Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Dezember 2008
Aktenzeichen: 23 W (pat) 301/05
(BPatG: Beschluss v. 02.12.2008, Az.: 23 W (pat) 301/05)
Tenor
Das Patent wird widerrufen.
Gründe
I.
Das Patent DE 100 33 066 (Streitpatent) wurde am 7. Juli 2000 beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeuges" angemeldet. Die Prüfungsstelle für Klasse B 60 R des Deutschen Patentund Markenamtes hat das Streitpatent mit Beschluss vom 8. August 2002 erteilt. Die Patenterteilung wurde am 2. Januar 2003 veröffentlicht.
Mit Schriftsatz vom 2. April 2003, eingegangen per FAX am gleichen Tag, hat die Einsprechende Einspruch erhoben, und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, weil die Gegenstände der Patentansprüche des Streitpatents durch den Stand der Technik entweder vorweggenommen oder nahegelegt seien bzw. als einfache konstruktive Maßnahmen im Rahmen üblicher fachmännischer Tätigkeit lägen.
Sie stützt ihr Widerrufbegehren u. a. auf die im Prüfungsverfahren zitierten Druckschriften D1 bis D9, insbesondere auf die Druckschriften D1 DE 199 29 246 A1, D3 DE 196 06 450 A1, D8 DE 296 01 462 U1 sowie auf weitere Dokumente D10 DE 197 03 236 A1, D11 DE 292 007 und D12 DE 41 10 240 C1.
Mit der weiteren Eingabe vom 26. November 2008 reichte die Einsprechende zusätzlich die Dokumente D13 EP 0 206 781 B1 (deutsche Übersetzung DE 36 88 106 T2) und D14 Robert Bosch GmbH, Unternehmensbereich Kraftfahrzeug-Ausrüstung, Abteilung Technische Information (KH/VDT), Chef-Redakteur H. Bauer u. a.: "Autoelektrik, Autoelektronik", 3. Aufl., 1998, S. 70 bis 73 ein.
Die Einsprechende führt in ihrem Einspruchsschriftsatz insbesondere aus, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber jeder der Druckschriften D1, D10 und D11 nicht neu sei, jedenfalls gegenüber einer Kombination der Druckschriften D10 und D12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zugehörigen Fachmanns beruhe, und dass die Ausgestaltungen gemäß den zugehörigen Unteransprüchen nicht neu seien (Unteransprüche 2, 4 und 5) oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruhten (Unteransprüche 2, 3 und 4).
Schließlich sieht die Einsprechende nach den Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 26. November 2008 die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 des Streitpatentes als neuheitsschädlich getroffen durch die Druckschrift D13 an.
Die Patentinhaberin verteidigt ihr Patent mit Schriftsatz vom 9. Januar 2004 in vollem Umfang. Weiter beantragt sie gemäß Hilfsantrag 1 die Aufrechterhaltung ihres Patents in beschränktem Umfang, indem sie in den erteilten Anspruch 1 die Verbindung des Anlassers mit dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie aufnimmt.
Sie beantragt gemäß Hilfsantrag 2 die Aufrechterhaltung ihres Patents in beschränktem Umfang, indem sie die auf eine Steuereinheit mit Erfassung des Zündvorgangs und Freigabe der Leitung zum Anlasser während des Anlassvorganges gerichteten Merkmale des erteilten Unteranspruchs 5 in den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mit aufnimmt.
Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 beantragt die Patentinhaberin gemäß Hilfsantrag 3, der lediglich einen neu formulierten Anspruch 1 umfasst, die Aufrechterhaltung ihres Patents in beschränktem Umfang. Der einzige Anspruch gemäß Hilfsantrag 3 beinhaltet eine Beschränkung auf Personenkraftwagen mit im Heck angeordneter Fahrzeugbatterie und im Frontbereich angeordnetem Anlasser, wobei die übrigen Merkmale sich aus einer Zusammenfassung der jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 ergeben.
