Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 112/00
(BPatG: Beschluss v. 18.07.2001, Az.: 28 W (pat) 112/00)
Tenor
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 3. Februar 1997 für "Schmuckwaren" eingetragene Bildmarke 396 49 105 siehe Abb. 1 am Endederen Anmeldung ursprünglich folgende Waren zugrunde lagen: "Schmuckstücke und Gebrauchsgegenstände als Design-Stück aus Draht gebogen", ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 1 083 727 BARBIE eingetragen seit dem 30. Oktober 1985 für:
"Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und andere Zeitmeßinstrumente; aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren, nämlich kunstgewerbliche Gegenstände und Ziergegenstände".
Die Markeninhaberin hat zunächst die Einrede der Nichtbenutzung hinsichtlich der Waren "Schmuckwaren" erhoben. Daraufhin hat die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamts dem Widerspruch mit der Begründung stattgegeben, bereits die nicht von der Einrede der Markeninhaberin betroffenen Waren wiesen so enge Berührungspunkte zu "Schmuckwaren" auf, daß die jüngere Marke den erforderlichen strengen Abstand in klanglicher Hinsicht nicht mehr einhalte.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, die die Beschränkung der Nichtbenutzungseinrede für ein Mißverständnis hält und ausdrücklich die Benutzung der Widerspruchsmarke für alle Waren bestreitet, zumal die bisherigen Unterlagen nur eine Benutzung für "Puppenschmuck", dh für Spielwaren der Klasse 28 zeigten. Die behauptete gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke könne sich nicht auf die Waren der Klasse 14 auswirken; die aufwendige Schreibschrift, in der die jüngere Marke gehalten sei, sorge für einen hinreichenden Markenabstand, der auch in klanglicher Hinsicht gewährleistet sei.
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen, und zwar hilfsweise auf der Basis folgenden Warenverzeichnisses:
"Schmuckwaren, nämlich Schmuckstücke und Gebrauchsgegenstände als Designstücke aus Draht gebogen jeweils ausschließlich zum Vertrieb durch Juweliere".
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht und hält eine Verwechslungsgefahr in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht für gegeben.
Die Markeninhaberin ist ihrer schriftsätzlichen Ankündigung folgend im Termin nicht erschienen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet. Nach Auffassung des Senats besteht unabhängig davon, ob das mit der Anmeldung eingereichte Warenverzeichnis, die auf "Schmuckwaren" beschränkte veröffentlichte Fassung oder die Formulierung nach dem Hilfsantrag der Entscheidung zugrundegelegt wird, Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den beiden Marken.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Aufgrund der bereits im Verfahren vor dem Amt mit Schriftsatz der Widersprechenden vom 31. August 1998 eingereichten Benutzungsunterlagen (eidesstattliche Versicherung über Umsätze im für beide Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 MarkenG maßgeblichen Jahr 1997 sowie Muster von Verpackungen mit Mädchenschmuck) hat der Senat keine Zweifel an der ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke für "Schmuckwaren". Zudem hat die Widersprechende im Laufe des Beschwerdeverfahrens glaubhaft gemacht, daß sie im relevanten Zeitraum ihre Marke auch für (Kinder-)Uhren rechtserhaltend benutzt hat (Bl. 97,98 dA). Vor diesem Hintergrund spielt es für die Frage der Warenähnlichkeit keine entscheidende Rolle, welches Warenverzeichnis auf Seiten der Markeninhaberin den benutzten Waren "Schmuckwaren, Uhren" gegenübergestellt wird, wenn auch der Senat angesichts des Schriftlichkeitsgebots im patentamtlichen Verfahren erhebliche Bedenken gegen die Vorgangsweise des Prüfers im vorliegenden Fall hat, der lediglich aufgrund einer "fernmündlichen Rücksprache mit der Anmelderin" eine Änderung des ursprünglich eingereichten Warenverzeichnisses auf "Schmuckwaren" vorgenommen hat, die dann der Registrierung zugrundegelegt wurde.
Doch selbst wenn man das mit Hilfsantrag eingereichte Warenverzeichnis, das gegenüber der ursprünglichen Formulierung den Zusatz "ausschließlich zum Vertrieb durch Juweliere" aufweist, zugrundelegt, kann unter Berücksichtigung der geltenden erweiterten Minimallösung bei "Schmuckwaren" eine Warenidentität nicht ausgeschlossen werden, ebenso wie im Verhältnis zur benutzten Ware "Uhren" von einer zumindest mittleren Warenähnlichkeit auszugehen ist.
Vor diesem Warenhintergrund muß weiter die Tatsache berücksichtigt werden, daß Uhren und Schmuck im allgemeinen sich an ein breites Publikum richten können, so daß im Ergebnis selbst dann eher strengere Anforderungen an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand zu stellen sind, wenn von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist. Zwar mag es sich bei "BARBIE" um eine für Spielwaren überdurchschnittlich benutzte Marke handeln, was aber im Gegensatz zur Auffassung der Widersprechenden für die hier zu beurteilenden Waren der Klasse 14 ohne Auswirkungen bleibt.
Den danach erforderlichen Abstand hält die jüngere Marke angesichts ihrer deutlichen Annäherungen jedenfalls im Schriftbild nicht mehr ein. Gibt man die Widerspruchsmarke ebenfalls in einer der üblichen Schreibschrift angenäherten Form - bzw umgekehrt die angegriffene Marke in Druckbuchstaben - wieder, sind die lediglich am Wortende vorhandenen Abweichungen selbst bei der eher kollisionshemmend wirkenden relativen Kürze der Vergleichszeichen nicht mehr geeignet, für ein sicheres Auseinanderhalten der Kennzeichnungen zu sorgen, so daß eine Verwechslungsgefahr nicht mehr verneint werden kann.
Die Beschwerde der Markeninhaberin war daher zurückzuweisen, ohne daß Anlaß zur Kostenauferlegung bestand.
Stoppel Martens Kunzeprö
Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)112-00.1.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 18.07.2001
Az: 28 W (pat) 112/00
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