Bundespatentgericht:
Urteil vom 5. November 2003
Aktenzeichen: 4 Ni 34/02

(BPatG: Urteil v. 05.11.2003, Az.: 4 Ni 34/02)

Tenor

Das europäische Patent 0 248 034 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Lenkvorrichtung (20) zum Drehen der lenkbaren Räder eines Fahrzeugs bei einer Drehung des Fahrzeuglenkrades (26), die aufweisteine Einrichtung (42, 22, 46, 24, 57, 58) zur mechanischen Kopplung des Fahrzeuglenkrads (26) mit den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs;

eine Torsionserfassungs-Einrichtung (30) zum Erzeugen eines ersten elektrischen Torsionssignals (A) und eines zweiten elektrischen Torsionssignals (B), wobei jedes erste elektrische Torsionssignal (A) und das zweite elektrische Torsionssignal (B) als eine Funktion des Betrags des Eingangsdrehmoments variiert, das an das Lenkrad angelegt wird (26), und wobei das erste (A) und zweite (B) elektrische Torsionssignal (i) sich auf einem im wesentlichen gleichen Wert befinden, wenn an das Fahrzeuglenkrad (26) kein Drehmoment angelegt wird, und (ii) beim Anlegen eines Eingangsdrehmoments an das Lenkrad (26) entgegengesetzt von dem im wesentlichen gleichen Wert ausgehend variieren;

eine elektronische Steuereinrichtung (32), die mit der Torsionserfassungs-Einrichtung (30) verbunden ist, zum Erzeugen eines Steuersignals (340) mit einem Wert, der funktionell mit dem erfaßten Lenkdrehmoment in Beziehung steht, sowieeine Lenkhilfe-Einrichtung (36) zur Bereitstellung einer Lenkhilfe zur Unterstützung eines Fahrzeuglenkers bei einem Lenkmanöver, wobei die Höhe der Hilfe in Abhängigkeit von dem Steuersignal (340) steht;

dadurch gekennzeichnet, daß die elektronische Steuereinrichtung (32) eine Einrichtung (326) zum Erzeugen des Steuersignals (340) in Abhängigkeit von einem (A) der beiden erzeugten elektrischen Torsionssignale und eine Einrichtung (355, 600, 660, 662) zum Vergleich des Steuersignals mit dem anderen der erzeugten elektrischen Torsionssignale umfaßt;

wobei die Einrichtung (355, 600, 660, 662) zum Vergleich des Steuersignals eine Einrichtung (600) umfaßt, die auf das andere (B) der zwei erzeugten Torsionssignale anspricht, sowie auf das Steuersignal (340), um zu bestimmen, wann von dem Steuersignal (340) eine starke Lenkhilfe gefordert wird, aber durch einen entsprechenden hohen Wert des anderen (B) der zwei erzeugten elektrischen Torsionssignale nicht gerechtfertigt ist, sowie eine Einrichtung (660, 662, 680, 682), um bei dieser Bestimmung die Lenkhilfeeinrichtung (36) zu sperren.

2. Lenkvorrichtung nach Anspruch 1, in der die Torsionserfassungs-Einrichtung (30) zwei koaxiale Wellenabschnitte (42, 46) umfaßt, die durch eine Torsionsfeder (22) verbunden sind, wobei ein Eingangsdrehmoment, das an das Lenkrad (26) angelegt wird, für eine Verwindung der Torsionsfeder (22) und für eine Drehung der koaxialen Wellenabschnitte (42, 46) relativ zueinander sorgt, dadurch gekennzeichnet, daß eine erste (98) und eine zweite (100) Hall-Effekt-Einrichtung vorgesehen sind, die jeweils eine Hall-Effekt-Zelle umfassen, die mit einer der Wellen (42) verbunden ist, und eine Magnetgruppe (104,106), die mit der anderen Welle (46) verbunden ist, wobei jede Magnetgruppe (104, 106) voneinander beabstandete Nord- (110, 122) und Südpole (112, 120) aufweist, die so angeordnet sind, daß (i), wenn kein Eingangsdrehmoment an das Lenkrad (26) angelegt wird, sich jede Hall-Effekt-Zelle (98, 100) im wesentlichen in einer Mittelstellung zwischen den Polen (110, 112, 120, 122) ihrer zugeordneten Magnetgruppe (104, 106) befindet, daß (ii), wenn dem Lenkrad (26) in einer ersten Richtung ein Lenkdrehmoment eingegeben wird, sich die Hall-Effekt-Zelle der ersten Hall-Effekt-Einrichtung (98) näher zu dem Nordpol (110) ihrer zugehörigen Magnetgruppe (104) bewegt und sich die Hall-Effekt-Zelle der zweiten Hall-Effekt-Einrichtung (100) näher zu dem Südpol (120) ihrer zugehörigen Magnetgruppe (106) bewegt, und daß (iii), wenn dem Lenkrad (26) in einer zweiten Richtung ein Lenkdrehmoment eingegeben wird, sich die Hall-Effekt-Zelle der ersten Hall-Effekt-Vorrichtung (98) näher zu dem Südpol (112) ihrer zugehörigen Magnetgruppe (104) bewegt und sich die Hall-Effekt-Zelle der zweiten Hall-Effekt-Vorrichtung (100) näher zu dem Nordpol (122) ihrer zugehörigen Magnetgruppe (106) bewegt.

