils
asymmetrische Formen aufweisen, demonstrieren augenfällig, welche
große Bandbreite von deutlich von "T." nach ihrem Gesamteindruck
abweichenden Gestaltungsformen für eine Vielzweckschere bestehen,
selbst wenn diese dieselben Einsatzmöglichkeiten wie das
Klagemodell "T." bietet und gegebenenfalls auch Einzelelemente
aufweist, wie sie bei der Form von "T." zu finden sind. Hinzuweisen
ist dabei zum Beispiel auf die in der Anlage 11 abgebildete
Vielzweckschere der Firma Ed. W. Dreizackwerk mit ihren trotz der
symmetrischen Ausgestaltung unverkennbar anderen Außenlinien und
dem ebenfalls deutlich abweichend gestalteten Flaschenöffner. Die
anderen in der Anlage 11 abgebildeten Konkurrenzprodukte weisen
ebenfalls eine auf Anhieb selbst bei flüchtiger Betrachtung
offensichtlich anders gestaltete Ausstattung als "T." auf (wobei
auf das in der Anlage 11 wiedergegebene Scherenmodell der Firma P.
noch später einzugehen ist). Unter diesen in der Anlage 11 von der
Klägerin angeführten Drittprodukten finden sich im übrigen auch
Vielzweckscheren, bei denen der Drehpunkt der Scherenblätter mit
einer kreisrunden Kappe betont ist, bei dem Erzeugnis der Firma P.
und bei der Schere der Firma M. GmbH sogar mit einer roten
Kunststoffkappe ähnlich wie bei der Klägerin. Ungeachtet dessen,
daß bei der Schere der Firma M. GmbH in der roten Kappe eine
Abbildung in der Art einer Bild-Marke eingedruckt ist, während die
Kappe bei der Schere der Firma P. den in weißer Schrift gehaltenen
Hinweis "P." trägt, sprechen damit schon diese beiden
Produktgestaltungen gegen die These der Beklagten,
herkunftshinweisend bei dem Klagemodell "T." sei aus der
maßgeblichen Sicht des Verkehrs allenfalls dessen rote
Kunststoffkappe mit der eingedruckten Z.-Marke der Klägerin.
Die wettbewerbliche Eigenart der Vielzweckschere "T.", wie sie
oben erörtert worden ist, wird jedoch auch nicht durch das
Produktumfeld beeinträchtigt, auf das sich die Beklagte zur Abwehr
des Unterlassungsverlangens der Klägerin beruft.
Bei der Prüfung der Frage, welche Dritterzeugnisse als
relevantes Umfeld zu berücksichtigen sind, ist bei dem Tatbestand
der vermeidbaren Herkunftstäuschung auf den Zeitpunkt der ersten
Verletzungshandlung, somit auf den Zeitpunkt des Marktzutritts der
beiden beanstandeten Scheren der Beklagten abzustellen (vgl. BGH
WRP 1976/377 "Ovalpuderdose"; BGH GRUR 1985/876, 878 "Tchibo/Rolex
I"). Die Beklagte gibt insoweit an, mit dem Verkauf der Schere mit
der runden weißen Kunststoffkappe (Anlage B 5) ab 1992/1993 und mit
dem Vertrieb des Modells mit der achteckigen weißen Kunststoffkappe
(Anlage B 6) ab Mitte 1994 begonnen zu haben (vgl. Bl. 181, 304 f
GA). Geht man von diesen Vertriebszeitpunkten mangels eines
gegenteiligen Vortrags der Klägerin aus, ist zweifelhaft, ob zum
Beispiel die von der Beklagten als relevantes Produktumfeld
reklamierten Scheren der Firma K. (Anlagen B 9 - 11) zu
berücksichtigen sind, da diese Scheren nach der eigenen Behauptung
der Beklagten erst seit 1993 auf dem deutschen Markt sein sollen.
Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, wie es ebenfalls
offenbleiben kann, ob nicht einige der von der Beklagten benannten
Drittprodukte jedenfalls in Beachtung der in der Entscheidung
"Tchibo/Rolex I (a.a.O.) vom Bundesgerichtshof dargelegten
Grundsätze vorliegend außer Betracht bleiben müssen, weil sie in
etwa zeitgleich mit den als unlautere Nachahmung beanstandeten
Scheren der Beklagten auf den Markt gekommen sind, oder ob auch
diese Produkte ungeachtet der erwähnten Grundsätze des
Bundesgerichtshofs im Streitfall zum relevanten Umfeld zählen, weil
die Klägerin eventuell nicht zügig und nachhaltig genug gegen diese
Produkte vorgegangen ist. Selbst wenn man alle von der Beklagten
angeführten Drittprodukte in die Prüfung des relevanten Umfelds mit
einbezieht und dabei auch von den für diese Produkte von der
Beklagten behaupteten Umsätzen ausgeht, ergeben sich keine
ausreichenden Anhaltspunkte für einen Wegfall oder eine Schwächung
der wettbewerblichen Eigenart des Klagemodells "T." durch diese
Erzeugnisse:
Die von der Beklagten als Modelle zu den Akten gereichten
Vielzweckscheren der Firma P. (Anlage B 4, diese Schere ist
identisch mit der bereits erwähnten "P."-Schere, die in der Anlage
11 zur Klageschrift abgebildet ist und auch von der Klägerin als
Produktumfeld angeführt wird), der Firma E. (Anlage B 7) und der
Firma H. (Anlage B 12) sind nach Größe und Gestaltung ganz oder
jedenfalls nahezu baugleich. Während das Modell der Firma P. in
weißem Kunststoff gehalten ist, ist der Kunststoffbezug bei den
beiden anderen Modellen schwarz. Der Drehpunkt der Scherenblätter
ist bei allen drei Modellen mit einer großen runden Kunststoffkappe
in roter Farbe betont, wobei diese Kappe nur bei der Schere der
Firma H. lediglich auf der einen Seite rot und auf der anderen
Seite schwarz ist, während die anderen Modelle auf beiden Seiten
rote Kunststoffkappen aufweisen. Weiterhin findet sich bei diesen
drei Scheren jeweils ein mandelförmiger Flaschenöffner mit
sichtbaren Metallzähnen an der selben Stelle wie bei dem
Klagemodell "T.". Trotz dieser gewissen Àhnlichkeiten und
Gemeinsamkeiten mit der Ausgestaltung des Klagemodells ist jedoch
der Gesamteindruck, den die Scherenmodelle B 4, B 7 und B 12 bei
flüchtiger wie bei aufmerksamer Betrachtung vermitteln, ein
auffällig anderer als bei "T.". Die Scheren haben - abgesehen von
dem Flaschenöffner - große Àhnlichkeit mit der herkömmlichen
Schneiderschere, wie sie zum Abtrennen von Stoffbahnen benutzt
wird. Ihr Erscheinungsbild wird ganz maßgeblich geprägt durch die
Asymmetrie der Griffaugen, von denen eines deutlich länger als das
andere ist. Der asymmetrische Eindruck wird zusätzlich verstärkt
nicht nur durch die lediglich an einem Griffauge angebrachte
Anstoßstelle sondern insbesondere auch durch die farbliche
Gestaltung der Schere mit Hilfe des Kunststoffbelags. Anders als
bei dem Modell "T." sind nämlich bei den hier in Rede stehenden
Drittprodukten die - auch hier breiten und leicht geschwungenen -
Scherenblätter nicht zu einem beachtlichen Teil frei, das heißt
ohne Kunststoffbelag, zu sehen, mit dem bei der Erörterung der
wettbewerblichen Eigenart von "T." beschriebenen dolchförmigen
Eindruck. Vielmehr ist der weitaus größte Teil dieser Scheren
jeweils mit Kunststoff verkleidet, wobei der Kunststoffbelag auf
der linken Seite der Scheren bis etwa 1 cm zur Scherenspitze reicht
und auf der rechten Seite einen "Streifen" von etwa 8 mm bis ca. 1
cm von dem Metall der Scherenblätter sichtbar läßt. Schließlich ist
der geringe sichtbare Teil der Scherenblätter noch mit deutlich
erkennbaren Querkerbungen versehen und auch dadurch abweichend von
"T." gestaltet.
Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, daß die
Scheren der Anlagen B 4, B 7 und B 12 das Erinnerungsbild des
Verbrauchers vom Aussehen einer Vielzweckschere in einer Weise
beeinflußt haben und noch prägen, daß die Gestaltung des
Klagemodells "T." für ihn keine oder allenfalls nur sehr geringe
Hinweisfunktion auf diese Schere und deren Herkunft von einem
bestimmten Hersteller besäße. Der Verbraucher wird sich im
Gegenteil angesichts der deutlich anders gestalteten
Konkurrenzprodukte um so mehr an den beschriebenen Besonderheiten
des Aussehens von "T." und entgegen der Ansicht der Beklagten nicht
an deren roten Kunststoffkappe mit der eingedruckten
Zwillings-Marke zur Unterscheidung gegenüber der Konkurrenz
orientieren, weil - wie aufgezeigt - auch Drittprodukte mit roten
Kunststoffkappen mit oder ohne dort angebrachten
Firmenbezeichnungen oder Bildmarken versehen sind.
Die Gestaltung der als Anlage B 8 von der Beklagten überreichten
Schere der Firma L. hält ebenfalls einen deutlichen Abstand zu
"T.". Schon die erheblichen Größenunterschiede (von etwa 20 cm bei
dem Klagemodell und ca. 14 cm bei der Schere der Firma L.) tragen
zu einem auffällig anderen Erscheinungsbild gegenüber "T." bei. Die
Scherenblätter des Modells B 8 wirken zudem schmal und zierlich.
Sie sind offensichtlich für Feinarbeiten wie zum Beispiel Hand- und
Bastelarbeiten bestimmt und nicht wie Vielzweckscheren in erster
Linie auf die Verrichtung "gröberer Arbeiten" angelegt, selbst wenn
diese Scheren ebenfalls beim Basteln und Handwerken eingesetzt
werden können. Dieser andere Gebrauchszweck der Schere der Firma L.
wird auch dadurch erkennbar, daß sie keinen Flaschenöffner
aufweist. Zu dem unterschiedlichen Erscheinungsbild dieser Schere
gegenüber dem Klagemodell "T." trägt weiterhin der gerade Abschluß
ihrer Außenkonturen am unteren Rand bei sowie die jeweils vom
rechten Griffauge schräg nach links oben führende Wölbung der
schwarzen Kunststofffläche. Hinzukommt, daß die flache Wölbung auf
dem Drehpunkt des Modells B 8 deutlich kleiner ist als bei "T." und
allen sonstigen im vorliegenden Rechtsstreit von den Parteien
erörterten Scherenmodellen, zudem auch eine Betonung dieser Kappe
durch eine mit dem schwarzen Kunststoff kontrastierenden Farbe
fehlt.
Die von der Firma B., S., früher vertriebene Schere (im
folgenden "B.-Modell" genannt) und die damit baugleiche von der
Beklagten früher angebotene Schere, die Gegenstand der Abmahnung
der Beklagten durch die Klägerin im Mai 1992 war, muß - ersichtlich
auch nach Meinung der Beklagten - bei der Erörterung des
Produktumfeldes außer Betracht bleiben. Der Vertrieb dieser Schere
durch die Firma B. ist von der Klägerin mit dem rechtskräfigen
Urteil des Landgerichts Köln vom 25. Januar 1994 (AZ.: 31 O 535/93)
erfolgreich unterbunden worden. Was die von der Beklagten 1992
angebotene "B.-Schere" angeht, hat die Beklagte den Vertrieb dieser
erstmals in ihrem Katalog für 1992 vorgestellten Schere nach ihrem
eigenen Vortrag schon 1992 eingestellt. Angesichts der Kürze der
Marktpräsenz dieser Schere und des Fehlens jeglicher Angaben dazu,
in welchem Umfang die Beklagte diese Schere damals vertrieben hat,
kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß dieses Scherenmodell
das Vorstellungsbild des Verbrauchers zum Aussehen einer
Vielzweckschere in relevanter Weise beeinflußt hat. Daß auch die
von der Beklagten im Schriftsatz vom 28. Juni 1996 (Bl. 265, 270)
angeführte Küchenschere der Firma F. G.-Werk S., die vor 1978
erschienen sein soll, keine Bedeutung für die wettbewerbliche
Eigenart von "T." hat, ist angesichts der deutlich anderen
Gestaltung dieser Schere gegenüber "T." offensichtlich und bedarf
daher keiner Erörterung (abgesehen davon, daß weder ersichtlich
ist, ob die Schere überhaupt noch bei dem Marktzutritt von "T." auf
dem Markt war und derzeit noch ist und dem Vortrag der Beklagten
zudem nicht zu entnehmen ist, in welchem Umfang diese Schere dem
Verkehr tatsächlich bekannt geworden ist).
Schließlich ist mit dem Landgericht davon auszugehen, daß auch
die als Anlagen B 9 - 11 von der Beklagten überreichten
Scherenmodelle der Firma K. in ihrer Gestaltung trotz gewisser
Anklänge an die Form des Klagemodells "T." von dem Erscheinungsbild
des Klagemodells maßgeblich abweichen.
Alle drei Modelle der Firma K. sind im wesentlichen baugleich.
Unterschiedlich ist nur die Farbe der großen runden
Kunststoffkappe, die bei diesen Scheren den Drehpunkt der
Scherenblätter markiert und betont. Diese Kappen sind bei einer der
K.-Scheren auf der einen Seite rot und auf der anderen Seite der
Schere schwarz. Das andere Modell der Firma K. hat jeweils weiße
Kunststoffkappen. Bei dem dritten Modell der Firma K. ist die auf
der einen Seite der Schere in gelbem Kunststoff gehaltene Kappe
nicht auf dem schwarzen Kunststoff angebracht. Sie sitzt vielmehr
unmittelbar auf dem Scherenblatt und dessen Drehpunkt, während der
schwarze Kunststoffbelag bei diesem Modell nicht wie bei den
anderen K.-Scheren bis über den Drehpunkt der Schere gezogen ist,
sondern bereits vor der Kunststoffkappe und dem Drehpunkt der
Scheren mit einem leicht nach unten weisenden Abschluß endet. Auf
der anderen Seite dieses Scherenmodells fehlt eine solche Kappe.
Obwohl die Außenumrisse der drei K.-Scheren und des Klagemodells
"T." bis auf die "Ecke" am unteren äußeren Rand der K.-Scheren nur
unwesentlich voneinander abweichen, wenn man die Scheren
aufeinanderlegt, erscheinen die Modelle der Firma K. doch breiter
und ausladender als die Vielzweckschere "T.". Dieser Eindruck wird
insbesondere durch die abweichende Gestaltung der beiden Griffaugen
und des Flaschenöffners bei den K.-Scheren hervorgerufen die -
anders als bei "T." mit seinen schlanken, auf die Scherenspitze
hinstrebenden Linien und Formen - die Waagerechte betonen. Der
Flaschenöffner der K.-Scheren ist nicht mandelförmig sondern
kreisrund. Bei ihm finden sich auch keine Metallzähne wie bei "T.";
vielmehr ragen in den unteren Bereich der kreisrunden Àffnung zwei
unübersehbare Metallplatten hinein. Die beiden Griffaugen der
K.-Schere gehen im unteren Bereich weiter auseinander als bei "T.".
