Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 3. Juli 2013
Aktenzeichen: 12 O 227/12 U.

(LG Düsseldorf: Urteil v. 03.07.2013, Az.: 12 O 227/12 U.)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

für apothekenunübliche Waren, die weder unmittelbar noch mittelbar der Gesundheit dienen oder diese fördern, zu werben und/oder diese ankündigungsgemäß auszugeben, und zwar wie nachstehend für eine Umhängekühltasche, ein Reisenähset und/oder ein Alu-Stabfeuerzeug wiedergegeben:

und/oder

und/oder

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.07.2012 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist die A e.V., deren Aufgabengebiet unter anderem die Bekämpfung unlauterer geschäftlicher Handlungen umfasst.

Sie nimmt die Beklagte, die eine Apotheke in L1 betreibt, auf Unterlassung einer nach ihrem Dafürhalten wettbewerbswidrigen Werbung in Anspruch.

Im Juni 2011 warb die Beklagte für ein Reisenähset, im August 2011 für eine Kühltasche und im Februar 2012 für ein Alu-Stabfeuerzeug, jeweils, wie aus dem Tenor ersichtlich.

Wegen dieser Werbungen mahnte die Klägerin die Beklagte, nachdem sie am 13.02.2012 davon Kenntnis erlangte, mit Schreiben vom 14.02.2012 ab und forderte diese erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Die Klägerin ist der Ansicht, in der angegriffenen Werbung der Beklagten liege ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG iVm §§ 2 Abs. 4, 1a Abs. 10 ApBetrO. Hilfsweise beruft sie sich auf § 2 UKlaG iVm §§ 2 Abs. 4, 1a Abs. 10 ApBetrO.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

für apothekenunübliche Waren, die weder unmittelbar noch mittelbar der Gesundheit dienen oder diese fördern, zu werben und/oder diese ankündigungsgemäß auszugeben, und zwar wie nachstehend für eine Umhängekühltasche, ein Reisenähset und/oder ein Alu-Stabfeuerzeug wiedergegeben:

und/oder

und/oder

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, es handele sich bei den von ihr beworbenen Produkten um solche mit Gesundheitsbezug im Sinne von § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO, da die Umhängekühltasche dafür geeignet sei, ein Getränk bei sich zu führen, welches zum einen für die Einnahme von Medikamenten benötigt wird. Zum anderen könne eine Dehydration vermieden werden. Das Reisenähset können auch zum Verschließen oder Nähen von Verbänden verwendet werden. Das Feuerzeug könne eine Wärmequelle entzünden sowie Insekten-Abwehrkerzen anzünden. Darüber hinaus fehle es an einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil anderer Marktteilnehmer gemäß § 3 Abs. 1 UWG. Zudem liege ein zulässiges Nebengeschäft im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG vor.

Die Klageschrift ist der Beklagten am 18.07.2012 zugestellt worden.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, es zu unterlassen, für apothekenunübliche Waren, die weder unmittelbar noch mittelbar der Gesundheit dienen oder diese fördern, zu werben und/oder diese ankündigungsgemäß auszugeben, und zwar wie im Tenor für eine Umhängekühltasche, ein Reisenähset und/oder ein Alu-Stabfeuerzeug wiedergegeben, gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG iVm §§ 2 Abs. 4, 1a Abs. 10 ApBetrO.

Die Klägerin ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.

Die angegriffene Werbung der Beklagten verstößt gegen §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG iVm §§ 2 Abs. 4, 1a Abs. 10 ApBetrO.

§§ 2 Abs. 4, 1a Abs. 10 ApBetrO stellen eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, da diese Regelungen auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Bei den hier relevanten Vorschriften der ApBetrO stehen Gesichtspunkte des Gesundheitsschutzes und insbesondere die ordnungsgemäße Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und der Zweck, den Vorrang dieses Versorgungsauftrages abzusichern, im Vordergrund. Die den Verkauf in Apotheken regelnden Vorschriften dienen zumindest auch dem Schutz der Verbraucher als Marktteilnehmer. Zudem geht es darum, gleiche Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen für konkurrierende Apotheker zu schaffen (vgl. OLG Oldenburg, GRUR-RR 2008, 20 mwN).

Gemäß § 2 Abs. 4 ApBetrO darf der Apotheker neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Waren nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt.

Gemäß § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO sind apothekenübliche Waren unter anderem Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern.

Weder die beworbene Umhängekühltasche, noch das Reisenähset oder das Alu-Stabfeuerzeug erfüllen diese Voraussetzung.

