Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 171/99

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2000, Az.: 24 W (pat) 171/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. April 1999 aufgehoben.

Gründe

I Angemeldet worden ist die Markesiehe Abb. 1 am Endeals Bildmarke für die Waren "Reinigungsmittel in Tablettenform".

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, daß es der angemeldeten Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehle. Die Marke "SystemPack" setze sich ersichtlich aus den beiden Wörtern "System" und "Pack" zusammen, die beide in die deutsche Sprache übernommen und sprachregelmäßig miteinander verbunden seien. Damit müsse davon ausgegangen werden, daß jedenfalls entscheidungserhebliche Anteile der angesprochenen Verkehrskreise die Marke als einen Hinweis auf einen "Packen" verstehen werde, der eine Gesamtheit oder ein bestimmtes System von Waren betreffe. Aus diesen Gründen könne die angemeldete Marke nicht die erforderliche Herkunftsfunktion iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ausfüllen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, die angemeldete Marke sei nicht freihaltungsbedürftig iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG und verfüge außerdem über die erforderliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Dazu behauptet die Anmelderin, die Wortkombination "SystemPack" sei lexikalisch nicht nachweisbar und sprachregelwidrig gebildet. Die inhaltlichen Anklänge der Marke seien mehrdeutig: Es könne sich sowohl um eine Verpackung mit System handeln als auch um eine Packung mit verschiedenen Produkten, die sich untereinander nach einem bestimmten System ergänzten.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), den Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. April 1999 aufzuheben.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist zulässig und begründet, denn der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

Die angemeldete Marke ist nicht freihaltungsbedürftig; denn sie stellt keine konkrete, unmittelbare Angabe über die Beschaffenheit oder über sonstige Merkmale der beanspruchten Waren dar, die für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müßte. Dieses Ergebnis folgt allerdings nicht bereits aus der Tatsache, daß es sich vorliegend um eine Bildmarke iSv § 8 MarkenV handelt. Daß auch Bildmarken einem Freihaltungsbedürfnis unterliegen können, ist nunmehr durch den Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG klargestellt, der sich ausdrücklich auf "Zeichen oder Angaben" bezieht. Für das Freihaltungsbedürfnis an einer Wort-Bild-Marke wie hier kommt es entscheidend darauf an, ob die Marke nach ihrem Gesamteindruck an erster Stelle eine konkrete, unmißverständliche Aussage iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG über die angebotenen Waren macht. Die angemeldete Marke besteht aus dem Wort "SystemPack", dessen graphische Gestaltung sich auf eine bestimmte Schrifttype und auf den Umstand beschränkt, daß das Wortelement "Pack" trotz der Zusammenschreibung mit dem vorangestellten "System" mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben wird. Beide graphischen Gestaltungsmethoden sind branchenüblich und werbemäßig. Eine Verfremdung des gut leserlichen Schriftzuges ins Bildhafte wird dadurch nicht erreicht. Nach ihrem Gesamteindruck stellt sich die angemeldete Marke daher im Wesentlichen als ein bestimmtes Wort dar. Wie die Markenstelle zu Recht festgestellt hat, setzt sich das dargestellte Wort aus zwei verschiedenen Begriffen der deutschen Sprache - "System" und "Pack" - zusammen, die sprachregelmäßig miteinander verbunden sind und in erster Linie die Gesamtaussage "Systempackung" vermitteln. Diese Angabe enthält jedoch keine konkrete Warenbeschreibung iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, weil sie zumindest mehrdeutig ist. Zum einen kann damit auf den Inhalt der Verpackung in dem Sinne hingewiesen werden, daß hier eine Serie verschiedener Produkte angeboten wird, die sich nach einem bestimmten System untereinander ergänzen und jeweils einzeln oder in Zusammenstellungen verkauft werden. Zum anderen kann aber auch die Verpackung selbst gemeint sein, die einem bestimmten System folgt und deswegen besondere Vorteile bietet.

Wegen dieser Interpretationsbedürftigkeit und Mehrdeutigkeit ist die Wortkombination "SystemPack" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als eindeutige Warenbeschreibung ungeeignet. Deswegen läßt sich ein berechtigtes Interesse der Mitbewerber der Anmelderin an der Freihaltung der angemeldeten Marke iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht feststellen, wobei auch zu berücksichtigen ist, daß die beteiligten Verkehrskreise erfahrungsgemäß Warenkennzeichen so aufnehmen, wie sie ihnen begegnen, ohne eine analysierende, möglichen beschreibenden Begriffsgehalten nachgehende Betrachtungsweise anzustellen (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 Rdn 142 mwN).

Wegen der festgestellten begrifflichen Mehrdeutigkeit verfügt die angemeldete Marke auch über die erforderliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG (vgl BGH GRUR 2000, 95, 97 "FÜNFER"). Keiner der möglichen begrifflichen Inhalte stellt sich auf den ersten Blick als ausschließlich warenbezogene Aussage dar. Vielmehr gibt der schillernde Effekt, der gleichzeitig dazu geeignet ist, den angesprochenen Betrachter auf die angebotenen Produkte neugierig zu machen, der angemeldeten Marke jedenfalls ein hinreichendes Maß an Eigenart, um den nur geringen Anforderungen des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu genügen. Daß die festgestellte Mehrdeutigkeit gleichzeitig eine werbende Wirkung entfalten kann, steht der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke nicht entgegen (vgl BGH GRUR 2000, 321, 322 "Radio von hier").

Aus diesen Gründen ist der angegriffene Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Dr. Ströbele Dr. Hacker Werner Ju Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/24W(pat)171-99.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 17.10.2000
Az: 24 W (pat) 171/99


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