Die Konturen dieser Griffaugen laufen auch nicht von der
Anstoßstelle der Griffe gerade nach unten wie bei "T.", sondern
sind dort jeweils leicht nach innen gewölbt. Dadurch gewinnen nicht
nur die durch die Griffaugen geschaffenen Negativformen eine andere
Ausgestaltung als bei dem Klagemodell, vielmehr wird auf diese
Weise auch die durch den Raum zwischen den Griffaugen bis zu deren
Anstoßstellen geschaffene Negativform abweichend gestaltet. Da
dieser Zwischenraum bei den Modellen der Firma K. beachtlich ist
und sich durch seine Größe und durch die Wölbung seiner Außenlinien
der Form der Griffaugen zumindest nähert, weisen die K.-Scheren in
diesem Bereich eine markante, von geschwungenen Linien geprägte
Dreiteilung auf, die einen völlig anderen Eindruck als die
Gestaltung dieses Bereichs bei dem Klagemodell "T." vermittelt.
Zu diesen deutlichen Unterschieden der K.-Scheren gegenüber dem
Klagemodell kommt hinzu, daß bei den Erzeugnissen der Firma K. die
bei dem Klagemodell bestehende Symmetrie aufgegeben ist durch die
jeweils an einem Griffende befindliche Kunststoffnase. Auch dadurch
wird der Gesamteindruck der K.-Scheren gegenüber dem Klagemodell
"T." verändert. Darüber hinaus sind die Scherenblätter der
K.-Scheren zwar ebenfalls dolchartig gestaltet, wirken aber breiter
und massiver als bei "T.", unter anderem deshalb, weil der
Kunststoffbelag nicht ganz so hochgezogen ist wie bei dem
Klagemodell. Ein weiterer Unterschied zum Klagemodell findet sich
bei dem stark gerundeten Abschluß des schwarzen Kunststoffs der
K.-Scheren auf den Scherenblättern, der mit der Rundung der
Kunststoffkappe und des Flaschenöffners übereinstimmt und diese
wiederholt. Unerheblich ist schließlich, daß die Klägerin außerhalb
dieses Prozesses die Scheren der Firma K. als unlautere Nachahmung
des Klagemodells "T." beanstandet hat. Es liegt auf der Hand, daß
jeder Wettbewerber bestrebt ist, seinem Produkt einen möglichst
weiten Schutzumfang zu verschaffen. Ein Anlaß, die K.-Scheren und
ihren Abstand zu dem Klagemodell "T." im vorliegenden Rechtsstreit
anders zu beurteilen, als vorstehend erörtert, ergibt sich daraus
nicht.
Weitere Drittprodukte sind von der insoweit
darlegungspflichtigen Beklagten nicht angeführt worden. Nach
alledem halten somit die erörterten Konkurrenzprodukte einen
deutlichen Abstand von dem Klagemodell "T." ein, so daß "T." seine
von Hause aus bestehende wettbewerbliche Eigenart trotz der
sichtlich größer werdenden Konkurrenz beim Marktzutritt der
beanstandeten Scheren der Beklagten weder ganz noch teilweise
eingebüßt hat. Daran hat sich auch in der nachfolgenden Zeit bis
zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung nichts geändert, denn
der Vortrag der Beklagten gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß
zwischenzeitlich neue, die wettbewerbliche Eigenart von "T."
eventuell beeinträchtigende Modelle von Vielzweckscheren auf den
Markt gelangt sind. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.
Oktober 1996 auf das Vorgehen der Klägerin gegenüber der Firma Hit
Trading B.V. hingewiesen hat (vgl. Bl. 313 f. GA), geht es nach dem
eigenen Vortrag der Beklagten um ein Modell, das bis auf die
jeweils in schwarzer Farbe gehaltene Kappe auf dem Scherendrehpunkt
den bereits erörterten K.-Scheren mit der roten Kappe und den
weißen Kunststoffkappen entspricht und das zudem in Deutschland nur
in geringen Stückzahlen vertrieben worden ist (vgl. dazu die
Schriftsätze der Beklagten vom 14. Oktober 1996, Bl. 309 GA, und
vom 19. Februar 1997, Bl. 362 GA).
c)
Das Produkt "T." der Klägerin war jedoch nicht nur, wie vom
Tatbestand der vermeidbaren Herkunftstäuschung gefordert, beim
Marktzutritt der beanstandeten Produkte der Beklagten bereits auf
dem Markt, so daß es tatsächlich zu Verwechslungen kommen konnte.
Mit den von der Klägerin bereits in 1. Instanz vorgelegten
Prospekten und anderen Unterlagen, wie z. B. dem Bericht in der
Fachzeitschrift "Form" (Anlage B 17) ist überdies belegt, daß das
Klagemodell in seiner heutigen Form zumindest seit 1983 auf dem
Markt ist und beworben wurde. Aufgrund der Aussage des vom Senat
vernommenen Zeugen B. steht zudem fest, daß die Vielzweckschere
"T." in den Jahren 1987 - 1995 mit den auf S. 4 des Schriftsatzes
der Klägerin vom 4. Juli 1996 (= Bl. 275 GA) ausgewiesenen
Stückzahlen im Inland verkauft worden ist. Danach ergibt sich für
1987 ein Verkauf von insgesamt 90 910 Scheren mit einem stetigen
Anstieg in den folgenden Jahren bis auf 154 740 verkaufte Scheren
im Jahre 1990, wobei diese Stückzahl mit nur geringem Rückgang auch
in den Jahren 1991 und 1992 gehalten werden konnte. In den Jahren
1993 - 1995 hat sich der Umsatz etwas verringert, bis auf 89 500
für das Jahr 1995 und 75 300 für das Jahr 1996, was mit der
wachsenden Konkurrenz und auch mit der allgemeinen Wirtschaftslage
zusammenhängen kann. Zu berücksichtigen ist zudem, daß der
Verkaufspreis des Klagemodells "T." nach dem insoweit unstreitigen
Vortrag der Parteien im oberen Preissegment liegt, was z. B. für
die beanstandeten Scheren der Beklagten oder auch den erörterten
Drittprodukten der Firma E. und K. nach dem insoweit von der
Beklagten nicht widersprochenen Vortrag der Klägerin, nicht gilt.
Die zu diesen Drittprodukten von der Beklagten behaupteten
Umsatzzahlen können daher nicht ohne weiteres mit denen des
Klagemodells "T." verglichen werden.
Die dem Klagemodell "T." von Hause aus zukommende, zumindest
durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart ist daher - bis heute -
nicht nur nicht durch das Produktumfeld geschmälert worden, sondern
hat zudem durch die langjährige, sich gegenüber der zunehmend
dichter werdenden Konkurrenz erfolgreich behauptende Marktpräsenz
des unveränderten Modells mit den angeführten Umsätzen eine
zusätzliche Stärkung erfahren.
d)
Die im Streitfall zur Unterlassung verlangten Scheren der
Beklagten sind jedoch dem Klagemodell "T." nach dem maßgeblichen
Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Produktgestaltungen in
einem solchen Maße ähnlich, daß die Gefahr der Verwechslung dieser
Erzeugnisse der mit der Vielzweckschere "T." besteht.