Für die Annahme einer apothekenüblichen Ware genügt nicht die bloße Möglichkeit, dass die betreffenden Gegenstände der Gesundheit von Menschen in irgendeiner Weise dienen oder diese fördern, vielmehr ist erforderlich, dass die betreffenden Waren einen greifbaren, ohne weiteres einsichtigen Gesundheitsbezug aufweisen. Die Erzeugnisse müssen nach ihrem üblichen Gebrauch geeignet und dazu bestimmt sein, die physische und psychische Gesundheit zu fördern, auch wenn das nicht ihr ausschließlicher Zweck zu sein braucht. Demgegenüber genügt die bloße Möglichkeit, dass die entsprechenden Mittel, Gegenstände oder Informationsträger das subjektive Wohlbefinden von Menschen in irgendeiner Weise fördern können, für sich allein nicht (vgl. OLG Saarbrücken, GRUR-RR 2004, 366, 367).

Mit der Neuregelung des § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO wurde nicht beabsichtigt, die Anzahl der Waren, die in Apotheken vertrieben werden dürfen, ausufern zu lassen. Vielmehr wurden die Worte €mittelbar oder unmittelbar€ in § 25 Nr. 2 ApBetrO a.F. durch €unmittelbar€ ersetzt. So heißt es in der Bundesrat-Drucksache 61/12 (Beschluss) auf Seite 2: €Durch die Änderung sollen die Kernaufgaben der Apotheken stärker herausgestellt werden. Hinsichtlich des apothekenüblichen Nebensortiments ist zwar durch die Aufnahme der Mittel zur Körperpflege eine für die Apotheken auch wirtschaftlich sinnvolle Erweiterung vorgenommen worden. Bund und Länder tragen jedoch die fachliche Verantwortung dafür, dass das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung erhalten bleibt. Es ist deshalb nicht mehr länger vertretbar, hinsichtlich der Mittel, Gegenstände und Informationsträger des Nebensortiments weiterhin nur einen mittelbaren Gesundheitsbezug zuzulassen. Dieser mittelbare Gesundheitsbezug hat in letzter Zeit zum Beispiel dazu geführt, dass einzelne Apotheken im Rahmen ihres Nebensortiments Produkte wie Wellnessreisen oder Sanitärartikel angeboten haben€.

Weder die Umhängekühltasche, noch das Reisenähset oder das Alu-Stabfeuerzeug dienen unmittelbar der Gesundheit von Menschen.

Zwar kann mit Getränken eine Dehydration vermieden werden, doch muss hierfür nicht das Getränk gekühlt sein. Dies muss es ebenso wenig für die Einnahme von Medikamenten. Zudem wäre, folgte man der Argumentation der Beklagten, im Ergebnis jegliches Lebensmittel eine Ware im Sinne von § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO. Dies ist erkennbar nicht gewollt. Gleiches gilt für das Reisenähset. Dieses dient nicht unmittelbar dazu, die Gesundheit zu fördern, sondern ist bestimmungsgemäß dafür geeignet, kleine Näharbeiten während der Reise durchführen zu können. Ebenso dient das Alu-Stabfeuerzeug nicht üblicherweise dazu, die Gesundheit zu fördern. Zudem heißt es in der Werbung: €Eiskalt draußen und gemütlich mit Kerze drinnen!€, wodurch deutlich gemacht wird, dass das Feuerzeug dazu eingesetzt werden kann, eine Kerze anzuzünden. Die dadurch gegebene Möglichkeit, das subjektive Wohlbefinden zu fördern, genügt nicht.

Durch die angegriffene Werbung wird der Wettbewerb spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG beeinträchtigt. Die betreffenden Angebote sind in den Werbungen blickfangmäßig herausgehoben. Sie sind damit ein zentrales Element der Werbung und geeignet, Kunden in die Apotheke der Beklagten zu locken, was sich zu Lasten der Mitbewerber auswirkt.

Der Wettbewerbswidrigkeit der Werbung gemäß § 2 Abs. 4 ApBetrO steht nicht entgegen, dass im Fall von Nebengeschäften im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG deren Zulässigkeit im Lichte der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG zu bestimmen ist. Die Entscheidung des BGH vom 21.09.2000 (GRUR 2001, 352) beschäftigt sich mit der Frage, ob bei dem nach § 25 Nr. 2 ApBetrO (nunmehr § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO) zulässigen Vertrieb von Kompressionsstrümpfen die dazugehörige Dienstleistung des Anpassens der Strümpfe untersagt ist. Insoweit hat der BGH entschieden, dass es sich um ein zulässiges Nebengeschäft im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG handelt. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Frage der Zulässigkeit eines Nebengeschäftes zu einem nach § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO erlaubten Geschäft. Vielmehr liegen in dem hier zu entscheidenden Fall bereits die Voraussetzungen des § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht vor, wie oben erläutert.

Die durch die vorliegenden Verstöße indizierte Wiederholungsgefahr wurde nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte darüber hinaus gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG einen Anspruch auf Erstattung der € der Höhe nach unstreitigen und angemessenen € Abmahnkosten.

Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 15.000,00 €






LG Düsseldorf:
Urteil v. 03.07.2013
Az: 12 O 227/12 U.


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