Hessisches Landesarbeitsgericht:
Urteil vom 21. Juni 2011
Aktenzeichen: 15 Sa 254/10
(Hessisches LAG: Urteil v. 21.06.2011, Az.: 15 Sa 254/10)
Ein dem Arbeitnehmer gewährter Gründungszuschuss ist eine aufgrund anderweitiger Verwendung der Dienste erworbene Leistung im Sinne des § 615 BGB.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil desArbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2010 € 24 Ca7143/09 € wird das Urteil teilweise abgeändert und zurKlarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehendeArbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung, diedie Prozessbevollmächtigte der Beklagten in deren Namen mitSchreiben vom 28. Oktober 2009 ausgesprochen hat, aufgelöst wordenist.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteiendurch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 2009 erst zum 28.Februar 2010 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 (inWorten: Dreizehntausendsechshundertfünfundneunzig und 15/100 Euro)brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über demjeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 (inWorten: Dreizehntausendsechshundertfünfundneunzig und 15/100 Euro)brutto abzüglich € 2.181,00 (in Worten:Zweitausendeinhunderteinundachtzig und 00/100 Euro) netto nebstZinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 1. Oktober 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 (inWorten: Dreizehntausendsechshundertfünfundneunzig und 15/100 Euro)brutto abzüglich € 2.181,00 (in Worten:Zweitausendeinhunderteinundachtzig und 00/100 Euro) netto nebstZinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 1. November 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 (inWorten: Dreizehntausendsechshundertfünfundneunzig und 15/100 Euro)brutto abzüglich € 2.181,00 (in Worten:Zweitausendeinhunderteinundachtzig und 00/100 Euro) netto nebstZinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 1. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 (inWorten: Dreizehntausendsechshundertfünfundneunzig und 15/100 Euro)brutto abzüglich € 2.481,00 (in Worten:Zweitausendvierhunderteinundachtzig und 00/100 Euro) netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunktenüber dem Basiszinssatz seit dem 01. Januar 2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger35% und die Beklagte 65% zu tragen.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat der Kläger13% und die Beklagte 87% zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin um die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen vom 28. Oktober 2009, einer ordentlichen Kündigung vom 27. Juli 2009 und Vergütungsansprüche.
Der Kläger ist am 4. Dezember 1956 geboren und verheiratet.
Die Beklagte ist zum einen auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Photovoltaikmodulen tätig und sie beschäftigt sich mit Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Herstellung von hochreinem Silizium. Unternehmensziel der Beklagten ist der Aufbau eines Chemie-Engineering-Anlagenbaus. In ihrem Betrieb im A sind regelmäßig weniger als 10 Arbeitnehmer außer den zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt.
In einer vom Geschäftsführer der Beklagten an den Kläger gerichteten E-Mail vom 28. Mai 2008 (Bl. 89, 90 d.A.) heißt es:
€Betreff AW: Zusammenarbeit VERTRAULICH
Sehr geehrter Herr Dr. B,
ich danke Ihnen.
Im Folgenden einige Eckpunkte zu Randbedingungen und Konditionen unserer Zusammenarbeit:
1. Position / Funktion:
Verantwortlicher für F & E, Verfahrenstechnik, Verfahrensentwicklung, Engineering, Anlagenbau ('Labor zu Fabrik'). Ressort- bzw. 'Vorstands'-Verantwortlicher, AT-Vertrag.
Ich gehe davon aus, dass ich als Ressortverantwortlicher verantwortlich bin für das Geschäft in dem mir zugeordneten Ressort. Handelt es sich um das Ressort C Standort Gesellschaft D€ Ja
Welche Vertriebsaktivitäten gehören zur Aufgabe€ Die Unterstützung des 'reinen' Marketing-Vertriebs-Logistik-Verantwortlichen und eigenes Vermarkten (koordiniert).
2. Vertragsart:
AT (ausser-tariflich), unbefristet als Ressortleiter ja
Kündigungsfristen/Probezeit 6 Monate€
Unfallversicherung auf Dienstreisen (Tod und Invalidität) ja
3. Einkünfte:
Fix-Gehalt 150.000 €/a plus Bonus, Altersversorgung (Versicherung)
In welcher Größenordnung soll sich der Bonus bewegen€ bis zu 30 % von Fix-Gehalt
In welcher Größenordnung soll sich die Altersversorgung bewegen€ Bei der Altersversorgung stelle ich mir vor, dass die Unverfallbarkeit der Altersversorgungsansprüche vom ersten Tage an gegeben ist. ja
4. Urlaub:
Üblich
5. Dienstwagen:
Ja Welche Wagengröße€ Versicherung, Steuer und Benzin beinhaltet€ A6-Klasse, ja.
