Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. September 2014
Aktenzeichen: I-23 U 7/14

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.09.2014, Az.: I-23 U 7/14)

Tenor

Die Berufung des Antragstellers gegen das am 20. Dezember 2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

A.

Der Antragsteller, ein Architekt, begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung seines Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 648 BGB), die der Sicherung seiner angeblichen Honorarforderung gegen den Antragsgegner dienen soll. Das Landgericht hat die begehrte einstweilige Verfügung zunächst durch Beschluss erlassen. Mit seinem Widerspruch hiergegen hat der Antragsgegner zahlreiche Einwände gegen die Berechnung der zu sichernden Honorarforderung des Antragstellers geltend gemacht und mit angeblichen Gegenansprüchen aufgerechnet. Das Landgericht hat die Beschlussverfügung anschließend mit dem angefochtenen Urteil unter Zurückweisung des Verfügungsantrags wieder aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Berufung, mit der er seinen Verfügungsantrag weiter verfolgt.

B.

Die zulässige Berufung des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Der beantragte, vom Landgericht unter Aufhebung der zuvor ergangenen Beschlussverfügung abgelehnte Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek einzutragen, kommt jedenfalls jetzt schon deshalb nicht (mehr) in Betracht, weil es an einem Verfügungsgrund fehlt.

Die Dringlichkeit für die erstrebte Anordnung ist deshalb entfallen, weil der Antragsteller die Berufung nicht innerhalb der zweimonatigen Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet, sondern die Verlängerung der Frist um einen Monat beantragt und die antragsgemäß bis zum 7. April 2014 verlängerte Berufungsbegründungsfrist nahezu voll ausgeschöpft hat. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die antragstellende Partei nämlich alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um einen möglichst baldigen Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu erreichen. Kommt sie dieser prozessualen Obliegenheit nicht nach und lässt sie es zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen kommen, rechtfertigt dies in aller Regel den Schluss, dass dem Antragsteller die Rechtsverfolgung nicht eilig und die Angelegenheit folglich nicht dringlich ist. Verzögerungen, die ihr Verfahrensbevollmächtigter zu vertreten hat, muss sich die antragstellende Partei dabei zurechnen lassen.

Hat die erste Instanz den Erlass der einstweiligen Verfügung abgelehnt, muss der Antragsteller auch das Berufungsverfahren beschleunigt betreiben. Zwar darf er die gesetzlichen Fristen für die Einlegung und Begründung der Berufung (§§ 517, 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ausschöpfen, ohne dass hierdurch die Eilbedürftigkeit des nachgesuchten Rechtsschutzes in Frage gestellt wird. Bittet er allerdings ohne Vorliegen triftiger Gründe darum, die Berufungsbegründung um einen mehr als bloß unerheblichen Zeitraum von wenigen Tagen zu verlängern, und nutzt er die gewährte Verlängerung sodann aus, gibt der Antragsteller damit im Allgemeinen zu erkennen, dass es ihm mit der Verfolgung der reklamierten Ansprüche nicht dringlich ist (Beschlüsse des Senats vom 29. Januar 2013 - I-23 U 148/12 und vom 9.9.2008 - I-23 U 106/08, unter Hinweis auf OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.9.2006, Kart. U 29/05 mit weiteren Nachweisen; OLG Stuttgart, Urteil vom 6.2.2003, 2 U 152/02; zudem OLG Düsseldorf, 20. Zivilsenat, Urteil vom 23.6.2009 - I-20 U 8/09). Die Vermutung des § 885 Abs. 1 BGB ist dann widerlegt.

Abweichendes folgt im vorliegenden Fall nicht daraus, dass das Landgericht die beantragte einstweilige Verfügung zunächst durch Beschluss erlassen hatte. Allerdings braucht ein in erster Instanz obsiegender Antragsteller das Verfahren solange nicht beschleunigt zu betreiben, wie er aufgrund einer bereits erlassenen gerichtlichen Maßnahme gesichert ist. Diese im vorliegenden Fall mit der Beschlussverfügung zunächst erreichte Situation hat sich indes mit dem angefochtenen Urteil, das die Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen hat, wieder geändert. Das Urteil hat nämlich zum Erlöschen der auf Grund der einstweiligen Verfügung eingetragenen Vormerkung geführt (BGHZ 39, 21; s. auch etwa Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2013, § 885 Rn. 47 m. w. Nachw.: "Die Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch eine zumindest vorläufig vollstreckbare Entscheidung ... setzt die Eintragungsgrundlage der Vormerkung außer Kraft und lässt diese somit erlöschen ... Die Vormerkung verliert ihre Wirksamkeit mit der Verkündung der Entscheidung ... Nach diesem Zeitpunkt kann deshalb die Vormerkung nicht mehr in das endgültige Recht umgeschrieben werden; geschieht dies trotzdem, so wird dadurch der Rang nicht gewahrt ..."). Die im Berufungsverfahren erstrebte erneute Anordnung ihrer Eintragung hat der Antragsteller deshalb wiederum beschleunigt zu verfolgen.