Die beiden Produkte der Beklagten, die sich voneinander nur
durch die abweichende Form der weißen Kunststoffkappe auf dem
Drehpunkt der Scheren unterscheiden (bei dem Modell B5 ist diese
Kappe kreisrund, während die Schere gemäß Anlage B 6 eine
achteckige Kappe zeigt) weisen nicht nur im Detail ihrer
Gestaltungselemente, sondern insbesondere nach ihrer Gesamtanmutung
eine signifikante Óbereinstimmung mit der Gestaltung auf, die für
"T." charakteristisch ist und die wettbewerbliche Eigenart der
Ausstattung des Klagemodells begründet. Dies beginnt bei den
seitlichen, in sanften Schwüngen zu der Scherenspitze verlaufenden
Außenlinien, gilt für die gleich großen und - was ihre
Innenkonturen und die damit geschaffenen Negativformen angeht -
völlig identisch gestalteten symmetrischen Griffaugen, weiterhin
für die Ausformung und Anordnung des mandelförmigen Flaschenöffners
mit den sichtbaren seitlichen Metallzähnen. Im wesentlichen
identisch sind ebenfalls die dolchartigen Scherenblätter, die in
etwa in der selben Höhe wie bei "T." im Anschluß an den schwarzen
Kunststoffbelag der Scheren beginnen. Wie bei dem Klagemodell "T."
ist weiterhin bei den Scheren der Beklagten auf dem Drehpunkt der
Scherenblätter eine Kunststoffkappe angebracht, die ebenso groß wie
bei der Schere "T." ist und auch mit einer zum Schwarz des
Kunststoffes kontrastierenden Farbe versehen ist. Die
Gemeinsamkeiten der sich gegenüberstehenden Modelle führen dazu,
daß die Scheren der Beklagten nicht nur die gleiche schlanke
Silhouette wie "T." aufweisen. Vielmehr finden sich bei den
beanstandeten Modellen auch die für das Klagemodell typischen
Proportionen sowie die gleichen, durch die symmetrischen Griffaugen
und den Flaschenöffner gebildeten Negativformen, die bei den
Scheren der Firma K. trotz ähnlicher Außenkonturen wie bei dem
Klagemodell einen maßgeblichen Abstand zu "T." schaffen, während
sie bei den Scheren der Beklagten gerade die enge Verwandtschaft
mit dem Klagemodell betonen.
Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, daß es auch
Abweichungen bei den sich gegenüberstehenden Scherengestaltungen
gibt. So verlaufen die Außenkonturen der Griffaugen am unteren
Scherenrand anders als bei "T." für ein kurzes Stück gradlinig und
bilden jeweils eine - wenn auch sehr "weich" geformte - Ecke in der
Mitte des unteren Randes. Der Flaschenöffner ist bei den Scheren
der Beklagten zudem geringfügig größer als bei "T.", auch sind die
Metallzähne etwas stärker als bei dem Klagemodell zu sehen.
Weiterhin schließt der schwarze Kunststoffbelag der beanstandeten
Scheren nicht wie bei "T." auf den Scherenblättern mit einer
Schräge ab, sondern ist leicht gerundet. Darüber hinaus sind die
Anstoßstellen der Griffaugen bei den Produkten der Beklagten etwas
stärker ausgeprägt als bei "T.", wodurch der mittlere Abstand
zwischen den Griffaugen etwas breiter als bei dem Klagemodell ist.
Schließlich sind die auf dem Drehpunkt der Scheren angebrachten
Kunststoffkappen bei den Modellen der Beklagten nicht rot/schwarz
wie bei "T." sondern aus weißem Kunststoff, bei dem Modell B 6 der
Beklagten zudem achteckig und nicht rund wie bei "T." und dem
Scherenmodell der Beklagten Anlage B 5. Diese Abweichungen ändern
aber nichts an der deutlichen Óbereinstimmung des Gesamteindrucks
der sich gegenüberstehenden Modelle. Die meisten dieser
Unterschiede sind ohnehin nur feststellbar, wenn die Scheren der
Parteien nebeneinander präsentiert und sorgfältig auf Abweichungen
hin untersucht werden. Dies entspricht aber nicht der typischen
Kaufsituation, bei der dem Verbraucher diese Produkte regelmäßig
nicht gemeinsam gegenübertreten, sondern bei der er die Modelle der
Beklagten aus seinem Erinnerungsbild an die Schere "T." beurteilt,
die er z. B. in einer Werbeanzeige, in einer Schaufensterauslage
oder bei Bekannten gesehen hat. Dabei wird sich der Verbraucher
nach der Lebenserfahrung eher an den Gemeinsamkeiten der Produkte
der Beklagten mit seinem Erinnerungsbild an "T." orientieren und
weniger an den Unterschieden, zumal wenn diese Unterschiede, wie im
Streitfall, keine konstruktiven Merkmale der Produkte betreffen und
den charakteristischen Gesamteindruck, den die Scheren der
Beklagten mit "T." aus den oben dargelegten Gründen gemeinsam
haben, unberührt lassen. Es geht zudem im Streitfall um
Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs, die nach ihrem Zweck
und ihren Verkaufspreisen von den meisten Verbrauchern nicht erst
nach sorgfältiger Óberprüfung aller in Betracht kommenden Produkte
gekauft werden, sondern zumeist ohne langes Nachdenken nach nur
flüchtiger Beurteilung des zu kaufenden Gegenstandes. Bei
Berücksichtigung dieser Umstände ist schon zweifelhaft, ob und
welche der oben angeführten Unterschiede zwischen den Produkten der
Parteien der durchschnittliche Verbraucher überhaupt bemerken wird,
wenn ihm die Scheren der Beklagten begegnen. Schon eine
unmittelbare Verwechslung der streitgegenständlichen Scheren liegt
deshalb nahe. Aber selbst wenn dem Verbraucher z.B. die
unterschiedliche Farbe der Kunststoffkappen und - bei dem Modell B
6 der Beklagten - die achteckige Form dieser Kappe gegenüber der
runden Kappenform der "T." auffallen sollten, sind diese Momente
ebenso wie die anderen angeführten Abweichungen der
Scherengestaltungen allenfalls geeignet, eine unmittelbare
Verwechslung der Scheren der Beklagten mit dem Modell "T."
auszuschließen, nicht jedoch eine mittelbare Verwechslungsgefahr
oder eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, von denen nach
Óberzeugung des Senats zumindest bei einem nicht unerheblichen Teil
der angesprochenen Verbraucher ausgegangen werden muß. Gerade auch
vor dem Hintergrund des bereits erörterten Produktumfelds, das dem
Verbraucher vor Augen führt, welche vielfältigen Formen es für
Vielzweckscheren gibt und wie sich die Hersteller bemühen, ihre
Produkte in Abgrenzung zur Konkurrenz zu gestalten, wird nämlich
der Verbraucher derartig unverkennbare Gemeinsamkeiten, wie sie
zwischen dem Klagemodell "T." und den Scheren der Beklagten nach
deren jeweiligen Gesamteindruck bestehen, zwanglos darauf
zurückführen, daß entweder der Hersteller von "T." nunmehr eine
Zweitlinie über eine "Billig-Schiene" auf den Markt bringt, die die
für "T." typische Gestaltung zeigt, um auch die Käuferschichten
solcher Produkte anzusprechen, oder daß jedenfalls zwischen den
Herstellern der beanstandeten Scheren und dem Hersteller von "T."
organisatorische oder wirtschaftliche Beziehungen bestehen, die den
Hersteller der beanstandeten Scheren berechtigen, ein Produkt mit
der charakteristischen Gestaltung von "T." zu vertreiben. Er wird
deshalb die von ihm eventuell bemerkten Unterschiede zwischen den
hier sich gegenüberstehenden Produkten ohne langes Óberlegen darauf
zurückführen, daß es sich bei den beanstandeten Scheren eben nicht
um das Modell "T.", sondern um ein Billigprodukt des Herstellers
von "T." bzw. um ein Erzeugnis eines von dem Hersteller von "T."
