Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2009
Aktenzeichen: 20 W (pat) 350/05

(BPatG: Beschluss v. 07.12.2009, Az.: 20 W (pat) 350/05)

Tenor

Das Patent 199 62 921 wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 24. Dezember 1999 unter Inanspruchnahme der koreanischen Priorität 59063/98 vom 26. Dezember 1998 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patentund Markenamt das Patent mit der Bezeichnung "Verfahren für die Steuerung der Betriebsmodeumschaltung eines tragbaren Fernseh-(TV-)Telefon" erteilt. Das erteilte Patent umfasst 3 Patentansprüche. Die Patenterteilung wurde am 27. Januar 2005 im Patentblatt veröffentlicht.

Bezüglich des Wortlauts der erteilten Patentansprüche wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen dieses Patent hat die I...

e.V. (IGR e.V.), B...straße in D..., am 27. April 2005 Einspruch erhoben. Sie macht den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) geltend, der angegriffene Patentgegenstand beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf die Druckschriften D1 WO 93/01685 A1, D2 EP0752793A2, D3 US5684918A1, D4 FUNKSCHAU, 13. November 1998, Seite 37, Titelblatt versehen mit Eingangsstempel des Vertreters der Einsprechenden mit Datum 1. November 1998.

Mit Schriftsatz vom 08. September 2006 ergänzt sie Ihren Vortrag um eine Würdigung der im Prüfungsverfahren eingeführten Druckschriften D5 US 5 890 071 A (nachveröffentlicht) und D5' JP 08 125 723 AA (vorveröffentlichtes prioritätsbegründendes Dokument zu D5 mit englischer Übersetzung).

Im Prüfungsverfahren wurden -neben der D5 und D5' -folgende Druckschriften eingeführt:

D6 DE 197 00 500 A1, D7 WO 98/56 197 A1, D8 GB2297665Aund D9 DE3216197A1.

Mit der Terminsladung wies der Senat darauf hin, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch der Stand der Technik nach der D10 DE 196 48 991 A1 und D11 US5056153A zu diskutieren sein wird.

In der mündlichen Verhandlung wurden unter dem Gesichtspunkt der Patentfähigkeit des Patentgegenstandes insbesondere die D5 (bzw. D5') sowie die D11 mit den Parteien erörtert.

Die Patentinhaberin tritt dem Einspruch entgegen. Sie stellt den Antrag, das Patent 199 62 921 beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage folgender Unterlagen:

-Einziger Patentanspruch, übergeben in der mündlichen Verhandlung,

-Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Der einzige verteidigte Patentanspruch lautet unter Hinzufügung einer Merkmalsgliederung:

a) "Verfahren zur Steuerung einer Betriebsmodeumschaltung eines TV-Telefons, mitb) einer TV-Einheit für die Wiedergabe und Ausgabe eines Fernsehbildsignals und eines Fernsehtonsignals von einem gewählten Kanal, c) einer mit der TV-Einheit verbundenen Anzeigeeinheit für die Anzeige eines Fernsehbildsignals, d) einem Fernsehtonsignalprozessor für die Ausgabe des Fernsehtonsignals als einen hörbaren Ton, e) einer Mobilfunkfrequenzeinheit für den Empfang von Daten eines von einer Basisstation gesendeten Vorwärtskanals undf) einem Prozessor für die Ausgabe eines Kanalauswahlsignals an die TV-Einheit im Fernsehmode und für das Senden/Empfangen eines Gesprächssignals durch Steuerung der Mobilfunkfrequenzeinheit im Telefonmode, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

g1) Vorsehen von zumindest zwei unterschiedlichen Anrufmeldemodi, nämlichg2) erstens Informieren des Benutzers über einen Anruf durch die Anzeige einer Textnachricht in einem spezifischen Bereich der Anzeigeeinheit während ein Fernsehbild angezeigt wird oderg3) zweitens durch die Unterbrechung des von dem Lautsprecher des TV-Telefons ausgegebenen, hörbaren Fernsehtons indemg4) die Ausgabe des Fernsehtonsignalprozessors durch Zuführen eines Stummschaltesignals von dem Prozessor an den Fernsehtonsignalprozessor stummgeschaltet wird, g5) als Reaktion auf ein ankommendes, von der Basisstation übertragenes Anrufsignal in einem Zustand, in dem die von der TV-Einheit wiedergegebenen Fernsehbildsignale und Fernsehtonsignale über die Anzeigeeinheit und den Fernsehtonsignal-Prozessor wiedergegeben und ausgegeben werden, i) Umschalten von dem Fernsehmode zu dem Telefonmode durch Unterbrechen der Versorgungsspannung an die TV-Einheit und den Fernsehtonsignalprozessor als Reaktion auf die Eingabe eines Kommandos, das die Annahme des Anrufs von der anrufenden Partei auf Wunsch des Benutzers zulässt, während eine Antwortnachricht an die anrufende Partei über den Rückkanal übertragen wird, dadurch gekennzeichnet, dassj) ferner das Beibehalten des Fernsehmodes statt Umschalten vorgesehen ist in Reaktion auf die Eingabe eines Kommandos, das die Annahme des Anrufs von der anrufenden Partei auf Wunsch des Benutzers zurückweist, k) wobei die Wiedergabe des Fernsehtonsignales wieder aufgenommen und die Anzeige der Textnachricht auf der Anzeigeeinheit gelöscht wird, so dass nur das Fernsehbildsignal angezeigt wird."