Zu der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2008 ist die ordnungsgemäß geladene Patentinhaberin -wie mit der Eingabe vom 1. Dezember 2008 angekündigt -nicht erschienen.
Die Einsprechende vertritt die Auffassung, dass die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeuges gemäß Patentanspruch 1 und die Vorrichtungen gemäß der Ansprüche 2 bis 5 nach Hauptantrag gegenüber der Druckschrift D1 nicht neu seien. Die Gegenstände nach Hilfsantrag 1 und 2 seien ebenfalls gegenüber der D1 nicht neu. Die Vorrichtung zum Starten eines Personenkraftwagens gemäß dem einzigen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beruhe im Hinblick auf die Druckschriften D10 und D12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat schriftsätzlich beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Ansprüche 1 bis 5 überreicht mit Schriftsatz vom 9. Januar 2004 (eingegangen am 12. Januar 2004), erteilter Beschreibung und erteilter Figur 1 (1. Hilfsantrag), weiter hilfsweise, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Ansprüche 1 bis 4 überreicht mit Schriftsatz vom 9. Januar 2004 (eingegangen am 12. Januar 2004), erteilter Beschreibung, ergänzt durch eine mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 eingereichte Seite 3 und erteilter Figur 1 (2. Hilfsantrag), weiter hilfsweise, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Anspruch 1 sowie Beschreibung, Seiten 1 bis 4, überreicht mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 (per Fax am gleichen Tag eingegangen), und erteilter Figur 1 (3. Hilfsantrag).
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat nach Merkmalen gegliedert, aufgrund einer offensichtlichen Berichtigung im Merkmal 1.3 folgenden Wortlaut:
1.1 "Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs mit einer Fahrzeugbatterie (16), 1.2 einem Anlasser 28), 1.3 einer Leitung (22, 26), die den Anlasser mit der Fahrzeugbatterie (16) verbindet, und 1.4 einem in der Leitung (22, 26) angeordneten Unterbrechungsglied (24) zum reversiblen Trennen des Anlassers (28) von der Fahrzeugbatterie (16), wobei durch das Unterbrechungsglied (24) ein anlasserseitiger Leitungsabschnitt (26) und ein fahrzeugbatterieseitiger Leitungsabschnitt (22) gebildet werden, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5 das Unterbrechungsglied (24) in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie (16) befindet."
Im Rahmen der Hilfsanträge werden Vorrichtungsansprüche weiterverfolgt mit jeweils einem selbständigen Hauptanspruch 1.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 weist gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag im kennzeichnenden Teil folgende Formulierung auf:
"... dadurch gekennzeichnet, dass 1.6 die Leitung (22, 26) den Anlasser (28) mit dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (16) verbindet und 1.7 das Unterbrechungsglied (24) einerseits in der Leitung (22, 26) zwischen dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (16) und dem Anlasser (28) und andererseits in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie befindet."