hierzu ermächtigten anderen Herstellers handelt. Eine derartige
Erklärung liegt aus der Sicht des Verbrauchers deshalb nahe, weil
die angeführten Unterschiede zwischen den Produkten der Parteien
nicht die typische Gestaltung der Schere "T." betreffen, sondern es
dabei um Abweichungen bei den dekorativen Gestaltungselementen geht
bzw. um Abweichungen, die im Rahmen der Variationen liegen, wie sie
- auch aus der Sicht des Verbrauchers - ein Produkt erfahren kann
und auch häufig erfährt, das lange auf dem Markt ist. Diese
Beurteilung gilt nicht nur für die erwähnten Unterschiede der
Ausformung des unteren Randes der Griffaugen und des Abschlusses
des schwarzen Kunststoffbelags auf den Scherenblättern, die so
minimal sind, daß sie von einem nicht unbeachtlichen Teil der
Verbraucher ohnehin nicht bemerkt werden. Diese Beurteilung gilt
vielmehr entgegen der Ansicht der Beklagten ebenfalls für die
bereits angesprochenen Unterschiede der sich gegenüberstehenden
Vielzweckscheren bei der Farbgestaltung und Form der
Kunststoffkappen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Rot
tatsächlich die Hausfarbe der Klägerin ist, wie die Beklagte
geltend macht. Selbst wenn dies richtig und dem Verkehr bekannt
wäre, wäre dies nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr im
weiteren Sinne auszuschließen. Im übrigen wurde bereits dargelegt,
daß z. B. die Scheren der Firma K. und der Firma E. ebenso wie die
Schere der Firma P. rote Kunststoffkappen in vergleichbarer Weise
wie bei "T." und den Scheren der Beklagten verwenden. Der Verkehr
kann und wird daher gerade nicht eine rote Kunststoffkappe bei
einer Vielzweckschere ausschließlich einem einzelnen Hersteller
zuordnen, sondern muß sich an anderen Gestaltungselementen zur
Unterscheidung der Scheren orientieren. Daß die Kunststoffkappen
bei den beanstandeten Scheren der Beklagten weiß und nicht rot
sind, reicht daher selbst zur Ausräumung der dargelegten
mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht aus. Ohne Erfolg wendet die
Beklagte weiterhin ein, dem Käufer sei bekannt, daß die Klägerin
keine Zweitmarke führe, jedenfalls keine Zweitmarke, bei der nicht
ausdrücklich und unmittelbar auf die Klägerin als Herstellerin von
Messern und Scheren hingewiesen werde. Zunächst ist auch dieser
Einwand der Beklagten allenfalls für die Frage relevant, ob neben
der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ebenfalls von einer
mittelbaren Verwechslungsgefahr ausgegangen werden kann. Der
Einwand der Beklagten vermag aber selbst die Annahme einer
mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht in Frage zu stellen.
Abgesehen davon, daß die Beklagte trotz entsprechenden Hinweises
der Klägerin nicht darzulegen vermochte, worauf sich die von ihr
angeführte Kenntnis des Verkehrs gründet, spricht gegen das
Vorbringen der Beklagten die Praxis anderer Hersteller, Waren der
unterschiedlichsten Branchen in "Billiglinien" auf den Markt zu
bringen, wobei dies keineswegs jeweils unter Verwendung von
Kennzeichnungen und Ausstattungen geschieht, die den Hersteller
erkennen lassen. Eine entsprechende Vorstellung der Verbraucher
besteht insbesondere bei Kaufketten wie die der Firma Aldi, von der
vielen Verbraucher bekannt ist, daß dort jedenfalls auch derartige
Produkte angeboten werden und bei der, wie die Klägerin mit
Schriftsatz vom 4. Juli 1996 (Bl. 281, 292) von der Beklagten
unbestritten ausgeführt und belegt hat, ebenfalls Vielzweckscheren
verkauft werden. Begegnen daher dem Verbraucher die beanstandeten
Scheren der Beklagten in einer Werbung oder in einem Geschäft der
Firma A., wird er umso eher angesichts der ins Auge springenden
engen Verwandtschaft dieser Scheren mit "T." nicht nur einer
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, sondern auch der
aufgezeigten mittelbaren Verwechslungsgefahr unterliegen.
Schließlich kann eine Verwechslungsgefahr der sich
gegenüberstehenden Scheren bei einem relevanten Teil der
angesprochenen Verbraucher nicht deshalb ausgeschlossen werden,
weil eines der beiden beanstandeten Scherenmodelle der Beklagten
keine runde, sondern eine achteckige Kunststoffkappe aufweist. Die
Klägerin weist hierzu zutreffend darauf hin, daß eine achteckige
Form gerade aus der Sicht des flüchtigen Verbrauchers stark einer
Kreisform angenähert ist. Zudem handelt es sich auch hierbei um
eine typische Variation eines dekorativen Gestaltungsmerkmals,
dessen abweichende Gestaltung gegenüber der Kappenform von "T." von
dem angesprochenen Verkehr zwanglos darauf zurückgeführt wird, daß
es sich eben bei dieser Schere mit achteckigen Kappenform nicht um
"T." sondern um ein von der Klägerin vertriebenes Billigprodukt
bzw. um ein Produkt eines mit der Klägerin in organisatorischen,
wirtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen stehenden Herstellers
handelt. Wie unbedeutend die Variation der Kunststoffkappe von der
runden zur achteckigen Form ist, gibt im übrigen auch der Vortrag
der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Oktober 1996 (Bl. 306 GA) zu
erkennen, in dem sie erklärt, sie sei davon ausgegangen, daß es
ihre Kunden nicht stören würde, "daß die neue Küchenschere anstatt
einer weißen, runden Kappe eine weiße, achteckige Kappe
aufwies".
e)
Der Tatbestand des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der
vermeidbaren Herkunftstäuschung ist aber nicht nur nach seinen
objektiven Merkmalen, sondern auch in subjektiver Hinsicht
erfüllt.
Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte selbst die beanstandeten
Scheren herstellt bzw. die Herstellung dieser Modelle veranlaßt hat
oder ob sie lediglich Vertreiberin der Produkte ist. Das
Klagemodell "T." ist bereits seit vielen Jahren erfolgreich auf dem
Markt. Dies spricht dafür, daß der Beklagten als unmittelbarer
Wettbewerberin der Klägerin die Vielzweckschere "T." schon vor 1992
bekannt war. Unstreitig ist der Beklagten zudem diese Schere durch
das Abmahnschreiben der Klägerin vom 11. Mai 1992 bekannt geworden.
Andererseits haben die beiden beanstandeten Produkte der Beklagten
die charakteristische Gestaltung von "T." nicht nur unverkennbar
als Vorbild gewählt, sondern ahmen diese Formgestaltung - wie
aufgezeigt - in einem hohen Maße nach, wobei noch hinzukommt, daß
sich die beiden im vorliegenden Rechtsstreit angegriffenen Scheren
nur unmaßgeblich von dem im Mai 1992 von der Klägerin gegenüber der
Beklagten abgemahnten Modell mit der roten Kunststoffkappe
unterscheiden. Diese Umstände rechtfertigen den Schluß, daß die
Beklagte bereits bei Beginn des Vertriebs der
streitgegenständlichen Scheren mit der Möglichkeit einer unlauteren
Nachahmung des Klagemodells durch die beiden beanstandeten Produkte
gerechnet oder sich jedenfalls einer solchen Kenntnis bewußt
verschlossen hat. Auch wenn sie nur Vertreiberin der fraglichen
Scheren ist, handelte und handelt damit die Beklagte subjektiv
unlauter im Sinne von § 1 UWG, wenn sie nicht alle ihr möglichen
und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um der Gefahr einer
Verwechslung der von ihr vertriebenen Scheren mit dem Modell "T."
ausreichend entgegenzuwirken (vgl. BGH GRUR 1991/914, 915
"Kastanienmuster"; Baumbach-Hefermehl a.a.O. § 1 UWG Rdnr. 474).