6. Standort
D
7. Personal-Verantwortung:
Ja, für Mitarbeiter, Projekt-Teams Ich gehe davon aus, daß ich als Ressortverantwortlicher die Verantwortung für die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern trage€ ja
8. Finanzielle Verantwortung:
Ja, ausgaben- und investitionen-autorisiert. Ich verstehe die finanzielle Verantwortung im Sinne der Geschäftsverantwortung für ein Ressort (Prokura/Direktion) ja
9. Arbeitgeber:
C - Standortgesellschaft D
10. Beginn:
1.10.2008 (Wunschvorstellung)
Ist etwas knapp und prägnant. Bitte um Ihre Fragen und Wünsche und Ergänzungen.
Bis bald.
Herzliche Grüße
E.€
Seit dem 1. November 2008 war der Kläger bei der Beklagten als Leiter des Geschäftsbereichs Verfahrenstechnik und Engineering der Niederlassung im A zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 13.695,15 beschäftigt. Eine von beiden Parteien unterschriebene Vertragsurkunde über das Arbeitsverhältnis existiert nicht.
Per E-Mail vom 30. April 2009 (Bl. 13 d. A. [unten]) sandte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten einen Entwurf eines Anstellungsvertrages (Bl. 8 bis 12 d.A.). Die E-Mail hatte den Betreff €WG: Arbeitsvertrag€ und lautete:
€Hallo Herr Dr. E,
anbei nochmal der Vorschlag für meinen Arbeitsvertrag.
Viele Grüße
B
30.04.2009€
Der Geschäftsführer der Beklagten sandte am 8. Mai 2009 (Bl. 13 d. A. [oben])darauf mit dem Betreff €AW: Arbeitsvertrag€ folgende E-Mail an den Kläger.
€Lieber Herr Dr. B,
guten Morgen!
Ist etwas später geworden als Nacht!
Ich habe den Vertrag (nochmals) durchgearbeitet. Nur eine Änderungsvorstellung habe ich: Ihr Verantwortungsbereich ist Verfahrenstechnik, Verfahrens-Entwicklung und Engineering = Geschäftsbereich Verfahrenstechnik und Engineering, Geschäftsführungs-Mitglied. Standort-Verantwortlichen haben wir keinen. Die Verantwortung für andere Geschäftsbereiche bekommen Sie kommissarisch.
Ich formuliere dies am Wochenende in Worten und schicke Ihnen die Formulierungen am Sonntag zu.
Schönen Tag und Wochenende.
Mit freundlichen Grüßen
E
08.05.2009€
In einem vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten und an den Kläger gerichteten Schreiben vom 27. Juli 2009 (Bl. 7 d. A.) heißt es unter anderem €wir kündigen Ihr Dienstverhältnis mit der C GmbH & Co KG aus betriebsbedingten Gründen zum nächstmöglichen gesetzlichen Kündigungstermin€. Als Beendigungsdatum ist der 31. August 2009 angegeben. In der Kopfzeile des Schreibens heißt es:
€Dr. E s C Resources + Technologies € Management€
Ausweislich eines Ausdrucks der Firma F über einen Auslieferungsvermerk (Bl. 51 d. A.), wurde eine Briefsendung am 31. Juli 2009 um 7.39 Uhr an der Adresse des Klägers ausgeliefert.
Am 3. August 2009 sandte der Kläger eine Datei, die einen Bericht zur Vorprojektierung bzw. Konzipierung einer Deoxidationsanlage zur Titanherstellung aus Titanoxid beinhaltet, an seine private E-Mailadresse. Die Nutzung des E-Mail-Accounts für private Zwecke war seitens der Beklagten untersagt. Die Datei, die von der Firma G erstellt worden war und für die die Beklagte aufgrund des von ihr zur Erstellung erteilten Auftrags vergütungspflichtig war, hatte die Firma G zuvor per E-Mail an den dienstlichen Account des Klägers gesandt. Er selbst war in dieses Projekt involviert und hatte Zugriff auf diese Datei.
Am 7. August 2009 erstattete die Beklagte über Rechtsanwalt H gegen einen weiteren Mitarbeiter, Herrn I, Anzeige. Sie wirft Herrn I vor, in zeitgleicher Vorgehensweise wie der Kläger, Dateien von seinem geschäftlichen E-Mail-Account an seine private E-Mailadresse weitergeleitet zu haben.
Ebenfalls am 7. August 2009 stellte der von der Beklagten mit der Überprüfung des E-Mailverkehrs des Klägers beauftragte Systemadministrator, J, für die Beauftragung der Einhaltung des Datenschutzes und der Übertragung hochsensibler Dateien aus dem Geschäftsbereich der Beklagten im Zusammenhang mit dem Vorgehen des Klägers am 3. August 2009 eine Rechnung (Bl. 301 d.A.) über € 4.534,02, die die Beklagte am 10. August 2009 beglich.
Am 25. August 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger schriftlich ein Hausverbot.
Am 27. August 2009 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte. In diesem Schreiben ist das dem Kläger vorab erteilte Hausverbot erwähnt (Bl. 210, 211 d.A.).
