Landgericht Köln:
Urteil vom 21. Juli 2011
Aktenzeichen: 81 O 45/11

(LG Köln: Urteil v. 21.07.2011, Az.: 81 O 45/11)

Tenor

1. Die Antragsgegner haben es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für die Dienstleistungen für Vermittlungsleistungen für Hotelzimmer und/oder Reiseleistungen

bei der Suchmaschine von Google, auf europäischen und internationalen Google-Seiten, Werbeanzeigen zu schalten, die nach Eingabe der Suchbegriffe „X“ und/oder „X.de“ erscheinen, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:

(Es folgt eine mehrseitige Darstellung)

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt von den Antragsgegnern im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung der Bewerbung auf internationalen Google-Seiten bei Verwendung von „X“ oder „X.de“ als Adwords für eigene Anzeigen.

Die Antragstellerin ist ein seit bald 35 Jahren am Markt tätiges und bekanntes sowie - nach eigener Darstellung - für ihre Leistungen ausgezeichnetes Unternehmen auf dem Gebiet der Hotelzimmervermittlung mit über 250.000 Hotels für die Vermittlung an Privat- und Geschäftskunden. Buchungen können über die Antragstellerin mittels Internet über die www.X.com sowie www.X.de sowie telefonisch und per Telefax erfolgen.

Die Antragstellerin ist Markeninhaberin folgender Marken:

- Deutsche Marke Nr. ...# „X“ (Wortmarke),

- Deutsche Marke Nr. ...# „X“ (Wort-/Bildmarke),

- Deutsche Marke Nr. ...# „X“ (Wort-/Bildmarke),

- Gemeinschaftsmarke Nr. ...# „X.com“ (Wort-/Bildmarke),

- Deutsche Marke Nr. ...# „X“ (Wort-/Bildmarke),

- Deutsche Marke Nr. ...# „X“ (Wort-/Bildmarke).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Einblendungen in der Antragsschrift Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin zu 1, deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 2 ist, bietet unter www.anonym1.de neben anderen Reiseleistungen ein weltweites Online-Reservierungssystem für Hotelzimmer und andere Unterkünfte an.

Die Antragsgegnerin nutzt für die in dem Tenor eingeblendeten ausländischen Google-Seiten die Zeichen „X“ und „X.de“ als Adwords für die Schaltung von Anzeigen, das heißt, dass bei Verwendung dieser Begriffe als Suchwörter die eigene Werbung im Zusammenhang mit der Darstellung der Suchergebnisse erscheint. Die Anzeigen werden oberhalb der Suchergebnisse oder rechts daneben gezeigt.

Durch Urteil des Landgerichts Köln vom 13.04.2011 - 84 O 6/11 - wurde der Antragsgegnerin die Verwendung von „X“ als Adword für die deutsche Google-Seite und dortige Bewerbungen untersagt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts sei gemäß § 32 ZPO begründet, weil sich die Antragsgegnerin mit den beanstandeten Anzeigen auch an Internetnutzer in Deutschland wenden würde. Dies folge aus der Verwendung der deutschen Sprache und der Verlinkung mit der deutschen Internetadresse www.anonym1e.de. Die Anzeigen erscheinen - unstreitig - nur auf den ausländischen Google-Seiten, wenn diese in deutscher Sprache aufgerufen werden. Wirtschaftlich sinnvoll seien die Anzeigen nur, wenn sie sich an Deutsche im Inland wenden würden. Die Antragsgegnerin gebe auch nicht an, welchen Zweck die Schaltung der Anzeigen haben sollte, wenn sie keine wirtschaftliche Relevanz haben sollen. Es handele sich um eine bewusste Schaltung der Anzeigen auf den ausländischen Google-Seiten. Es handele sich auch um andere Anzeigen als sie Gegenstand in dem Verfahren 84 O 6/11 gewesen seien. Die Anzeigen seien nach sprachlicher und geographischer Auswahl geschaltet worden. Die Antragstellerin stützt sich zudem auf die Gemeinschaftsmarke und beruft sich auf die Eilzuständigkeit des allgemeinen Markengerichts. Weiter sei die Antragstellerin Inhaberin von Marken für die Wortfolge „X - Hotel Reservation Service“.

