Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juni 1995
Aktenzeichen: 3 Ni 48/88
(BPatG: Beschluss v. 07.06.1995, Az.: 3 Ni 48/88)
Tenor
I. Auf die Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers des Bundespatentgerichts vom 30. November 1994 hinsichtlich des zu erstattenden Betrages wie folgt geändert:
Die von der Klägerin dem Beklagten Eberhard Glöckner zu erstattenden Kosten des zweiten Rechtszugs werden auf 35 856,75 DM in Worten: -fünfunddreißigtausendachthundert sechsundfünzig-75/100 Deutsche Mark -
und damit die aufgrund des Urteils des X. Zivilsenats (Patentsenat) des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 1993 von der Klägerin den Beklagten zu erstattenden Kosten des ersten und zweiten Rechtszugs auf insgesamt 57 059,35 DM In Worten: -siebenundfünzigtausendneunundfünfzig 35/100 Deutsche Mark -
festgesetzt.
II. Die weitergehende Erinnerung der Bekagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
IV. Der Wert des Erinnerungsverfahrens wird auf 15.000.- DM festgesetzt.
Gründe
I Der Rechtspfleger des Bundespatentgerichts hat unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Beklagten (die Kosten in Höhe von insgesamt 70 869,99 geltend machen), die diesen von der im Nichtigkeitsverfahren unterlegenen Klägerin zu erstattenden Kosten beider Rechtszüge auf insgesamt 56 765,33 DM verzinslich festgesetzt. Mit ihrer Erinnerung verfolgen die Beklagten ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich aller bei der Festsetzung unberücksichtigt gebliebener Teilbeträge weiter. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um einen Teilbetrag von 11 270,DM für privatgutachterliche Tätigkeit von Professor Dr. E... sowie Übernachtungs-
kosten für diesen zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins, um Teilbeträge für Reise- und Übernachtungskosten sowie die Höhe der geltendgemachten Umsatzsteuer.
Die Beklagten beantragen sinngemäß, weitere Kosten in Höhe von 14 104,66 DM festzusetzen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Erinnerung zurückzuweisen.
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Erinnerung der Beklagten (Kostengläubiger) bleibt zum überwiegenden Anteil der hier weiterverfolgten Teilbeträge ohne Erfolg. Sie ist nur insoweit begründet, als die geltendgemachten Kosten einer Informationsreise von Rechtsanwalt Dr. F... am 30. November 1992 zum Patentanwalt der Beklagten in Höhe von 294,02 DM erstattungsfähig sind. Denn im Berufungsverfahren ist es in Patentnichtigkeitsverfahren für eine sachgemäße Information von Bedeutung, wenn dem Rechtsanwalt die Möglichkeit einer mündlichen Erörterung des Falles mit dem Patentanwalt eingeräumt wird (vgl Benkard, PatG, 8. Aufl § 84 Rdn 35 mwNachw). Diese der eingehenden fachlichen Erörterung in technischer und rechtlicher Hinsicht dienende Möglichkeit muß auch unabhängig davon bestehen, ob der Partei selbst die Kosten für eine Informationsreise zu ihrem Anwalt zugebilligt worden sind.
Dagegen sind die Kosten für die privatgutachterliche Tätigkeit von Professor Dr. E..., die den wesentlichen Teil der weiterverfolgten Kostenbeträge ausmachen, nicht erstattungsfähig. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (BPatGE 30, 263; E 33, 274), sind im Patentnichtigkeitsverfahren Aufwendungen für Privatgutachten nur in Ausnahmefällen, nämlich dann erstattungsfähig, wenn die Partei ihrer Darlegungspflicht oder Beweisführungslast mangels eigener Sachkunde mit Hilfe eines Privatgutachters genügen kann und auch ihre Vertreter nicht über die erforderliche Sachkunde verfügen.
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.
