Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Oktober 2002
Aktenzeichen: 5 W (pat) 25/01
(BPatG: Beschluss v. 28.10.2002, Az.: 5 W (pat) 25/01)
Tenor
Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterstelle - vom 11. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I Der Anmelder hat am 26. August 2000 unter Zahlung der Gebühr nach Tarif die Eintragung eines Gebrauchsmusters mit 11 Schutzansprüchen und der Bezeichnung "Pharmakologisch wirksame Substanz zur Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen" beantragt, wobei er die Abzweigung aus der deutschen Patentanmeldung 100 38 043.3 erklärt hat, welche er am 2. August 2000 eingereicht hat. Am 29. März 2001 hat er neue Schutzansprüche vorgelegt. Diese Schutzansprüche, mit denen er die Eintragung des Gebrauchsmusters begehrt, lauten:
1. Verwendung von Serin/Threonin-Proteinphosphatase-Inhibitoren für ein Arzneimittel zur therapeutischen und präventiven Behandlung arteriosklerotischer Erkrankungen.
2. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung von HDL-Magel-Syndromen.
3. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung einer Erkrankung ausgewählt aus der Gruppe folgender Erkrankungen: Syndrome verursacht durch Apo-A-I-Synthesedefekte oder Apo A-I-Mutationen, LCAT (Lecithin: Cholesterin-Acyltransferase)-Mangel, Fish-Eye-Erkrankung, Lipoproteinlipase-Mangel.
4. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung von auf Defekten von ATP-Kassettentransportern beruhender Erkrankungen.
5. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung von Diabetes mellitus.
6. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung gutartiger Geschwulste.
7. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung maligner Tumore.
8. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 zur therapeutischen und präventiven Behandlung einer Krankheit ausgewählt aus der Gruppe folgender Erkrankungen: Cystische Fibrose, Adrenoleukodystrophie, Retinitis pigmentosa, Sideroblastenanämie, Ataxie, Stargardt-Krankheit und erblichen intrahepatischen Cholestasen.
9. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 1 mit mindestens einem Serin/Threonin-Proteinphosphatase-Inhibitor aus der Gruppe folgender Substanzen: Cantharidin, Calyculin, Okadasäure, Endothall, Norcantharidin sowie Derivate der vorgenannten Substanzen für den Zweck nach einem der Ansprüche 1 bis 8.
10. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 9 mit mindestens einer weiteren pharmakologisch wirksamen Substanz für den Zweck nach einem der Ansprüche 1 bis 8.
11. Verwendung eines Arzneimittels nach Anspruch 10 mit einer pharmakologisch wirksamen Substanz aus der Gruppe Statine, ACAT-Inhibitoren, HDL, HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren, Probucol für den Zweck nach einem der Ansprüche 1 bis 8.
Durch Beschluß vom 11. Juli 2001 hat die Gebrauchsmusterstelle die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, bei den Schutzansprüchen handele es sich um Verfahrensansprüche, die dem Schutz durch ein Gebrauchsmuster aufgrund von § 2 Nr. 3 GebrMG nicht zugänglich seien. Die Verwendung eines bestimmten Stoffes zu einem bestimmten Zweck sei ohne Ausnahme als ein Verfahren im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Zwar werde die Verwendung eines Stoffes für einen neuen Zweck im Patentrecht auch als "zweckgebundener Stoffschutz" oder als "zweckgebundener Mittelanspruch" verstanden. Dies ändere jedoch nichts daran, daß ein Verwendungsanspruch stets der Patentkategorie "Verfahren" zuzurechnen sei. Denn er umfasse auch den der eigentlichen gewerblichen Nutzung vorgelagerten Bereich des Herstellens des Arzneimittels, nämlich die Formulierung und Konfektionierung des Medikaments, seine Dosierung und gebrauchsfertige Verpackung; diese Maßnahmen stellten echte Verfahren dar. Die Schutzansprüche 10 und 11 seien bereits nach der Auslegung durch den Anmelder Verfahren. Denn sie enthielten die Anweisung, ein Gemisch aus Stoffen herzustellen - dies sei die Lehre eines Herstellungsverfahrens.