Die Markennutzung durch die Adwords erfolge in Doppelidentität. Bei den Wort-/Bildmarken stehe der Wortteil im Vordergrund. Jedenfalls und hilfsweise bestehe Verwechslungsgefahr. Die Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung seien erfüllt. Durch die Benutzung der Marken der Antragstellerin werde deren herkunftshinweisende Funktion beeinträchtigt. Den Anzeigen der Antragsgegnerin sei keine Klarstellung zu entnehmen, dass es sich nicht um Anzeigen der Antragstellerin handele. Die Wortfolge Hotel Reservation lehne sich deutlich an die Antragstellerin an. Über die Vermittlung von Anonym1en hinaus vermittele die Antragstellerin auch Reiseleistungen. Ferner und hilfsweise beruft sich die Antragstellerin auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche, nämlich §§ 3, 5, 8 UWG sowie auf §§ 3, 4 Nr. 10, 8 UWG. Die Rechtsvertreter der Antragstellerin seien - unter Bezugnahme auf die eidesstattliche Versicherung Anlage K 4 - erstmals bei einer Überprüfung am 18.04.2011 auf die beanstandeten Anzeigen aufmerksam geworden. Der zuständige Mitarbeiter sowie der Geschäftsführer der Antragstellerin seien am 20.4.2011 informiert worden und hätten hiervon erstmals erfahren. Die Antragstellerin habe ihre Ansprüche ohne ungebührliches Zuwarten verfolgt.

Auch der Antragsgegner zu 2 hafte, da davon auszugehen sei, dass er infolge des Vorprozesses von den Markenverletzungen Kenntnis gehabt haben müsse.

In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin klar gestellt, dass sie aus den Marken in der o.a. Reihenfolge vorgeht.

Die Antragstellerin beantragt,

wie erkannt.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegner rügen die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Sie weisen darauf hin, dass die Antragsgegnerin zu 1 im Gegensatz zur Antragstellerin auch Reiseleistungen anbiete. Der Antragsgegner zu 2 hafte schon deshalb nicht, weil er als Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe mit 1.300 Mitarbeitern für das Schalten von Anzeigen nicht persönlich zuständig sei und hiervon auch keine Kenntnis gehabt habe. Die Anzeigen seien nicht zur Bewerbung gegenüber Inlandsdeutschen geschaltet, sondern für den deutschsprachigen Nutzer in dem jeweiligen Auslandsstaat. Die Nutzung durch Inlandsdeutsche sei zu umständlich und daher lebensfremd. Es fehle an der Dringlichkeit. Es sei nicht erkennbar, dass der Antragstellerin ein Schaden drohe, der eine Klärung im einstweiligen Rechtsschutz erfordere. Die Antragstellerin habe sich insgesamt zu viel Zeit, auch nach Antragseinreichung, gelassen. Letztlich sei ein relevanter Nutzerkreis für die deutschsprachige Version auf einer ausländischen Google-Seite nicht erkennbar.

Es fehle schließlich an einer Beeinträchtigung der Markenfunktion, wie es der EuGH fordere. Es werde nicht der Eindruck erweckt, die Antragstellerin sei diejenige, die die Anzeigen geschaltet hätte. Auch werde nicht der Eindruck erweckt, die Antragsgegnerin zu 1 sei mit der Antragstellerin wirtschaftlich verbunden. Die Unterscheidbarkeit folge auch daraus, dass bei den Anzeigen solche der Antragstellerin erscheinen würden, so dass der Verbraucher erkenne, dass die Anzeige der Antragsgegnerin zu 1 von einem anderen Unternehmen stamme.

Hotel Reservation sei rein beschreibend.

