Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 10. März 1999
Aktenzeichen: 5 U 43/97
(OLG Köln: Urteil v. 10.03.1999, Az.: 5 U 43/97)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten, die im Óbrigen zurückgewiesen wird, wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 14. November 1996 - 83 O 116/94 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 13. Oktober 1994, mit dem den Beiratsmitgliedern Dr. T. und B. Entlastung erteilt worden ist, wird für nichtig erklärt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 11/12, die Beklagte trägt 1/12. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien können eine Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder Sparkasse erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Gesellschafterin der Beklagten. Sie gehört zu den Minderheitsgesellschaftern, die aus dem Gesellschafterkonsortium "E." und der Gesellschaftergruppe "F." zusammengesetzt sind und über insgesamt 49,238 % der Stimmenanteile verfügen, während die aus dem Gesellschafterstamm W. senior hervorgegangene Mehrheit, der der Geschäftsführer der Beklagten angehören, seit dem Jahr 1989 50,762 % der Stimmenanteile hält. Zwischen den Minderheitsgesellschaftern und den Mehrheitsgesellschaftern haben sich Spannungen entwickelt, die wiederholt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern der Minderheitsgruppe einerseits und der Beklagten bzw. deren Geschäftsführern andererseits geführt haben.
Mit der vorliegenden Klage greift die Klägerin u.a. den Jahresabschluss 1993 der Beklagten an, der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 13. Oktober 1994 mit 25.345 gegen 24.619 Stimmen (unter anderem der Klägerin) festgestellt worden ist.
Die Beklagte ist an einer Anzahl von weiteren Gesellschaften beteiligt, die teils in Form von Personen -, teils in Form von Kapitalgesellschaften geführt werden. Bei einigen der Kapitalgesellschaften handelt es sich um eine Tochtergesellschaften der Beklagten, hinsichtlich derer sie 100 % der Geschäftsanteile hält. Dies ist der Fall bei der T. GmbH (T.), bei der Gesellschaft für technische Kunststoffe Gebr. v GmbH (G.) und bei der Gesellschaft für B. mbH (Gf.).
Die Beklagte hat Gewinne von Tochtergesellschaften -insbesondere auch der Gf. aus 1993 nicht in ihren Jahresabschluss 1993 aufgenommen.
Die Frage, ob Gewinne der Tochtergesellschaften bei der Beklagten als Muttergesellschaft zeitkongruent zu aktivieren sind, ist bereits Gegenstand früheren Rechtsstreits zwischen den Parteien -und auf Seiten der Klägerin- weiterer Gesellschafter gewesen (vgl. z.B. BGH II ZR 82/93). Dieses Verfahren ist inzwischen durch Urteil des Bundesgerichtshofes rechtskräftig entschieden worden. Auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofes in dem damaligen Verfahren vom 21. Juli 1994 -II ZR 82/93- an den Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften, das Urteil des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften vom 27. Juni 1996 -C -234/94- und das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12. Januar 1998 -II ZR 82/93- wird Bezug genommen. Im Einzelnen wird hierauf in den Entscheidungsgründen eingegangen werden.
Außer der nicht phasengleichen Vereinnahmung der Töchtergewinne beanstandet die Klägerin ferner, dass die Gewinne der Töchter nicht voll ausgeschüttet worden, sondern zum Teil thesauriert worden sind. So hat die Gesellschafterversammlung der Firma Gf. am 15. Juli 1993 beschlossen, den für das Jahr 1992 ausgewiesenen Bilanzgewinn von 325.234,56 DM nur in Höhe von 100.000,00 DM auszuschütten und am 29. August 1994, den für das Jahr 1993 ausgewiesenen Bilanzgewinn von 404.326,28 DM in voller Höhe zu thesaurieren. Ferner hat die Gesellschafterversammlung der Firma V. (Vereinigte M. mbH, an der die Beklagte zu 50 % beteiligt ist, am 27. Juni 1994 mit den Stimmen der damaligen Geschäftsführer der Beklagten beschlossen, den für das Jahr 1993 ausgewiesenen Bilanzgewinn von rund 1.450.000,00 DM auszuschütten. Hierbei ist der auf die Beklagte entfallende Beteilungsertrag in deren Bilanz 1993 unberücksichtigt geblieben.
Ferner ist die Beklagte zu 50 % an der D. mbH beteiligt. Deren Gesellschafterversammlung hat am 17. Mai 1994 mit den Stimmen der Geschäftsführer der Beklagten beschlossen, den für das Jahr 1993 ausgewiesenen Bilanzgewinn von rund 340.000,00 DM im wesentlichen auszuschütten, wobei auch insoweit der auf die Beklagte entfallende Beteiligungsertrag in deren Bilanz 1993 unberücksichtigt geblieben ist.
Der Jahresabschluss 1993 der Beklagten war am 14. Juni 1994 mit der Erteilung des Testates der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abgeschlossen.