Dem Anmelder könne nicht zugute kommen, daß in der Literatur die Vorschrift des § 2 Nr. 3 GebrMG bisweilen kritisiert werde. Denn der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung klargestellt, daß ein Gebrauchsmusterschutz für Verfahrenserfindungen definitiv nicht gewollt sei. Die Eintragung eines Gebrauchsmusters setze daher voraus, daß die Anmeldung insgesamt keine Merkmale eines Verfahrens aufweisen dürfe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er meint, die Einordnung eines zu schützenden Gegenstands in eine Anspruchskategorie könne nicht vom begehrten Schutz durch ein Patent oder durch ein Gebrauchsmuster abhängig sein. Auch stehe § 2 Nr. 3 GebrMG einer Auslegung der Schutzansprüche im Einzelfall nicht entgegen. Die Tatsache, daß vom Schutzbereich eines Verwendungsanspruchs der der eigentlichen gewerblichen Nutzung vorgelagerte Bereich des Herstellens des Arzneimittels, nämlich die Formulierung und Konfektionierung des Medikaments, seine Dosierung und gebrauchsfertige Verpackung umfaßt seien, könne nicht den Ausschluß der Schutzfähigkeit begründen. Denn derartige Handlungen seien auch bei gegenständlichen Erfindungen erforderlich. Insbesondere die Ansprüche 11 und 12 stellten keine Verfahren dar, seien vielmehr allenfalls gebrauchsmusterrechtlich zulässige productbyprocess-Ansprüche.
Aus dem Gesetzeswortlaut sowie der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags, wonach ein Gebrauchsmusterschutz für Verfahrenserfindungen nicht gewollt sei, ergebe sich nicht zwingend, daß Erfindungen, die die Verwendung eines Erzeugnisses zum Gegenstand hätten, vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen seien. Analog dazu, daß einer zu patentierenden Erfindung nicht der technische Charakter verloren gehe, wenn dem technischen Element ein nichttechnisches Element hinzugefügt wird, müsse auch für Erfindungen mit den Merkmalen eines Erzeugnisses und eines Verfahrens der Charakter des gegenständlichen Elements erhalten bleiben, auch wenn es von einem Verfahrenselement begleitet sei.
Ansprüche der vorliegenden Art ließen sich als Mittelansprüche oder als Verwendungsansprüche formulieren. Der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung "Antivirusmittel" (GRUR 1987, 794, 796) ausgeführt, der zweckgebundene Mittelanspruch sei aus Gründen der Rechtssicherheit als Verwendungsanspruch aufzufassen; damit entziehe er aber seiner "Hydropyridin"-Entscheidung (GRUR 1983, 729, 732) im nachhinein die Grundlage. In seiner "Zahnpasta"-Entscheidung (GRUR 1982, 162) führe der Bundesgerichtshof aus, allgemein gültige Regeln für die Einordnung von Verwendungs- oder Anwendungsansprüchen in eine bestimmte Patentkategorie ließen sich nicht aufstellen. Verwendungsansprüche seien in aller Regel Verfahrensansprüche, durch die ein Stoff zur Erzielung eines Zustands oder eines Erzeugnisses eingesetzt werden solle. Die sich aus der vorgenannten Entscheidung ergebenden Grundsätze habe die Gebrauchsmusterabteilung nicht beachtet. In der "Spreizdübel"-Entscheidung (GRUR 1990, 508, 509) stelle der Bundesgerichtshof aber ungeachtet seiner Forderung nach einer differenzierenden Betrachtung in der "Zahnpasta"-Entscheidung (aaO) und im Widerspruch zu seiner "Antivirusmittel"-Entscheidung (aaO) ohne Wenn und Aber fest, Verwendungsansprüche gehörten zur Kategorie der Verfahrensansprüche, weil sie auf den zweckgerichteten Einsatz einer Sache zu der geschützten Verwendung gerichtet seien. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sei mithin nicht einheitlich; die Literatur hierzu unergiebig.