Diesen Anforderungen ist jedoch die Beklagte nicht nachgekommen.
Eine technische Notwendigkeit, Vielzweckscheren in der mit dem
Produkt "T." verwechselbaren Weise zu gestalten, wie es bei den
beiden beanstandeten Scheren der Beklagten der Fall ist, besteht
nicht. Die von beiden Parteien im vorliegenden Verfahren
angeführten Scheren des Produktumfelds machen deutlich, daß selbst
dann, wenn man mit dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 28.
Juni 1996 (Bl. 263 f.) davon ausgeht, daß Form und Anordnung des
Flaschenöffnerfensters zwingend aus technischer Anforderung
vorgegeben sei, Möglichkeiten bestehen, der Schere insgesamt einen
anderen Gesamteindruck zu geben als er für das Klagemodell "T."
typisch ist. Das Produktumfeld zeigt zugleich, daß auch bei
Befolgung des von der Beklagten in dem erwähnten Schriftsatz
angeführten Trends des Zeitgeschmacks zu einer Gestaltung der
Scherenaußenkontur mit klaren Formen ohne Schnörkel (Bl. 264 GA)
ein ausreichender Spielraum besteht, um eine Schere mit einem
individuellen, von der Gestaltung des Klagemodells "T."
abweichenden Gesamteindruck auf den Markt zu bringen. Auch sonst
sind dem Vortrag der Beklagten keine Umstände zu entnehmen, die den
Schluß zuließen, ihr sei nicht zumutbar und möglich gewesen,
geeignete Maßnahmen zur Verhütung oder Verringerung der Gefahr
einer Irreführung des Verkehrs über die Herkunft der beanstandeten
Scheren zu treffen.
f)
Schließlich steht dem auf § 1 UWG gestützten
Unterlassungsverlangen der Klägerin nicht der Verwirkungseinwand
der Beklagten entgegen.
Die Verwirkung des wettbewerbs- oder markenrechtlichen
Unterlassungsanspruchs setzt voraus, daß der Berechtigte über einen
längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl er den Verstoß
kannte oder ihn bei der gebotenen Wahrung seiner Interessen
erkennen mußte, so daß der Verpflichtete mit der Duldung seines
Verhaltens durch die etwaige Berechtigte rechnen durfte und sich
daraufhin einen wertvollen Besitzstand geschaffen hat. Dabei muß
ein Zustand geschaffen worden sein, der für den Benutzer einen
beachtlichen Wert hat, ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben
muß und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn
er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat (vgl.
Piper/Köhler, UWG, Vor § 13 Rdnr. 97 m.w.N.). Die Annahme einer
Verwirkung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin nach diesen
Grundsätzen scheitert bereits daran, daß die insoweit darlegungs-
und beweispflichtige Beklagte trotz entsprechender Hinweise seitens
der Klägerin und des Senat auf die Unzulänglichkeit ihrer Angaben
keinen schutzwürdigen Besitzstand im Sinne dieser Voraussetzungen
hinreichend vorgetragen hat, so daß es an dieser Stelle keiner
Prüfung der weiteren Erfordernisse der Verwirkung bedurfte.
Eine schutzwürdige Position der Beklagten von beachtlichem oder
beträchtlichem Wert an den beiden beanstandeten Scheren könnte evt.
darin liegen, daß sich bei ihren Kunden eine feste und dauerhafte
Vorstellung und Erwartung von den beiden Scheren als Teil der
Angebotspalette der Beklagten gebildet hat. Anhaltspunkte für einen
gem. § 242 BGB schützenswerten Besitzstand können sich zudem aus
dem Abschluß langfristiger Verträge der Beklagten mit dem
Hersteller der Scheren und bzw. oder mit ihren eigenen Abnehmern
ergeben sowie aus den ggf. von der Beklagten im Vertrauen auf diese
Verträge getroffenen Investitionen oder anderen unternehmerischen
Dispositionen. Weiterhin mag auch das Vorhandensein beachtlicher
Restbestände der beanstandeten Produkte im Zusammenwirken mit
anderen Umständen zur Begründung einer schützenswerten Position der
Beklagten geeignet sein. Der Vortrag der Beklagten gibt jedoch zu
keinem dieser Umstände ausreichenden Aufschluß noch sind ihm
sonstige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines schützenswerten
Besitzstands zu entnehmen. Darlegungen zum Kundenkreis und den mit
den Kunden abgeschlossenen Verträgen fehlen ebenso wie ein Vortrag
zu der Vertragsbeziehung der Beklagten zum Hersteller der Scheren.
Lediglich aus dem Parallelverfahren 31 O 297/95 LG Köln = 6 U
172/95 OLG Köln ist bekannt, daß einer der Abnehmer der Beklagten
die dortige Beklagte, die Firma C. Sch., für eine der im
vorliegenden Rechtsstreit beanstandeten Scheren ist, wobei jedoch
die Dauer dieser Kundenbeziehung und deren vertraglicher Gestaltung
sowie der Umfang der von der Firma C.Sch. bei der Beklagten
bezogenen Scheren weder im Parallelverfahren noch im vorliegenden
Verfahren dargelegt ist. Es fehlen auch Angaben zum Umfang der
Bewerbung der Scheren wie z.B. zur Stückzahl der verteilten
Kataloge der Beklagten, in denen die beanstandeten Scheren
angeboten worden sind und bzw. oder zu anderen Werbemaßnahmen der
Beklagten. Ob und welche Restbestände der beiden Scheren bei der
Beklagten noch vorhanden sind, ist ebenfalls unbekannt. Selbst die
Stückzahl der von der Beklagten verkauften Scheren ist dem Vortrag
der Beklagten nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat zwar in ihren
Schriftsätzen vom 19. Februar 1997 (Bl. 357 f. GA) und 12. März
1997 (Bl 385 GA) (von der Klägerin bestrittene) Angaben zu den
verkauften Stückzahlen ihrer Scheren pro 1.000,00 DM sowie pro
100.000,00 DM ihres jährlichen Gesamtumsatzes gemacht. Die Höhe des
jährlichen Gesamtumsatzes der Beklagten wird jedoch nicht genannt
und soll - wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung gezeigt
hat - auch nicht vorgetragen werden. Ohne die Angaben dieser
Gesamtumsätze der Beklagten und damit der Bezugsgröße für die von
ihr angeführten Stückzahlen läßt sich aber kein Bild über den
tatsächlichen Umfang des Vertriebs der streitgegenständlichen
Scheren durch die Beklagte gewinnen. Daran vermag auch der von der
Beklagten angeführte Grundsatz, daß der Besitzstand nicht absolut
sondern an der jeweiligen Größe des Unternehmens des Verletzers zu
bemessen ist (vgl. dazu Piper/Köhler a.a.O. vor § 13 Rd. 105
m.w.N.), nichts zu ändern. Im übrigen handelt es sich bei dem
Umfang der von der Beklagten verkauften Scheren um ein Indiz,
welches nicht allein, sondern nur im Zusammenwirken mit weiteren
Anhaltspunkten einen Besitzstand der Beklagten im Sinne der oben
angeführten Grundsätze begründen könnte. Wie aber bereits erörtert
fehlt es an derartigen Umständen, so daß von einem schutzwürdigen
Besitzstand der Beklagten und damit von einer Verwirkung des
Unterlassungsanspruchs der Klägerin nicht ausgegangen werden
kann.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin ist daher auch nach dem
zweitinstanzlichen Vorbringen der Parteien aus § 1 UWG
gerechtfertigt und die Berufung der Beklagten insoweit
unbegründet.
2.
Das Rechtsmittel der Beklagten ist dagegen teilweise
erfolgreich, soweit es sich gegen die Verurteilung zur Auskunft und
zur Rechnungslegung sowie gegen die Feststellung der
Schadensersatzpflicht der Beklagten wendet.
