Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. März 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 52/01
(BPatG: Beschluss v. 19.03.2003, Az.: 29 W (pat) 52/01)
Tenor
Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Januar 2001 wird aufgehoben.
Gründe
I Die Darstellungsiehe Abb. 1 am Endeist als Bild- bzw. Farbformmarke zur farbigen Eintragung in der Farbe Rot (HKS 13 = 100% Yellow/100% Magenta) für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9: Büroartikel, nämlich elektrische, elektronische digital gesteuerte und Lichtenergie gesteuerte Bürogeräte, nämlich Taschenrechner, Faxgeräte, Anrufbeantworter, Diktiergeräte, Drucker, Schreibmaschinen, Tischrechner, Kopiergeräte; EDV-Produkte und technisches Zubehör, nämlich Datenverarbeitungsgeräte, wie Personal-Computer, Drucker, Umschalter, Weichen, Monitore, Bildschirmfilter, insbesondere aus Glas und Kunststoff, Tastaturen, Low-Price-Mouse, Infrarot-Mouse, Trackball, Joystick, Kabel, Druckerkabel, Winkel, Laptop, Verlängerungen, Stecker, Stecker-Leitungen, Stecker-Buchsen-Leitungen, kompatible Computerstecker, Mouse, Monitor-Kabel; Nullmodemkabel, Adapter, Kabelmanager, Spirale, Schellen für Kabel und Kabelverbindungen, Halter für Kabel und Kabelverbindungen; Telekommunikationszubehör, insbesondere Adapter, Adapterkabel, Verlängerungsleitungen, Dosen, Aufputz- und Unterputz-Dosen; Endloskassetten, Kassetten, Mikrokassetten, Batterien; Disketten; Datenträgeraufbewahrungsboxen, Multimediaboxen; Mousepad, Mousegarage, Universalgarage, Druckerständer, Printerstation, Handstützen, Fußstützen, Monitorarme, Telefonarme; Speichermedien, insbesondere Disketten, Plattenkassetten, Disk, elektronische Speicherkarten, Speicherbausteine; Datacartringe, Optical Disk, CD-R (wiederbeschreibbare Compact Disk); Grafikkarten für Datenverarbeitungsanlagen;
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton), Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten), insbesondere Briefpapier, Briefkarten, Briefumschläge, Versandtaschen, Visitenkarten, Büttenpapier, Schreib- und Notizblocks, Haftnotizzettel, Formularvordrucke, Glückwunschkarten, Registrierpapier, Haftnotizzettelblöcke, Notizzettelblöcke, hitzeempfindliches Papier, druckempfindliches Papier, Kopierpapier, EDV-Papier, Telefax-Papier, Korrekturblätter, Formulare; Karteikarten; Hefte, Bücher, Ringbücher, Aktensammelmappen, Aktendeckel, Hängetaschen, Ordner, Sammelmappen, Schnellhefter; Etiketten und Schildchen aus Papier, Pappe und papierähnlichem Material; Aufkleber aus Papier, EDV-Etiketten; Folien für Overheadprojektoren; Diskettenversandhüllen aus Papier, Pappe oder aus Kunststoff, Gerätehüllen, Monitorhüllen, Taschen, Tastaturhüllen, Diskettenversandhüllen, Laptoptaschen, aus Kunststoffen, kunststoffbeschichteten und -unbeschichteten Geweben und Textilien, Druckereierzeugnisse, insbesondere Briefpapier, Briefkarten, Briefumschläge, Visitenkarten, Geschenkpapier, Geschäftsdrucksachen, Kartenkollektionen (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften und Bücher; Schulbedarfsartikel; Schüleretuis, Schreibwaren; Schreib-, Mal- und Zeichengeräte; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel, nämlich Zeichen-, Mal- und Modellierwaren; Pinsel für Maler und Künstler; Pinsel, Schreibmaschinen; Büroartikel und Bürogeräte (ausgenommen Möbel), insbesondere Entklammerer, Farbbänder, Heftapparate, Locher, Prägegeräte für bürotechnische Zwecke, Telefonregister, Diskettenablage-, Kartei- und Zettelkästen, Endloslineal/Abreißer, Druckzeichenlineal, Konzepthalter, Konzeptarm, Schreibgeräte- und Büroklammernablagen, Bürolocher, Bürohefter, Enthefterzangen, Schreigeräteköcher, Zettelschalen, Zettelkästen, Federschalen, Büroklammern-Spender, Brief-Ablageschalen, Schreibunterlagen, Stempelhalter, Briefständer, Klebebandabroller, Haftnotiz-Zettelhalter, Buchstützen und Schreib-Klemmplatten; Büromaschinen (soweit in Klasse 16 enthalten), Wandtafelzeichengeräte; Globen, Lehr- und Unterrichtsmittel auch in Form von Spielen (ausgenommen Apparate); Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Büro-Sets aus Locher, Heftapparate, Radiergummi, Spitzer, Büroklammerhalter und -spender, Schreibgeräteboxen und -köcher, Schreibgeräteablageschalen, Zettelboxen, Ablageschalen für Schriftstücke, Telefonregister, Farbkästen, Fasermaler (Filzschreiber), Karteikästen, Mal- und Zeichenblöcke;