Das geltende Schutzbegehren betreffe rein gegenständliche Verwendungsansprüche; sie stellten keine Verfahrensansprüche dar. Der Verwendungsschutz stelle sich als eingeschränkter Sachschutz dar, der nicht unter das Verbot des § 2 Nr. 3 GebrMG falle. Eine Erstreckung des gebrauchsmusterrechtlichen Verfahrensschutzverbots auf Verwendungserfindungen im Wege der Analogie könne nicht in Betracht kommen, da das Verfahrensschutzverbot als Ausnahmeregelung eng auszulegen sei, zumal es sich bei § 2 Nr. 3 GebrMG um eine Eigentum versagende bzw. begrenzende Norm handele.
Der Ausschluß der Verfahrenserfindungen vom Gebrauchsmusterschutz sei nicht verfassungskonform. Denn er verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und das allgemeine Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zu vergleichen seien offengelegte nicht geprüfte Verfahrenspatentanmeldungen mit nicht geprüften Gebrauchsmustern; ein Unterschied in der Rechtssicherheit sei nicht ersichtlich. Zwischen den Anmeldeerfordernissen von Patenten und Gebrauchsmustern bestünden keine materiellen Unterschiede. Die Gründe des Gesetzgebers für einen Ausschluß von Verfahrenserfindungen vom Schutz durch ein Gebrauchsmuster seien nicht stichhaltig.
Der Anmelder beantragt Abänderung des Beschlusses der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juli 2001 und Eintragung des Gebrauchsmusters.
Er regt darüber hinaus die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Der dem Verfahren beigetretene Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts beantragt Zurückweisung der Beschwerde.
Er ist der Ansicht, die Vorschrift des § 3 Abs. 3 PatG sei auf Gebrauchsmuster nicht entsprechend anzuwenden. Denn es bestehe im Gebrauchsmustergesetz keine Regelungslücke im Hinblick auf zweckgebundenen Stoffschutz. Die ausdrückliche Regelung des § 2 Nr. 3 GebrMG, wonach Verfahren und damit auch Verwendungen von Stoffen ausdrücklich vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen seien, bilde eine Analogiesperre.
II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Gebrauchsmusterstelle hat die Anmeldung zu Recht (§ 8 Abs 1 GebrMG) zurückgewiesen. Denn die zur Eintragung angemeldete Erfindung ist durch § 2 Nr. 3 GebrMG, gegen dessen Verfassungsmäßigkeit der Senat keine durchgreifenden Bedenken hat, vom Schutz durch ein Gebrauchsmuster ausgeschlossen.
1. Bei den Schutzansprüchen, für die der Anmelder die Eintragung als Gebrauchsmuster begehrt, handelt es sich um Verfahrensansprüche, die dem Schutz durch ein Gebrauchsmuster nicht zugänglich sind (§ 2 Nr. 3 GebrMG).
Für Arzneimittel - wie vorliegend beansprucht - können als technisches Schutzrecht zum einen Patente verschiedener Kategorien erteilt werden, und zwar - ein Erzeugnispatent, wenn ein Stoff beansprucht wird, der neu und erfinderisch ist;
- ein zweckgebundenes Erzeugnispatent, wenn zwar der beanspruchte Stoff nicht aber seine Anwendung auf dem Gebiet der Medizin bekannt ist;
- ein Verfahrenspatent zur Herstellung eines Arzneimittels;
- ein Verwendungspatent, wenn die Verwendung eines als Arzneimittel bereits bekannten Stoffes zur Behandlung anderer Krankheiten beansprucht wird und dies neu und erfinderisch ist.
Für Arzneimittel kann zum andern Gebrauchsmusterschutz - allerdings nicht, soweit der Schutzgegenstand ein Verfahren darstellt (§ 2 Nr 3 GebrMG) - erwirkt werden.
Die Wahl der Kategorie obliegt grundsätzlich dem Anmelder. Der Senat geht mit dem Anmelder darin überein, daß die Kategorie, in die ein Anspruch einzuordnen ist, für Patente und Gebrauchsmuster generell nach denselben Kriterien zu bestimmen ist, so daß ein Anspruch, der bei einem Patent einen Verfahrensanspruch darstellt, regelmäßig auch bei einem Gebrauchsmuster als Verfahrensanspruch zu bewerten ist.
a) Die vorliegenden Schutzansprüche sind Verwendungsansprüche. Diese sind darauf gerichtet, ein Erzeugnis durch Verfahrensmaßnahmen für eine neue Verwendung geeignet zu machen. Sie sind als Verfahrensansprüche zu qualifizieren, durch welche ein Stoff zur Erzielung eines Zustands oder eines Erzeugnisses (Verbindung, Mischung) eingesetzt werden soll (vgl BGH GRUR 1982, 162 ff - Zahnpasta).