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, der verteidigte Patentgegenstand sei patentfähig und unterscheide sich insbesondere hinsichtlich folgender Aspekte vom diskutierten Stand der Technik:

Der Patentgegenstand zeige zwei Anrufmeldemodi: Die Anzeige einer Textnachricht in einem spezifischen Bereich der Anzeigeeinheit sowie eine Unterbrechung des Fernsehtones.

Beim Patentgegenstand werde, anders als insbesondere beim Telephon nach der D5, der Fernsehtonsignalprozessor stummgeschaltet.

Die Einsprechende sieht den Gegenstand des einzigen verteidigten Patentanspruchs dem Fachmann durch die Druckschrift D5 in Verbindung mit seinem Fachwissen bzw. durch eine Kombination der Druckschriften D5 und D11 nahegelegt.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 199 62 921 zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Einsprechenden und der Patentinhaberin wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1.

Der fristund formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig und führt zum Erfolg, da der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§§ 1 und 4 PatG).

2.

Der Patentgegenstand betrifft ein Verfahren für die Steuerung einer Umschaltung des Betriebsmodes eines TV-Telefons, worunter ein integriert kombiniertes Fernsehgerät und tragbares, zellulares Telefon zu verstehen ist (vgl. PS [0001]).

2.1 Die Beschreibung des Streitpatents gibt an, der Wunsch der Nutzer nach tragbaren Telefonen mit zusätzlichen Funktionen habe zur Entwicklung von TV-Telefonen geführt (vgl. PS [0002]). Allerdings gebe es kein Verfahren zur unmittelbaren Benachrichtigung des Nutzers vom Eintreffen eines Anrufes bzw. einer Textnachricht, während das Bildund Tonsignal des in das Telefon integrierten Fernsehempfängers ausgegeben werde (vgl. PS [0004]).

Es bestehe daher der Bedarf für ein TV-Telefon, das den Benutzer schnell und genau darüber informiere, dass ein Anruf oder eine Textnachricht eingegangen sei, während er das TV-Programm betrachtet (vgl. PS [0005]).

Ebenso bestehe der Bedarf für ein TV-Telefon, das (bei Eingang eines Anrufes) automatisch in einen Telefonmodus wechsele, wobei der Energieverbrauch dadurch zu vermindern sei, dass der Betrieb der mit einer TV-Funktion zusammenhängenden Schaltkreise in einem Telefonmodus unterbunden werden könne. Insbesondere bestehe Bedarf nach einem TV-Telefon, dass es dem Nutzer ermöglicht, einen ankommenden Anruf zurückzuweisen, um ungestört weiter Fernsehen zu können (vgl. PS [0006]).

2.2.

Durch das Streitpatent soll nach den Angaben der Patentschrift (vgl. PS [0012]) ein Verfahren für die Steuerung einer Betriebsmodeumschaltung eines tragbaren TV-Telefons angegeben werden, das dem Benutzer eine Verbesserung des Bedienkomforts bietet.

3.

TV-Telefone wurden (wie andere komplexe nachrichtentechnische Systeme auch) zum Anmeldezeitpunkt in Teams entwickelt. Bei der Entwicklung eines TV-Telefons sind u. a. Fachfragen aus den Gebieten der Signalverarbeitung, Datenübertragung, Funktechnik und Fernsehtechnik zu beantworten sowie Aspekte der Benutzerführung zu berücksichtigen. Dem im vorliegenden Fall zuständigen Fachmann - einem Ingenieur der Elektrotechnik mit universitärer Ausbildung sind als Teammitglied Kenntnisse auf diesen Gebieten zuzurechnen.