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ergibt sich aus der Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 5 und weist gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag folgende Zusatzmerkmale auf:
1.8 "... wobei die Vorrichtung weiterhin eine Steuereinheit (32) umfasst, mit der ein Signal zur Feststellung eines Anlassvorgangs erfassbar ist und 1.9 die ausgelegt ist, bei Feststellung eines Anlassvorgangs das Unterbrechungsglied (24) derart anzusteuern, dass die Leitung (22, 26) für die Dauer des Anlassvorgangs freigegeben wird."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beinhaltet eine Beschränkung auf Personenkraftwagen mit im Heck angeordneter Fahrzeugbatterie und im Frontbereich angeordnetem Anlasser, wobei die übrigen Merkmale sich aus einer Zusammenfassung der jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 ergeben.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 hat folgenden Wortlaut, wobei die Merkmalsgliederung -soweit wie möglich -auf die vorstehende Merkmalsgliederung zurückgeht und geringfügige Abweichungen in der Merkmalsformulierung mit "+" für Plus-Anschlusspol und " ' " für Einschränkung auf nur für die Dauer des Anlassvorganges markiert sind:
1.10 "Vorrichtung zum Starten eines Personenkraftwagens mit einer im Heck des Personenkraftwagens angeordneten Fahrzeugbatterie (16), die einen Plus-Anschlusspol aufweist, 1.11 einem im Frontbereich des Personenkraftwagens angeordneten Anlasser (28), 1.6 einer Leitung (22, 26), die den Anlasser (28) mit dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (16) verbindet, und 1.4+ einem in der Leitung (22, 26) zwischen dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (16) und dem Anlasser angeordneten Unterbrechungsglied (24) zum reversiblen Trennen des Anlassers (28) von der Fahrzeugbatterie (16), wobei durch das Unterbrechungsglied (24) ein anlasserseitiger Leitungsabschnitt (26) und ein fahrzeugbatterieseitiger Leitungsabschnitt (22) gebildet werden, dadurch gekennzeichnet, 1.5 dass das Unterbrechungsglied (24) in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie (16) befindet, 1.8 wobei die Vorrichtung weiterhin eine Steuereinheit (32) umfasst, die ausgelegt ist, Signale an einem Zündschloss (34) des Personenkraftwagens zur Feststellung eines Anlassvorgangs abzugreifen, wobei 1.9' die Steuereinheit (32) weiterhin ausgelegt ist, bei Feststellung eines Anlassvorgangs das Unterbrechungsglied (24) derart anzusteuern, dass die Leitung (22, 26) nur für die Dauer des Anlassvorgangs freigegeben wird."
Bezüglich der jeweiligen Unteransprüche nach Hauptund Hilfsanträgen 1 und 2 und weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt i. V. m. dem Streitpatent verwiesen.
II 1) Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich aus § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung. Danach ist nicht das Patentamt, sondern das Patentgericht zuständig, wenn -wie im vorliegenden Fall -die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist. Diese befristete Regelung ist nach Ablauf von insgesamt 4 Jahren und 6 Monaten zum 1. Juli 2006 ohne weitere Verlängerung ausgelaufen, so dass ab 1. Juli 2006 die Zuständigkeit für die Entscheidung in den Einspruchsverfahren wieder auf das Patentamt zurückverlagert wurde.
Das Bundespatentgericht bleibt gleichwohl für die durch § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG zugewiesenen Einspruchsverfahren auch nach dem 30. Juni 2006 zuständig, weil der Gesetzgeber eine anderweitige Zuständigkeit für diese Verfahren nicht ausdrücklich geregelt hat und deshalb der in allen gerichtlichen Verfahren geltende Rechtsgrundsatz der "perpetuatio fori" (analog § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und analog § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) zum Tragen kommt, wonach eine einmal begründete Zuständigkeit bestehen bleibt. Die Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG durch das "Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes" (BGBl 06, Teil I, Seite 1318) führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. Oktober 2006, GRUR 2007, 499 -"Rundsteckverbinder/perpetuatio fori").
Diese Rechtsauffassung zur fortdauernden Zuständigkeit des Bundespatentgerichts wurde auch durch den Bundesgerichtshof bestätigt (BGH GRUR 2007, 862 "Informationsübermittlungsverfahren II").
2) Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zwar nicht angegriffen worden, jedoch ist diese von Amts wegen zu prüfen (vgl. Schulte PatG, 8. Auflage, § 59, Rdnr. 160).
Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, weil der Widerrufsgrund des § 21 (1) PatG, insbesondere der mangelnden Neuheit bzw. mangelnden erfinderischen Tätigkeit angegeben ist (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG) und die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im einzelnen angegeben sind (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG); weiterhin wird in der zugehörigen Begründung ein konkreter Bezug der einzelnen Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 zum Stand der Technik nach den Druckschriften D1, D10 und D11 hergestellt wird, um mangelnde Neuheit bzw. mangelnde erfinderische Tätigkeit zu belegen.