3. Lenkvorrichtung nach Anspruch 2, in der die Einrichtung zur mechanischen Kopplung des Fahrzeug-Lenkrads (26) mit den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs umfaßteine Eingangswelle (42), die dem Lenkrad (26) für eine Drehung zusammen mit ihm verbunden ist, eine Ritzel (46), ein Torsionselement (22), das die Eingangswelle (42) biegsam mit dem Ritzel (46) verbindet, undein Lenkelement (24) mit Zahnstangenzähnen (55) darauf, die durch das Ritzel (46) in Antriebseingriff gebracht sind, und das mit den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs verbunden ist, wobei die Drehbewegung des Ritzels (46) das Lenkelement (24) axial antreibt, um die lenkbaren Räder zu drehen, dadurch gekennzeichnet, daß die Hall-Effekt-Zellen der ersten (98) und zweiten (100) Hall-Effekt-Einrichtung jeweils entweder mit der Eingangswelle (42) oder dem Ritzel (46) verbunden sind und die Magnetgruppe (104, 106) mit der Eingangswelle (42) oder dem Ritzel (46) verbunden ist.

4. Lenkvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung (355, 600, 660, 662) zum Vergleich des Steuersignals (340) eine Einrichtung (630, 450) umfaßt, um zu bestimmen, ob das Steuersignal (340) die Lenkhilfe-Einrichtung (36) veranlassen würde, eine Lenkhilfe in einer Richtung bereitzustellen, die mit der Richtung übereinstimmt, die von dem anderen (B) der erzeugten elektrischen Torsionssignale angegeben ist, sowie eine Einrichtung (660, 662, 680, 682) zum Sperren der Lenkhilfe-Einrichtung (36), wenn eine Bestimmung dahingehend vorliegt, daß die Lenkhilfe in einer Richtung angelegt würde, die nicht mit der Richtung übereinstimmt, die von dem anderen (B) der erzeugten elektrischen Torsionssignale angegeben ist.

5. Lenkvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Verhältnisse zwischen jedem der ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektr’schen Torsionssignale und dem Eingangsdrehmoment eine bilaterale Symmetrie darstellen, so daß die Summe der ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale unabhängig von dem angelegten Eingangsdrehmoment im wesentlichen konstant bleibt.

6. Lenkvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die elektronische Steuereinrichtung weiter eine Einrichtung (326, 340, 342) zum Aufstellen eines Wertes für jeweils das erste (A) elektrische Torsionssignal und das zweite (B) elektrische Torsionssignal umfaßt, sowie eine Einrichtung (356) zum Addieren der aufgestellten Werte für das erste (A) und zweite (B) erzeugte Torsionssignal, eine Einrichtung (358), um zu bestimmen, ob die addierten Werte der ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale um mehr als einen vorbestimmten Betrag von einem vorbestimmten Wert abweichen, und eine Einrichtung (660, 662, 680, 682) zum Sperren des Betriebs des elektrischen Lenkhilfe-Motors (36), wenn eine Bestimmung dahingehend vorliegt, daß die addierten Werte um mehr als den vorbestimmten Betrag von dem vorbestimmten Wert abweichen.

7. Lenkvorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß sie weiter eine Einrichtung (326) für eine Analog-/Digital-Umwandlung jedes der ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale aufweist, sowie eine Einrichtung (340, 342) zum Erstellen binärkodierter Werte für die zu addierenden ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale.

8. Lenkvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, die weiter eine Vergleichseinrichtung (350) sowie eine Sperreinrichtung (660, 662, 680, 682) umfaßt, dadurch gekennzeichnet, daß die Vergleichseinrichtung jedes erste (A) und zweite (B) erzeugte elektrische Torsionssignal gegenüber einem vorbestimmten Maximal- und Minimalwert vergleicht, und daß die Sperreinrichtung die Lenkhilfe-Einrichtung sperrt, wenn die Vergleichseinrichtung bestimmt, daß entweder das erste (A) oder das zweite (B) erzeugte elektrische Torsionssignal außerhalb der vorbestimmten Maximal- und Minimalwerte liegt.

9. Lenkvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung zur Erzeugung des Steuersignals eine Einrichtung (328, 348) umfaßt, um ein Richtungssignal zum Antrieb des elektrischen Lenkhilfe-Motors (36) in der einen oder der anderen Richtung zu erzeugen und dadurch das Lenkelement (24) in der einen oder der anderen Richtung anzutreiben.

