Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 153/00
(BPatG: Beschluss v. 13.12.2000, Az.: 26 W (pat) 153/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Mai 1998 und 13. März 2000 aufgehoben.
Gründe I Die Beschwerdeführerin hat die Bezeichnung SELECT-ART als Wortmarke für "Möbel" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung gemäß den §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß es sich bei "SELECT-ART" um eine englischsprachige Wortzusammenstellung handle, die im Deutschen soviel wie "auserlesene, hervorragende Kunst" bedeute. Dieser Sinngehalt sei im deutschen Sprachbereich ohne weiteres verständlich, da die angemeldeten Wörter zum einfachsten englischen Wortschatz gehörten. Dem Publikum, das über Englischkenntnisse verfüge, erschließe sich somit ohne weiteres der Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung. Aber auch Verbraucher ohne Englischkenntnisse würden den Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung ohne weiteres erfassen, da das Wort "SELECT" eine beträchtliche Nähe zu den in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen Fremdwörtern "selektiv" bzw "Selektion" aufweise. Der weitere Wortteil "ART" sei als Fremdwort für "Kunst" allgemein geläufig. Die angemeldete Bezeichnung stelle damit im Hinblick auf die beanspruchten Waren lediglich eine Beschaffenheitsangabe dar, die dem Verkehr wesentliche Eigenschaften benenne. Gerade in der Möbelbranche bestehe die Tendenz, Möbeln besonders moderne Gestaltungsformen zu geben oder sie nach älteren Vorbildern zu gestalten. Dabei handle es sich dann um ausgewählte Stücke, die der Kunst zugerechnet würden. Wenngleich eine Verwendung der Bezeichnung "SELECT-ART" bisher nicht habe festgestellt werden können, so seien die beiden Wörter jedoch aus sich heraus verständlich.
Darüber hinaus könne die angemeldete Bezeichnung auch nicht als Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb dienen. Aufgrund der Geläufigkeit der Begriffe "SELECT" und "ART" werde die angemeldete Bezeichnung zumindest von einem beachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise in ihrem warenbeschreibenden Sinn verstanden, so daß sie nicht geeignet sei, als individuelle Betriebshinweis zu dienen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach stehen der begehrten Eintragung keine Schutzhindernisse entgegen. Es sei weder zutreffend, daß sich die von der Markenstelle angenommene Bedeutung des Zeichens "SELECT-ART" dem allgemeinen Verkehr ohne weiteres erschließen werde, noch könne die Einschätzung geteilt werden, der Verkehr erkenne in der Anmeldung eine Beschaffenheitsangabe für die beanspruchten Waren. Vielmehr spreche alles dafür, daß der Verkehr keinen unmittelbaren Sinnzusammenhang zwischen der Marke und profanen Gebrauchsgegenständen wie Möbel herstellen werde. Es sei bereits nicht haltbar, wenn die Markenstelle die Bezeichnung "SELECT-ART" auf den Sinngehalt "auserlesene Kunst" reduziere. Sehr viel näher als die von der Markenstelle unterstellte Bedeutung liege der Sinngehalt "die selektive bzw auswählende Art". Selbst wenn dieses Verständnis der Marke Assoziationen in mehrere Richtungen wecke, so besitze dieses Verständnis jedoch keinen unmittelbar beschreibenden Charakter für die beanspruchten Waren. Näherliegend sei auch das Verständnis der Bezeichnung "SELECT-ART" als sloganartige Aufforderung im Sinne von "Wählen Sie Kunst aus". Diese prägnante Wortfolge werde nur als allgemeine, unspezifische Werbeaussage verstanden. Auch wenn man mit der Markenstelle unterstelle, daß der Verkehr "SELECT-ART" im Sinne von "auserlesene Kunst" verstehe, weise die Anmeldung für die Waren "Möbel" keinen unmittelbar beschreibenden Bedeutungsgehalt auf. Angesichts der Mehrdeutigkeit von "SELECT-ART" könne der Anmeldung auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Demgemäß beantragt sie die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.
II Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben.(vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 441 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Marke "SELECT-ART" jedoch nicht.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht nachgewiesen; auch der Senat hat insoweit keine Feststellungen zu treffen vermocht. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren "Möbel" in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen wird. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß der angesprochene Verkehr der angemeldeten Marke die Bedeutung "auserlesene Kunst" oder "hervorragendes Handwerk" beilegt, sagt sie nichts Konkretes darüber aus, welche besonderen Merkmale die unter dieser Bezeichnung angebotenen Möbel konkret auszeichnen. So lassen die angenommenen Sinngehalte beispielsweise offen, nach welchen künstlerischen Vorbildern oder handwerklichen Kriterien die betreffenden Möbel gestaltet sind. Ebensowenig sagt die Anmeldung etwas darüber aus, welcher Stilrichtung oder Zeitperiode die Möbel nachgebildet sind. Eine eindeutige, unmißverständliche Aussage über die betreffenden Waren ist mit "SELECT-ART" mithin nicht möglich. Von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin an der angemeldeten Bezeichnung kann deshalb nicht ausgegangen werden.
2. Ebensowenig kann der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES; BGH GRUR 2000, 722 - LOGO mwNachw).
Hiervon ausgehend kann der Bezeichnung "SELECT-ART" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden; eine konkret beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Waren selbst Bezug nimmt, stellt die angemeldete Wortkombination nicht dar (siehe oben). Die Anmeldung sagt nichts Eindeutiges darüber aus, wodurch sich die betreffenden Möbelstücke von denen anderer Unternehmen unterscheiden könnten. Auch für den Teil des angesprochenen Verkehrs, der über ausreichende Englischkenntnisse verfügt, ist nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die betreffenden Möbel künstlerisch oder handwerklich hervorstechen. Im übrigen erscheint es - wie von der Anmelderin dargelegt - auch vorstellbar, daß der angesprochene Verkehr der angemeldeten Bezeichnung auch Sinngehalte wie "ausgewählte Art/Beschaffenheit" oder die Aufforderung "Wählen Sie Kunst aus" entnimmt. Auch diese Mehrdeutigkeit spricht für die erforderliche Unterscheidungseignung (vgl BGH aaO - LOGO).
Schließlich handelt es sich bei "SELECT-ART" auch nicht um ein gebräuchliches Wort der Alltagssprache, das der Verkehr infolge einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als eine schlagwortartige Aussage versteht.
Soweit der Senat in der Entscheidung 26 W (pat) 122/95 vom 18. September 1996 - SELECTCOMFORT einen anderen Standpunkt eingenommen hat, hält er hieran angesichts der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr fest.
Schülke Eder Kraft Mr/Na
BPatG:
Beschluss v. 13.12.2000
Az: 26 W (pat) 153/00
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