Zwar ist mit dem Landgericht, auf dessen Erwägungen gemäß § 543
Abs. 2 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, davon auszugehen, daß die
Beklagte gemäß § 1 UWG wegen der streitgegenständlichen
Wettbewerbshandlung schadensersatzpflichtig und - als Vorbereitung
des Schadensersatzanspruchs - gemäß § 1 UWG in Verbindung mit § 242
BGB auch zur Auskunft und Rechnungslegung im geforderten Umfang
verpflichtet ist. Die Beklagte kannte das Klagemodell "T." und
dessen gestalterische Besonderheiten, wie bereits dargelegt,
spätestens seit ihrer Abmahnung durch die Klägerin mit Schreiben
vom 11. Mai 1992. Wenn sie dennoch Scherenmodelle auf den Markt
bringt, die wie die im vorliegenden Rechtsstreit beanstandeten
beiden Scheren in einem hohen Maße die Gefahr von
Herkunftstäuschungen mit dem Klagemodell "T." begründen, obwohl
diese Gefahr ohne weiteres hätte vermieden werden können, handelt
die Beklagte zumindest grob fahrlässig wenn nicht sogar
vorsätzlich. Dabei entspricht es der Lebenserfahrung, daß solche
Verletzungshandlungen in der Vergangenheit zu einem Schaden der
Klägerin geführt haben und bei Fortsetzung der Verstöße auch
zukünftig weiterhin führen werden, weil der Verkehr der
aufgezeigten Verwechslungsgefahr unterliegt.
Die Klägerin kann jedoch von der Beklagten Schadensersatz, und
damit auch Auskunft und Rechnungslegung, erst ab dem 22. Februar
1995 fordern. Für den davorliegenden Zeitraum steht diesem Begehren
der Klägerin gemäß § 242 BGB der Verwirkungseinwand der Beklagten
entgegen, so daß die sich auf diesen Zeitraum beziehende Klage auf
Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der
Schadensersatzverpflichtung der Beklagten als unbegründet
abzuweisen war.
Anders als die Verwirkung des zeichenrechtlichen oder
wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs setzt die Verwirkung des
Schadensersatzanspruchs und des auf die Vorbereitung dieses
Anspruchs gerichteten Auskunftsverlangens keinen schutzwürdigen
Besitzstand des Verletzers voraus. Erforderlich und ausreichend ist
vielmehr, daß der Verletzer aufgrund eines hinreichend lange
dauernden Duldungsverhaltens des Verletzten darauf vertrauen
durfte, diese werde nicht mehr mit Schadensersatzansprüchen wegen
der Verletzungshandlung an ihn herantreten, die der Verletzer
aufgrund des geweckten Duldungsanscheins vorgenommen hat (vgl. BGH
GRUR 1988/776, 778 "PPC"; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Einl UWG
Rdnr. 444, jeweils m.w.N.). Feste Zeiträume für die Frage, wie
lange das Duldungsverhalten des Verletzten sein muß, gibt es dabei
nicht. Der von der Beklagten angeführte § 21 MarkenG führt zu
keiner anderen Beurteilung. Dies gilt schon deshalb, weil es im
Streitfall nicht um einen markenrechtlichen Anspruch der Klägerin
geht; abgesehen davon steht auch § 21 MarkenG nach Abs. 4 dieser
Vorschrift der Anwendung allgemeiner Grundsätze über die Verwirkung
von Ansprüchen nicht entgegen. Abzustellen ist somit auf die
konkreten Umstände des Einzelfalls. Danach durfte aber die Beklagte
bis zu der (erneuten) Abmahnung durch die Klägerin mit Fax vom 21.
Februar 1995 darauf vertrauen, wegen des Vertriebs der beiden
streitgegenständlichen Scheren von der Klägerin nicht auf
Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
Die Beklagte wußte aufgrund ihrer Abmahnung durch die Klägerin
im Mai 1992, daß die Klägerin in der damals beanstandeten Schere
mit der roten Kunststoffkappe ("B.-Schere") einen Verstoß gegen ihr
Geschmacksmuster 5 MR 9210 sah. Da die Beklagte ungeachtet dieser
Abmahnung und der Androhung der Einleitung eines gerichtlichen
Verfahrens durch die Klägerin im Fax vom 20. Mai 1992 die von ihr
geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht abgegeben
hat, mußte (und durfte) die Beklagte damit rechnen, daß die
Klägerin in der nachfolgenden Zeit das Vielzweckscheren-Programm
der ihr als Verletzerin bekannten Beklagten sorgfältig auf weitere
Verstöße beobachten wird, dabei insbesondere die Kataloge der
Beklagten zeitnahe zu deren Erscheinen auf solche Verstöße hin
prüfen wird. Durch den Hinweis der Klägerin in ihrem
Abmahnschreiben vom 11. Mai 1992 auf den Katalog Nr. 15 der
Beklagten als Anlaß und Grund für deren Abmahnung wußte nämlich die
Beklagte, daß die Klägerin auf ihre - der Beklagten - Kataloge
aufmerksam geworden war, so daß eine weitere Beobachtung der
Beklagten durch die Klägerin gerade auf der Grundlage der Kataloge
der Beklagten mehr als nahelag. Tatsächlich war eine derartige
(unkomplizierte) Kontrolle der Beklagten an Hand deren Kataloge und
zeitnah zu ihrem Erscheinen für die Klägerin auch ohne weiteres
möglich, wie ungeachtet aller Divergenzen zwischen den Darlegungen
der Parteien zu den Katalogen der Vortrag der Klägerin gewertet
werden muß. Die Ausführungen der Klägerin legen vielmehr den Schluß
nahe, daß sie von einer Beobachtung der Beklagten Abstand genommen
hat, nachdem ihr bei einer über eine dritte Firma vorgenommene
Bestellung der im Katalog der Beklagten angebotenen Schere, die mit
der im Klageantrag zu Ziff. I.1 b. bezeichneten Schere identisch
war, statt dieser Schere die mit der Klageschrift als Anlage 16 im
Original überreichte und deutlich anders gestaltete Schere
zugegangen ist, die ebenso wie die im Katalog angebotene Schere die
Bestellnummer 284723 trug (vgl. dazu den Vortrag der Klägerin im
Schriftsatz vom 30. August 1995, Bl. 73, 74 GA und im Schriftsatz
vom 4. Juli 1996, Bl. 282 GA). Die Klägerin hat jedoch bis zur
letzten mündlichen Verhandlung nicht darzulegen vermocht, aus
welchen Gründen die Beklagten bei diesem Bestellvorgang erkennen
konnte und mußte, daß der eigentliche Besteller der Klägerin und
nicht die - nicht namentlich bekannte - Drittfirma war. Folglich
konnte die Beklagte in diesem Vorgang auch keinen Grund für die
unterbliebene Klageerhebung der im Mai 1992 angekündigten
gerichtlichen Auseinandersetzung sehen und hatte ebensowenig Anlaß
für die Annahme, die Klägerin werde sie nicht in den nachfolgenden
Jahren sorgfältig auf weitere Verstöße hin beobachten, da mangels
strafbewehrter Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten
jederzeit die Gefahr der im Mai 1992 beanstandeten Schere
bestand.