10. Verfahren zur Steuerung einer Lenkvorrichtung mit Lenkhilfe für ein Fahrzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche mit den Schritten, a) ein erstes elektrisches Torsionssignal (A) zu erzeugen, das als eine Funktion eines angelegten Lenkdrehmoments variiert;

b) ein zweites elektrisches Torsionssignal (B) zu erzeugen, das als eine Funktion eines angelegten Lenkdrehmoments variiert, so daß es im wesentlichen den gleichen Wert aufweist wie das erste elektrische Torsionssignal (A), wenn kein Drehmoment an das Lenkrad des Fahrzeugs angelegt wird, und das bei Anlegen eines Eingangsdrehmoments auf das Lenkrad des Fahrzeugs entgegengesetzt von dem ersten elektrischen Torsionssignal (A) variiert, gekennzeichnet durch die Schritte, c) das Steuersignal in Abhängigkeit von dem erzeugten ersten elektrischen Torsionssignal (A) zu erzeugen, d) das Steuersignal mit dem zweiten erzeugten elektrischen Torsionssignal (B) zu vergleichen, unde) die Lenkhilfe-Einrichtung (36) zu sperren, wenn das Steuersignal einen Fehlerzustand anzeigtzu bestimmen, wann durch das Steuersignal eine starke Lenkhilfe gefordert wird;

zu überprüfen, daß die geforderte starke Lenkhilfe durch das zweite elektrische Torsionssignal (B) gerechtfertigt ist; unddie Lenkhilfe-Einrichtung (36) zu sperren, wenn die Überprüfung angibt, daß eine zu starke Lenkhilfe gefordert wird.

11. Verfahren nach den Ansprüchen 10 und 4, gekennzeichnet durch die Schritte, das Steuersignal zu erzeugen, das eine Richtungskomponente aufweist, die von dem erzeugten ersten elektrischen Torsionssignal (A) abhängt, um eine Lenkhilfe in einer Richtung bereitzustellen;

die Richtungskomponente des erzeugten Steuersignals mit dem zweiten erzeugten elektrischen Torsionssignal (B) zu vergleichen; unddie Lenkhilfe-Einrichtung (36) zu sperren, wenn die SteuersignalÜberprüfung einen Fehlerzustand anzeigt.

12. Verfahren nach den Ansprüchen 10 und 8, gekennzeichnet durch die Schritte, die ersten (A) und die zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale gegenüber vorbestimmten Minimal- oder Maximal-Grenzwerten zu vergleichen; unddie Lenkhilfe-Einrichtung (36) zu sperren, wenn die ersten oder zweiten erzeugten Torsionssignale außerhalb der vorbestimmten Minimal- oder Maximal-Grenzwerte liegen.

13. Verfahren nach den Ansprüchen 10 und 6, gekennzeichnet durch die Schritte, Werte, die die ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale angeben, zu addieren;

die addierten Wertem die die ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale gegenüber einem vorbestimmten Wertebereich angeben, zu vergleichen; unddie Lenkhilfe-Einrichtung (36) zu sperren, wenn die addierten Werte, die die ersten (A) und zweiten (B) erzeugten elektrischen Torsionssignale angeben, außerhalb des vorbestimmten Wertebereichs liegen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3, die Beklagte 2/3.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 248 034 (Streitpatent), das am 14. Oktober 1986 unter Inanspruchnahme der Priorität der amerikanischen Patentanmeldung US 790376 vom 23. Oktober 1985 angemeldet worden ist. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent, das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 36 67 448 geführt wird, betrifft eine Lenkvorrichtung und ein Verfahren zur Steuerung einer Lenkvorrichtung. Es umfasst 10 Vorrichtungs- und 5 Verfahrensansprüche. Die erteilten Patentansprüche 1 (Vorrichtung) und 11 (Verfahren) lauten wie folgt:

1. Lenkvorrichtung (20) zum Drehen der lenkbaren Räder eines Fahrzeugs bei einer Drehung des Fahrzeuglenkrades (26), die aufweisteine Einrichtung (42, 22, 46, 24, 57, 58) zur mechanischen Kopplung des Fahrzeuglenkrades (26) mit den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs;

eine Torsionserfassungs-Einrichtung (30) zum Erzeugen eines ersten elektrischen Torsionssignals (A) und eines zweiten elektrischen Torsionssignals (B), wobei jedes erste elektrische Torsionssignal (A) und das zweite elektrische Torsionssignal (B) als eine Funktion des Betrags des Eingangsdrehmoments variiert, das an das Lenkrad angelegt wird (26), und wobei das erste (A) und zweite (B) elektrische Torsionssignal

(i) sich auf einem im wesentlichen gleichen Wert befinden, wenn an das Fahrzeuglenkrad (26) kein Drehmoment angelegt wird, und