3) Ausweislich der geltenden Beschreibungseinleitung betrifft das vorliegende Patent eine Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs mit einer Fahrzeugbatterie, einem Anlasser, einer Leitung, die den Anlasser der Fahrzeugbatterie verbindet und einem in der Leitung angeordneten Unterbrechungsglied zum Trennen des Anlassers von der Fahrzeugbatterie, wobei durch das Unterbrechungsglied ein anlasserseitiger Leitungsabschnitt und ein fahrzeugbatterieseitiger Leitungsabschnitt gebildet werden (vgl. Abschnitt [0001] des Streitpatents).
Im Streitpatent ist weiter ausgeführt, dass insbesondere bei Fahrzeugen, deren Fahrzeugbatterie im Heckbereich angeordnet ist, sich ein Problem dadurch ergäbe, dass die gesamte Länge der Hochstromleitung von der Fahrzeugbatterie bis zum Anlassermagneten auch außerhalb eines Anlassvorgangs unter Spannung steht und dies darin resultieren kann, dass im Falle eines Unfalls mit Beschädigung dieser Leitung ein Leitungsbrand entsteht (vgl. Abschnitt [0002] des Streitpatents).
Die Erfindung gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 liegt als technisches Problem die einheitliche Aufgabe zugrunde, eine kostengünstige Lösung bereitzustellen, mit der Leitungsbrände verursacht durch das Verbindungskabel zwischen Fahrzeugbatterie und Anlasser wirksam verhindert werden können (vgl. Streitpatent Abschnitt [0010]).
Diese Aufgabe wird gemäß Hauptantrag durch die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 gelöst. Dem Streitpatent liegt hierbei die Idee zugrunde, dass die Gefahr von Leitungsbränden umso mehr reduziert werden kann, je näher das Unterbrechungsglied an der Fahrzeugbatterie angeordnet wird. Je näher nämlich das Unterbrechungsglied an der Fahrzeugbatterie angeordnet ist, desto geringer ist das Leitungsstück, das auch außerhalb eines Anlassvorgangs unter Spannung steht (vgl. Streitpatent Abschnitte [0011] und [0012]).
Bei der Lösung nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist es gemäß dem kennzeichnenden Teil wesentlich, dass das Unterbrechungsglied (24) in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie (16) befindet.
Das Problem wird weiter durch die Ausgestaltungen der Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs nach den jeweiligen Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 und der Vorrichtung zum Starten eines Personenkraftwagens nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 gelöst.
Bei der Lösung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 kommt es wesentlich darauf an, dass die Leitung (22, 26) den Anlasser (28) mit dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (16) verbindet und das Unterbrechungsglied (24) einerseits in der Leitung (22, 26) zwischen dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (16) und dem Anlasser (28) und andererseits in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie (16) befindet.
Bei der Lösung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 kommt es wesentlich auf die Ausgestaltung der Steuereinheit (32) mit Erfassung des Zündvorgangs und Freigabe der Leitung (22, 26) zum Anlasser während der Dauer des Anlassvorganges eines Kraftfahrzeuges gemäß den Merkmalen der erteilten Patentansprüche 1und 5an.
Bei der Lösung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 kommt es wesentlich darauf an, dass die Fahrzeugbatterie (16) im Heck und der Anlasser (28) im Frontbereich eines Personenkraftwagens angeordnet sind und Signale an einem Zündschloss von einer Steuereinheit abgreifbar sind, und die Leitung (22, 26) nur für die Dauer des Anlassvorgangs freigegeben wird.
4) Die Frage der ursprünglichen Offenbarung der Lehren nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 kann unerörtert bleiben, weil deren Lehren im Hinblick auf den Stand der Technik nicht patentfähig sind, vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121 Abschnitt II.1. -"Elastische Bandage".
Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener, mit der Entwicklung von Startervorrichtungen in Kraftfahrzeugen betrauter Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Fachhochschulausbildung zu definieren. Diesem Fachmann sind aufgrund seiner praktischen Tätigkeit die Konstruktion, die Bauweise und der Betrieb von Startervorrichtungen, insbesondere für Kraftfahrzeuge, sowie deren Integration in das Fahrzeug und die dafür notwendigen Voraussetzungen bekannt.
