Oberlandesgericht Karlsruhe:
Beschluss vom 6. Juni 2016
Aktenzeichen: 2 (9) SsBs 144/16; 2 (9) SsBs 144/16 - AK 48/16
(OLG Karlsruhe: Beschluss v. 06.06.2016, Az.: 2 (9) SsBs 144/16; 2 (9) SsBs 144/16 - AK 48/16)
1. Reicht der Beschwerdeführer eine nach § 345 Abs. 1 und 2 StPO iVm § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG frist- und formgerechte Rechtsbeschwerdebegründung ein, die weder eine Verfahrens- noch eine Sachrüge gemäß den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO iVm § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG enthält - hier: bloße Bezugnahme auf früheren Schriftsatz -, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.
2. Zieht der Aufsteller ein Geldspielgerät, dessen im Zulassungszeichen angegebene Aufstelldauer abgelaufen ist, nicht aus dem Verkehr, ist der während des ordnungswidrigen Betriebs des Geldspielgeräts erzielte Umsatz erlangt im Sinne des § 29a OWiG (obiter dictum).
Tenor
Der Antrag der Verfallsbeteiligten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist wird verworfen.
Gründe
I.
Die Verfallsbeteiligte ist im Bereich der Aufstellung von Spielautomaten tätig. Vom 01.06.2013 bis zum 23.01.2014 betrieb sie in der Spielhalle €Z€ in der X Straße in Y entgegen § 7 Abs. 4 SpielV eine Spielgeräteeinheit mit vier Geldspielgeräten, für die keine Prüfplakette gemäß § 7 Abs. 2 SpielV erteilt worden war, obwohl der in ihrem Zulassungszeichen gemäß § 16 Abs.5 SpielV angegebene Beginn der Aufstellung bereits länger als 24 Monate zurücklag. Gegen den Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten wurde kein Verfahren wegen der dadurch begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 144 Abs. 2 Nr. 1a GewO i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 6b SpielV und § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG eingeleitet.
Durch Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 09.11.2015 wurde gegen die Verfallsbeteiligte, die an der Hauptverhandlung selbst nicht teilnahm, sondern sich durch ihren Verfahrensbevollmächtigen vertreten ließ, der Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 8.000 Euro angeordnet.
Gegen dieses Urteil erhob der Verfahrensbevollmächtigte der Verfallsbeteiligten mit Telefax vom 16.11.2015 Rechtsbeschwerde und kündigte eine Antragstellung und Begründung nach Zustellung der Urteilsgründe an.
Nachdem das schriftliche Urteil der Verfallsbeteiligten am 18.12.2015 zugestellt worden war, ging bei dem Amtsgericht Pforzheim am 18.01.2016 ein Telefax des Verfahrensbevollmächtigten der Verfallsbeteiligten ein, in dem dieser mitteilte, es werde €zunächst zur Begründung der Rechtsbeschwerde auf unser Schreiben vom 07.11.2015 Bezug genommen. Eine weitere Begründung erfolgt gegenüber dem Beschwerdegericht€.
Mit Beschluss vom 26.01.2016, der der Verfallsbeteiligten am 02.02.2016 zugestellt wurde, verwarf das Amtsgericht Pforzheim die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da die für die Beschwerdeanträge vorgeschriebene Form nicht gewahrt worden sei.
Mit Telefax vom 05.02.2016 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Verfallsbeteiligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er die Begründung der Rechtsbeschwerde in Folge eigenen, der Verfallsbeteiligten nicht zuzurechnenden Verschuldens unterlassen habe, und begründete die Rechtsbeschwerde mit der Verletzung materiellen Rechts.II.
Der Verfallsbeteiligten kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
Gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 44 Satz 1 StPO setzt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die schuldlose Versäumung einer Frist - hier: zur Begründung der Rechtsbeschwerde - voraus. Ob von einer solchen Fristversäumung auch auszugehen ist, wenn innerhalb der Frist zwar eine Erklärung eingeht, diese jedoch den Formvorschriften des § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 345 Abs. 2 StPO nicht genügt (so BGH, NStZ 2003, 615), bedarf keiner Entscheidung. Denn vorliegend ist am 18.01.2016 und damit innerhalb der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde ein von dem Verfahrensbevollmächtigten der Verfallsbeteiligten unterzeichnetes Schreiben eingegangen, in dem €zur Begründung der Rechtsbeschwerde€ auf ein €Schreiben vom 07.11.2015 Bezug genommen€ wurde.
