Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 5. August 2008
Aktenzeichen: 4a O 125/08

(LG Düsseldorf: Urteil v. 05.08.2008, Az.: 4a O 125/08)

Tenor

I. Dem Antragsgegner wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr und zu Zwecken des Wettbewerbs Hafttaschen, umfassend eine Adhäsionsfolie mit einer an einer glatten Fläche adhäsiv haftenden, einseitig beschichteten Haftfläche, wobei in der Adhäsionsfolie kein Ausschnitt vorgesehen ist, die u.a. unter der Kennzeichnung „X“ vertrieben werden, mit dem Hinweis

EP X

und/oder

AT X

zu bewerben oder solche werbenden Hinweise in Zusammenhang mit den Hafttaschen zu benutzen,

insbesondere wenn dies in der folgenden Form geschieht:

„Patent AT X / AT X / EP X“

und/oder

“die Hafttasche X wird nach unserem europäischen Patent: EP X, bzw. österreichischem (deutschem) Gebrauchsmuster Regnr.: X (X) gefertigt.“.

II. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter I. ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, angedroht.

III. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Antragstellerin geht gegen den in Österreich ansässigen Antragsgegner wegen irreführender Patentberühmung im Wege der einstweiligen Verfügung vor.

Der Antragsgegner bietet an und vertreibt in Deutschland unter anderem unter der Geschäftsbezeichnung "X" sogenannte Hafttaschen, die er auch als "X Hafttasche" bezeichnet. Derartige Hafttaschen dienen als Mittel für die Werbung bzw. Präsentation von Produktinformationen. Sie bestehen aus verschiedenen transparenten, zum Teil bedruckten Folien, welche die Aufnahme einer beliebigen Werbung oder Information - beispielsweise eines individuell gestalteten Blattes Papier - in einer durch die Folien gebildeten Tasche erlauben. Auf der einen Seite weisen die Hafttaschen eine Adhäsionsfolie auf, mittels deren sie auf Glas und anderen glatten Oberflächen haften, ohne dass hierfür Klebstoffe erforderlich sind. Dies ermöglicht eine leichte Anbringung und zugleich rückstandsfreie Entfernung der Hafttaschen sowie ihre Wiederverwendung.

Die in Remscheid geschäftsansässige Antragstellerin bietet an und vertreibt gleichfalls derartige Hafttaschen auf den deutschen Markt.

Auf Veranlassung der Antragstellerin forderte Herr X, Mitarbeiter der X mit Sitz in X, bei dem Antragsgegner unter der E-Mail-Adresse info@X.at ein Angebot über transparente Hafttaschen für Einlageblätter im DIN-A4-Format einschließlich unbedruckter Muster zur Ansicht an (Anlage AG 1). Daraufhin übersandte der Antragsgegner an Herrn X das in Anlage ASt 2 in teilgeschwärzter, in Anlage AG 2 in ungeschwärzter Kopie vorliegende Angebot, das sich im individuellen Angebotsteil auf die konkreten Produkte "X Standard" und "XMini" bezieht. In diesem Angebot werden die Hafttaschen "X" im allgemeinen Teil unter anderem wie folgt beworben:

"Die Hafttasche X wird nach unserem europäischen Patent: EP X, bzw. österreichischem (deutschem) Gebrauchsmuster Regnr.: X (X) gefertigt."

Im Anschluss erhielt Herr X von dem Antragsgegner ein Muster der angebotenen Hafttaschen "X Standard", das hier im Original als Anlage ASt 1a vorliegt. Dem Muster war eine Verwendungsanleitung gemäß Anlage ASt 3 beigefügt, in der sich oben rechts die Angabe findet:

"Patent: AT X / AT X/ EP X ".

Der Antragsgegner ist eingetragener Inhaber der europäischen Patentanmeldung EP X mit der Bezeichnung "Adhäsionsfolie". Diese Patentanmeldung befindet sich im Prüfungsverfahren, die A2-Schrift liegt als Anlage ASt 4 vor. Anspruch 1 dieser Patentanmeldung lautet in der deutschen Verfahrenssprache:

"Adhäsionsfolie mit einer, an einer glatten Fläche adhäsiv haftenden, einseitig beschichteten Haftfläche, dadurch gekennzeichnet, dass in der Adhäsionsfolie (1, 3, 10) mindestens ein Ausschnitt (2) insbesondere in Form eines Fensters, vorgesehen ist."

