Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 64/03
(BPatG: Beschluss v. 06.04.2005, Az.: 32 W (pat) 64/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die am 2. Juni 2000 angemeldete und am 12. Januar 2001 für "Ausbildung, Erziehung" eingetragene Bildmarke 300 42 138 hat die Widersprechende aus ihrer am 9. August 1991 angemeldeten, für "Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen; mit Programmen versehenen Datenträger aller Art zu Unterrichtszwecken; Entwicklung und Durchführung von Fernlehrgängen" eingetragenen Bildmarke 2 005 750 sowie aus ihrer am 20. Februar 1998 angemeldeten Wortmarke 398 09 507 ilsdie für "mit Programmen versehenen Datenträger aller Art zu Unterrichtszwecken; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen; Entwicklung und Durchführung von Fernlehrgängen" geschützt ist, am 15. Mai 2001 Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 41 hat den Widerspruch mit Beschluss vom 27. November 2002 (zugestellt am 6. Dezember 2002) zurückgewiesen und dazu ausgeführt, trotz Identität im Bereich Ausbildung unterschieden sich die Marken im Gesamteindruck hinreichend.
Am 7. Januar 2003 hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, angesichts der Identität der Dienstleistungen halte die angegriffene Marke nicht den erforderlichen Abstand zu den Widerspruchmarken ein.
Sie beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamt vom 27. November 2002 abzuändern und die Eintragung der Marke 300 42 138 wegen des Widerspruchs aus den Marken 2 005 750 und 398 09 507 zu löschen.
Demgegenüber beantragt der Markeninhaber, die Beschwerde zurückzuweisen und die endgültige Eintragung der Marke zu verfügen.
Er hat im Widerspruchsverfahren noch darauf abgestellt, dass die Widersprechende ihre Marke 2 005 750 nicht in rechtserhaltender Weise benutzt habe. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht bezieht er sich nur noch auf die Ausführungen der Markenstelle im angefochtenen Beschluss zur ausreichenden Unterscheidbarkeit der Marken.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.
II 1) Die Beschwerde ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 erhoben wurde, - ohne Erinnerung - gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist fristgerecht erhoben, weil der 6. Januar 2003 in Bayern ein Feiertag war (§ 222 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 82 Abs. 1 MarkenG).
2) Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Markenstelle den nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erhobenen Widerspruch zu Recht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen hat. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr; auf die Benutzung der Widerspruchsmarke kommt es daher nicht an.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren bzw. Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke und Aufmerksamkeit des Publikums besteht. So kann ein höherer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS; EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - MARCA / ADIDAS).
a) Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist nichts vorgetragen. Eine Minderung ist ebenfalls nicht ersichtlich; selbst nicht aussprechbare Abkürzungen haben keine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche (BGH GRUR 2002, 106 - DKV/OKV). Anhaltspunkte für die Annahme, gerade der Buchstabenfolge der Widerspruchsmarke "ils" komme von Hause aus nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu, sind nicht gegeben.
b) Die Benutzung beider Widerspruchsmarken unterstellt, stehen sich mit "Ausbildung" (jüngere Marke) und "Durchführung von Fernlehrgängen" (Widerspruchsmarken) jedenfalls teilweise identische Dienstleistungen gegenüber.
c) Auch wenn damit unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände strenge Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen sind, reicht die Abweichung in den letzten Buchstaben der Marken aus, um die Gefahr von Verwechslungen im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG hinreichend sicher auszuschließen.
Die Dienstleistungen richten sich zwar an die allgemeinen Verkehrskreise, es ist aber grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit dem Angebot befassenden Verbraucher abzustellen. Maßstab ist vielmehr ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ / TISSERAND; GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH GRUR Int. 1999, 734, Rdnr. 24 - LLOYD / LOINTS). Der Inanspruchnahme von Ausbildungsdienstleistungen gehen regelmäßig sorgfältige Prüfung und Auswahl voraus, zumal damit oft länger dauernde Verpflichtungen verbunden sind. Deshalb wird das angesprochene Publikum bei der Konfrontation mit den Marken überdurchschnittlich aufmerksam sein und die gegebenen Unterschiede wahrnehmen.
aa) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Marken schon aufgrund der graphischen Gestaltung der angegriffenen Marke ausreichend; die der Widerspruchsmarke 2 005 750 unterstützt dies noch. Die Unterschiede in den letzten Buchstaben (T/S bzw. t/s), die selbst bei üblichen Schreibweisen deutliche Divergenzen aufweisen, treten bei der graphischen Ausgestaltung noch deutlicher in Erscheinung.
bb) Klanglich unterscheiden sich die Marken, als Wörter ausgesprochen, durch die unterschiedlichen Ausklänge ausreichend. Dem harten Sprenglaut t steht das stimmhafte s gegenüber. Bei buchstabierter Aussprache stehen sich die noch deutlicher unterschiedlichen Sprechweisen [ielte] und [ieles] gegenüber, wobei sich der Abstand nochmals vergrößert, wenn beide oder gar nur eine der zu vergleichenden Marken Englisch als [aielti] bzw. [aieles] buchstabiert würden.
cc) Beide Marken mögen Abkürzungen sein, "ils" wohl für "Institut für Lernsysteme" und "ilt" für "International Language Training". Selbst wenn man unterstellt, dass der Verbraucher dies weiß oder erkennt, besteht keine Ähnlichkeit nach dem Sinngehalt.
3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Viereck Kruppa Dr. Albrecht Pü
BPatG:
Beschluss v. 06.04.2005
Az: 32 W (pat) 64/03
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