Hierbei kann dahinstehen, ob Verwendungsansprüche ausnahmslos (BGHZ 110, 82, 86 - Spreizdübel) oder in der Regel Verfahrensansprüche darstellen (BGH GRUR 1982 aaO - Zahnpasta). Denn die Schutzansprüche, deren Eintragung als Gebrauchsmuster der Anmelder begehrt, stellen keine Ausnahmefälle, sondern typische Verwendungsansprüche dar, die als solche Verfahrensansprüche sind. Sie umfassen neben der Verabreichung des Stoffes an den Patienten auch die Maßnahmen zur Herrichtung dieser Substanz zur Verwendung bei der therapeutischen Behandlung, nämlich die Herrichtung des bekannten Wirkstoffes, die gebrauchsfertige Verpackung und Kennzeichnung des bekannten Stoffes für den neuen therapeutischen Verwendungszweck, das Anbieten und Bereithalten des bekannten Arzneimittels für den neuen Zweck, die Einleitung des Registrierverfahrens vor der Gesundheitsbehörde und die Information auf Packungsaufdrucken und/oder Beipackzetteln (vgl BGHZ 88, 209, 212 - Hydropyridin).
Die Anweisungen in den beanspruchten Schutzansprüchen richten sich darauf, daß ein bestimmter Stoff, der selbst als solcher nicht geschützt werden soll, zu einem angegebenen Zweck, nämlich der Behandlung benannter Erkrankungen, benutzt wird. Soweit die Ansprüche 10 und 11 voraussetzen, daß neben dem zunächst zu verwendenden Stoff noch ein zweiter Stoff verwendet werden soll, um den angegebenen Zweck zu erreichen, ändert dies an der Qualifizierung als Verfahrensanspruch nichts. Denn abgesehen davon, daß wiederum Schutz nicht für den aus zwei verschiedenen pharmakologisch wirksamen Substanzen bestehenden Stoff beansprucht wird, sondern nur Schutz für dessen Verwendung zur Behandlung von bestimmten Erkrankungen, würde auch ein Verwendungsanspruch, durch welchen ein Stoff zur Erzielung eines Erzeugnisses (Verbindung, Mischung) eingesetzt werden soll, wobei hierdurch ein neues Erzeugnis hervorgebracht wird, lediglich ein Herstellungsverfahren beschreiben, also auch nur einen Verfahrensanspruch darstellen (vgl BGH GRUR 1982 aaO - Zahnpasta).
Da mithin Verwendungsansprüche - jedenfalls in der Regel - einen Unterfall der Verfahrensansprüche darstellen (ständige Rechtsprechung des BGH GRUR 1982 aaO - Zahnpasta; BGH Z 101, 159 ff - Antivirusmittel; BGH Z 110, aaO - Spreizdübel), handelt es sich bei dem Ausschluß des Schutzes für die unter Schutz gestellte Erfindung durch ein Gebrauchsmuster gemäß § 2 Nr. 3 GebrMG nicht um eine Erstreckung des gebrauchsmusterrechtlichen Verfahrensschutzverbots im Wege der Analogie, sondern um einfache Subsumption.
Insoweit liegt auch keine analogiefähige Regelungslücke vor. Im Gesetzgebungsverfahren, das zur bestehenden Regelung des § 2 Nr. 3 GebrMG führte, hat ein Bericht des Bundesministers der Justiz (im Beschwerdeverfahren eingeführt durch den weiteren Verfahrensbeteiligten) vorgelegen, auf den sich die Gesetzesmotive in diesem Zusammenhang beziehen (vgl BlPMZ 1990, 173, 197). Demnach hat der Gesetzgeber "alle Formen technischer Verfahren (in chemischen, mikrobiologischen, mechanischen oder sonstigen Bereichen), einschließlich der Anwendungen oder Verwendungen bekannter Gegenstände für einen neuen Zweck," - wie es im Abschnitt B 5 b dieses Berichts heißt - auch weiterhin vom Gebrauchsmusterschutz ausgenommen. Es handelt sich also nicht um eine unbewußte Regelungslücke des Gesetzgebungsverfahrens, sondern es entsprach dem Willen des Gesetzgebers, Verfahrenserfindungen einschließlich der Verwendungen bekannter Stoffe für einen neuen Zweck dem Schutz durch ein Gebrauchsmuster nicht zugänglich zu machen.