In der Gewinn- und Verlustrechnung des in der Gesellschafterversammlung vom 13. Oktober 1994 mehrheitlich gebilligten Jahresabschlusses sind unter den für 1993 ausgewiesenen sonstigen betrieblichen Aufwendungen 669.117,00 DM an Rechts- und Beratungskosten enthalten, welche nach Auffassung der Klägerin zum Teil nicht im Interesse der Gesellschaft, sondern für Zwecke der Mehrheitsgesellschafter aufgewendet worden sind. Insoweit handelt es sich um einen Betrag von insgesamt 148.175,00 DM. Unstreitig gilt dies für eine Liquidation des Rechtsanwaltes G. vom 13. August 1993 in Höhe von brutto 9.200,00 DM für eine Tätigkeit als Strafverteidiger des Geschäftsführers W.. Dieser Betrag ist dem Geschäftsführer inzwischen rückbelastet und von ihm unstreitig auch an die Gesellschaft erstattet worden.
Die Beklagte hat einen aus drei Personen bestehenden Beirat. Seinerzeitige Beiratsmitglieder waren Rechtsanwalt B. als Vorsitzender, Dr. T. und E.-T.. Diese ist zugleich Gesellschafterin der Beklagten mit einem Geschäftsanteil von 22,014 % des Gesellschaftskapitals, was einem Anteil von 11.006 der Stimmen entspricht. In der vorbenannten Gesellschafterversammlung wurde die Entlastung der Geschäftsführer der Beklagten sowie der Beiratmitglieder Dr. T. und B. beschlossen. In der Gesellschafterversammlung vom 13. Oktober 1994 wurde gegen die Stimmen unter anderem der Klägerin über die Entlastung eines jeden Beiratsmitgliedes einzeln abgestimmt. Bei der Abstimmung über die Entlastung der Beiratsmitglieder B. und Dr. T. stimmte auch Frau E.-T. für deren Entlastung.
Die Klägerin hat behauptet, es entspreche laufender Praxis der Beklagten, die Gewinne des Konzerns in den Tochtergesellschaften anzusiedeln, damit die Geschäftsführung der Beklagten bestimmen könne, ob und inwieweit Gewinne der Tochtergesellschaften an die Beklagten auszuschütten seien. Hierbei würden die Erträge in die Beteiligungsgesellschaften verlagert, wohingegen die Beklagte im aktiven Geschäft nur noch Verluste erwirtschafte. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten werde nicht mit der Verwendung der Gewinne der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften befasst. Ferner würden pflichtwidrig die Gewinne in den Tochter- und Beteiligungsgesellschaften nicht zeitkongruent bei der Beklagten als Muttergesellschaft aktiviert und auch nicht voll ausgeschüttet, obwohl dies einer satzungsmäßig festgelegten Verpflichtung in der Muttergesellschaft entspreche.
Ferner seien in den in der Bilanz 1993 ausgewiesenen Rechts- und Beratungskosten Aufwendungen in Höhe von 148.175,23 DM enthalten, die von der Geschäftsführung der Beklagten ausschließlich im Interesse der Mehrheitsgesellschafter der Beklagten veranlasst worden seien, für die Gesellschaft jedenfalls nicht notwendig oder aber zumindest überhöht gewesen seien.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 13. Oktober 1994, mit denen
a)
der Jahresabschluss 1993 der Beklagten, der einen Überschuss von 700.510,92 DM und einen Bilanzgewinn von 702.007,80 DM ausweist, festgestellt worden ist,
b)
den Geschäftsführern Ge. und W. Entlastung erteilt worden ist, und
c)
den Beiratsmitgliedern Dr. T. und B. Entlastung erteilt worden ist,
für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegengetreten und hat insbesondere auch die Ansicht vertreten, es seien keine Aufwendungen aus ihrem Vermögen im Interesse einzelner Mehrheitsgesellschafter getätigt worden. Lediglich die Rechnung von Rechtsanwalt G. sei irrtümlich der Gesellschaft belastet und erst 1995 rückgängig gemacht worden.
Eine Verpflichtung zur Vollausschüttung bestehe nicht, und auch eine zeitkongruente Aktivierung von Gewinnen der Tochtergesellschaften bei der Muttergesellschaft sei nicht geboten, hinsichtlich der Firmen D. und V. schon deshalb nicht, weil die Beklagte an diesen keine Mehrheitsbeteiligung besitze.
Hinsichtlich der für das Jahr 1993 festgestellten Bilanzgewinnes der Firma Gf. komme eine phasengleich Aktivierung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Firma Gf. für 1993 keine Ausschüttung beschlossen habe und ein Vollausschüttungsgebot in der Satzung auch nicht festgelegt sei.
Die getrennte Abstimmung über die Entlastung eines jeden Beiratsmitgliedes sei entgegen der Ansicht der Klägerin zulässig gewesen und das Beiratsmitglied F.-T. habe über die Entlastung der übrigen Beiratsmitglieder mit abstimmen dürfen.
Durch Urteil vom 14. November 1996, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses am 29. November 1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Dezember 1996 Berufung eingelegt und diese am 14. Februar 1997, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27. Februar 1997, begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht weiter geltend, nach der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. Februar 1997 - II ZR 41/96 - bestehe bei der Beklagten keine satzungsmäßige Verpflichtung zur Vollausschüttung, so dass auch für die Tochterunternehmen keine solche Verpflichtung bestehen könne.