Mit diesem in Bezug genommenen Schreiben vom 07.11.2015 war gegenüber dem Amtsgericht Pforzheim geltend gemacht worden, dass der vorausgegangene Verfallsbescheid der Stadt Z rechtswidrig sei, da er insbesondere den Gegenstand des gemäß § 29a Abs. 1 OWiG €Erlangten€ verkenne, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße und auf einer fehlerhaften Schätzung beruhe. Indem der Verfahrensbevollmächtigte der Verfallsbeteiligten mit seinem Schreiben vom 18.01.2016 auf dieses Schreiben vom 07.11.2015 Bezug genommen hat, hat er zum Ausdruck gebracht, (auch) das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 09.11.2015 aus sachlichen Gründen angreifen zu wollen. Diese Rüge der Verletzung materiellen Rechts wurde jedoch nicht den Vorgaben des § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 StPO gemäß erhoben, wonach aus der Begründung (selbst) hervorgehen muss, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird; dem ist nicht genügt, wenn der Revisionsangriff - wie hier - ausschließlich aus einer Verweisung auf in der Revisionsbegründung in Bezug genommene Schriftsätze ersichtlich ist (vgl. BGH, NStZ 2007, 166: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 345 Rn. 14).
In einer solchen Konstellation liegt keine schuldlose Fristversäumung vor, deren Folgen zu heilen § 44 StPO bestimmt ist. Vielmehr ist ein Qualitätsmangel einer grundsätzlich fristgerechten Prozesshandlung zu konstatieren, dem durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht begegnet werden kann (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.09.2006, 2 St OLG Ss 170/06; Hilger, NStZ 1983, 152, 153). Im Falle einer innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO und in der Form des § 345 Abs. 2 StPO eingereichten Rechtsbeschwerdebegründung, in der weder eine Verfahrensrüge noch eine Sachrüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO gemäß erhoben wird, kommt daher eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht (ebenso OLG Hamm, NZV 2001, 490; Beschluss vom 07.01.2010, 2 Ss 401/09; siehe auch OLG Köln, NStZ-RR 1996, 212). Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer zunächst unzulässig vorgetragenen Verfahrensrüge - von Ausnahmefällen in hier nicht einschlägigen Prozesssituationen, in denen eine Wiedereinsetzung beispielsweise zur Wahrung rechtlichen Gehörs unerlässlich erscheint - nicht erfolgen kann (BGH, NStZ 2009, 173 f.; Beschluss vom 11.05.2010, 4 StR 117/10; NStZ-RR, 2012, 316). Anderslautende Entscheidungen einiger Oberlandesgerichte älteren Datums (OLG Hamburg, NJW 1965, 312; OLG Hamm, MDR 1978, 507, 508; OLG Zweibrücken, StV 1991, 550; ebenso Valerius, MK-StPO, 1. Aufl. 2014, § 44 Rn. 36; Weßlau/Deiters, SK-StPO, 4. Aufl. 2014, § 44 Rn. 13) sind durch diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt (vgl. auch OLG Hamm, NZV 2001, 490).III.
Nachdem die Verfallsbeteiligte keinen Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 346 Abs. 2 StPO gestellt hat, unterlag der Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 26.01.2016 nicht der Aufhebung, obgleich das am 18.01.2016 eingegangene Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Verfallsbeteiligten den Formvorgaben des § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 345 Abs. 2 StPO entsprach und dem Amtsgericht eine Prüfung, ob die eingegangene Revisionsbegründung den Anforderungen des § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 StPO genügte, gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 346 Abs. 1 StPO nicht oblag (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 01.04.2011, 2 Ss 154/10; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 346 Rn. 2).IV.
Im Übrigen hätte auch eine fristgerechte Antragstellung gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. 346 Abs. 2 StPO im Ergebnis keine wesentlichen Auswirkungen gehabt, da sich die Rechtsbeschwerde mangels fristgerechter, den Vorgaben des § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 StPO genügender Begründung als unzulässig erwiesen hätte.
Aber auch eine wirksame Sachrüge hätte nicht zum Erfolg der Rechtsbeschwerde geführt, die bei zulässiger Erhebung als unbegründet zu verwerfen gewesen wäre. Das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 09.11.2015 weist keinen sachlich-rechtlichen Fehler auf.
1. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht Pforzheim den während des gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1a GewO i. V. m. §§ 19 Abs. 1 Nr. 6b, 7 Abs. 3, 4 SpielV ordnungswidrigen Betriebs der Spielgeräteeinheit der Verfallsbeteiligten mit dem Glücksspiel erzielten Umsatz als das im Sinne von § 29a Abs. 1, 2 OWiG €Erlangte€ angesehen hat.