Die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs gemäß geltendem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist gegenüber derjenigen gemäß der Druckschrift D1 nicht neu.
Die bereits im Prüfungsverfahren als ältere Anmeldung herangezogene Druckschrift D1 offenbart eine Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs mit einer Fahrzeugbatterie (Starterbatterie 4, wobei die Ausführungen in D1 gemäß Spalte 3, Zeilen 20 bis 21, sinngemäß auch für Ein-Batteriesysteme gelten), einem Anlasser (Starter 2), einer Leitung (Starterleitung 13 zwischen Starter 2, S und einer elektronischen Polklemme 7 und nicht bezeichneter Leitungsabschnitt zwischen elektronischer Polklemme 7 und Starterbatterie 4), die den Anlasser (Starter 2) mit der Fahrzeugbatterie (Starterbatterie 4) verbindet, und einem in der Leitung (Starterleitung 13 und in Fig. 1 nicht bezeichneter Leitungsabschnitt zwischen elektronischer Polklemme 7 und Starterbatterie 4) angeordneten Unterbrechungsglied (elektronische Polklemme 7) zum reversiblen Trennen des Anlassers (Starter 2) von der Fahrzeugbatterie (Starterbatterie 4), wobei durch das Unterbrechungsglied (elektronische Polklemme 7) ein anlasserseitiger Leitungsabschnitt (Starterleitung 13 zwischen Starter 2 und einer elektronischen Polklemme 7) und ein fahrzeugbatterieseitiger Leitungsabschnitt (in Fig. 1 nicht bezeichneter Leitungsabschnitt zwischen elektronischer Polklemme 7 und Starterbatterie 4) gebildet werden, wobei das Unterbrechungsglied (elektronische Polklemme 7) in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie (Starterbatterie 4) befindet (Gemäß D1, Spalte 3, Zeilen 45 bis 47, werden die Starterbatterie 4 und die elektronische Polklemme 7 vorzugsweise unter dem Fahrersitz angeordnet. Der Starter eines Kraftfahrzeugs ist, wie dem Fachmann bekannt ist, technisch bedingt in unmittelbarer Nähe des Kraftfahrzeugmotors angeordnet, wobei der Kraftfahrzeugmotor mit dem Starter vom Fahrersitz beabstandet angeordnet ist. Die elektronische Polklemme weist in diesem Fall einen Abstand zu dem Starter auf, der größer ist als der Abstand zwischen der elektronischen Polklemme und der Starterbatterie. Die in D1 beschriebene Anordnung von Starter und elektronischer Polklemme unter dem Fahrersitz führt daher zwangsläufig zu einer Anordnung der elektronischen Polklemme in der Leitungshälfte, an deren Ende sich die Starterbatterie befindet).
Somit ist die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents gegenüber der Druckschrift D1 ersichtlich nicht neu.
5) Die im Rahmen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergänzten Merkmale vermögen nicht die Neuheit der Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs gemäß geltendem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 gegenüber derjenigen gemäß der Druckschrift D1 zu begründen.
Die Druckschrift D1 offenbart eine Startervorrichtung, bei der die Leitung (weitere Leitung zur Batterie 4 und die Starterleitung 13) den Anlasser (Starter 2) mit dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (4) verbindet (zwischen Starter 2 und Pluspol der Starterbatterie 4 angeordnete Polklemme 7 / vgl. Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung i. V. m. Spalte 3, Zn. 56 bis 58) und das Unterbrechungsglied (7) in der Leitung (weitere Leitung zur Batterie 4 und Starterleitung 13) zwischen dem Plus-Anschlusspol der Fahrzeugbatterie (4) und dem Anlasser (2) angeordnet ist.
Daher sind die ergänzten Merkmale des Gegenstandes des geltenden Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ebenfalls in der Druckschrift D1 offenbart.
Somit ist die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 gegenüber der Druckschrift D1 nicht neu.