Da die Firmen V. und D. weder 100 %ige Tochterunternehmen seien noch auch die Beklagte an diesen Firmen eine Mehrheitsbeteiligung besitze, vielmehr einfache Gesellschafter mit einer Beteiligung von 50 % sei, könne insoweit ein eventuelles Gebot zur phasengleichen Gewinnbilanzierung und Ausschüttung nicht bestehen. Soweit es die 100 %ige Tochtergesellschaft Gf. anbetreffe, habe deren Gewinnverwendungsbeschluss betreffend den für das Jahr 1993 ausgewiesenen Bilanzgewinn keine Ausschüttung vorgesehen, so dass schon aus diesem Grunde es keinen bei der Beklagten zu verbuchenden Gewinn für dieses Jahr gegeben habe. Außerdem sei das Wirtschaftsprüfertestat betreffend die Bilanz der Beklagten für das Jahr 1993 am 14. Juni 1994 erteilt worden. Der Gewinnverwendungsbeschluss bei der Gf. GmbH (betreffend eine Thesaurierung des Bilanzgewinnes) sei aber erst am 28. August 1994 gefasst worden, so dass auch im Hinblick auf diese zeitliche Abfolge es unzulässig gewesen wäre, einen 1993 bei der Gf. erzielten Gewinn in der Bilanz der Beklagten zeitgleich zu verbuchen.
In jedem Fall seien auch die Vermögens- und Ertragslage der Beklagten nicht etwa vorsätzlich unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden, weshalb auch eine Anfechtung -bei ohnehin zu verneinender Nichtigkeit des Jahresabschlusses- nicht in Betracht zu ziehen sei. Eine vorsätzliche Verschleierung habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Die Bilanz zum 31. Dezember 1993 enthalte auch nicht etwa gesellschaftsfremde Aufwendungen. Im Übrigen würden auch solche nicht zu einer Unwirksamkeit der Bilanz führen. Sämtliche in der Bilanz ausgewiesenen Rechts- und Beratungskosten seien im Interesse der Gesellschaft aufgewandt worden, was gegebenenfalls von den entsprechenden Rechtsberatern zu bestätigen sei. Auch die von den Beratern berechneten Honorare und die ihnen zu Grunde liegenden Stundenzahlen seien nachgewiesen und sachlich nicht zu beanstanden. Soweit versehentlich die Honorarnote des Rechtsanwaltes G. der Gesellschaft belastet worden sei, sei dies rückgängig gemacht worden und habe deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Jahresabschlusses. Es sei auch den Geschäftsführern als juristischen Laien nicht zuzumuten, sämtliche anfallenden zum Teil schwierigen rechtlichen Probleme eigenverantwortlich zu entscheiden. Vielmehr hätten sie insbesondere im Hinblick auf das Verhalten der Minderheitsgesellschafter wiederholt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, um sachlich richtige Entscheidungen zu treffen.
Mangels pflichtwidrigen Verhaltens seien die Geschäftsführer zu Recht entlastet worden und auch das procedere zur Entlastung der Beiratsmitglieder sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen,
ihr im Rahmen des Vollstreckungsschutzes als Sicherheitsleistung auch die Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise ihr zu gestatten, eine erforderliche Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder deutschen Großbank zu erbringen.
Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, tritt den Ausführungen der Beklagten in allen Punkten entgegen und hält an ihrer Ansicht fest, die Beklagte habe zum einen gegen das Gebot der phasengleichen Gewinnverbuchung verstoßen; ferner lägen verdeckte Gewinnausschüttungen im Rahmen der Rechts- und Beratungskosten vor, weil in einem nennenswerten Umfang Rechtsberatungskosten ausschließlich zu Gunsten der Geschäftsführer bzw. der Mehrheitsgesellschafter angefallen seien.
Die Klägerin beantragt hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes in den Revisionsverfahren II ZR 229/98 und II ZR 230/98, die die Bilanzfeststellungen 1990 und 1991 der Beklagten (siehe hierzu Senatsurteile 5 U 256/93 und 5 U 255/93) betreffen. Eine Aussetzung hält die Klägerin deshalb für geboten, weil der Bundesgerichtshof in diesen Revisionsverfahren über die Rechtsfrage zu entscheiden haben werde, ob das vom E. postulierte Gebot phasenidentischer Aktivierung von Töchtergewinnen bei den Bilanzfeststellungen 1990 und 1991 der Beklagten verletzt worden sei.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die beiderseitigen umfänglichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 29. April 1998 durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Vernehmungsprotokoll vom 12. Oktober 1998 Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Das Urteil des Landgerichts war abzuändern, soweit es den Klageanträgen zu 1 a) und b) stattgegeben hat.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 13. Oktober 1994 betreffend die Feststellung des Jahresabschlusses 1993 sowie der Entlastung der Geschäftsführer nicht als nichtig zu erachten.
Aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 12. Januar 1998 - II ZR 82/93 - steht nunmehr fest, dass unter den dort genannten Voraussetzungen die Beklagte zur phasengleichen Aktivierung der Töchtergewinne in ihrer Bilanz verpflichtet ist. In seiner Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof dabei ausdrücklich darauf ab, dass zum Zeitpunkt des Bestätigungsvermerkes des Abschlussprüfers betreffend die Bilanz der Beklagten die Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse der Tochtergesellschaften bereits gefasst waren, somit zum Zeitpunkt der Abschlussprüfung hätten bereits berücksichtigt werden können und aus den dem Bundesgerichtshof dargelegten Gründen auch hätten berücksichtigt werden müssen.