b) Vergeblich macht der Anmelder geltend, der Gegenstand der zur Eintragung vorgelegten Schutzansprüche betreffe ein rein gegenständliches, eingeschränktes Sachschutzbegehren und sei dem Schutzausschluß des § 2 Nr 3 GebrMG deshalb entzogen.
Allerdings umfaßt ein Erzeugnisanspruch auch Verwendungselemente, so daß beim Patent im Einzelfall eine Beschränkung auf einen zweckgebundenen Erzeugnisschutz oder auch auf einen Schutz der bestimmten Verwendung erfolgen kann (vgl Bruchhausen, GRUR 1980, 364, 367). Zwischen diesen beiden Formen des eingeschränkten Schutzes ist aber ein Unterschied zu machen, wie sich aus der gesetzlich in § 3 Abs 3 PatG eigens berücksichtigten Form des zweckgebundenen Arzneimittel-Stoffschutzes und des daneben möglichen patentrechtlichen Schutzes für die Verwendung des Stoffes ergibt (vgl Benkard, PatG, 9. Aufl, PatG § 3 Rdn 89 mwN). Der Unterschied wirkt sich nach Auffassung des beschließenden Senats auch auf die Kategorie aus.
Zwar beruft sich der Anmelder auf die in der Literatur (von Falck, GRUR 1993, 199, 201) für das Patent vertretene Auffassung, Verwendungsansprüche, die auf der Grundlage eines erteilten Erzeugnisanspruchs verteidigt würden, könnten im Wege der Auslegung als auf den betreffenden Gebrauch beschränkte Erzeugnisansprüche angesehen werden; hieraus folge, daß für entsprechende Verwendungsansprüche, da kein Wechsel der Erzeugniskategorie eingetreten sei, auch der Gebrauchsmusterschutz offenstehe (U. Krieger, GRUR Int 1996, 354, 355; Loth, GebrMG, § 1 Rdn 136; offen gelassen bei Busse, PatG, 5. Aufl, GebrMG § 1 Rdn 10).
Diese Auffassung berücksichtigt nach Meinung des beschließenden Senats nicht ausreichend das Gebot der Rechtssicherheit. Der Anmelder hat eingangs der mündlichen Verhandlung erläutert, von der Aufstellung von Arzneimittelansprüchen abgesehen zu haben, weil Probleme mit dem Stand der Technik und möglicherweise auch Probleme der (entsprechenden) Anwendbarkeit des § 3 Abs 3 PatG in einem Löschungsverfahren zu erwarten seien. Er will also vom Gesetz aufgestellte Schutzhindernisse, die dem Schutz der Erfindung in der Fassung von Erzeugnisansprüchen entgegenstehen, vermeiden, andererseits aber den nur für Erzeugniserfindungen eröffneten Gebrauchsmusterschutz nutzen. Damit überdehnt er aber in nicht hinnehmbarer Weise den gesetzlichen Begriff des Erzeugnisses. Denn er kann nicht in der für jeden Dritten - gerade beim Gebrauchsmusterschutz als einem bloßen "Registrierrecht" unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit - wichtigen äußeren Fassung des Schutzanspruchs den Erzeugnischarakter durch die Wahl des Begriffs der Verwendung verdecken, um sich zugleich auf den in der Sache aber gegebenen, allerdings (erst) durch Auslegung zu ermittelnden Erzeugnischarakter zu berufen.