Es fehle auch an der Verwechslungsgefahr.

Auch seien lauterkeitsrechtliche Ansprüche nicht begründet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

1.

Soweit die Beklagte die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln in Zweifel zieht, folgt diese aus § 32 ZPO, da - wie noch darzulegen ist - in der beanstandeten Bewerbung ein markenrechtlicher Inlandsverstoß liegt.

2.

Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind gegeben.

a)

Für den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung liegt die erforderliche Dringlichkeit vor.

Die Antragstellerin hat, durch eidesstattliche Versicherung von Frau Rechtsanwältin M (Anlage K 4) belegt, vorgetragen, erstmals nach der Zustellung des Urteils in der Sache 84 O 6/11 am 18.04.2011 sei bei einer Recherche aufgefallen, dass auf deutschsprachigen internationalen Google-Seiten die beanstandeten Anzeigen geschaltet gewesen seien und dies sei dem zuständigen Leiter der Marketingabteilung der Antragstellerin sowie deren Geschäftsführer am 20.04.2011 mitgeteilt worden. Es bestehen keine Bedenken, diesen eidesstattlich versicherten Vortrag für die Entscheidung zugrunde zu legen. Die Einreichung des Antrags auf einstweilige Verfügung erfolgte am 13.05.2011, damit innerhalb der regelmäßig auf einen Monat zu bemessenden Dringlichkeitsfrist.

Zutreffend ist sodann, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin durch den Vorsitzenden der Kammer zweimal auf Bedenken hingewiesen worden ist, nämlich am 16.05. und am 24.05.2011 - ergänzend am 30.05.2011. Hierauf reagierte die Antragstellerin indes jeweils innerhalb für die Dringlichkeitsbeurteilung angemessener Frist, nämlich mit Schriftsätzen vom 19.05. und 31.05.2011.

Die Bedenken, ohne Anhörung der Antragsgegner zu entscheiden, beruhten sodann nicht auf einem unzureichenden Vortrag der Antragstellerin, sondern auf Bedenken, die beanstandeten Anzeigen könnten im Zuge der Umstellung der Anzeigenpraxis nach der Entscheidung in der Sache 84 O 6/11 von den Antragsgegnern irrtümlich „vergessen“ worden sein. Daher kann der Antragstellerin nicht vorgehalten werden, durch eine unzureichende Bearbeitung die Sache ungebührlich verzögert zu haben.

b)

Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 4, 14 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2, 5 MarkenG.

Die Antragsgegnerin zu 1 hat eingeräumt, die beanstandeten Anzeigen auf den internationalen Google-Seiten unter Verwendung der Adwords „X“ und „X.de“ geschaltet zu haben, ohne allerdings damit die Absicht verbunden zu haben, auf inländische Nutzer abzuzielen.

aa)

Darin liegt eine Markenverletzung der von der Antragstellerin primär angeführten deutschen Wortmarke „X“, bezogen auf das Adword „X“ als Nutzung eines identischen Zeichens gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und bezogen auf „X.de“ als Nutzung eines verwechslungsfähigen Zeichens gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Dass die Wortmarke „X“ Geltungskraft besitzt, wird von den Antragsgegnern nicht in Zweifel gezogen.

Was die Verwendung von geschützten Marken als Adwords im Rahmen der Adwordwerbung anbetrifft, wenn - wie hier - in der auf dem Bildschirm angezeigten Werbung der Markenbegriff nicht auftaucht, hat bereits die 4. Kammer für Handelssachen in dem Parallelverfahren 84 O 6/11 Folgendes ausgeführt:

„III. Die Adword-Werbung der Antragsgegnerin verletzt die Markenrechte der Antragstellerin an dem Kennzeichen „X“, so dass die Antragstellerin Unterlassung verlangen kann, §§ 4, 14 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Maßgeblich für die markenrechtliche Beurteilung von Adword-Werbung sind die Entscheidungen des EuGH aus dem Jahre 2010 (GRUR 2010, 445 - Google und Google France; GRUR 2010, 451 - BergSpechte/trekking.at Reisen; GRUR 2010, 641 - Bananabay; GRUR 2010, 841 - Portakabin/Primakabin). Hiervon gehen auch die Parteien aus, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des EuGH in den vorgenannten Entscheidungen verwiesen werden kann.