Der vorliegende Fall betreffend die Bilanz 1993 liegt jedoch anders, den der Abschlussvermerk der Wirtschaftsprüfer wurde hier unstreitig am 14. Juni 1994 erteilt, während der Gewinnverwendungsbeschluss bei der Gf. GmbH betreffend eine Thesaurierung des Gewinnes erst am 28. August 1994 gefasst wurde.
Ob bei dieser Sachlage entsprechend der Ansicht der Klägerin ebenfalls eine Pflicht zur phasengleichen Aktivierung besteht, soweit die Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse der Tochtergesellschaften jedenfalls noch vor der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 13. Oktober 1994 gefasst wurden, kann hinsichtlich der Frage einer eventuellen Nichtigkeit dahinstehen. Denn entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofes in dem vorbenannten Urteil kommt eine etwaige Nichtigkeit nur dann in Betracht, wenn die Gesellschafter der Beklagten bei ihrem Bilanzbeschluss die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft im Sinne von § 256 Absatz 5 Nr. 2 AktG vorsätzlich unrichtig wiedergegeben oder aber verschleiert hätten. Dies ist jedoch bei der Bilanzfeststellung 1993 ebensowenig der Fall wie bei der vom Bundesgerichts in dem genannten Urteil beurteilten Bilanzfeststellung 1989, da den Gesellschaftern angesichts des damaligen Standes der Rechtsprechung ein solcher Vorwurf nicht gemacht werden kann; denn die Rechtsprechung zur Pflicht der phasengleichen Aktivierung war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung weder begründet noch absehbar.
Die übrigen von der Klägerin noch geltend gemachten Gründe führen nicht zur Nichtigkeit, sondern könnten allenfalls eine Anfechtbarkeit des Bilanzbeschlusses begründen. Auch eine Anfechtung greift jedoch nicht durch. Eine Anfechtungsklage ist im Hinblick auf die Tatsache, dass die Beklagte für das Jahr 1993 keine phasengleiche Aktivierung ihrer Töchtergewinne vorgenommen hat, nicht begründet. Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. Januar 1998 unter Ziffer II 1 a) ausdrücklich klargestellt, dass mangels Sonderprüfungsrechtes der Gesellschafter die Vorschrift des § 257 Absatz 1 Satz 2 AktG im GmbH-Recht nicht entsprechend anwendbar ist und daher ein Verstoß wie der hier in Rede stehende grundsätzlich zur Anfechtung berechtigt. Auch eine Fristversäumnis kann der Klägerin hier anders als in dem vom Bundesgerichtshof betreffend die Bilanz 1989 entschiedenen Fall nicht vorgeworfen werden, da sie bereits in der Klageschrift diesen Gesichtspunkt im Prozess rechtzeitig geltend gemacht hat. Auch die Anfechtungsbefugnis gemäß § 245 Nr. 1 AktG ist nicht zu verneinen.
Die Anfechtung greift jedoch nicht durch, da hinsichtlich des Geschäftsjahres 1993 bei der Beklagten die Voraussetzungen für eine phasengleiche Bilanzierung der Töchtergewinne nicht erfüllt sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. Januar 1998 für eine Pflicht zur phasengleichen Bilanzierung ausdrücklich den Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerkes des Abschlussprüfers als maßgeblichen Zeitpunkt angesehen. Schon in seinem Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der europäischen Gemeinschaft vom 21. Juli 1994 hat der Bundesgerichtshof diesen maßgeblichen Zeitpunkt benannt; unter dieser Voraussetzung und abstellend auf diesen Zeitpunkt hat der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften durch Urteil vom 27. Juni 1996 entschieden, dass die nationale Rechtsanwendung hinsichtlich der Pflicht einer phasengleichen Bilanzierung nicht gegen das Recht der europäischen Gemeinschaften verstößt. Der Senat ist auf der Grundlage der vorgenannten Rechtsprechung der Auffassung, dass eine Pflicht zur phasengleichen Bilanzierung nur dann besteht, wenn zum danach maßgeblichen Zeitpunkt des Bilanztestates die entsprechenden Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse der Tochtergesellschaften bereits gefasst sind, da sie nur dann als zu aktivierende Vermögenswerte der Beklagten bereits wirtschaftlich hinreichend konkretisiert sind und im Verfahren zur Aufstellung der Bilanz Berücksichtigung finden können.
Im vorliegenden Fall wurden -wie bereits dargelegt- die Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse der Gf. GmbH erst nach Prüfung der Bilanz und Erteilung des Bestätigungsvermerkes durch den Abschlussprüfer gefasst, weshalb eine Pflicht zur phasengleichen Aktivierung nicht bestand. Dies betrifft im Streitfall auch nur die Firma Gf., an der die Beklagte zu 100 % beteiligt ist, während sie bei den Töchtern V. mbH und D. mbH nur Anteile von 50 % hält und in diesem Falle eine Verpflichtung zur phasengleichen Gewinnaktivierung ohnehin nicht besteht.
