Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 20. April 2011
Aktenzeichen: 12 O 36/11
(LG Düsseldorf: Urteil v. 20.04.2011, Az.: 12 O 36/11)
Tenor
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.02.2011 wird bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin ist ein seit 1880 in Düsseldorf ansässiges mittelständisches Unternehmen in der Wohnungswirtschaft. Ihr Gesellschaftszweck besteht vornehmlich in der Vermietung in ihrem Eigentum stehender Wohnungen. Sie schaltet etwa 500 Wohnungsanzeigen im Jahr in verschiedenen Tageszeitungen.
Mit Inserat vom 11.12.2010 in der Zeitung "A" bot die Antragsgegnerin dem wohnungssuchendem Publikum die Vermietung einer 61,66 m² großen Wohnung in Düsseldorf an. Den Mietpreis benannte die Antragsgegnerin mit "355,- € + 104,- € NK + 47,50 € HK + Garage + Kaut.".
In einer vorherigen Anzeige am 03.11.2010 im "B" sowie in einer nachfolgenden Anzeige am 15.12.2010 in der "A" über dieselbe Wohnung wurde der Mietzins für die Garage separat ausgewiesen; auch in weiteren acht Anzeigen über diese Wohnung und ca. 50 vergleichbaren Anzeigen über andere Wohnungen. Die streitgegenständliche Wohnung wurde am 31.03.2011 zum 16.04.2011 vermietet.
Mit Schreiben vom 16.12.2010 mahnte der Antragsteller die Antragsgegnerin wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) ab und forderte diese erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Mit Beschluss vom 07.02.2011 hat die Kammer der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, in öffentlicher Werbung Letztverbrauchern gegenüber für die Vermietung von Wohnungen/Häusern unter Angabe von Preisen zu werben, ohne den Endpreis anzugeben, wenn dies geschieht wie in der nachfolgend abgebildeten Anzeige mit der Angabe "335,- € (...) + Garage":
Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller beantragt nunmehr,
den Widerspruch zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.02.2011 aufrecht zu erhalten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.02.2011 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, es liege keine spürbare Beeinträchtigung des Wettbewerbs vor. Auch würde ein überschaubarer Kreis von Verbrauchern angesprochen, nämlich nur die Inhaber von sogenannten Wohnberechtigungsscheinen. Zudem behauptet sie, es handele sich bei dem streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoß um ein einmaliges Büroversehen. So sei aus Versehen der Garagenmietpreis in Höhe von 47,50 € den Heizkosten, für die eine Preisangabe aufgrund der verbrauchsabhängigen Berechnung nicht erforderlich sei, zugeordnet worden. Sie ist der Ansicht, damit fehle es an einem erforderlichen bewussten oder planmäßigen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, da die Voraussetzungen zum Erlass der einstweiligen Verfügung - Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund - nach wie vor vorliegen.
Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PAngV zu.
Der Antragsteller ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.
Die Antragsgegnerin hat durch die beanstandete Werbung gegen § 1 Abs. 1 PAngV verstoßen.
Danach hat derjenige, der als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).
Ein Makler, der Letztverbrauchern gegenüber für Wohnungen unter Angabe von Preisen mit der Angabe "x Euro + Garage" wirbt, ohne den Mietpreis für die Garage anzugeben, verstößt gegen § 1 Abs. 1 PAngV (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage 2011, § 1 PAngV, Rn. 18; OLG Köln, NZM 2002, 392, 393).
Der Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) stellt eine Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift dar, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 UWG Rn. 11.142).
Unlautere Wettbewerbshandlungen sind gemäß § 3 UWG unzulässig, wenn sie geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.
Die Frage der Erheblichkeit des Wettbewerbsverstoßes ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Dabei sind insbesondere Art und Schwere des Verstoßes sowie die zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb zu berücksichtigen.
Für Preise und Preisangaben ist zu berücksichtigen, dass sowohl für die Anbieter- als auch für die Nachfrageseite der Preisgestaltung (und damit auch der Preisangabe) zentrale Bedeutung zukommt. Für die Verbraucher ist der Preis neben der Beschaffenheit und Qualität der Ware oder Leistung regelmäßig das entscheidende Kriterium für die Marktorientierung und die Bewertung der verschiedenen Angebote. Bei Verstößen gegen die PAngV wird daher häufig von einer wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung auszugehen sein, da hierdurch die Möglichkeit des Preisvergleichs, der ein unerlässlicher Bestandteil wirtschaftlichen Wettbewerbs ist, erschwert wird. An die Erheblichkeitsschwelle sollten daher keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, Einf PAngV, Rn. 4). Entscheidend für die Erheblichkeitsbeurteilung ist, ob die unlautere Wettbewerbshandlung geeignet ist, sich nicht nur unerheblich zum Nachteil von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern auszuwirken. Dabei darf aus Sicht des durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Marktteilnehmers, die Beeinträchtigung der Interessen nicht so gut wie bedeutungslos sein (vgl. OLG Hamburg, MMR 2007, 321).