(ii) beim Anlegen eines Eingangsdrehmoments an das Lenkrad (26) entgegengesetzt von dem im wesentlichen gleichen Wert ausgehend variieren;

eine elektronische Steuereinrichtung (32), die mit der Torsionserfassungs-Einrichtung (30) verbunden ist, zum Erzeugen eines Steuersignals (340) mit einem Wert, der funktionell mit dem erfassten Lenkdrehmoment in Beziehung steht, sowieeine Lenkhilfe-Einrichtung (36) zur Bereitstellung einer Lenkhilfe zur Unterstützung eines Fahrzeuglenkers bei einem Lenkmanöver, wobei die Höhe der Hilfe in Abhängigkeit von dem Steuersignal (340) steht;

dadurch gekennzeichnet, dass die elektronische Steuereinrichtung (32) eine Einrichtung (326) zum Erzeugen des Steuersignals (340) in Abhängigkeit von einem (A) der beiden erzeugten elektrischen Torsionssignale und eine Einrichtung (355, 600, 660, 862) zum Vergleich des Steuersignals mit dem anderen der erzeugten elektrischen Torsionssignale umfasst.

11. Verfahren zur Steuerung einer Lenkvorrichtung mit Lenkhilfe für ein Fahrzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche mit den Schritten, a) ein erstes elektrisches Torsionssignal (A) zu erzeugen, das als eine Funktion eines angelegten Lenkdrehmoments variiert;

b) ein zweites elektrisches Torsionssignal (B) zu erzeugen, das als eine Funktion eines angelegten Lenkdrehmoments variiert, so dass es im wesentlichen den gleichen Wert aufweist wie das erste elektrische Torsionssignal (A), wenn kein Drehmoment an das Lenkrad des Fahrzeugs angelegt wird, und das bei Anlegen eines Eingangsdrehmoments auf das Lenkrad des Fahrzeugs entgegengesetzt von dem ersten elektrischen Torsionssignal (A) variiert, gekennzeichnet durch die Schritte, c) das Steuersignal in Abhängigkeit von dem erzeugten ersten elektrischen Torsionssignal (A) zu erzeugen, d) das Steuersignal mit dem zweiten erzeugten elektrischen Torsionssignal (B) zu vergleichen, unde) die Lenkhilfe-Einrichtung (36) zu sperren, wenn das Steuersignal einen Fehlerzustand anzeigt.

Wegen der unmittelbar und mittelbar auf die Patentansprüche 1 bzw 11 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 bzw 12 bis 15 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Mit der Behauptung, die Lehre des Streitpatents sei nicht neu bzw beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, verfolgt die Klägerin das Ziel, das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Druckschriften:

- DE 31 10 334 A1 (Anlage D1)

- FR 2 502 570 (Anlage D2)

- DE 31 46 566 A1 (Anlage D3)

- DE 33 06 724 A1 (Anlage D4)

- EP 0 124 418 A2 (Anlage D5)

- DE 32 11 748 A1 (Anlage D6)

- GB 2 163 110 A (Anlage D7)

- US 4 415 054 (Anlage D8)

- Conference Publication Number 229: Fourth International Conference on Automotive Electronics, 14.-18. November 1983, S. 257-259 (Anlage D9)

- Körner/Fränkle, Elektronische Dieselregelung EDR für Nutzfahrzeug-Motoren, VDI-Bericht Nr. 515, 1984, S 43 (Anlage D10)

In der mündlichen Verhandlung hat sie noch auf das Fachbuch E. Schrüfer, "Elektrische Meßtechnik", 2. Auflage 1984, Carl Hanser Verlag München Wien, S 216/217 hingewiesen.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 248 034 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass an die Stelle der erteilten Ansprüche die in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise die Ansprüche 1 bis 14 gemäß den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträgen 2 und 3 treten.

Sie ist dem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten und hält das Streitpatent zumindest im hilfsweise verteidigten Umfang für bestandsfähig.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der der in Art II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art 138 Absatz 1 lit a EPÜ iVm Artikel 54 Abs 1, 2 und Art 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist teilweise begründet. Das Streitpatent ist nur im Umfang der Ansprüche 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1 bestandsfähig.

Das Streitpatent betrifft eine elektrische Lenkunterstützung. Nach der Patentbeschreibung sind im Stand der Technik zahlreiche hydraulisch oder elektrisch gesteuerte Servolenkungen für Kraftfahrzeuge bekannt. Die hydraulischen Systeme seien mechanisch so ausgelegt, dass gefährliche Fehlfunktionen im Betrieb ausgeschlossen seien. Die elektrischen Servolenkungen müssten demgegenüber besondere Sicherheitsmerkmale aufweisen, die verhinderten, dass bspw überraschend zu hohe Servokräfte in die Lenkung eingeleitet würden bzw die Servolenkung in die falsche Drehrichtung arbeite.

Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, Mittel zur Ermittlung von elektrischen Fehlern der Steuerungselektronik oder der Vorrichtung zur Messung des vom Fahrer angeleiteten Eingangsdrehmoments zur Verfügung zu stellen.

Diese Aufgabe wird nach dem Hauptantrag durch eine Lenkvorrichtung mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen sowie durch ein Verfahren mit den im Patentanspruch 11 angegebenen Verfahrensschritten gelöst. Nach dem Hilfsantrag 1 wird sie gelöst durch eine Lenkvorrichtung mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen sowie durch ein Verfahren mit den im Patentanspruch 10 angegebenen Verfahrensschritten.