Klasse 38: Telekommunikations-Dienstleistungenin das Markenregister angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 5. Januar 2001 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine einfache und häufig verwendete geometrische Grundform ohne Eigentümlichkeit oder Einprägsamkeit. Die Farbe Rot werde auf allen Waren- und Dienstleistungsbereichen von verschiedenen Unternehmen verwendet. Der als HKS 13 spezifizierte Rot-Ton weiche dabei nicht in erheblichem Maße von üblicherweise verwendeten Rot-Tönen ab.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, daß die Farb/Bildmarke aus einer farbigen Fläche bestehe, die eine eigentümliche Gestaltung und Formgebung aufweise. Die angemeldete Farbgestaltung werde im Büroartikelbereich nicht verwendet und sei für die angemeldeten Waren ungewöhnlich. Vor allem stützt sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Eintragung von Farbmarken sowie auf die Eintragung ihrer Gemeinschaftsmarke 614 420, die ein rotes Rechteck mit weißer Umrahmung für die gleichen Waren darstelle.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angemeldeten Marke fehlt weder jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) noch ist sie als beschreibende Sachangabe nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Gegenstand der Anmeldung ist die Bildmarke in ihrer konkreten farblichen Gestaltung. Es handelt sich dabei insbesondere nicht um eine abstrakte Farbmarke, wie die Anmelderin selbst nicht verkennt, auch wenn sie sich für ihr Eintragungsbegehren auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Farbmarke bezieht. Ob die konkret beanspruchte Form in dem im einzelnen angegebenen Rotton als Farbformmarke oder als Bildmarke zu bezeichnen ist, kann - da nicht entscheidungserheblich - dahingestellt bleiben. Der Senat vermag jedenfalls der Auffassung der Markenstelle nicht zu folgen, der aus einem roten, länglichen Parallelogramm mit abgerundeten Ecken bestehenden angemeldeten Marke komme als einfacher und häufig verwendeter geometrischer Grundform keinerlei Eigentümlichkeit und Einprägsamkeit zu.
Einfachen geometrischen Formen kann jegliche Unterscheidungskraft fehlen, wenn sich ihre Bildwirkung darauf beschränkt, lediglich als Hervorhebungsmittel für die eigentlichen Kennzeichnungen zu dienen. Daß diese Voraussetzungen hier gegeben sind, ist aber nicht der Fall. Denn für die Beurteilung graphischer Gestaltungen kommt es stets auch auf die Bezeichnungsgepflogenheiten und die allgemeine Übung auf dem betreffenden Waren- und Dienstleistungsgebiet an (vgl BGH BlPMZ 1969, 319, 320 - red white; MarkenR 1999, 133 - Etiketten; BPatG GRUR 1997, 285, 286 - VISA-Streifenbild). Die Markenstelle hat konkrete Feststellungen nicht getroffen. Auch die Ermittlungen des Senats haben keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, daß derartige farbige Gestaltungsmittel - insbesondere in Alleinstellung - im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Bürogeräte, Papierwaren und Telekommunikations-Dienstleistungen üblicherweise als Ausschmückung, Verzierung oder zur Hervorhebung verwendet werden (vgl dazu BGH GRUR 2001, 735 - Jeanshosentasche).
Es ist auch nicht ersichtlich, daß es sich bei der angemeldeten Marke um die Abbildung der so gekennzeichneten Waren oder die Darstellung von warentypischen Merkmalen handelt, die maßgebliche Gestaltungselemente bzw allein die technische Gestaltung der Waren betreffen (vgl BGH WRP 2001, 31 - Zahnpastastrang). Darüber hinaus darf bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke auch nicht unterstellt werden, daß sie von der Anmelderin als Warenetikett mit Beschriftung verwendet werde, weil dies voraussichtlich eine Veränderung des kennzeichnenden Charakters iSv § 26 Abs 3 Satz 1 MarkenG zur Folge hätte (vgl BPatG 27 W (pat) 75/01 zitiert im Jahresbericht 2002, GRUR 2003, 469, 474 - Quadrat von gezackter Linie umrandet mit darüber liegendem farbigen Rechteck).
Die angemeldete Marke ist zwar als einfache graphische Gestaltung anzusehen. Für die konkrete Unterscheidungseignung muß sie aber keinen bestimmten Grad an Eigentümlichkeit oder Originalität der Gestaltungshöhe aufweisen, solange ihr - wie hier - keine beschreibende Bedeutung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden kann. Der konkret angemeldeten graphischen Gestaltung, die keine bloße geometrische Grundform darstellt, ist die erforderliche - wenn auch geringe - Unterscheidungskraft nicht abzusprechen.
Der angemeldeten Marke steht auch nicht das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen, da die Anmeldemarke nicht aus der bildlich beschreibenden naturgetreuen Darstellung der Ware selbst oder eines der für die Waren bzw Dienstleistungen typischen Elemente besteht und somit nicht geeignet ist, im Verkehr zur Beschreibung maßgeblicher Eigenschaften oder Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu dienen. Im übrigen wird auf die Entscheidungen des Bundespatentgerichts zur Eintragung etikettenförmiger Umrahmungen hingewiesen (30 W (pat) 35/01 vom 12. März 2001 und 26 W (pat) 40/00 vom 17. Oktober 2001).
Pagenberg Voit Richterin Fink ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben.
Pagenberg Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/13376.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 19.03.2003
Az: 29 W (pat) 52/01
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