Gemessen an dieser Vorgabe ist die hier zu beurteilende Handlung geeignet, den Wettbewerb jedenfalls zum Nachteil der Verbraucher mehr als nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Die PAngV soll den Verbraucher nicht nur vor Irreführung schützen, sondern auch sicherstellen, dass der Verbraucher sich zutreffend und erschöpfend durch Preisvergleiche über den Preisstand unterrichten kann. Dadurch, dass in der streitgegenständlichen Annonce nur auf zusätzliche Garagenkosten hingewiesen wird, ohne diese zu beziffern, werden diese Schutzzwecke verletzt.
Die in der Annonce nicht mitgeteilten Preisbestandteile sind nicht unerheblich. Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn die Garagenkosten zwar nicht in den Endpreis einbezogen, aber betragsmäßig ausgewiesen wären, so dass der Verbraucher die Summe einfach errechnen könnte (vgl. OLG Köln, Urt. v. 08.09.2006, Az.: 6 U 49/06).
Auch ergibt sich nicht aus den Umständen, vor allem daraus, dass der Garagenmietpreis von 47,50 € irrtümlich den Heizkosten zugeordnet wurden, die verbrauchsabhängig berechnet werden und daher - nach dem Vortrag der Antragsgegnerin - keiner Angabe bedurften, die Erkennbarkeit des Garagenmietpreises. Insoweit könnte nach Auffassung des durchschnittlichen Verbrauchers der Betrag von 47,50 € für die Heizkosten auch einen monatlich zu zahlenden Abschlag darstellen, wie dies bei den Nebenkosten der Fall ist.
Die Erheblichkeit des Wettbewerbsverstoßes entfällt nicht dadurch, dass allein Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen angesprochen werden. Dieser Kreis der angesprochenen Verbraucher ist nicht lediglich ein überschaubarer Kreis, der zu vernachlässigen wäre.
Unerheblich ist, ob die streitgegenständliche Wohnung unabhängig von der angegriffenen Annonce vermietet wurde. Entscheidend ist die Eignung der unlauteren Wettbewerbshandlung, sich zum Nachteil von Verbrauchern auszuwirken (vgl. OLG Hamburg, MMR 2007, 321). Es besteht die Gefahr der Irreführung der Verbraucher, die sich durch Preisvergleiche über den Preisstand informieren möchten. Unerheblich ist, ob sich die Irreführung konkret ausgewirkt hat. Eine Marktfolgebeobachtung wird der Funktion und dem Zweck des UWG nicht gerecht (vgl. OLG Hamburg, aaO).
Unerheblich ist auch, dass es sich nach dem Vortrag der Antragstellerin um ein Versehen gehandelt hat. Der auf die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gestützte Unterlassungsanspruch setzt keinen bewusst begangenen Gesetzesverstoß voraus. Es genügt ein lediglich objektiv rechtswidriges Verhalten; ein Verschulden ist nicht erforderlich. Der Unlauterkeitsvorwurf ist kein Schuldvorwurf, sondern knüpft an das objektive Marktverhalten an (Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 UWG Rn. 11.52, 11.54 mwN; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO, § 3 Rn. 412).
Die erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Es ist bereits zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, so dass eine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr besteht. Dem steht nicht entgegen, dass es sich nach dem Vortrag der Antragsgegnerin um ein einmaliges Versehen gehandelt hat. Auch in diesem Fall ist es dem Handelnden zuzumuten, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auszuschließen, was die Antragsgegnerin unterlassen hat (vgl. Köhler/Bornkamm, aaO, § 8 UWG Rn. 1.39; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO, § 8 Rn. 16).
Die Eilbedürftigkeit wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Einer gesonderten Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es aufgrund des Charakters des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht.
S t r e i t w e r t: 11.000,00 €
LG Düsseldorf:
Urteil v. 20.04.2011
Az: 12 O 36/11
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