6) Die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs gemäß geltendem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2, die aus einer Zusammenfassung der Merkmale der erteilten Patentansprüche 1 und 5 nach Hauptantrag besteht, ist gegenüber derjenigen gemäß der Druckschrift D1 ebenfalls nicht neu.
Die Druckschrift D1 offenbart nämlich eine Startervorrichtung, die auch eine Steuereinheit (nicht dargestellten Startfreigabesteuergeräte, das durch die Steuerleitung 11 implizit vorausgesetzt wird / Sp. 4, Zeilen 28 und 29) umfasst, mit der ein Signal zur Feststellung eines Anlassvorgangs erfassbar ist und die ausgelegt ist, bei Feststellung eines Anlassvorgangs das Unterbrechungsglied (Polklemme 7) derart anzusteuern, dass die Leitung (weitere Leitung zur Batterie 4 und die Starterleitung 13) für die Dauer des Anlassvorgangs freigegeben wird (vgl. in D1, Spalte 4, Zeilen 20 bis 50).
Somit ist ersichtlich auch die Vorrichtung zum Starten eines Kraftfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 gegenüber der Druckschrift D1 nicht neu.
7) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist ohne erfinderische Tätigkeit des zuständigen Fachmanns zu erlangen:
Die von der Einsprechenden in ihrem Einspruchsschriftsatz genannte Druckschrift D12 offenbart eine Vorrichtung zum Starten eines Personenkraftwagens (Pkw, Spalte 1, Zeile 16) mit einer im Heck des Personenkraftwagens angeordneten Fahrzeugbatterie (Batterie 10, Spalte 1, Zeilen 24 bis 28), einem im Frontbereich des Personenkraftwagens angeordneten Anlasser (in der Figur nicht gezeigter Anlassermotor, Spalte 3, Zeile 26 und 27), einer Leitung (Hauptstromleitung 11), die den Anlasser (nicht gezeigter Anlassermotor) mit dem Plus-Anschlusspol (zweiter Pol 10B muss ein Plus-Anschlusspol sein, wenn in der Hauptstromleitung 11 ein großer Strom zum Starter fließen soll) der Fahrzeugbatterie (Batterie 10, Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 3) verbindet, und einem in der Leitung (Hauptstromleitung 11) zwischen dem Plus-Anschlusspol (10B) der Fahrzeugbatterie (Batterie 10) und dem Anlasser (nicht gezeigter Anlassermotor) angeordneten Unterbrechungsglied (Abschalteinrichtung 16) zum reversiblen Trennen des Anlassers (nicht gezeigter Anlassermotor) von der Fahrzeugbatterie (Batterie 10), wobei durch das Unterbrechungsglied (Abschalteinrichtung 16) ein anlasserseitiger Leitungsabschnitt (Hauptstromleitung 11 und in der Figur nicht bezeichneter Leitungsabschnitt zwischen Stromfühler 17 und Abschalteinrichtung 16) und ein fahrzeugbatterieseitiger Leitungsabschnitt (in der Figur nicht bezeichneter Leitungsabschnitt zwischen Abschalteinrichtung 16 und Batterie 10) gebildet werden, wobei das Unterbrechungsglied (Abschalteinrichtung 16) in der Leitungshälfte angeordnet ist, an deren Ende sich die Fahrzeugbatterie (Batterie 10) befindet (Gemäß Spalte 2, Zeilen 65 und 66, Spalte 3, Zeilen 13 bis 17 und 25 bis 28, ist die Batterie 10 z. B. im Heck eines Kraftfahrzeugs untergebracht, die Abschalteinrichtung 16 ist nahe bei der Batterie untergebracht, so dass eine kürzestmögliche elektrische Verbindung zwischen dem Batteriepol 10B und der Kontaktbrücke 16B möglich ist und von der Abschalteinrichtung 16 führt die Hauptstromleitung 11 in den vorderen Teil des Fahrzeugs, insbesondere zum nicht gezeigten Anlassermotor bzw. dessen Magnetschalter. Damit ist bei der in D12 beschriebenen Einrichtung zwangsläufig die Abschalteinrichtung 16 in der Leitungshälfte angeordnet, an deren Ende sich die Batterie 10 befindet. In D12, Spalte 3, Zeilen 17 bis 20, ist ausgeführt, dass ein Stromfühler 17, der zwischen Batterie 10 und nicht gezeigtem Anlassermotor angeordnet ist, und die Abschalteinrichtung 16 einhäusig integriert ausgebildet sein können, so dass beide Teile einstückig ersetzbar sind. In diesem Fall wird zwischen dem Stromfühler 17 und der Abschalteinrichtung 16 ein weiteres Leitungsstück nicht eröffnet. Zu beachten ist auch, dass eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Unterbrechungsglied und dem Anlasser nicht Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist).