Der Fachmann hat neben der vorteilhaften technischen Ausgestaltung seines Produktes auch stets notorische Kundenwünsche in seinem Fachgebiet zu berücksichtigen. Zu diesen ist jedenfalls der Wusch nach einer langen Betriebsdauer eines tragbaren Gerätes mit einer Batteriebzw. Akkuladung sowie eine einfache Bedienbarkeit und intuitive Benutzerführung zu zählen.

Das objektive Problem, das vom Fachmann zu lösen war, kann somit genauer darin umschrieben werden, ein Verfahren für die Steuerung einer Betriebsmodeumschaltung eines tragbaren TV-Telefons anzugeben, das dem Benutzer -unter Berücksichtigung einer möglichst langen Betriebsdauer des Gerätes mit einer Batteriebzw. Akkuladung -eine Verbesserung des Bedienkomforts bietet.

Die letzteren beiden Gesichtspunkte sind mithin nicht der Problemlösung sondern dem Problem selbst zuzurechnen.

4.

Zur Lösung des Problems gibt das Streitpatent ein Verfahren mit den Merkmalen des geltenden einzigen Patentanspruchs an.

Diesem Patentanspruch entnimmt der Fachmann, dass die zwei unterschiedlichen Anrufmeldemodi gemäß der Merkmale g1) -g5) nicht nur alternativ sondern auch additiv angewendet werden können, die Konjunktion "oder" am Ende des Merkmals g2) also nicht ausschließlich exklusiv zu verstehen ist. Dies ergibt sich aus dem Merkmal k), demgemäß die Wiedergabe des Fernsehtonsignales wieder aufgenommen und die Anzeige der Textnachricht auf der Anzeigeeinheit gelöscht wird, was gerade im Falle einer vorherigen Anwendung beider Anrufmeldemodi sinnvoll ist.

5.

Der Einspruch erweist sich als begründet. Der Gegenstand des verteidigten einzigen Patentanspruchs wird dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt.

Nach der Überzeugung des Senats deckt die Druckschrift D5 (US 5 890 071 A) die maßgeblichen Inhalte der vorveröffentlichten D5' (JP 08 125 723 AA, deren Referenztextstellen in der englischen Übersetzung nachfolgend jeweils kursiv angegeben werden) ab. Dem haben beide Verfahrensbeteiligte in der mündlichen Verhandlung zugestimmt.

5.1 Die D5 (US 5 890 071 A) bzw. die D5' (JP 08 125 723 AA; deren Referenztextstellen in der englischen Übersetzung im folgenden Kursiv angegeben werden), zeigen eina) Verfahren zur Steuerung einer Betriebsmodeumschaltung eines TV-Telefons (vgl. Sp. 6, Z. 36 -60 bzw. [0053] -[0054]), mit:

b) einer TV-Einheit für die Wiedergabe und Ausgabe eines Fernsehbildsignals und eines Fernsehtonsignals von einem gewählten Kanal (vgl. ebenda jeweils i. V. m. Fig. 4, dort insbesondere video tuner 45 (im Bild fälschlich mit 15 bezeichnet), videosignal processing circuit 26, amplifier 18 und loudspeaker 19), c) einer mit der TV-Einheit verbundenen Anzeigeeinheit für die Anzeige eines Fernsehbildsignals (vgl. ebenda, insbesondere CRT 27), d) einem Fernsehtonsignalprozessor für die Ausgabe des Fernsehtonsignals als einen hörbaren Ton (vgl. ebenda, insbesondere video tuner 45, amplifier 18 und loudspeaker 19), e) einer Mobilfunkfrequenzeinheit für den Empfang von Daten eines von einer Basisstation gesendeten Vorwärtskanals (vgl. Sp. 3, Z. 7 -19 i. V. m. Fig. 1, insbesondere radiofrequency circuit 101 mit transmitter 1 und receiver 2 sowie antenna 13 und Sp. 5, Z. 36 -41 bzw. [0041] und [0048])

f) einem Prozessor für die Ausgabe eines Kanalauswahlsignals an die TV-Einheit im Fernsehmode (dies entnimmt der Fachmann der Fig. 4, da der video tuner 45 an den controller 11 angeschlossen ist und keine Bedienelemente außer keys 211 und display 212 genannt werden, wobei letztere direkt mit dem controller 11 zusammenwirken und zumindest zum Starten und Beenden des TV-Betriebes genutzt werden, vgl. Sp. 4, Z. 36 -58 bzw. [0043] und [0044] und für das Senden/Empfangen eines Gesprächssignals durch Steuerung der Mobilfunkfrequenzeinheit im Telefonmode, vgl. Sp. 3, Z. 7 -24, dort insbesondere den controller 11 bzw. [0041], insbesondere "...the control circuit 11 which controls synthetically the telefone system of this equipment...", wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