Die Parteien streiten lediglich darüber, ob die streitgegenständliche Adword-Werbung der Antragsgegnerin nach Maßgabe der vom EuGH aufgezeigten Kriterien zur Beurteilung der Beeinträchtigung der herkunftsweisenden Funktion der Marke sich noch im zulässigen Rahmen bewegt oder nicht. Der EuGH hat insoweit ausgeführt:

„Hinsichtlich der herkunftsweisenden Funktion hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Frage, ob diese Funktion beeinträchtigt wird, wenn den Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselwortes eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, davon abhängt, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftsweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen…

Hierzu hat der Gerichtshof auch klargestellt, dass auf eine Beeinträchtigung der herkunftsweisenden Funktion zu schließen ist, wenn die Anzeige suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Auch wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, aber hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist, ist auf eine Beeinträchtigung der herkunftsweisenden Funktion zu schließen.“ (vgl. z.B. BGH GRUR 2010, 451, 453 Tz. 35, 36 - BergSpechte/trekking.at Reisen).

Nach diesen Grundsätzen, die sowohl im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG als auch des § 14 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gelten (vgl. z.B. BGH GRUR 2010, 451, 453 Tz. 39, 40 - BergSpechte/trekking.at Reisen), stellt die streitgegenständliche Adword-Werbung der Antragsgegnerin eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin an dem Kennzeichen „X“ dar.

Nach den Entscheidungen des EuGH hängt die Frage, ob die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt wird, nicht davon ab, ob die als Schlüsselwort gebuchte Marke auch in der Anzeige erscheint (BGH GRUR 2010, 445 - Google und Google France- Tz. 65-73). Unter den oben dargestellten Voraussetzungen kann die Herkunftsfunktion der Marke vielmehr auch dann beeinträchtigt sein, wenn diese - wie hier - in der Anzeige nicht wiedergegeben wird.

Die streitgegenständlichen Anzeigen der Antragsgegnerin sind so vage gehalten, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist.“

Nach diesem Maßstab, dem auch die Kammer folgt, stellen die beanstandeten Werbungen eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke „X“ dar. So vermag der normal informierte und angemessen aufmerksame Verbraucher bei Betrachtung der beanstandeten Anzeigen nicht zu erkennen, dass diese nicht mit der Antragstellerin in Verbindung stehen, insbesondere von einem von der Antragstellerin unabhängigen Anbieter geschaltet werden. Soweit die Anzeigen - wie überwiegend - als alleinige Anzeigen auftauchen, liegt die Annahme einer Verbindung zur Antragstellerin sogar besonders nahe, wenn der Firmenname der Antragstellerin, der zugleich der geschützte Markenname ist, als Suchwort eingegeben worden ist. Die Gestaltung der Anzeigen ist neutral und bietet keine nähere Auskunft über den Anbieter, so dass der Verbraucher nicht erkennen kann, dass es sich gerade nicht um die Antragstellerin als Werbeträgerin handelt. Die Verlinkung auf www.anonym1.de ist sachlich gehalten und stellt nicht auf die Firma der Antragsgegnerin zu 1 ab, was einen Irrtum begünstigt. Soweit in den Anzeigen mit „Hotel Reservation“ geworben wird, ist die Anlehnung an die Firma der Antragstellerin noch deutlicher und begünstigt zusätzlich die Verwechslungsgefahr. Diese wird nicht ausgeräumt, soweit - worauf die Antragsgegner hinweisen - auch Anzeigen der Antragstellerin auf dem Bildschirm angezeigt werden. Hier bleibt aus Sicht des Verbrauchers nämlich die Möglichkeit bestehen, dass es sich um Werbung der Antragstellerin über eine andere Webseite handelt oder um Werbung eines mit der Antragstellerin wirtschaftlich verbundenen Unternehmens.

