Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Dezember 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 156/00
(BPatG: Beschluss v. 06.12.2000, Az.: 26 W (pat) 156/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren und Dienstleistungen
"Transportwesen; Vermittlung und Veranstaltung von Reisen; Flugzeuge und Flugzeugteile; Vermittlung und Vercharterung von Flugzeugen"
unter der Nummer 398 35 398.0 eingetragenen Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Marke 395 34 838 Lancer Combi Avancedie für "Kraftfahrzeuge und deren Teile" geschützt ist.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar bestehe im vorliegenden Fall zwischen den von der Widerspruchsmarke geschützten "Kraftfahrzeugen und deren Teile" und den Dienstleistungen "Transportwesen; Vermittlung und Veranstaltung von Reisen" der angegriffenen Marke eine Waren- bzw Dienstleistungsähnlichkeit, so daß an den Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen seien. Diesen Abstand halte die jüngere Marke jedoch ein, denn mit einer Verkürzung der angegriffenen Marke auf ihren Bestandteil "Advance" sei nicht zu rechnen, da die Markenbestandteile "Advance Air" einen einheitlichen Gesamtbegriff bildeten, dessen Einheitlichkeit auch durch die graphische Gestaltung betont werde. Ebensowenig sei damit zu rechnen, daß der Verkehr die Widerspruchsmarke auf ihren Bestandteil "Avance" verkürze.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach ist im angefochtenen Beschluß der Gesichtspunkt der Waren- bzw Dienstleistungsähnlichkeit nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden, denn es stünden sich nicht nur "Kraftfahrzeuge und deren Teile" einerseits, den Dienstleistungen "Transportwesen; Vermittlung und Veranstaltung von Reisen" andererseits gegenüber sondern auch die Waren "Flugzeuge und Flugzeugteile". Gerade diese Waren seien aber "Kraftfahrzeugen" in erheblichem Maße ähnlich, so daß bei der Prüfung der Frage der Verwechslungsgefahr ein strenger Maßstab anzulegen sei. Im übrigen sei davon auszugehen, daß der Bestandteil "Avance" das Kenn- und Merkwort des Widerspruchszeichens sei, da unter dem weiteren Bestandteil "Lancer" eine ganze Reihe von Kraftfahrzeugen vertrieben werde und der Bestandteil "Combi" lediglich eine Typbezeichnung darstelle. Entsprechendes gelte für die angegriffene Marke, deren Kern- und Merkwort der Bestandteil "Advance" sei, der sich von "Avance" nur durch das zusätzliche "d" unterscheide. Dieser Unterschied könne die klangliche Unterscheidbarkeit nicht gewährleisten.
Demgemäß beantragt die Widersprechende sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke mit den Wortbestandteilen "Advance Air welcome aboard" und der Widerspruchsmarke "Lancer Combi Avance" keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 -Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216, 219 -Oxygenol II).
Hinsichtlich der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren bzw Dienstleistungen bestehen bereits deshalb Zweifel, weil die Widersprechende keine Umstände dargelegt hat, die dafür sprechen könnten, daß "Kraftfahrzeuge und deren teile" und "Flugzeuge und Flugzeugteile" regelmäßig von den selben Unternehmen hergestellt werden. Dem Senat liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß hochspezialisierte Hersteller von Flugzeugen etwa auch Kraftfahrzeuge und deren Teile produzieren. Bei dieser Sachlage hat der Verkehr keine Veranlassung, anzunehmen, die betreffenden Waren würden unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt (vgl dazu BGH GRUR 1999, 496 - TIFFANY mwNachw). Entsprechendes gilt für die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen "Transportwesen; Vermittlung und Veranstaltung von Reisen" im Vergleich zu den "Kraftfahrzeugen" der Widerspruchsmarke. Selbst wenn zugunsten der Widersprechenden von einer geringen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren bzw Dienstleistungen sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, wahren die sich gegenüberstehenden Marken den erforderlichen Abstand.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO, Sabèl/Puma); BGH GRUR 1996, 774 - Sali Toft). In diesem weichen die sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck so deutlich voneinander ab, daß Verwechslungen ausgeschlossen sind.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile besteht ebenfalls nicht. Zwar kann ausnahmsweise einem einzelnen Markenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben (vgl BGH WRP 2000, 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH).
Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung kann aber bereits nicht davon ausgegangen werden, daß dem Zeichenteil "Avance" in der älteren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt. Gegen eine derartige Annahme spricht vielmehr, daß der Verkehr keine Veranlassung hat, sich gerade des am Zeichenende stehenden Bestandteils "Avance" zu bedienen bzw ihm eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen zu lassen, zumal er im Vergleich zu dem bekannten und damit vorrangigen Modellnamen "Lancer" allenfalls wie eine Ergänzung des Bestandteils "Combi" wirkt. Entsprechendes gilt für die angegriffene Marke "Advance Air". Es ist kein überzeugender Grund für die Annahme ersichtlich, daß der Verkehr diese auch graphisch einheitliche Wortkombination auf den Bestandteil "Advance" verkürzt.
Da auch eine Gefahr assoziativer Verwechslungen der Marken nicht ersichtlich ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.
Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.
Schülke Eder Kraft Mü/prö
Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)156-00.1.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 06.12.2000
Az: 26 W (pat) 156/00
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