g1) Vorsehen von zwei unterschiedlichen Anrufmeldemodi, nämlichg2) erstens Informieren des Benutzers über einen Anruf durch die Anzeige einer Textnachricht in einem spezifischen Bereich der Anzeigeeinheit während ein Fernsehbild angezeigt wird (vgl. Sp. 6, Z. 49 -60 bzw. [0054]; der Fachmann entnimmt dem Textabschnitt "The video signal processor 26 superimposes the message over the received video signal for displaying on the CRT 27", dass die Textnachricht dem Fernsehbild überlagert bzw. eingeblendet (superimposed) wird, das Fernsehbild also weiterhin angezeigt wird und natürlich technisch ein (spezifischer) Bereich festgelegt sein muss, auf dem in der Anzeigeeinheit die überlagerte Textnachricht angezeigt wird) oder (im Sinne von "und/oder", vgl. Ausführungen in Abschnitt 4)

g3) zweitens durch die Unterbrechung des von dem Lautsprecher des TV-Telefons ausgegebenen, hörbaren Fernsehtons (vgl. Sp. 6, Z. 49 -56 i. V. m. Fig. 4 bzw. [0054]; durch Umschalten des Schalters 16 in die Schaltstellung "b" wird die Ausgabe des Fernsehtones aus dem video tuner 45 an amplifier 18 und loudspeaker 19 unterbrochen) indemg4tlw.)die Ausgabe des Fernsehtonsignalprozessors (hier im video tuner 45 repräsentiert) durch Zuführen eines Stummschaltesignals von dem Prozessor an einen dem Fernsehtonsignalprozessor nachgeordneten Schalter stummgeschaltet wirdg5) als Reaktion auf ein ankommendes, von der Basisstation übertragenes Anrufsignal in einem Zustand, in dem die von der TV-Einheit wiedergegebenen Fernsehbildsignale und Fernsehtonsignale über die Anzeigeeinheit und den Fernsehtonsignalprozessor wiedergegeben und ausgegeben werden (vgl. Sp. 6, Z. 36 -60 bzw. [0053] und [0054]), itlw.) Umschalten von dem Fernsehmode zu dem Telefonmode als Reaktion auf die Eingabe eines Kommandos, das die Annahme des Anrufs von der anrufenden Partei auf Wunsch des Benutzers zulässt, während eine Antwortnachricht an die anrufende Partei über den Rückkanal übertragen wird (vgl. Sp. 8, Z. 13 -26 bzw. [0059] -[0060], der Nutzer erzeugt ein offhook-Signal zur Gesprächsannahme was in für den Fachmann selbstverständlicher Weise auch bei einem eingehenden Ruf während der Betrachtung eines Fernsehprogramms gemäß Sp. 6, Z. 36 -48 möglich ist; dieses offhook-Signal muss funktionsnotwendig über den Rückkanal an die Basisstation übertragen werden, um einen Gesprächskanal aufzubauen), jtlw.) ferner die Rückkehr zu einem Fernsehmodus vorgesehen ist in Reaktion auf die Eingabe eines Kommandos, das die Fortsetzung des Anrufs von der anrufenden Partei auf Wunsch des Benutzers zurückweist (vgl. Sp. 8, Z. 26 -34 bzw. [0060]: dort ist ausgeführt, dass zur Beendigung des Telefonmodes wieder ein (on-)hook-Signal abgegeben werden kann und der controller 11 die Rückkehr in den Broadcastmode [Umstellung des Schalters 16 in Position "a"] veranlasst), k) wobei die Wiedergabe des Fernsehtonsignales wieder aufgenommen (vgl. ebenda: Umstellung des Schalters 16 in Position "a") und die Anzeige der Textnachricht auf der Anzeigeeinheit gelöscht wird, so dass nur das Fernsehbild angezeigt wird (dies ist dem Fachmann selbstverständlich, da die weitere Darstellung dieser Nachricht das Betrachten des Fernsehbildes unnötigerweise stören würde).

5.2 Für den Fachmann, der vor der Aufgabe stand, ein verbessertes Verfahren für die Steuerung einer Betriebsmodeumschaltung eines tragbaren TV-Telefons anzugeben, lag es auf der Hand, hierfür auf einen Stand der Technik, wie ihn die D5 beschreibt, zurückzugreifen (vgl. zur Wahl des Ausgangspunkts BGHZ 179, 168 Tz. 51 -Olanzapin; GRUR 2009, 1039 -Fischbissanzeiger).