Die von dem Antragsgegner mit Bezug auf das Angebot nach Anlage ASt 2 zusammen mit der Verwendungsanleitung Anlage ASt 3 übersandte Hafttasche "X Standard" (Anlage ASt 1a) weist auf ihrer Vorderseite eine Adhäsionsfolie auf, die nach Entfernung einer zu Transportzwecken angebrachten Schutzfolie auf glatten Oberflächen anhaftet. Auf ihrer Rückseite ist eine Haltefolie aus nicht adhäsivem Material aufgebracht, die gemeinsam mit der Adhäsionsfolie eine Tasche zur Aufnahme von Informationen bildet, wobei sich in der (rückseitigen) Haltefolie ein Führungsschlitz befindet. Die (vorderseitige) Adhäsionsfolie ist durchgehend und weist keine Ausschnitte oder Fenster auf.

Das in der Verwendungsanleitung (Anlage ASt 3) ebenfalls genannte österreichische Patent X, dessen B1-Schrift in Anlage ASt 7 vorliegt, ist im Wesentlichen parallel zur Anmeldeschrift EP X und setzt ebenfalls mindestens einen Ausschnitt in der Adhäsionsfolie voraus.

Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 25. April 2008 (Anlage ASt 8) ließ die Antragstellerin den Antragsgegner persönlich abmahnen und zur Abgabe einer dem Abmahnschreiben beigefügten Verpflichtungserklärung auffordern. Wegen des Wortlautes dieses Schreibens nebst Verpflichtungserklärung wird auf die Anlage ASt 8 Bezug genommen. Das gegenüber Herrn X ergangene Angebot des Antragsgegners (Anlage ASt 2) war dem Abmahnschreiben nicht beigefügt.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, ihr stehe gegen den Antragsgegner ein Verfügungsanspruch wegen irreführender Patentberühmung zu, wobei eine mehrfache Irreführung zu beanstanden sei: Zum einen erwecke der Antragsgegner durch die Bezeichnung als "europäisches Patent" (Anlage ASt 2) bzw. "Patent" (Anlage ASt 3) den Eindruck, das EP X sei bereits erteilt und genieße Patentschutz in der Bundesrepublik Deutschland, was unstreitig nicht der Fall ist. Zum anderen gingen die angesprochenen Verkehrskreise durch die beanstandete Werbung irrtümlich davon aus, dass die Hafttaschen "X" die technische Lehre der genannten Schutzrechte, darunter das EP X und das AT X, verwirklichen, was im Hinblick auf den bei ihnen nicht vorhandenen Ausschnitt in der Adhäsionsfolie nicht zutreffe.

Die Antragstellerin beantragt,

gegen den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu erkennen, wie geschehen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner die gegen ihn geltend gemachten Ansprüche unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt, nachdem er den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zuvor schriftsätzlich als zu weitgehend gerügt hatte und ihm in der Sache mit dem Argument entgegengetreten war, dem Unterlassungsanspruch stehe der Einwand arglistigen Handelns entgegen. Dieser ergebe sich daraus, dass die Antragstellerin ihn unter Einschaltung Dritter vorsätzlich zur Vornahme der nun als wettbewerbswidrig beanstandeten Angebotshandlung provoziert habe.

Mit den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens könne er nicht belastet werden, weil er den Unterlassungsanspruch sofort anerkannt habe, ohne der Antragstellerin zuvor Veranlassung zur Einreichung ihres Verfügungsantrags gegeben zu haben. Das Abmahnschreiben vom 25. April 2008 (Anlage ASt 2) habe den hier gerügten Wettbewerbsverstoß nicht hinreichend konkret bezeichnet und ihm daher nicht genügend Gelegenheit zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung gegeben. Hierfür hätte ihm - so der Antragsgegner - die Verletzungshandlung konkreter angegeben werden müssen. Der bloße Verweis auf "das Produkt X" sei schon deshalb nicht ausreichend gewesen, weil es unter dieser Bezeichnung mehrere Produktvarianten gebe, von denen einzelne der europäischen Patentanmeldung X und dem österreichischen Patent AT X entsprächen, so das Produkt "X Big". Schon vor diesem Hintergrund habe die Antragstellerin den Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes für eine ausreichend deutliche Abmahnung näher konkretisieren müssen. Erst dann habe für ihn - den Antragsgegner - hinreichende Veranlassung bestanden, die von ihm verlangte Verpflichtungserklärung abzugeben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I. Nachdem der Antragsgegner die gegen ihn im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Unterlassungsansprüche in der mündlichen Verhandlung wirksam anerkannt hat, war gegen ihn dem Anerkenntnis gemäß zu erkennen, § 307 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Ein Anerkenntnis und ein darauf ergehendes Anerkenntnisurteil sind auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes möglich (vgl. Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 26. Auflage 2007, § 307 Rn. 2), denn auch dieses unterliegt der Dispositionsmaxime.

II. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahren sind von dem Antragsgegner zu tragen, § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO. Die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses im Sinne des § 93 ZPO, ohne dass der Antragsgegner der Antragstellerin zur Einreichung des Verfügungsantrags Veranlassung gegeben habe, liegen nicht vor.

Dabei kann offen bleiben, ob das im Termin vom 24. Juli 2008 erklärte Anerkenntnis noch ein "sofortiges" im Sinne des § 93 ZPO war, nachdem sich der Antragsgegner in seiner schriftsätzlichen Erwiderung vom 07. Juli 2008 neben der Rüge zu weitgehender Anträge auch mit dem Einwand arglistigen Handelns verteidigt hatte. Denn jedenfalls hat der Antragsgegner der Antragstellerin Veranlassung zur Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen wettbewerbswidriger Patentberühmung gegeben.

Veranlassung zur Klageerhebung bzw. zum Verfügungsantrag gibt der Beklagte bzw. Antragsgegner im Allgemeinen, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger bzw. Antragsteller so war, dass dieser annehmen durfte, er werde ohne Anrufung des Gerichts nicht zu seinem Recht kommen (vgl. BGH, NJW 1979, 2040, 2041). Ob der Beklagte Veranlassung zur Anrufung des Gerichts gegeben hat, beurteilt sich nach seinem Verhalten vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe, zu dessen Bewertung auch sein anschließendes Verhalten herangezogen werden kann, denn dieses kann seine frühere Veranlassung zumindest indizieren (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 93 Rn. 3 m.w.N.). Ließ das vorprozessuale Verhalten des Beklagten allerdings noch keinen Schluss auf die Notwendigkeit der Anrufung der Gerichte zu, ist ein rückschauendes "Nachwachsen" allein aus dem Verhalten nach Klageerhebung nicht möglich (BGH, a.a.O.). Werden Unterlassungsansprüche wegen Wettbewerbsverstoßes geltend gemacht, besteht eine Veranlassung zur Klageerhebung im Allgemeinen nur, wenn der als Verletzer in Anspruch Genommene auf eine vorgerichtliche Abmahnung hin kein mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrtes Unterlassungsversprechen abgibt (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 93 Rn. 6, Stichwort "Wettbewerbsstreitigkeiten" m.w.N.). Die Abmahnung soll dem Verletzer Gelegenheit geben, dem Unterlassungsbegehren freiwillig zu entsprechen, um unnötige Gerichtsverfahren und Kosten zu vermeiden. Zu diesem Zweck gehört es zu den zwingenden Bestandteilen einer Abmahnung, den beanstandeten Verstoß (die gerügte Verletzungshandlung) konkret zu bezeichnen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage 2007, 41. Kapitel, Rn. 14, S. 547 m.w.N.). Die Verletzungshandlung muss dem Abgemahnten in tatsächlicher Hinsicht so detailliert beschrieben werden, dass ihm deutlich wird, was konkret beanstandet wird, wobei Ungenauigkeiten zu Lasten des Abmahnenden gehen (Ottofülling, in: MK-UWG, 1. Auflage 2006, § 12 Rn. 37).