Die Zulässigkeit der Patentansprüche nach dem Haupt- und den Hilfsanträgen ist unbestritten. Ihre Merkmale gehen ohne weiteres aus der Streitpatentschrift hervor.

Als Durchschnittsfachmann legt der Senat einen Diplom-Ingenieur der Fahrzeugtechnik einer technischen Hochschule oder Universität zugrunde, der bei einem Fahrzeughersteller oder -zulieferer mit der Entwicklung und Konstruktion von Lenkungen, insb elektrischen Servolenkungen, befasst ist, in einem Entwicklungsteam arbeitet und über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

A. Zum Hauptantrag Die Lenkvorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 und das Verfahren zur Steuerung einer Lenkvorrichtung mit Lenkhilfe nach Patentanspruch 11 sind durch die DE 31 10 334 A1 vorweggenommen.

a) Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 Eine elektrische Servolenkung zum Drehen der lenkbaren Räder eines Fahrzeugs bei einer Drehung des Fahrzeuglenkrads ist aus der DE 31 10 334 A1 bekannt. Die Lenkvorrichtung verfügt über eine Einrichtung zur mechanischen Kopplung mit den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs, bestehend aus einem Lenkrad 1, dessen Flansch 2 durch eine Platte 10 mit einer/m Nabe/Flansch 4 der Lenksäule 3 verbunden ist, vgl insb die Figuren 1 und 2 iVm Anspruch 6. Obwohl nicht im einzelnen dargestellt, liest der Durchschnittsfachmann als selbstverständlich mit, dass eine mechanische Verbindung der Lenksäule zu den lenkbaren Fahrzeugrädern besteht.

Um die Lenkhilfe betreiben zu können, verfügt die Lenkvorrichtung über eine Torsionserfassungseinrichtung, die aus einem Widerstandsdehnungsmesser 9 besteht, der auf der als Biegebalken ausgebildeten Platte 10 angeordnet ist und deren Biegung erfasst, vgl insb Anspruch 1. Die Auslenkung der Platte 10 ist ein Maß für eine Torsion zwischen der Nabe 4 und dem Lenkrad 1, vgl insb S 10 Satz 1.

Das Schaltbild dieser Torsionserfassungs-Einrichtung mitsamt einer zugehörigen Auswerte- und Steuerschaltung für einen Servomotor ist in der nachstehenden Fig 5 der DE 31 10 334 A1 dargestellt.

Der Widerstandsdehnungsmesser wird durch zwei dem Fachmann bekannte Brückenschaltungen P1 und P2 gebildet und umfasst gleich große, veränderliche ohmsche Widerstände R1, R1', R2, R2', R3 und R3', wobei die Widerstände R2 und R2' beiden Brückenschaltungen gemeinsam sind. Die Ausgangssignale der Brückenschaltungen P1 und P2 sind demnach Torsionssignale, die einer Auswerte- und Steuerschaltung C zugeleitet werden. Das erste elektrische Torsionssignal wird durch die Spannung zwischen den Messpunkten 18 und 19 der Messbrücke P1 gebildet und liegt an den Eingängen 21-22 der Auswerte- und Steuerschaltung C an. Das zweite Torsionssignal wird durch die Spannung zwischen den Messpunkten 19 und 20 der Messbrücke P2 gebildet und liegt an den Eingängen 25-26 an. Beide Torsionssignale variieren jeweils als eine Funktion des Betrags des durch das Lenkrad aufgebrachten Drehmoments bzw der Betätigungskraft, vgl insb Anspruch 7.

Wenn an das Fahrzeuglenkrad kein Drehmoment angelegt wird, befinden sich die Brücken P1 und P2 in ihrer Gleichgewichtslage. Ihre Ausgangssignale an den Eingängen 21-22 und 25-26 weisen dann denselben Wert auf. Beim Aufbringen eines Drehmoments auf das Lenkrad werden die Brücken verstimmt. Für die beiden Brückenschaltungen ergibt sich daraus, dass die Spannung je nach Lenkraddrehrichtung zwischen den Messpunkten einer Brücke kontinuierlich abnimmt, wohingegen sie zwischen den Messpunkten der anderen Brücke im gleichen Maße ansteigt. Dh, die Torsionssignale variieren vom gleichen Wert (Gleichgewichtslage) ausgehend, entgegengesetzt.

In der elektronischen Steuereinrichtung C befindet sich ein Steuerschaltkreis C1, der eine Einrichtung zum Erzeugen eines Steuersignals für den Servomotor 6 im streitpatentgemäßen Sinn darstellt. Dabei ist beachtlich, dass ein Bezugszeichen im Patentanspruch, hier 326, keine beschränkende Wirkung für die Auslegung des Anspruchs auf ein Ausführungsbeispiel hat, vgl Schulte PatG § 34 Rdn 109. Dieses Steuersignal hat einen Wert, der auf der Basis des ersten Torsionssignals ermittelt wird und damit funktionell mit dem erfassten Lenkdrehmoment in Beziehung steht. Das Steuersignal ist eine Gleichspannung und steht an den Ausgängen 23-24 eines Verstärkers A zur Verfügung. Durch die Polarität des Steuersignals wird die Drehrichtung des Servomotors 6 festgelegt.