Unerheblich ist insoweit hinsichtlich der Gf. GmbH auch, dass die Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse noch vor der Feststellung des Jahresabschlusses 1993 durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 13. Oktober 1994 gefasst worden und damit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung bereits vorlagen; der maßgebliche Zeitpunkt ist eben nicht die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung, sondern die Erteilung des Testates durch den Abschlussprüfer. Würde man die Beklagte auch in diesem Fall zur phasengleichen Aktivierung der Töchtergewinne verpflichten, würde dies bedeuten, dass bei der Beklagten das gesamte Verfahren der Aufstellung, Prüfung und Testierung der Bilanz wegen der zwischenzeitlich gefassten Beschlüsse der Tochtergesellschaften vor der Gesellschafterversammlung der Beklagten hätte wiederholt werden müssen, was nicht nur mit einer erheblichen Zeitverzögerung und einem zusätzlichen Kostenaufwand verbunden gewesen wäre, sondern wofür vor allem keine rechtliche Grundlage ersichtlich ist. Die Beklagte war auch nicht gehalten, mit der Aufstellung und Prüfung ihrer Jahresbilanz so lange zuzuwarten, bis die Bilanzaufstellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse der insbesondere 100 %igen Tochtergesellschaften gefasst waren. Auch hierfür ist eine rechtliche Grundlage nicht erkennbar, denn im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben handelt es sich bei dem Verfahren zur Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes um eine im gesellschaftlichen Ermessen stehende unternehmerische Entscheidung, die hinsichtlich der verschiedenen Gesellschaften von sehr unterschiedlichen und mannigfaltigen Gesichtspunkten abhängig sein kann. Zudem würde eine solche Pflicht dazu führen, dass etwa in einem mehrfach verschachtelten Konzern mit zahlreichen Tochter- und Enkelgesellschaften die Bilanzfeststellung bei der Muttergesellschaft unter Umständen nur sehr verzögert erfolgen könnte, wodurch die Gesellschaft in unvertretbarer Weise in ihren unternehmerischen Entscheidungen beeinträchtigt würde.
Dahinstehen kann insoweit die Frage, ob dies gegebenenfalls anders zu beantworten wäre, wenn sich die Muttergesellschaft bewusst treuwidrig verhält und durch Manipulationen des Zeitpunktes des Abschlussvermerkes ihre Gesellschaft schädigt, denn dies wird von der Klägerin nicht geltend gemacht, und Anhaltspunkte hierfür sind im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich.
Im Hinblick auf die von der Klägerin begehrte Anfechtung kommen hinzu die Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit und Rechtsmißbräuchlichkeit, auf die der Senat in dem Rechtsstreit der Parteien 5 U 156/92 im Urteil vom 18. März 1993 hingewiesen und die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. Januar 1998 ausdrücklich gebilligt hat. Eine Anfechtbarkeit unterstellt würde nämlich bedeuten, dass die Beklagte den dann unwirksam festgestellten Jahresabschluss 1993 neu erstellen, prüfen lassen und sodann von der Gesellschafterversammlung erneut feststellen lassen müsste. Dies ist nicht nur bei der Beklagten mit einem erheblichen Aufwand verbunden und verursacht Kosten in nicht unbeträchtlicher Höhe, sondern führt darüber hinaus auch zu steuerlichen Konsequenzen, da gegebenenfalls entsprechende Nacherklärungen erforderlich werden. Zudem hat die entsprechende Neufeststellung der Bilanz 1993 auch Einfluss auf die Bilanzen der folgenden Jahre, die ebenfalls entsprechend berichtigt werden müssten. Die insoweit erforderlichen Aufwendungen und Kosten stehen außerhalb jeden Verhältnisses zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteilen, die die Klägerin hierdurch erlangen könnte. Vorgetragen hat sie hierzu im Einzelnen nichts; besondere Vorteile sind auch nicht ersichtlich. Denn die nicht erfolgte phasengleiche Aktivierung führt lediglich dazu, dass wie auch in den Jahren zuvor die Gewinne der Tochtergesellschaften um ein Jahr verschoben in der Bilanz der Beklagten aktiviert werden; etwaige Gewinne gehen der Klägerin also nicht etwa verloren, sondern kommen lediglich um ein Jahr verschoben zur Einstellung in den Jahresabschluss. Über die verschiedenen Jahre hinweg betrachtet erleidet die Klägerin hinsichtlich ihrer Gewinnanteile keinen Nachteil, da sie jedenfalls in einem der Jahre zu aktivieren sind und auch aktiviert werden bzw. wurden. Dass die Gesellschaft oder die Klägerin durch die verschobene, nicht phasengleiche Aktivierung der Töchtergewinne von 1993 einen sonstigen -etwa steuerlichen- Nachteil erlitten hätte, ist nicht vorgetragen worden.
Angesichts dieser Umstände und der unwidersprochen gebliebenen und damit unstreitigen Tatsache, dass die Beklagte seit dem Jahr 1995 dazu übergegangen ist, eine phasengleiche Aktivierung vorzunehmen, spätestens zu diesem Zeitpunkt damit die in der Vergangenheit gemachten Fehler durch Aufholung behoben sind, gebietet es der Klägerin die ihr gegenüber der Beklagten obliegende gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, sich mit weniger einschneidenden Maßnahmen als der Nichtigerklärung des Bilanzbeschlusses 1993 abzufinden und Ausgleich von der Beklagten auf anderer Weise zu erlangen, soweit ein solcher überhaupt erforderlich ist. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die nicht erfolgte phasengleiche Bilanzierung wegen der damals noch nicht bekannten oder absehbaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Gesellschafterversammlung nicht vorwerfbar ist.