Hier hatte der Antragsgegner auf der Grundlage des Abmahnschreibens vom 25. April 2008 (Anlage ASt 8) hinreichende Möglichkeit und Veranlassung, die Frage des ihm vorgeworfenen Wettbewerbsverstoßes zu prüfen und durch Abgabe der von ihm verlangten Verpflichtungserklärung die Anrufung der Kammer durch die Antragstellerin zu vermeiden. Das Schreiben vom 25. April 2008 war zu diesem Zweck hinreichend bestimmt: Es bezeichnet den Wettbewerbsverstoß in einer Weise, die es dem Antragsgegner, der mit den von ihm selbst angebotenen Produkten wesentlich besser vertraut sein muss als die Antragstellerin, ermöglicht hätte, den Gegenstand des ihm vorgeworfenen Wettbewerbsverstoßes mit zumutbarem Aufwand klar zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Dass das konkrete wettbewerbswidrige Angebot (Anlage ASt 2) der Abmahnung nicht in Kopie beigefügt war oder konkret in Bezug genommen wurde, hinderte die Feststellung des gerügten Wettbewerbsverstoßes durch den Antragsgegner nicht. Denn die in dem Angebot (Anlage ASt 2) konkret beworbenen Produkte "X Standard" und "X Mini" werden in dem Abmahnschreiben zumindest dem gemeinsamen Kern, ihrer Zugehörigkeit zur Produktreihe "X", nach bezeichnet. In inhaltlicher Hinsicht gibt die Abmahnung vom 25. April 2008 nicht nur den Wortlaut der beanstandeten Werbung (Anlage ASt 8, zweiter Absatz) wieder, sondern erläutert auch die Umstände, in denen die Antragstellerin eine Wettbewerbswidrigkeit erblickte: Sie lässt in der Abmahnung ausdrücklich darlegen, die Wettbewerbswidrigkeit der Werbehandlungen folge zum einen daraus, dass das EP X noch nicht erteilt ist (Anlage ASt 8, dritter Absatz), weshalb mit der Patentanmeldung nur in einer Weise hätte geworben werden dürfen, die klarstellt, dass es sich noch nicht um ein von fachkundiger Stelle geprüftes Schutzrecht handelt. In inhaltlicher Hinsicht klärt der vierte Absatz der Abmahnung den Antragsgegner ferner darüber auf, dass weder die europäische Patentanmeldung EP X noch das österreichische Patent AT X das damit beworbene Produkt betreffe und sowohl die Patentanmeldung als auch das erteilte Schutzrecht daher sachlich nicht einschlägig seien. Schließlich enthält der vierte Absatz der Abmahnung auch die Erläuterung, warum das beworbene Produkt "X" weder der Patentanmeldung noch dem erteilten Patent unterfalle, weil in der Adhäsionsfolie des beworbenen Produkts kein Ausschnitt vorgesehen ist.

Sämtliche genannten Punkte werden in der vorbereiteten, der Abmahnung beigefügten Verpflichtungserklärung (Anlage ASt 8, Blatt 3) wieder aufgegriffen; insbesondere in inhaltlicher Hinsicht enthält die Verpflichtungserklärung die weitergehende Präzisierung, dass es um Hafttaschen-Produkte mit der Bezeichnung "X" geht, "die eine durchgehend unversehrte Adhäsionsfolie aufweisen", und um die Werbung mit Schutzrechten, "die sich auf einen Schlitz oder einen Ausschnitt in der Adhäsionsfolie beziehen". Aus diesen Angaben wäre es dem Antragsgegner ohne Weiteres möglich und zuzumuten gewesen, den Gegenstand des ihm vorgeworfenen Wettbewerbsverstoßes zu erkennen. Selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass es - wie im Schriftsatz vom 23. Juli 2008 behauptet und seitens der Antragstellerin im Termin bestritten - in Gestalt der Hafttasche "X Big" auch solche Hafttaschen gibt, die einen patentgemäßen bzw. der Patentanmeldung EP X entsprechenden Ausschnitt in der Adhäsionsfolie aufweisen, war es dem Antragsgegner aus den ihm in der Abmahnung mitgeteilten Informationen möglich zu erkennen, auf welche konkreten Produkte sich das wettbewerbswidrige Verhalten bezog. Die anzunehmende Kenntnis des Antragsgegners von den durch ihn selbst angebotenen Produkten musste jedenfalls ihn in die Lage versetzen, zwischen den patentgemäßen Produkten und solchen zu unterscheiden, die einen Ausschnitt in der Adhäsionsfolie nicht aufweisen, was bei den Produkten "X Standard" und "X Mini" unstreitig der Fall ist. Insofern ist zudem zu berücksichtigen, dass auch das Produkt "X Big", sollte es demgegenüber einen Ausschnitt in der Adhäsionsfolie aufweisen, jedenfalls nicht mit Hinweis auf das "Patent EP X" hätte beworben werden dürfen, ohne zugleich klarzustellen, dass es sich dabei lediglich um eine Patentanmeldung handelt.