§ 885 Abs. 1 Satz 2 BGB steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Vorschrift enthält eine widerlegliche Vermutung (vgl. nur OLG Koblenz NJW-Spezial 2013, 365 = BauR 2013, 1316, Leitsatz; OLG Celle BauR 2013, 128; Hanseatisches OLG Hamburg MDR 2012, 1249; OLG Hamm BauR 2004, 872; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. 2013, Rn. 277 m. w. Nachw.; auch Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl. 2013, § 885 Rn. 5), wie auch der Senat bisher (a.a.O.) entschieden hat. § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB sieht es lediglich als nicht erforderlich an, dass eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht wird. Das bedeutet aber keineswegs, dass die darin enthaltene Vermutung der Dringlichkeit nicht aufgrund anderer Umstände widerlegt sein kann. In entsprechender Weise wird etwa auch § 12 Abs. 2 UWG verstanden, der ebenfalls eine Darlegung und Glaubhaftmachung der Voraussetzungen des Verfügungsgrundes bei einem lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch für entbehrlich erklärt, der aber nach allgemeiner Auffassung ebenfalls nur eine widerlegliche Vermutung der Dringlichkeit enthält.

Die Notwendigkeit einer Ausschöpfung der verlängerten Frist zur Begründung der Berufung lässt sich vorliegend nicht aus Schwierigkeiten der Sachverhaltsaufklärung oder aus einem besonderen Umfang der Sache herleiten. Die zur Begründung des Antrages auf Verlängerung der Begründungsfrist angegebene Arbeitsbelastung und ein Urlaub des Prozessbevollmächtigten entlasten den Antragsteller nicht. Der Anwalt muss einem Verfügungsverfahren, das eilbedürftig ist, Vorrang einräumen. Dabei ist zuzugeben, dass die Sache aufgrund der zahlreichen Einwendungen des Antragsgegners sehr umfangreich ist. Dies allein kann indes die Notwendigkeit der Ausschöpfung einer verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht rechtfertigen, weil der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aufgrund seiner Befassung mit der Sache in erster Instanz bereits umfassend eingearbeitet war. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers selbst in erster Linie die Befassung mit anderen Aufgaben und seinen Urlaub als Begründung für den Fristverlängerungsantrag angeführt. Die antragsgemäße Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Vorsitzenden des Senats ist nicht geeignet, ein Vertrauen beim Antragsteller dahin zu schaffen, die verlängerte Frist könne ohne Auswirkungen auf die Dringlichkeit ohne weiteres ausgeschöpft werden. Mit dem Verlängerungsantrag nimmt der Antragsteller lediglich prozessuale Rechte wahr. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist betrifft die Zulässigkeit der Berufung. Ihre - prozessual ohne weiteres zulässige, antragsgemäße - Verlängerung erfolgt gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO unabhängig davon, ob es sich um ein Verfügungsverfahren oder um ein anderes Erkenntnisverfahren handelt. Bei der Fristverlängerung braucht das Gericht auch nicht auf die Möglichkeit einer Widerlegung der Dringlichkeit durch Ausschöpfung der verlängerten Frist hinzuweisen (Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl. 2003, Rn. 88 m. Nachw.), zumal im Zeitpunkt der Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag noch gar nicht feststeht, ob die verlängerte Frist überhaupt ausgeschöpft werden wird bzw. ggf. mit welcher Begründung dies erforderlich wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unterbleibt, § 704 Abs. 1, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 13.000,-- € nach der von den Parteien nicht angegriffenen Wertfestsetzung erster Instanz.






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Urteil v. 30.09.2014
Az: I-23 U 7/14


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