Was im Übrigen den Gewinn der Firma Gf. betreffend das Jahr 1993 anbetrifft, so entfällt insoweit eine phasengleiche Aktivierung bei der Beklagten als Muttergesellschaft schon deshalb, weil bei der Gf. für dieses Jahr überhaupt kein Gewinn ausgeschüttet, sondern der Gewinn thesauriert worden ist. Dies ist nicht zu beanstanden. Wie der Bundesgerichtshof nämlich inzwischen -wie bereits erwähnt- entschieden hat, besteht weder bei der Beklagten als Muttergesellschaft noch bei der 100 %igen Tochtergesellschaft Gf. ein in der Satzung festgelegtes Vollausschüttungsgebot. Der Thesaurierungsbeschluss bei der Gf. ist im Übrigen ordnungsgemäß gefasst worden.
Die Aktivierung des Gewinns der Gf. aus dem Jahr 1992 in das Bilanzjahr 1993 bei der Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Mangels zeitgerechter Feststellung konnte der Gewinn dieser 100 %igen Tochtergesellschaft nicht im Jahr 1992 berücksichtigt werden. Unstreitig ist nämlich bei der Beklagten das Testat hinsichtlich der Prüfung des Jahresabschlusses 1992 am 25. Juni 1993 erteilt worden, wohingegen bei der Gf. das Testat für 1992 erst am 2. Juli 1993 erteilt worden ist. Angesichts dieser chronologischen Abfolge konnte der Bilanzgewinn der Gf. aus 1992 nach den vorstehend dargelegten Erwägungen bei der Beklagten erst für 1993 verbucht werden. Hinsichtlich der nur 50 %igen Tochtergesellschaften V. und D. besteht -wie ebenfalls bereits erwähnt- ohnehin keine Pflicht zur zeitkongruenten/phasengleichen Gewinnaktivierung.
Die Feststellung des Jahresabschlusses 1993 begegnet auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsprinzip keine durchgreifenden Bedenken.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 31. Januar 1996 in der Sache 5 U 184/95 ausgeführt hat, sind Gesellschafterbeschlüsse außer in dem hier nicht zur Debatte stehenden Fall von Formfehlern zwar wegen inhaltlicher Mängel angreifbar; solche inhaltlichen Mängel liegen bei Satzungs- oder Gesetzesverstößen vor, wie sich aus der analog für das Recht der GmbH anwendbaren Bestimmung des § 243 AktG ergibt. Gesetzesverstöße können vor allem in Verletzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen, als deren Unterfall sogenannte verdeckte Gewinnausschüttungen sowie die Gewährung von Sondervorteilen in Betracht kommen, sowie ferner auch Verstöße gegen Treubindungen (vgl. hierzu Baumbach/Hueck/Zöllner GmbH-Gesetz 15. Auflage Anhang zu § 47 Randziffern 43 - 52).
Vorliegend ist zwar ein Verstoß gegen diese Grundsätze festzustellen, soweit es das ca. 9.200,00 DM brutto betragende Honorar des Rechtsanwaltes G. für eine Strafverteidigung eines der beiden Geschäftsführer betrifft. Insoweit handelte es sich unstreitig nicht um eine Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft und damit aller Gesellschafter. Ebenfalls unstreitig ist der Honorarbetrag jedoch inzwischen den betreffenden Geschäftsführer weiter belastet und von ihm auch erstattet worden. Schon in Anbetracht dessen kann hieraus keine Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses betreffend den Jahresabschluss 1993 hergeleitet werden. Im Übrigen käme eine solche allein wegen des vorgenannten Betrages aber auch deshalb nicht in Betracht, weil dieser im Verhältnis zu den ausweislich des Jahresabschlusses insgesamt angefallenen Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 669.117,00 DM -davon seitens der Klägerin als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet: 148.175,00 DM- derart unbedeutend ist, dass es unverhältnismäßig wäre, hieran schon eine Wirksamkeit der Feststellung des Jahresabschlusses 1993 scheitern zu lassen.