Entsprechend dem objektiven Problem (vgl. Ausführungen unter 3.) sieht sich der Fachmann mit der Anforderung konfrontiert, das TV-Telefon mit einer Akkubzw. Batterieladung möglichst lange betreiben zu können. Veranlasst durch dieses auf einem Nutzerwunsch basierende Problem und sensibilisiert durch den gleichgerichteten Hinweis in der D5 (vgl. dort Sp. 1, Z. 31 -34) stellt sich dem Fachmann in der Praxis somit die technische Aufgabe, den Energieverbrauch des bekannten TV-Handys zu senken.

Eine dem Fachmann sofort ins Auge springende Möglichkeit, Energie zu sparen, liegt darin, im Moment nicht benötigte Subsysteme des TV-Telefons abzuschalten.

Bei der technischen Umsetzung wird er sich schon aus Gründen der stets im Vordergrund stehenden Bedienfreundlichkeit (vgl. Ausführungen unter 3.) für eine weitgehend automatisierte, den Nutzer minimal belastende Realisierungsform entscheiden. Dabei drängt es sich dem Fachmann geradezu auf, das Umschalten von dem Fernsehmode zu dem Telefonmode als Auslöser dafür zu nutzen, um durch Unterbrechen der Versorgungsspannung an die im Telefonmode offensichtlich nicht benötigten Subsysteme TV-Einheit und Fernsehtonsignalprozessor Energie zu sparen. Dies gilt umso mehr, als ihm aus dem Stand der Technik seines einschlägigen Fachgebietes (portable Kommunikationseinrichtungen) dieses Lösungsprinzip bereits vorgegeben ist (vgl. D11, Sp. 3, Z. 24 -41).

Das Merkmal iRest) ist dem Fachmann somit nahegelegt.

Aber auch die beiden verbleibenden Unterschiede zwischen dem Streitgegenstand und dem Stand der Technik (vgl. Merkmale g4tlw. und jtlw.) können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen:

Die Patentinhaberin verweist darauf, beim Streitgegenstand werde -im Unterschied zur D5 -das Stummschaltesignal direkt an den Fernsehtonsignalprozessor gegeben. Dieser Unterschied mag zwar bestehen, ist aber bezüglich der zielgerechten Wirkungsweise, eine Wiedergabe des Fernsehtonsignals zu unterbinden, zunächst vollkommen belanglos. Da dem Fachmann für die Unterbrechung eines Signalübertragungsvorgangs nur die beiden Alternativen der Abschaltung des Signalerzeugers selbst bzw. die Unterbrechung des Signalübertragungsweges an die Hand gegeben sind, muss er sich für eine dieser beiden Möglichkeiten entscheiden. Veranlasst durch das Bestreben, jede sich anbietende Energieeinsparungsmöglichkeit auszunutzen, wird der Fachmann die Unterbrechung eines Signalübertragungsvorgangs durch Abschalten der Spannungsversorgung des Fernsehtonsignalprozessors bevorzugen, zumal er eine diesbezügliche Schaltmöglichkeit ohnehin realisiert (vgl. vorherige Ausführungen zu Merkmal iRest).

Soweit die D5 eine Rückkehr in den Broadcastmodus durch Abgabe eines onhook-Signals lehrt (vgl. Merkmal jtlw.), ist dem Fachmann klar, dass dieses onhook-Signal auch gleich (d. h. vor der Annahme des Anrufes) gegeben werden kann, wenn der Nutzer erst gar keine Störung durch eine notwendige Anrufannahme wünscht. Dies entspricht dem ihm zum Prioritätszeitpunkt geläufigen Leistungsmerkmal "Anruf ablehnen" durch sofortiges Absetzen eines "on hook"-Signals (sprich: "Auflegen während es klingelt"; Merkmal jRest).

Damit ist der Fachmann bereits bei dem Verfahren mit den Merkmalen des einzigen Patentanspruchs angelangt.

Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs beruht folglich nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6. Eine Aufrechterhaltung des Patents kommt nicht in Betracht, weil sich der einzige Patentanspruch als nicht rechtsbeständig erwiesen hat und deswegen das Patent zu widerrufen war.

Dr. Mayer Werner Gottstein Musiol Pr






BPatG:
Beschluss v. 07.12.2009
Az: 20 W (pat) 350/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6e92b22823de/BPatG_Beschluss_vom_7-Dezember-2009_Az_20-W-pat-350-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share