Die Beklagte mußte (und durfte) umsomehr damit rechnen, daß sie
von der Klägerin nach dem Vorgang im Mai 1992 sorgfältig in Bezug
auf weitere Verletzungen des Klagemodells "T." hin kontrolliert
wird, weil die Beklagte Nebenintervenientin einer 1993 gegen die
Klägerin angestrengten Patentnichtigkeitsklage war bzw. ist, die
sich gerade auf das Klagemodell "T." bezieht. Hinzu kommt der
Rechtsstreit der Klägerin gegen die Firma B., von dem die Klägerin
selbst geltend macht, daß die Beklagte von Anfang an über diesen
Rechtsstreit unterrichtet gewesen sei und bei dem es - wie schon
dargelegt - um ein Scherenmodell ging, das sich nach dem eigenen
Vortrag der Klägerin nur unwesentlich von den im vorliegenden
Verfahren streitgegenständlichen Scheren unterschied. Die Beklagte
hat jedoch die beiden im vorliegenden Verfahren beanstandeten
Scheren keineswegs in einer Weise angeboten, daß dies von der
Klägerin nicht hätte bemerkt werden können und müssen. Daß der
Klägerin eine Kontrolle der Kataloge der Beklagten ohne weiteres
möglich war, wurde bereits erörtert. Beide Scheren sind in den
Katalogen der Beklagten auch unübersehbar und deutlich abgebildet
worden und wurden dort sogar unter der selben Artikelnummer
geführt, unter der schon die im Mai 1992 beanstandete Schere mit
der roten Kunststoffkappe angeboten worden war. So findet sich die
im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständliche Schere mit der
runden weißen Kunststoffkappe (Anlage B 6) in den beiden Katalogen
der Beklagten für das Jahr 1993 (vgl. dazu die Anlagen B 14, Bl. 64
GA, sowie Anlage B 15, Bl. 65 GA), weiterhin auch in dem von der
Klägerin selbst zu den Akten gereichten Katalog Nr. 16 der
Beklagten für das Jahr 1994 (vgl. Anlage 12 zur Klageschrift), in
dem unter derselben erwähnten Artikelnummer sogar beide im
vorliegenden Rechtsstreit beanstandeten Scheren der Beklagten
abgebildet sind.
Bei diesem Geschehensablauf mußte und durfte die Beklagte davon
ausgehen, daß der Klägerin der Vertrieb der beanstandeten Schere
mit der runden weißen Kunststoffkappe schon im Jahre 1993 bekannt
geworden ist, also bereits vor Abschluß des von der Klägerin gegen
die Firma B. angestrengten Rechtsstreits, der mit Urteil des
Landgerichts Köln vom 25. Januar 1994 beendet worden ist. Von der
streitgegenständlichen Schere der Beklagten mit der achteckigen
weißen Kunststoffkappe mußte die Klägerin aus der maßgeblichen
Sicht der Beklagten spätestens im Herbst 1994 Kenntnis erlangt
haben, denn der Katalog der Beklagten Nr. 16 für das Jahr 1994 ist
im Oktober 1994 erschienen. Die Beklagte war zwar aufgrund der
Abmahnung im Mai 1992 bösgläubig, was den Vertrieb der damals von
ihr angebotenen Schere (des sog. B.-Modells) anging, und hatte
angesichts der aufgezeigten maßgeblichen Óbereinstimmung der im
vorliegenden Verfahren beanstandeten Scheren mit diesem "B.-Modell"
zunächst auch jede Veranlassung, bei diesen Produkten ebenfalls mit
einer alsbaldigen Abmahnung seitens der Klägerin nach dem Beginn
des Vertriebs dieser Produkte zu rechnen. Eine derartige
Bösgläubigkeit des Verletzers führt in der Regel dazu, daß er
weniger leicht von einer Duldung des Wettbewerbsverstoßes durch den
Verletzten ausgehen kann und deshalb ein längerer Zeitraum für die
Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens des Verletzers, vom
Verletzten nicht in Anspruch genommen zu werden, zu verlangen ist
(vgl. dazu Baumbach-Hefermehl a.a.O. Einl UWG Rdnr. 439 m.w.N.).
Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der Verletzte trotz einer
zunächst gegenüber dem Verletzten ausgesprochenen Verwarnung wie im
Streitfall in der aufgezeigten Weise die Klägerin gleichgültig
gegenüber weiteren Wettbewerbsverstößen des Verletzers verhält
(vgl. Baumbach-Hefermehl a.a.O.). Da jedoch die Klägerin selbst
nach dem erfolgreichen Abschluß des gegen die Firma B. gerichteten
Verfahrens im Januar 1994 nicht alsbald zeitnah dazu gegen die
Beklagte vorgegangen ist, sondern diese erst im Februar 1995 erneut
abgemahnt hat, begründete spätestens dieses Verhalten der Klägerin
vor dem Hintergrund der anderen bereits erörterten Umstände das
schutzwürdige Vertrauen der Beklagten, von der Klägerin nicht wegen
des Vertriebs von Vielzweckscheren auf Schadensersatz in Anspruch
genommen zu werden, deren Gestaltung mit der im Mai 1992
abgemahnten und mit der im Rechtsstreit gegen die Firma B.
beanstandeten Schere identisch ist bzw. deren Gestaltung sich wie
bei den im vorliegenden Rechtsstreit angegriffenen Modellen mit der
weißen runden und der weißen achteckigen Kunststoffkappe allenfalls
(wenn auch nur unerheblich) von der Aufmachung dieser B.-Schere und
des Klagemodells "T." weiter entfernt.
Der Senat sieht danach bei Würdigung aller Umstände und der sich
gegenüber stehenden Interessen der Parteien den
Schadensersatzanspruch der Klägerin und damit zugleich auch deren
Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gem. § 242 BGB als
verwirkt an, soweit dies die Zeit bis zu der erneuten Abmahnung der
Beklagten mit Schreiben (Fax) der Klägerin vom 21. Februar 1995
betrifft. Nach Zugang dieser Abmahnung vom 21. Februar 1995 konnte
die Beklagte dagegen nicht mehr davon ausgehen, keinen
Schadensersatzansprüchen der Klägerin wegen des Vertriebs der
beiden streitgegenständlichen Scheren ausgesetzt zu sein. Dabei
spielt es keine Rolle, daß sich die Abmahnung vom 21. Februar 1995
nur auf das Scherenmodell mit der achteckigen weißen Kappe und
nicht auch auf die Schere mit der runden weißen Kappe bezogen hat
(vgl. Bl. 406, 407 GA), denn nach der Abmahnung der Schere mit der
achteckigen Kappe mußte die Beklagte nunmehr ebenfalls mit einer
Beanstandung der Schere mit der runden weißen Kappe rechnen. Das
Verlangen der Klägerin auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf
Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gem. §§ 1 UWG,
242 BGB ist nach alledem - nur - für die Zeit ab dem 22. Februar
1995 begründet.
Da das Schadensersatzverlangen der Klägerin auch verwirkt ist,
soweit dieses Begehren aus § 14 a GeschmMG oder ggfl. aus § 812
Abs. 1 BGB begründet sein sollte, bedarf es keiner Erörterung, ob
die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen überhaupt erfüllt
sind, denn der Klägerin können daraus keine weitergehenden
Ansprüche erwachsen, als ihr bereits aus §§ 1 UWG, 242 BGB
zustehen.
3.
Die nach dem Schluß der letzten mündlichen Verhandlung
eingegangenen Schriftsätze der Klägerin vom 4. und 26. August 1997
sowie der Beklagten vom 8. August und 3. November 1997 lagen vor.
Abgesehen davon, daß bis auf den Schriftsatz der Klägerin vom 4.
August 1997 den Parteien kein Schriftsatznachlaß gewährt worden
war, enthalten diese Schriftsätze der Parteien auch keinen
Sachvortrag, der Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung des
Rechtsstreits und ggf. zu einer Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung gibt.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§
708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer der Parteien war gemäß § 546 Abs. 2 festzusetzen
und entspricht dem Wert des Unterliegens der Parteien im
Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 03.12.1997
Az: 6 U 159/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6e90ad5545af/OLG-Koeln_Urteil_vom_3-Dezember-1997_Az_6-U-159-95