Die Lenkhilfe-Einrichtung besteht aus dem Gleichstrommotor 6 und einem Getriebe 7, vgl insb S 9 letzter Absatz. Die Höhe der Lenkhilfe ist abhängig von dem Steuersignal des Steuerschaltkreises C1, dh von der Größe der anliegenden Gleichspannung, vgl insb S 14 Abs 3 und 4.

Das Steuersignal ist gleichzeitig auf die Eingänge 28-29 einer Vergleichseinrichtung CC geschaltet, in welcher es mit dem zweiten elektrischen Torsionssignal verglichen wird, vgl insb S 15 Abs 2.

Wenn dieser Vergleich die Richtigkeit des ersten Torsionssignals bestätigt, wird von der Vergleichseinrichtung CC der Schalter 31 betätigt, vgl insb S 16 Abs 2. Dadurch wird die nach Polarität und Größe dem aufgebrachten Lenkdrehmoment entsprechende Gleichspannung an den Servomotor 6 angelegt.

b) Verfahren gemäß Patentanspruch 11 Das Verfahren gemäß Patentanspruch 11 ist auf den Patentanspruch 1 zurückbezogen und kennzeichnet daher kein allgemeines, von der Vorrichtung losgelöstes Verfahren. Mit den sogenannten Verfahrensschritten a bis e wird lediglich die Wirkungsweise der Lenkvorrichtung nach Patentanspruch 1 dargestellt. Deutlich wird dies am Beispiel der Schritte a und b. Diese Schritte erfolgen nämlich keineswegs in verfahrensüblicher Weise nacheinander, sondern entsprechend der gesamten Offenbarung der Streitpatentschrift findet die Erzeugung der beiden Torsionssignale A und B gleichzeitig statt.

Nachdem vorstehend sämtliche Merkmale der streitpatentgemäßen Lenkvorrichtung als bekannt nachgewiesen worden sind, ergibt sich deren Wirkungsweise aus der DE 31 10 334 A1 ebenso wie in den beanspruchten Verfahrensschritten a bis e. Auch dort werden zunächst die beiden an den Eingängen 21-22 und 25-26 der Steuerschaltung anliegenden Torsionssignale erzeugt und in der oben erläuterten Weise variiert. Anschließend wird in Abhängigkeit des ersten Torsionssignals das am Verstärkerausgang 23-24 ausgegebene Steuersignal generiert. Das Steuersignal wird in der Vergleichereinrichtung CC mit dem zweiten Torsionssignal verglichen. Je nach Ergebnis führt der Vergleich zu einer Sperrung oder Freigabe der Lenkhilfe, indem der Schalter 31 geöffnet oder geschlossen wird, vgl insb S 18 Abs 3.

Die Beklagte wendet dagegen ein, aus der DE 31 10 334 A1 sei keine Torsionserfassungseinrichtung bekannt, denn es fehle ein zu tordierender Körper wie er beim Streitpatent als Torsionsstab 22 vorhanden sei. Durch den in der DE 31 10 334 A1 verwendeten Biegebalken könnten ausschließlich Zug- und Druckspannungen ermittelt werden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen, denn ein zu tordierender Körper ist nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents. Dessen Wortlaut beschränkt das Streitpatent auch nicht auf eine direkte Messung von Schubspannungen, die mit Hall-Effekt-Sensoren bekanntlich auch nicht direkt gemessen werden können. Vielmehr ist dem Fachmann die konstruktive Auslegung der Torsions-Erfassungseinrichtung überlassen. Denn sie ist anspruchsgemäß lediglich dadurch definiert, dass sie zwei Ausgangssignale erzeugen soll, die sich in bestimmter Weise zueinander und zum Eingangsdrehmoment des Lenkrads verhalten. Dafür eignen sich grundsätzlich alle fachnotorisch bekannten Vorrichtungen, die eine Lenkraddrehung direkt oder indirekt nach Größe und Richtung sensieren können, z.Bsp. induktive, kapazitive oder magnetische Sensoren sowie Widerstandssensoren, wie sie beispielhaft in der einschlägigen DE 32 11 748 A1 angeführt sind, vgl insb S 10 und 12 jeweils Abs 1 sowie S 13 Abs 2. Dass dafür auch die Erfassungseinrichtung mit einem Biegebalken und Dehnungsmessstreifen nach der DE 31 10 334 A1 geeignet ist, wurde vorstehend dargelegt.

Weiter meint die Beklagte, die bei der bekannten Lenkvorrichtung ermittelten Sensorsignale seien hinsichtlich ihres Betrages und ihres Vorzeichens identisch. Dazu verweist sie auf S 15 zweiter Abs und auf S 18 erster Abs der DE 31 10 334 A1. Auch diese Interpretation kann letztlich nicht überzeugen.