Hinsichtlich des von der Klägerin ferner beanstandeten Betrages von 139.000,00 DM (148.175,00 DM - 9.200,00 DM) kann nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht von verdeckten Gewinnausschüttungen zu Gunsten der Mehrheitsgesellschafter bzw. der Geschäftsführer der Beklagten ausgegangen werden. Die vorbenannten Voraussetzungen für die Annahme von Gleichbehandlungsverstößen sind vorliegend hinsichtlich der den beanstandeten Rechnungen der Rechtsanwälte Dr. S., Ha. zu Grunde liegenden Tätigkeiten nicht festzustellen. Sowohl der Zeuge Dr. S. als auch der Zeuge Ha. haben bei ihrer Vernehmung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihnen das Problem verdeckter Gewinnausschüttungen in Form der Gewährung von Sondervorteilen -z.B. auch in Gestalt von anwaltlicher Beratung- und die damit verbundene Notwendigkeit einer exakten Differenzierung zwischen ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft und einer Tätigkeit für einzelne Gesellschafter bzw. die Geschäftsführer durchaus bewusst gewesen sei und sie vor dem Hintergrund dieser Erkenntnislage auch stets bestrebt gewesen seien, zwischen anwaltlicher Beratung zu Gunsten der Gesellschaft und solcher zu Gunsten einzelner Gesellschafter bzw. der Geschäftsführer zu unterscheiden. Bestätigt wird dies durch die Aussage des Zeugen H., der mit eingehender Darlegung nachvollziehbar gemacht hat, dass mit den einzelnen beratenden Anwälten auch Besprechungen in Angelegenheiten einzelner Gesellschafter bzw. der Geschäftsführer persönlich angestanden haben, diese dann aber nach Maßgabe der von ihm selbst geprüften jeweiligen Honorarnoten der beiden Rechtsanwälte Dr. S. und Ha. jedesmal auch differenziert und getrennt abgerechnet worden sind. Auch was den Umfang der einzelnen Tätigkeiten der beiden vorerwähnten Anwälte anbetrifft, haben diese nachvollziehbar dargelegt, dass sie über ihre jeweiligen Tätigkeiten zeitnah Arbeitsbögen erstellt haben und auch bei deren Erstellung zwischen einer Tätigkeit für die Gesellschaft einerseits und für einzelne Gesellschafter bzw. die Geschäftsführer andererseits stets differenziert haben. Insbesondere der Zeuge Dr. S. hat überaus eingehend zu seinen einzelnen Tätigkeiten und der hierbei erfolgten Differenzierung im vorgenannten Sinne Bekundungen gemacht, und der Senat sieht keine Veranlassung, deren Wahrheitsgehalt durchgreifend in Frage zu stellen. Gerade vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Erklärung des Zeugen, dass ihm die Problematik durchaus bewusst gewesen sei und er stets darauf bedacht gewesen sei, dem bei seiner Honorarstellung auch Rechnung zu tragen, was im Übrigen der Zeuge H. glaubhaft bestätigt hat, sieht der Senat keinen Ansatzpunkt, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Dr. S. in Frage zu stellen, dies umso weniger, als keine Unterlagen oder sonstigen durchgreifenden Anhaltspunkte ersichtlich sind, die geeignet wären, die von dem Zeugen bekundete Differenzierung ernstlich zu widerlegen.
Auch der Zeuge Ha. hat sich nach seiner ebenfalls glaubhaft erscheinenden Bekundung dem Prinzip einer Differenzierung im vorgenannten Sinne verpflichtet gefühlt, und auch insoweit sind keine präzisen Anhaltspunkte im gegenteiligen Sinne ersichtlich. Zwar imponiert, insbesondere was die Tätigkeit des Zeugen Ha. anbetrifft, deren zeitlicher Umfang. Der Zeuge hat jedoch die hierfür unter anderem mitursächliche Einschaltung eines Rechtsanwaltskollegen plausibel damit erklärt, dass es angesichts der Komplexität und des Umfanges der Materie und der in Frage stehenden Rechtsfragen erforderlich gewesen sei, einen weiteren Kollegen mit allen Einzelheiten der anstehenden Problematik vertraut zu machen, um so die Möglichkeit zu schaffen, dass dieser jederzeit vor dem Hintergrund eigener Kenntnisse in eine Bearbeitung einzelner Sachfragen habe einsteigen können. Diese Überlegung ist insgesamt insbesondere angesichts des Umfanges der unter den Parteien und auch für die Beklagte als Gesellschaft anstehenden Sach- und Rechtsfragen jedenfalls nicht als schlechterdings unvertretbar zu erachten.
Der Umstand, dass einige der Rechtsanwaltshonorarnoten und auch gutachterlichen Stellungnahmen mit dem Vermerk "persönlich/vertraulich" bezeichnet waren, kann jedenfalls nach Maßgabe der Aussage des Zeugen Ha. nicht dahingehend interpretiert werden, dass die ihnen zu Grunde liegenden Tätigkeiten ausschließlich zu Gunsten der Geschäftsführer oder einzelner Gesellschafter erfolgten. Der Zeuge Ha. hat dies vielmehr damit begründet, er habe seinerzeit die generelle Anweisung erteilt -und so sei es auch im Computer gespeichert gewesen dass alle Unterlagen an bzw. für die Geschäftsleitung mit diesem Vermerk zu versehen seien. Grund hierfür sei die Überlegung gewesen, dass insbesondere bei einem Unternehmen der Größe der Beklagten immer Dinge anstünden, die nicht zur allgemeinen Kenntnisnahme bestimmt seien, weshalb er es aus Sicherheitsgründen für angezeigt gehalten habe, sämtliche Unterlagen insoweit mit dem genannten Vermerk zu versehen. Dies habe aber keinen jeweils konkreten Hintergrund gehabt und insbesondere nicht etwa auf einer Anweisung der Geschäftsführer beruht. Rückschlüsse auf eine dem zugrundeliegende Tätigkeit ausschließlich im Interesse der Geschäftsführer lassen sich damit aus der vorbenannten Kennzeichnung "persönlich/vertraulich" angesichts der nicht zu widerlegenden Erklärung des Zeugen Ha. nicht herleiten.