bb)

In den Anzeigen auf ausländischen Google-Seiten liegt ein Inlandsverstoß. Allerdings wird anerkannt, dass nicht jede Bewerbung auf ausländischen Seiten im Internet zugleich einen Inlandsverstoß darstellt, weil im Inland ein Zugriff auf die ausländische Webseite möglich ist. In diesem Fall wäre nämlich sowohl im Rahmen der Zuständigkeit als auch bei der Frage eines Inlandsverstoß stets von einem in Deutschland verfolgbaren Verhalten auszugehen, da es technisch möglich ist, jede Webseite weltweit über einen PC mit Internetanschluss aufzurufen. Um zu einer sinnvollen Begrenzung auf inländische Sachverhalte zu gelangen, sind einschränkende Beurteilungskriterien entwickelt worden.

Hierzu ist in BGH, Urteil vom 13.10.2001 - I ZR 163/02 - (Hotel Maritime) ausgeführt:

Ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - gleiches würde für Art. 5 Nr. 3 EuGVVO gelten - auf Grund einer Kennzeichenverletzung im Internet erforderlich ist, dass sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet, ist umstritten (bejahend Fezer, MarkenR, 3. Aufl., Einl. Rdnr. 216; v. Schultz, MarkenR, Anh. zu § 5 Rdnr. 21; Baumbach/Hefermehl/Köhler, § 14 Rdnr. 16; Ubber, MarkenR im Internet, S. 210; Hoeren, NJW 1998, 2849 [2851]; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG Frankfurt a.M., CR 1999, 450 = NJW-CoR 1999, 302; OLG Bremen, CR 2000, 770 [771]; LG Düsseldorf, GRUR 1998, 159 [160]; a.A. OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814 [815] - Intel; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., Einl. Rdnr. 48; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 141 Rdnr. 8; Bettinger/Thum, GRUR Int 1999, 659 [669]; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: KG, NJW 1997, 3321; OLG München, GRUR-RR 2002, 109 = NJW 2002, 611 = CR 2002, 449 [450]). Die Frage braucht im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden, obwohl viel für eine Begrenzung einer ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen auf diejenigen spricht, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann. Denn die unter der Internet-Domain abrufbare Homepage der Bekl. richtet sich auch inhaltlich bestimmungsgemäß an die Verkehrskreise im Inland. Die Bekl. wirbt in ihrem Internetauftritt in deutscher Sprache für ihr Hotel und wendet sich mit der Werbung daher auch an das deutsche Publikum, für das sie zusätzlich eine Online-Reservierungs- und Buchungsmöglichkeit bereithält.

BGH GRUR 2011, 558 (www.womanineurope.com) lässt für die Beurteilung den inländischen Wohnsitz des Klägers nicht genügen, sondern stellt zusätzlich auf die gewählte Sprache und den Ort der Abfassung des Internetbeitrags ab.

Auch BGH, Urteil vom 30.03.2006 - I ZR 24/03 - (Arzneimittelwerbung im Internet) stellt auf die gewählte Sprache ab, wobei es zusätzlich um die Beachtung eines sog. Disclaimers ging.

Nach OLG Düsseldorf, Urteile vom 22.04.2008 - I-20 U 140/07, I-20 U 93/07 - kann ein Inlandsbezug trotz englischer Sprache und der Wahl der Top-Level-Domain „com“ angenommen werden, wenn sich die Werbung inhaltlich an Inländer wendet.

OLG München, Urteil vom 08.10.2009 - 29 U 2636/09 - befasst sich mit der Wahl der deutschen Sprache, wenn das Verhalten eines in der Schweiz ansässigen Unternehmens beanstandet wird.