Auf S 15 im zweiten Absatz ist überhaupt keine Rede von der Torsions-Erfassungseinrichtung oder den beiden eingangseitigen Signalen der Steuerschaltung C. Statt dessen wird in diesem Absatz die Ausgangsseite der Steuerschaltung C betrachtet. Insbesondere wird erläutert, dass das am Ausgang 23-24 des Verstärkers A vorliegende Signal sowohl an den Eingängen 28-29 der Vergleicherschaltung CC als auch an dem Servomotor 6 anliegt, wenn der Schalter 31 geschlossen ist. Mit anderen Worten dient die nach Größe und Polarität vom eingeleiteten Lenkraddrehmoment abhängige Versorgungsspannung des Servomotors 6 gleichzeitig als Referenzsignal für den Vergleich mit dem separat ermittelten zweiten Torsionssignal in der Vergleicherschaltung CC. Es ist platt selbstverständlich, dass ein und dasselbe Signal seinen Wert und seine Polarität beibehält, auch wenn es mehrfach verwendet wird. Dieser Sachverhalt ist in dem unteren Teil des Schaltbildes der Fig 5 ohne weiteres nachvollziehbar. Daraus lassen sich allerdings keine Rückschlüsse auf die beiden Torsionssignale an den Eingängen der Steuerschaltung C herleiten.

Beginnend in den letzten beiden Absätzen auf S 17 und weiter auf S 18 erster Absatz ist am Beispiel eines am Lenkrad im Uhrzeigersinn eingeleiteten Drehmoments F1 (siehe Figuren 2 und 4) beschrieben, wie die Torsionserfassungs-Einrichtung bei Ungleichgewicht der Brückenschaltungen P1 und P2 arbeitet. Diese Beschreibung stimmt mit den vorstehenden Ausführungen zu der Lenkvorrichtung nach der DE 31 10 334 A1 überein, mit Ausnahme des letzten Satzes von S 18 Abs 1. Dieser lautet: "Auch die Polarität der Signale ist die gleiche." Seine Aussage steht in offensichtlichem Widerspruch zu der Schaltung nach Fig 5 und dem tatsächlichen Verhalten der Brückenschaltungen P1 und P2, die im Ungleichgewicht zwei betragsgleiche Signale mit unterschiedlicher Polarität erzeugt, wie vorstehend dargetan. Er muss deshalb die kritische Aufmerksamkeit des eingangs definierten Durchschnittsfachmannes bei der Auswertung der Druckschrift auf sich ziehen.

Da der in Rede stehende Satz die Physik nicht umkehren kann, muss der Durchschnittsfachmann ihn bei genauerer Überprüfung als offensichtlichen Fehler erkennen. Aus der Fig 5 entnimmt er nämlich ohne weiteres, dass die Signale an den Eingängen 21-22 und 25-26 bei Ungleichgewicht der Brückenschaltungen P1 und P2 immer entgegengesetzte Vorzeichen haben müssen. Notfalls wäre dem Durchschnittsfachmann zuzumuten, die Brückenschaltungen gemäß Fig 5 in einem einfachen Experiment nachzuvollziehen. Dabei muss er ebenfalls feststellen, dass die Polarität der betragsgleichen Ausgangssignale der Torsionserfassungs-Einrichtung ungleich ist, sobald ein Eingangsdrehmoment angelegt wird.

Allenfalls könnte der Fachmann den in Rede stehenden Satz so verstehen, dass eines der beiden Torsionserfassungssignale in der Steuerschaltung C invertiert wird und danach die Polarität der Signale gleich ist. Dieses Verständnis beträfe dann allerdings die Wirkungsweise der Steuerschaltung C und könnte nichts an der Tatsache ändern, dass die vorbekannte Torsions-Erfassungseinrichtung bei Ungleichgewicht ihren beiden Brückenschaltungen P1 und P2 zwei betragsgleiche Ausgangssignale mit entgegengesetzter Polarität zur Verfügung stellt.

B. Zum Hilfsantrag 1 Hinsichtlich der beschränkt verteidigten Fassung gemäß Hilfsantrag 1 vermochte die Klägerin den Senat nicht vom Vorliegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes zu überzeugen.

a) Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 Im Unterschied zum Hauptantrag ist die Lenkvorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 zusätzlich durch die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 4 gekennzeichnet. Demnach umfasst die Einrichtung zum Vergleich des Steuersignals zusätzlich eine Einrichtung, die auf das andere (B) der zwei erzeugten Torsionssignale anspricht, sowie auf das Steuersignal, um zu bestimmen, wann von dem Steuersignal eine starke Lenkhilfe gefordert wird, aber durch einen entsprechenden hohen Wert des anderen (B) der zwei erzeugten elektrischen Torsionssignale nicht gerechtfertigt ist, sowie eine Einrichtung, um bei dieser Bestimmung die Lenkhilfeeinrichtung zu sperren. Inhaltlich wird damit zusätzlich zu dem bereits abgehandelten Vergleich des Steuersignals mit dem zweiten Signal der Torsions-Erfassungseinrichtung eine eigenständige Extremwertkontrolle vollzogen, für die es in dem in Betracht gezogenen Stand der Technik weder ein Vorbild noch eine Anregung gibt. Gegenteiliges hat auch die Klägerin nicht vorgetragen.