Zum einen ist schon zweifelhaft, ob das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Professor Dr. W... als dem Streitpatent ungünstig anzusehen ist. Denn darin kommt der Gutachter zum Ergebnis, daß die neugefaßten Patentansprüche (mit denen das Streitpatent schließlich auch aufrechterhalten geblieben ist) eine "gewisse neue und fortschrittliche Lehre gegenüber dem Streitpatent" geben (vgl S 24 letzter Absatz des Gutachters Prof. Dr. W...). Aber auch der Umstand, daß die Klägerin im Termin vom 30. März 1993, in dem das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Professor Dr. W... von diesem mündlich erörtert worden ist, nach dieser Erörterung zur Demonstration einer der behaupteten Vorbenutzungen ein Messer überreicht hat, das im Sachverständigengutachten keine Berücksichtigung gefunden hat, begründet keinen Ausnahmefall, der die Einholung eines Privatgutachtens notwendig macht. Denn zum darauffolgenden Beweisaufnahmetermin vom 5. Oktober 1993 war auch Professor Dr. W... geladen, so daß, in Abhängigkeit vom Ergebnis der Beweisaufnahme, die Möglichkeit bestand, ihm auch zum vorbenutzten Gegenstand Fragen zu stellen. Hierzu war die Beklagtenseite auch ohne den Beistand eines Privatgutachters aufgrund ihrer anwaltlichen Vertretung durch Rechtsanwälte und Patentanwälte in der Lage, wie sich anhand ihrer Schriftsätze vom 17. Februar 1993 und 12. März 1993 zeigt, in denen ihre Anwälte das Gutachten des Gerichtssachverständigen bis ins Einzelne gehend (im erstgenannten Schriftsatz über 46 Seiten) erörtert haben. Mithin waren diefür das Privatgutachten aufgewendeten und alle damit im Zusammenhang stehenden Kosten nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und sind damit auch nicht erstattungsfähig.
Die Erinnerung mußte auch erfolglos bleiben, soweit die Beklagtenseite damit die Aufwendungen für die Anmietung eines Besprechungszimmers vor den Gerichtsterminen in München (= 2 mal 90 DM) und Karlsruhe (154,00 DM und 210,50 DM) erstattet erhalten will. Denn abgesehen davon, daß die Aufwendungen zumindest teilweise nicht ausreichend belegt sind (vgl Rechnung Queens Hotel Karlsruhe an Patentanwalt J... vom 6. Oktober 1993 Position "Differenz zur U-Garantie" 210,50), kann die zwischen Anwalt und Mandant zu den Gerichtsterminen vorzunehmende Besprechung, wenn schon nicht im Hotelzimmer, wie die Beklagtenseite meint, so doch in geeigneten Räumlichkeiten, wie sie zB in Hotelhallen oder Vorräumen vor den Sitzungssälen der Gerichte zur Verfügung stehen, vorgenommen werden, wie dies auch üblicherweise geschieht, ohne daß dadurch Kosten verursacht werden. Weshalb gerade im vorliegenden Fall eine Besprechung in solchen Räumlichkeiten, beispielsweise wegen der Anwesenheit anderer Personen vor den Gerichtssälen untunlich sein soll, ist weder begründet, noch dem Senat sonst ersichtlich.
Weiterhin muß die Erinnerung in der Sache ohne Erfolg bleiben, soweit damit die Erstattung von Reisekosten des Berufungsklägers auf der Basis der Nutzung eines PKW und damit eines über den Betrag der Kosten für entsprechende Bahnreisen in Höhe von 566,00 DM hinausgehenden Betrages von weiteren 418,60 DM geltendgemacht wird. Denn nach dem für die Bemessung anzuwendenden § 9 Absatz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) werden über die Kosten für die Benutzung des preisgünstigsten öffentlichen Beförderungsmittels hinausgehende Aufwendungen, zB für die Benutzung eines PKW nur ersetzt, wenn diese jenenicht übersteigen oder besondere Umstände diese höheren Fahrtkosten notwendig machen. Solche Voraussetzungen sind hier weder geltendgemacht, noch sonst ersichtlich.
Auch soweit die Beklagten für ihre Auslagen anläßlich ihrer Reisen zu den Gerichtsterminen in München und Karlsruhe Umsatzsteuer geltend machen, hat der Rechtspfleger eine Kostenfestsetzung mit zutreffenden Gründen abgelehnt (vgl S 20 Ziffer 3 des Beschlußumdrucks). Zu dieser Position sind in der Erinnerungsbegründung auch keine weiteren Ausführungen enthalten (allerdings ist anzumerken, daß die Beklagten auf die von ihnen aufgewendeten Auslagen für die Bankbürgschaft in Höhe von 704,14 DM keine Umsatzsteuer verlangt haben, wovon der Kostenfestsetzungsbeschluß aber irrtümlich ausgegangen ist).