Sollte es bei dem Antragsgegner auf der Grundlage der Abmahnung noch Unklarheiten gegeben haben, welches konkret wettbewerbswidrige Verhalten ihm vorgeworfen wurde, hätte er sich mit der Bitte um Klärung an die Antragstellerin bzw. ihre die Abmahnung versendenden patentanwaltlichen Vertreter wenden können. Jedenfalls dies wäre ihm ohne Weiteres zuzumuten gewesen. Dass hierfür aber offensichtlich keine Bereitschaft des Antragsgegners bestand, legt die Tatsache nahe, dass auf seine Mitteilung vom 29. April 2008, wonach der gesetzte Termin nicht eingehalten werden könne (Anlage ASt 9), bis zur Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung - bei Gericht eingegangen am 14. Mai 2008 - keine weitere Reaktion des Antragsgegners mehr erfolgte. Jedenfalls durch das Ausbleiben weiterer Nachfragen konnte und durfte sich die Antragstellerin in ihrer Auffassung bestärkt fühlen, dass ein weiteres außergerichtliches Vorgehen gegen den Antragsgegner nicht zu einem Erfolg führen würde.

Bekräftigt wird dies durch das anschließende prozessuale Verhalten des Antragsgegners, das - da es ein zumindest auch vor Anrufung des Gerichts liegendes Verhalten des Antragsgegners, die nicht inhaltliche Reaktion auf das Abmahnschreiben vom 25. April 2008, gibt - mit indizieller Wirkung für die vorprozessuale Veranlassung herangezogen werden kann: Der Antragsgegner stellte in seiner schriftsätzlichen Erwiderung auf den Verfügungsantrag neben Fragen der Reichweite der gestellten Anträge darauf ab, dem Unterlassungsanspruch stehe jedenfalls der Einwand arglistigen Verhaltens entgegen. Durch diesen grundlegenden Einwand hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, er halte den Unterlassungsantrag jedenfalls wegen des Einwandes arglistigen Verhaltens für nicht gegeben. Damit geht es konform, dass der Antragsgegner auch vor Einreichung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung durch die Antragstellerin keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung mit den in der Abmahnung (wie ausgeführt) nachvollziehbar erhobenen Vorwürfen wettbewerbswidriger Werbung geführt hat. Noch in der schriftsätzlichen Erwiderung vom 07. Juli 2008 (Seite 3 unten, Bl. 41 GA) weist der Antragsgegner lediglich vage darauf hin, es gebe neben den Produkten "X Standard" und "X Mini" weitere "X"-Produkte, die "abweichend ausgestaltet" seien, ohne diese konkret zu bezeichnen und insbesondere ohne den Zusatz, dass es sich bei der "abweichenden Ausgestaltung" um eine patentgemäße (AT X) bzw. der Patentanmeldung EP X entsprechende Ausgestaltung handelt, obwohl es für die Rechtsverteidigung allein darauf ankommen konnte. Der Vortrag, dass das Produkt "X Big" über den geschützten Ausschnitt verfüge, findet sich erstmals in dem einen Tag vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 23. Juli 2008 (Seite 2f.; Bl. 51f. GA). Dieses prozessuale Vorgehen des Antragsgegners unterstreicht, dass die Antragstellerin auch schon im Zeitpunkt ihres Verfügungsantrags davon ausgehen durfte, sie werde ihre wettbewerbsrechtlichen Verbietungsrechte nicht ohne gerichtliche Hilfe durchsetzen können.

III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit, die sich in der Sache ausschließlich auf die Kostenentscheidung bezieht, weil der im Wege der einstweiligen Verfügung ergangene Untersagungsausspruch auch ohne ausdrückliche Anordnung sofort vollstreckbar ist, beruht auf § 708 Nr. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 05.08.2008
Az: 4a O 125/08


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