Folgte man im übrigen der Auffassung, daß im patentrechtlichen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren die Beschränkung des erteilten Erzeugnisanspruchs auf einen Verwendungsanspruch - anders allerdings als die höchstrichterliche Rechtsprechung es bewertet - ohne Kategoriewechsel erfolgen kann, so erschiene der Schluß auf die Zulässigkeit solcher Verwendungsansprüche im Gebrauchsmustereintragungsverfahren allenfalls in Fällen der Abzweigung aus einer Erzeugnispatentanmeldung folgerichtig. Denn bei einer solchen Abzweigung ist der Ursprung des gebrauchsmusterrechtlichen Verwendungsanspruchs der patentrechtliche Erzeugnisanspruch, so daß - folgt man dieser Auffassung - hier der Verwendungsanspruch im Wege der Auslegung als auf einen reduzierten Erzeugnisschutz gerichtet angesehen werden könnte.
Nicht alle abgezweigten gebrauchsmusterrechtlichen Verwendungsansprüche müssen aber notwendig von einem patentrechtlichen Erzeugnisanspruch ausgehen. So ist es auch im vorliegenden Fall. Die der Abzweigung zugrunde liegende Patentanmeldung 100 38 043.3 vom 2. August 2000 enthält nur auf den Schutz vor Verwendungen gerichtete Patentansprüche. Damit entfällt auch schon aus diesem Grunde die Möglichkeit, im vorliegenden Fall bei der kategoriellen Beurteilung der gebrauchsmusterrechtlichen Verwendungsansprüche der vorgenannten Auffassung zu folgen.
2. Die Regelung des § 2 Nr. 3 GebrMG ist auch verfassungskonform; sie verstößt insbesondere weder gegen Grundrechte des Anmelders noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts des Art. 14 GG werden durch die allgemeinen Gesetze bestimmt. Das geistige Eigentum an der Erfindung unterliegt wie jedes Eigentum der Gestaltung durch den einfachen Gesetzgeber (BVerfGE 18, 85, 90; 36, 281, 290). Dem Gesetzgeber steht für die inhaltliche Ausgestaltung des Schutzes von Erfindungen ein weiter Spielraum zu (vgl Busse, Patentgesetz, 5. Aufl, Einl RdNr 48 mwN). Art. 14 gebietet es insbesondere nicht, daß der Gesetzgeber einem Erfinder für jegliche Art von Erfindung sämtliche denkbaren Schutzrechte zur Verfügung stellt. So kann der Gesetzgeber sogar bei bestimmten Formen von Erfindungen den Patentschutz einschränken oder ausschließen, soweit die Unterscheidung nicht willkürlich erfolgt (BVerwG NJW 1995, 1627, 1628).
Wie aus dem bereits oben zitierten Bericht des Bundesministers der Justiz, der im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren erstellt und vom Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages bekräftigt wurde (BlPMZ 1990, 195, 197), ersichtlich ist, wurde die Beurteilung der Schutzfähigkeit und des Schutzbereichs eines ungeprüften "Verfahrensgebrauchsmusters" für Dritte als im Vergleich zu Erzeugnisgebrauchsmustern nicht hinreichend zuverlässig angesehen; auch wurde auf das mangelnde Bedürfnis der Wirtschaft an einem solchen Gebrauchsmusterschutz verwiesen. Wenngleich im Einzelfall eine Verfahrenserfindung sich als leichter überschaubar darstellen mag als eine konkrete andere Erzeugniserfindung und ein individueller Schutzbedarf für sie bestehen mag, so erscheint die Beurteilung in den Gesetzesmotiven als im Regelfall zutreffend und eine Differenzierung jedenfalls nicht willkürlich.
Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht ersichtlich, zumal der Anmelder es weitgehend in der Hand hat, durch eine entsprechende Formulierung der Schutzansprüche deren - zulässige - Kategorie selbst zu wählen (siehe oben).
Die Regelung des § 2 Nr. 3 GebrMG verstößt auch nicht gegen das allgemeine Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Hiernach ist im wesentlichen Gleiches gleich und im wesentlichen Ungleiches seiner Ungleichheit entsprechend zu behandeln. Dies schließt es nicht aus, für bestimmte Kategorien von Erfindungen verschiedene Schutzrechte zur Verfügung zu stellen bzw. auszuschließen, wenn dies nicht willkürlich geschieht. Auch insoweit ist die Differenzierung aus den oben genannten Gründen jedenfalls nicht willkürlich.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil die geltend gemachte Einordnung von Verwendungsansprüchen als Erzeugnisansprüche eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 18 Abs 4 GebrMG iVm § 100 Abs 2 Nr 1 PatG).
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