Erfolglos bleibt die Erinnerung auch, soweit die Beklagten hinsichtlich der Gebühren und Auslagen für die Erste Instanz weiterhin auf einem Mehrwertsteuersatz von 15 % beharren. Zutreffend hat der Rechtspfleger im angefochtenen Beschluß hierzu ausgeführt, daß für den Mehrwertsteuersatz maßgeblich der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung ist. Zutreffend hat er zur Bestimmung des Zeitpunktes auf § 16 Satz 2 BRAGO abgestellt. Danach wird die Vergütung eines Anwalts in gerichtlichen Verfahren fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist, was hier durch die Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am 29. März 1990 geschehen ist. Der hier verlangte Mehrwertsteuersatz von 15 % gilt aber erst ab dem 1. Januar 1993.
Die Erinnerung muß weiter in der Sache ohne Erfolg bleiben, soweit damit über die für die Anreise des anwaltlichen Vertreters der Beklagten aus Stuttgart zu den Gerichtsterminen in Karlsruhe festgesetzten Reisekosten hinaus Übernachtungskosten (= 670,00 DM) und entsprechende Tagegelder (= 3 mal 50 DM und 3 mal 46 DM insgesamt 285,00 DM) geltendgemachtwerden. Eine Festsetzung der insoweit geltendgemachten Auslagen in Höhe von insgesamt 955,00 DM ist im angefochtenen Kostenbeschluß mit zutreffender Begründung abgelehnt worden. Die Erinnerungsbegründung enthält hierzu weitere Ausführungen nicht.
Schließlich bleibt die Erinnerung erfolglos, soweit damit als Aufwendungen für die Anreise von Rechtsanwalt Dr. F...
zu den Gerichtsterminen in Karlsruhe vom 8. Januar 1991 und 30. März 1993 die Kosten für einen Seniorenpaß i.H.v.
110,00 DM und 132,00 DM sowie zum Gerichtstermin vom 5. Oktober 1993 ein Bahncard-Anteil in Höhe von 132,00 DM geltendgemacht werden. Es entspricht zwar sicherlich dem kostenbewußten Verhalten eines Anwalts solche Ermäßigungsausweise zu erwerben, um die Reisekosten auch für geschäftlich veranlaßte Reisen niedrig zu halten. Allerdings ist im angefochtenen Kostenbeschluß zutreffend darauf hingewiesen, daß während der Geltungsdauer von Seniorenpaß und Bahncard sämtliche anfallenden Bahnreisen, auch solche nicht geschäftsbedingter Art der Ermäßigung unterliegen. Deshalb muß der auf die geltendgemachten Reisekosten entfallende Anteil dieser Ermäßigungsausweise dargelegt werden. Eine pauschale Versicherung des Anwalts reicht hierzu nicht aus, zumal für die Anreise zum Gerichtstermin vom 8. Januar 1991 (also zu Beginn der Geltungsdauer des Seniorenpasses) die gesamten Kosten in Höhe von 110,00 DM für den Erwerb des Seniorenpasses verlangt werden und im zweiten Fall (30. März 1993) wohl versehentlich ein über diese Kosten hinausgehender Betrag von 132,00 DM.
Weiter zutreffend hat der Rechtspfleger bei den geltendgemachten Kosten in beiden Rechtszügen die Mehrwertsteuer den Absetzungen entsprechend gekürzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 Absatz 2 PatG, § 92 Absatz 2 ZPO. Den Beklagten sind die gesamten Kosten des Erinnerungsverfahrens aufzuerlegen, da ihre Kostenerinnerung lediglich zu einem verhältnismäßig geringfügigen Anteil Erfolg hat, der keine besonderen Kosten veranlaßt hat.
Grüttemann Trüstedt Tronser Gr
BPatG:
Beschluss v. 07.06.1995
Az: 3 Ni 48/88
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