Aus der mit Geldbuße bedrohten Handlung €erlangt€ im Sinne von § 29a Abs. 1, 2 OWiG sind - wie im Rahmen des strafrechtlichen Verfalls (von Wertersatz) nach §§ 73, 73a StGB (vgl. Louis, HK-OWiG, 1. Aufl. 2016, § 29a Rn. 17; Labi, NZWiSt 2013, 41) - alle Vermögenswerte, die dem Täter oder - wie hier - der Verfallsbeteiligten als einer anderen Person, für die der Täter gehandelt hat (§ 29a Abs. 2 OWiG), unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen, ohne dass gewinnmindernde Kosten abzuziehen sind (vgl. BGH, NStZ 2001, 155, 156; NStZ 2009, 275, 277; Beschluss vom 11.06.2015, 1 StR 368/14; Louis, HK-OWiG, 1. Aufl. 2016, § 29a Rn. 25). Bei der Bestimmung des Umfangs des insoweit €Erlangten€ ist allerdings zu prüfen, welchen geschäftlichen Vorgang die Sanktionsnorm nach ihrem Zweck verhindern will, was also letztlich sanktionsbewehrt ist. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und sanktionsbewehrt ist, unterliegt der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen nur die Art und Weise, in der das Geschäft ausgeführt wird, sanktionsrechtlich bemakelt, kann lediglich der hierauf entfallende Sondervorteil als €erlangt€ angesehen werden (vgl. BGH, NJW 2006, 925, 929; NZWiSt 2012, 144, 146; NZG 2014, 315, 319; Beschluss vom 11.06.2015, 1 StR 368/14).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist im Falle des als solchen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln der gesamte Verkaufserlös im Sinne der Verfallsvorschriften €erlangt€ (BGH, StV 1994, 126 f.). Bei einem nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbaren, materiell nicht genehmigungsfähigen Embargoverstoß fällt ebenso der gesamte Verkaufserlös der Vermögensabschöpfung anheim (BGH, NJW 2002, 3339, 3341 f.) wie bei Warenbestellungen, die auf gemäß § 16 Abs. 1 UWG strafbare unlautere Werbung zurückgehen, der gesamte für die Waren erzielte Verkaufspreis dem Verfall (von Wertersatz) unterliegt (BGH, NStZ 2009, 275, 277 f.). Bei einer nach dem Wertpapierhandelsgesetz strafbaren Marktmanipulation durch Absprachen zwischen Käufer- und Verkäuferseite im Aktienhandel kann der gesamte durch das inkriminierte Aktiengeschäft erzielte Kaufpreis abgeschöpft werden (BGH, NZG 2014, 315, 319). Demgegenüber soll bei einer korruptiven Auftragserlangung das €Erlangte€ nicht in dem vereinbarten Werklohn, sondern nur in dem wirtschaftlichen Wert des Auftrags zu sehen (BGH, NJW 2006, 925, 929 f.) und bei einem nach dem Wertpapierhandelsgesetz verbotenen Insidergeschäft nur der aus dem Insiderwissen erlangte Sondervorteil der Abschöpfung unterliegen (BGH, NJW 2010, 882, 884). Bei einem nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigungspflichtigen, nicht genehmigten, aber materiell genehmigungsfähigen Waffenexportgeschäft sind nur die ersparten Aufwendungen für die Genehmigung als €bemakelt€ und damit im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB €erlangt€ anzusehen (BGH, NZWiSt 2012, 144, 145 ff.). Demgegenüber kann bei dem Betrieb eines nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz genehmigungspflichtigen, nicht genehmigten und mangels Vorliegens der entsprechenden materiellen gesetzlichen Voraussetzungen (fehlendes Eigenkapital und Risikomanagement) auch nicht genehmigungsfähigen €EC-Cash-Terminals€ der gesamte Wert des mit diesem erzielten Umsatzes für verfallen erklärt werden (BGH, Beschluss vom 11.06.2015, 1 StR 268/14).