Im vorliegenden Fall ist der Inlandsbezug anzunehmen, was zugleich - wie schon ausgeführt - die örtliche Zuständigkeit rechtfertigt.

Dem Kriterium der Wahl der deutschen Sprache kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Die Anzeige erscheint nämlich zum einen nur in deutscher Sprache und zum anderen nur dann, wenn die ausländische Google-Seite in deutscher Sprache eingestellt ist. Damit wird unzweifelhaft auf Deutschsprachige abgezielt. Dass - wie die Antragsgegner vortragen - aber nicht auf Inlandsdeutsche, sondern auf Auslandsdeutsche bzw. Deutschsprachige Ausländer abgezielt wird, erschließt sich nicht.

Den Antragsgegnern ist zuzugeben, dass sich auf den ersten Blick nicht erschließt, wer das Angebot einer ausländischen Google-Seite in deutschsprachiger Fassung gegenüber der deutschen Google-Seite nutzt. Es mag aber sein, dass sich Verbraucher von Suchergebnissen auf der jeweiligen Google-Seite eines ausländischen Staates, in dem sie ein Hotel suchen, bessere Ergebnisse versprechen. Dass hierdurch bestimmungsgemäß aber nur Ausländer oder Auslandsdeutsche angesprochen werden sollen, erschließt sich nicht. Es ist nämlich von der Motivation, die ausländische Google-Seite in deutschsprachiger Fassung gegenüber der deutschen Google-Seite zu nutzen, nicht zwischen im Ausland und im Inland ansässigen Personen zu unterscheiden. Beiden Personengruppen ist ein gleich großes Interesse beizumessen.

Der Umstand, dass die Beteiligten im Übrigen ihre Geschäftssitze in Deutschland haben, und dass die Antragsgegnerin zu 1 durch die Verlinkung auf ihre Seite mit der deutschen Top-Level-Domain „de“ weiterleitet, spricht aber neben dem schon deutlichen Sprachbezug für ein Abzielen auch auf Inlandsdeutsche.

Dass diese Form der Werbung möglicherweise nur geringen Erfolg verspricht, ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin zu 1 in der vorgenommenen Werbeform und der Weigerung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung diese Werbeform für sich als eine erfolgversprechende Werbeform ansieht.

cc)

Auch der Antragsgegner zu 2 wird von der Antragstellerin zu Recht in Anspruch genommen. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet der Antragsgegner zu 2 als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1 als Störer (vgl. hierzu und im folgenden Ingerl/Rohnke, MarkenG, vor §§ 14-19, Rdnr. 23 f.). Es ist nämlich Aufgabe des Geschäftsführers als zuständiges Gesellschaftsorgan, Markenverletzungen zu unterbinden. Der Antragsgegner zu 2 vermag sich nicht darauf zu berufen, er sei im Rahmen der internen Organisation mit der Schaltung von Werbeanzeigen nicht befasst. Dies gilt ungeachtet der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage, ob der Antragsgegner zu 2 infolge des vorausgegangenen Verfahrens LG Köln 84 O 6/11 nicht doch Kenntnis von dem Werbeverhalten der Antragsgegnerin zu 1 haben müsste. Hier gilt nämlich der Grundsatz, dass sich der Geschäftsführer das Verhalten der Mitarbeiter, auf die er Aufgaben delegiert, gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss. Dementsprechend kann sich der Antragsgegner mit dem bloßen Hinweis auf die Größe des Unternehmens und die Delegation von Aufgaben nicht entlasten.

3.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Antragsgegner vom 14.07.2011 und19.07.2011 bleiben gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt, da die darin angesprochenen Fragen zum einen bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sind und auch auf keine gegenüber den Schriftsätzen der Antragstellerin neuen Aspekte eingeht. Daher kommt auch eine Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 ZPO, die im Eilverfahren ohnehin nur in Ausnahmefälle statthaft ist, in Betracht.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.






LG Köln:
Urteil v. 21.07.2011
Az: 81 O 45/11


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