Insgesamt bietet deshalb die durchgeführte Beweisaufnahme keine ausreichenden Anhaltspunkte zur Bestätigung der Behauptung der Klägerin, dass anwaltliche Tätigkeiten im genannten Umfang von ca. 148.000,00 DM ausschließlich im Interesse der Geschäftsführer bzw. einzelner Gesellschafter und damit als verdeckte Gewinnausschüttungen an diese erfallen seien, was ersichtlich auch die Klägerin ausweislich der Ausführungen ihrer Beweiswürdigung nicht verkennt.
Soweit die Klägerin gesellschaftsfremde Aufwendungen in Form von Lebensversicherungsbeiträgen für die Geschäftsführer sieht, ist dieser Einwand gegenüber der Bilanzfeststellung verspätend geltend gemacht worden und damit nicht geeignet, eine Anfechtung der Bilanzfeststellung zu tragen.
Da nach den vorstehenden Ausführungen eine Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Bilanzfeststellungsbeschlusses 1993 nicht in Betracht kommt, findet sich auch keine Grundlage für eine Anfechtung des Beschlusses zur Geschäftsführerentlastung, weil vorwerfbare Handlungen der Geschäftsführer nicht ersichtlich sind, so dass auch der dahingehende Antrag unbegründet war.
Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten, soweit es die Entlastung des Beirates anbetrifft. Diese war unwirksam und dies aus zweifachem Grunde.
Die Einzelabstimmung und die mit ihr verbundene Beteiligung von Frau E.-T. an der Abstimmung über die Entlastung des Beirates verstieß gegen die Bestimmung des § 47 Absatz 4 Satz 1 GmbH-Gesetz, wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 31. Januar 1996 -5 U 184/95- ausgeführt hat. Der Senat hat dort dargelegt - , und diese Ausführungen haben auch im vorliegenden Verfahren Geltung ":über den Gesetzeswortlaut hinaus erfasst das in dieser Vorschrift geregelte Stimmverbot bei einem Vorwurf gemeinsam begangener Pflichtverletzung die Stimmabgabe aller hieran beteiligter Personen. In einem solchen Fall ist nur eine einheitliche Beurteilung möglich, so dass das Verbot des "Richtens in eigener Sache" auch hier gilt. Nicht anders verhält es sich nach der in NJW 1989/2695 veröffentlichen Entscheidung des BGH vom 12. Juni 1989, wenn über die Entlastung eines Organs entschieden wird. Wenn nämlich die Tätigkeit eines aus mehreren Personen bestehenden Organs, wie hier des Beirates, gebilligt werden soll, sind im Regelfall alle Mitglieder dieses Organs betroffen, es sei denn, es handele sich um eine bestimmte Einzelmaßnahme eines Organmitgliedes, was bei der turnusmäßigen Entlastung indes nicht der Fall ist. Aus dieser unmittelbaren sachlichen Betroffenheit der einzelnen Organmitglieder folgt, dass sich der Sache nach nichts ändern kann, wenn wie hier statt einer Gesamtentlastung eine Einzelentlastung vorgenommen wird. Die Organmitglieder, die zugleich Gesellschafter sind, können an ihr auch dann nicht beteiligt werden, wenn es nicht um die Entlastung der eigenen Person geht. Eine andere Vorgehensweise würde eine unzulässige Manipulation und einen Umgehungstatbestand darstellen (vgl. dazu auch Schölz/Karl Schmidt GmbH-Gesetz, 8. Auflage, § 47 Randnummern 97 und 134). Die demgemäß in unzulässiger Weise für die Entlastung der Beiratsmitglieder B. und Dr. T. abgegebenen Stimmen der Gesellschafterin von der Wettern-T. hinweggedacht ist eine Entlastung dieser beiden Mitglieder des Beirates in der Gesellschafterversammlung nicht zu Stande gekommen, vielmehr -da die erforderliche Mehrheit nunmehr bei allen drei Beiratsmitgliedern fehlt- eine Entlastung damit dem gesamten Beirat verweigert worden.
Der von der Klägerin hilfsweise beantragten Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes in den Revisionsverfahren betreffend die Senatsurteile 5 U 255/93 und 5 U 256/93 betreffend die Bilanzfeststellungen 1990 und 1991 bedurfte es nicht. Eine Aussetzung käme nach § 148 ZPO nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites vom Bestehen oder Nicht-Bestehen eines anderen Rechtsverhältnisses abhinge, das vorrangig zu klären wäre und die ausstehenden Bundesgerichtshofsentscheidungen in den vorgenannten Revisionsverfahren für die Entscheidung des vorliegenden Falles vorgreiflich wären. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zur grundsätzlichen Rechtsproblematik der phasengleichen Aktivierung von Töchtergewinnen bei der Muttergesellschaft liegt eine grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vor. Ob das Gebot im Einzelfall gilt, ist nach den konkreten Gegebenheiten im Rahmen des einzelnen Rechtsstreites zu entscheiden; die vorerwähnten ausstehenden Bundesgerichtshofsentscheidungen haben insoweit für das vorliegende Verfahren keine vorgreifliche Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10 711 ZPO.
Berufungsstreitwert: 120.000,00 DM, dies in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 25. November 1997
Wert der Beschwer der Klägerin: 110.000,00 DM
Wert der Beschwer der Beklagten: 10.000,00 DM
OLG Köln:
Urteil v. 10.03.1999
Az: 5 U 43/97
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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7041a5ff39b3/OLG-Koeln_Urteil_vom_10-Maerz-1999_Az_5-U-43-97