Übertragen auf den vorliegenden Fall des Betriebs einer Einheit von Geldspielgeräten, für die es an der Erteilung einer Prüfplakette durch einen vereidigten und öffentlich bestellten Sachverständigen oder eine von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassene Stelle gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 2 SpielV fehlte und der daher gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1a GewO i. V. m. §§ 19 Abs. 1 Nr. 6b, 7 Abs. 3, Abs. 4 SpielV ordnungswidrig war, bedeutet dies, dass der gesamte durch den Betrieb der Geldspielgeräte erzielte Umsatz dem Verfall gemäß § 29a Abs. 1, 2 OWiG unterliegt. Der Verfallsbeteiligten fehlte es nicht lediglich an einer behördlichen Erlaubnis für den Betrieb der Geldspielgeräte, für deren Erteilung die Voraussetzungen vorgelegen hätten. Vielmehr hatte sie es gerade unterlassen, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen weiteren Betrieb der Geldspielgeräte zu schaffen, nämlich die Geräte sachverständig auf ihre Übereinstimmung mit der zugelassenen Bauart überprüfen und sich dies gegebenenfalls durch eine entsprechende Prüfplakette bestätigen zu lassen. Die Verfallsbeteiligte hat damit nicht gegen einen bloßen formellen Genehmigungsvorbehalt, sondern vielmehr gegen inhaltliche Voraussetzungen für den weiteren Betrieb der Geldspielgeräte verstoßen, deren Übereinstimmung mit der zugelassenen Bauart - auch wenn sie gegeben gewesen sein mag - nicht durch einen Dritten geprüft und bestätigt war. Prozedurale Vorgaben des Verordnungsgebers, die die ordnungsmäßige Funktion der Geldspielgeräte und damit einen effektiven Spielerschutz über die gesamte Laufzeit des Gerätes sicherstellen sollen (BR-Drucksache 655/05, Seite 19), wurden durch die Verfallsbeteiligte umgangen. Sanktionsrechtlich bemakelt war mithin der Betrieb der Geldspielgeräte selbst, der ohne gültige Prüfplakette als solcher ordnungswidrig gewesen ist. Die vorliegende Konstellation gleicht strukturell der durch den Bundesgerichtshof - wie oben ausgeführt - entschiedenen, in der ein Zahlungsdienst betrieben wird, ohne dass der Betreiber sichergestellt hat, dass er über das gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapital und das notwendige Risikomanagement verfügt, und in dem der volle aus dem Betrieb des Zahlungsdienstes erlangte Erlös dem Verfall von Wertersatz unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 11.06.2015, 1 StR 368/14). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die fehlenden Voraussetzungen hätten geschaffen werden können; hypothetische Kausalverläufe sind insoweit unbeachtlich (OLG Celle, NStZ-RR 2012, 151, 152; Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 29a Rn. 12).
2. Soweit das Amtsgericht die Höhe des durch die Tat Erlangten im Wege einer Schätzung ermittelt hat, ist dies gemäß § 29a Abs. 3 Satz 1 OWiG im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Allerdings hätte es dem Amtsgericht oblegen, die tragenden Grundlagen seiner Schätzung mitzuteilen (vgl. Senat, NZV 2013, 98; NZV 2014, 326 f.), was durch den Hinweis auf einen €entsprechend der stadtlichen Gegebenheiten€ geschätzten Tagesumsatz von 50 Euro für die gesamte Spielgeräteeinheit mit vier Geldspielgeräten nur unzureichend erfolgt ist. Belastet ist die Verfallsbeteiligte durch diesen Rechtsfehler freilich nicht, nachdem der angenommene Tagesumsatz von 50 Euro für vier Geldspielgeräte, die in zentraler Lage einer Großstadt lokalisiert sind, außerordentlich moderat erscheint und der Senat ausschließen kann, dass die Berücksichtigung weiterer Schätzungsgrundlagen zu einer Reduzierung des als €erlangt€ geschätzten Geldbetrags geführt hätte.
Schließlich hat das Amtsgericht auch von dem durch § 29a Abs. 1, Abs. 2 OWiG eingeräumten Ermessen bei der Festsetzung des für verfallen erklärten Geldbetrags Gebrauch gemacht. Die Verfallsbeteiligte benachteiligende Rechtsfehler bei der Ermessensausübung liegen nicht vor. Insbesondere ist kein Verstoß gegen das Übermaßverbot ersichtlich, zumal das Amtsgericht insbesondere die abzuführenden Steuern sowie die Auswirkungen des Verfalls auf die finanzielle Situation der Verfallsbeteiligten berücksichtigt und den Verfallsbetrag von dem festgestellten Wert des €Erlangten€ in Höhe von 11.500 Euro auf 8.000 Euro reduziert hat.V.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 473 Rn. 38).
OLG Karlsruhe:
Beschluss v. 06.06.2016
Az: 2 (9) SsBs 144/16; 2 (9) SsBs 144/16 - AK 48/16
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