Soweit die nunmehr beanspruchte Lenkvorrichtung mit derjenigen des Hauptantrages merkmalsmäßig übereinstimmt, gelten die vorstehenden Ausführungen zur DE 31 10 334 A1 entsprechend, dh die daraus bekannte Lenkvorrichtung kommt der beschränkt verteidigten des Streitpatents am nächsten. Unter Bezugnahme auf die dazu bereits gemachten ausführlichen Erläuterungen führt die dortige Vergleichsschaltung CC lediglich einen Vergleich des Steuersignals 23-24 = 28-29 mit dem zweiten Signal 25-26 der Torsionserfassungs-Einrichtung durch. Eine weitere Funktion der Vergleichsschaltung CC, insbesondere eine Extremwertkontrolle, ist im Beschreibungstext und in den Ansprüchen nicht erwähnt. Sie ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus der Fig 5.

Die FR 2 502 570 zeigt und beschreibt eine Servolenkung, bei der eine Torsionserfassungseinrichtung mit einem optischen Sensor verwendet wird, vgl insb S 4 Z 31 ff iVm den Figuren. Das von einer Lichtquelle 56 ausgesandte Licht wird durch zwei Blenden 58 und 59 geleitet, die jeweils mit einem der gegeneinander begrenzt verdrehbaren Teile 13 und 14 der Lenksäule verbunden sind. Die Lichtsignale werden von zwei nebeneinander angeordneten optischen Sensoren 57 empfangen und einem Differenzverstärker 72 und einer Sicherheitsvergleichsschaltung 73 zugeleitet, deren Ausgangssignale in einem Synchron-Modulator 70 weiterverarbeitet werden. Eine zusätzliche Extremwertkontrolle ist auch hier nicht erwähnt.

Gleiches gilt für die DE 32 11 748 A1, die eine elektrisch angetriebene Lenkvorrichtung offenbart, vgl insb Anspruch 1 iVm den Figuren. Dabei liefert eine Torsionserfassungs-Einrichtung zwei betragsgleiche, entgegengesetzt gerichtete Ausgangssignale, vgl insb Anspruch 5. Diese Ausgangssignale werden lediglich in einer Vergleichseinrichtung 33 ausgewertet und einer Steuerschaltung des Servomotors 5 zugeführt, vgl insb S 11 Abs 2 iVm Fig 4.

Die US 4 415 054 betrifft eine Servolenkung, von der die Beklagte in ihrer Patentanmeldung ausgegangen ist. Dabei erzeugt eine Torsions-Erfassungseinrichtung 12 nur ein einziges Signal, das von einem Hall-Effekt-Sensor 60 an der Lenksäule ermittelt wird, vgl insb Sp 3 Z 61 bis Sp 4 Z 14 iVm Fig 7. Folgerichtig findet hier kein Signalvergleich statt und dementsprechend auch keine vergleichende Extremwertkontrolle.

Die übrigen Entgegenhaltungen kommen dem Streitgegenstand nicht näher und haben daher in der mündlichen Verhandlung zu Recht keine Rolle mehr gespielt.

b) Verfahren gemäß Patentanspruch 10 Im Unterschied zum Hauptantrag ist das auf die Vorrichtung zurückbezogene Verfahren zur Steuerung einer Lenkvorrichtung gemäß Patentanspruch 10 des Streitpatents nach dem Hilfsantrag 1 zusätzlich durch die Schritte des erteilten Patentanspruchs 12 gekennzeichnet. Demnach umfasst das im Hauptantrag abgehandelte Verfahren zusätzlich die Bestimmung, wann durch das Steuersignal eine starke Lenkhilfe gefordert wird, die Überprüfung, ob die geforderte starke Lenkhilfe durch das zweite elektrische Torsionssignal (B) gerechtfertigt ist, sowie eine Sperrung der Lenkhilfe-Einrichtung, wenn die Überprüfung ergibt, dass eine zu starke Lenkhilfe gefordert wird.

Inhaltlich wird damit lediglich die Wirkungsweise der vorstehend abgehandelten Vorrichtung nur mit andern Worten beansprucht. Nachdem bereits nachgewiesen wurde, dass die entsprechende Vorrichtung durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik nicht nahegelegt ist, gilt dies selbstverständlich auch für deren Wirkungsweise.

Bei dieser Sachlage erübrigt sich eine Behandlung des weiteren Hilfsantrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 92 Abs 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 05.11.2003
Az: 4 Ni 34/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/712489b80118/BPatG_Urteil_vom_5-November-2003_Az_4-Ni-34-02




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