Dabei umfasst die Vorrichtung nach der Druckschrift D12 eine Steuereinheit (Ansteuermittel 26, 26.2 / vgl. Anspruch 1, Spalte 6, Zn. 53 bis 60 und vgl. Anspruch 2, Spalte 7, Zn. 1 bis 5), die ausgelegt ist, Signale an einem Zündschloss des Personenkraftwagens zur Feststellung eines Anlassvorganges abzugreifen, wobei die Kontaktbrücke (16B) des Unterbrechungsglieds (16) bei angelassenem Motor nur geöffnet wird, um eine Überlastung der Hauptleitung 11 zu vermeiden (vgl. dort Spalte 4, Z. 59 bis Spalte 5, Z. 9).
Damit offenbart die Druckschrift D12 nicht das letzte Teilmerkmal der Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3, dem zufolge die Steuereinheit weiterhin ausgelegt ist, dass die Leitung nur für die Dauer des Anlassvorganges freigegeben wird.
Bei der Suche nach einer im Vergleich zu der in der Druckschrift D12 offenbarten Startvorrichtung kostengünstigeren Lösung, zieht der Fachmann die in der einschlägigen Druckschrift D13 (vgl. dort Seite 1, Zn. 1 bis 4) offenbarte Lösung in Betracht, weil dort systematisch die Steuereinheit (Hauptschalter, Starterknopf) weiterhin ausgelegt ist, bei Feststellung eines Anlassvorganges (... wird ein Hauptschalter eingeschaltet, dann wird ein Starterknopf betätigt, um die Solenoide 14 in dem Schalter 2 zu erregen, um die Kontakte 19 und 20 zu schließen / vgl. dort Seite 6, Abs. 2) das Unterbrechungsglied (Schalter 2) derart anzusteuern, dass die Leitung (11) nur für die Dauer des Anlassvorganges freigegeben wird (Sobald der Motor M läuft und der Starterknopf gelöst ist, werden die Solenoide gelöst, um die Kontakte 19 und 20 zu öffnen und die Stromzufuhr zum Anlassermotor zu unterbrechen. / vgl. D13 a. a. O).
Wegen der offensichtlichen sicherheitsrelevanten Vorteile dieser Lehre nach Druckschrift D13 überträgt der Fachmann diese auf die Startervorrichtung gemäß Druckschrift D12 und gelangt ohne erfinderische Tätigkeit zur Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3. Daher beruht die Lehre des Hilfsantrages 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
8) Wegen der Antragsbindung entfallen mit dem jeweiligen Anspruch 1 auch die geltenden Unteransprüche 2 bis 5 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 und die geltenden Unteransprüche 2 bis 4 nach Hilfsantrag 2 mit den jeweiligen Patentansprüchen 1 der entsprechenden Anträge, weil auf die Gegenstände dieser Unteransprüche kein selbständiger Schutzanspruch gerichtet wurde, vgl. BGH GRUR 2007, 862, -"Informationsübermittlungsverfahren II", Leitsatz.
9) Demnach war das Patent zu widerrufen.
Dr. Tauchert Lokys Dr. Hock Brandt Pr
BPatG:
Beschluss v. 02.12.2008
Az: 23 W (pat) 301/05
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