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28. Oktober 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger erneut fristlos, äußerst hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Bl. 30, 31 d.A.). Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom selben Tag wiederum fristlos und äußerst hilfsweise ordentlich im Namen der C Resources + Technologies-Management. Beide Kündigungen gingen dem Kläger am 2. November 2009 zu.
Mit Schreiben vom 2. November 2009 erstattete die Beklagte Strafanzeige gegen den Kläger (Bl. 62 bis 65 d.A.). Mit Schreiben vom 13. November 2009 wurde sie auf den Privatklageweg verwiesen (Bl. 214, 215 d.A.).
Wegen des Lohnanspruchs für Dezember 2008 wurden dem Kläger zwei Abrechnungen erteilt. Für die Zeit vom 1. bis 8. Dezember 2008 ergibt sich aus der von der Einzelfirma C, Dr. E, erteilten Abrechnung ein Nettolohnanspruch in Höhe von € 1.856,00 (Bl. 71 d.A.). Für die Zeit vom 9. bis 31. Dezember 2008 entfiel auf die Beklagte in ihrer jetzigen Rechtsform ein Betrag in Höhe von € 4.297,75 netto (Bl.70 d.A.). Auf den sich ergebenden Nettogesamtanspruch von € 6.153,75 zahlte die Beklagte für Dezember 2008 an den Kläger € 7.500,00 netto. Für Juli 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Vergütungsabrechnung (Bl. 68 d.A.) die unter anderem einen Abzug von € 1.346,25 netto unter der Lohnart 75 als €Überzahlung Dezember 08€ kennzeichnet.
Vom 1. September 2009 bis 30. November 2009 bezog der Kläger Arbeitslosengeld von € 2.181,00 im Monat. Danach erhielt er für die Monate Dezember 2009 bis Februar 2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von insgesamt € 7.443,00.
Mit Schriftsatz vom 12. August 2009, der am 18. August 2009 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangen ist, hat der Kläger Kündigungsschutzklage wegen der Kündigung vom 27. Juli 2009 erhoben und einen allgemeinen Feststellungsantrag angekündigt. Die Klageschrift ist der Beklagten am 10. September 2009 (Bl. 15 d.A.) zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 15. September 2009, der der Beklagten am 30. September 2009 (Bl. 21 d.A.) zugestellt worden ist, hat der Kläger seine Klage wegen begehrter Vergütungsnachzahlungen für Juli und August 2009 (Bl. 19f d.A.) erweitert. Er hat die Klage sodann um jeweils zwei Kündigungsschutz- und Zahlungsanträge mit Schriftsatz, der am 12. November 2010 bei dem Arbeitsgericht einging und der Beklagten am 23. November 2010 zugestellt wurde (Bl. 33a d.A.), erweitert und die Zahlungsanträge sodann mit Schriftsatz vom 20. November 2010 teilweise zurückgenommen (Bl. 72, 73 d.A.). Letztmals hat er die Klage um Zahlungsanträge betreffend die Monate November und Dezember 2009 erweitert (Bl. 87, 88 d.A.). Den allgemeinen Feststellungsantrag hat er zurückgenommen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die außerordentlichen Kündigungen seien rechtsunwirksam, da der Beklagten kein wichtiger Grund zur Seite stehe; insbesondere habe er keinen Geheimnisverrat begangen. Er hat gemeint, im Hinblick auf die ausgesprochene ordentliche Kündigung sei jedenfalls eine Kündigungsfrist von sechs Monaten ab Zugang der Kündigung einzuhalten. Er hat behauptet, die ordentliche Kündigung vom 27. Juli 2009 habe er erst am 01. August 2009 erhalten. Für August 2009 bis Dezember 2009 stehe ihm demgemäß das Gehalt noch zu. Den Abzug im Juli 2009 hat er für unberechtigt gehalten.
Der Kläger hat beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 2009, dem Kläger zugegangen am 1. August 2009, zum 31. August 2009 aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Oktober 2009, zugegangen am 2. November 2009, aufgelöst worden ist.
3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Oktober 2009, zugegangen am 2. November 2009, nicht aufgelöst worden ist.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2009 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.346,25 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 brutto abzüglich € 2.181,00 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 brutto abzüglich € 2.181,00 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.
8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 brutto abzüglich € 2.181,00 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.695,15 brutto abzüglich € 2.181,00 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, der Kläger habe sich mit dem Versenden der Datei zur Vorprojektierung bzw. Konzipierung einer €Deoxidationsanlage zur Titanherstellung aus Titanoxid€ an seine private E-Mailadresse ein Geschäftsgeheimnis aus Eigennutz oder zu Gunsten eines Dritten verschafft. Die ausgesprochene ordentliche Kündigung sei innerhalb der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende erfolgt. Die Parteien seien sich keinesfalls über eine Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit von sechs Monaten zum Monatsende einig gewesen. Sie hat behauptet, der Zugang der Kündigung vom 27. Juli 2009 sei ausweislich des vorgelegten Sendungsstatus am 31. Juli 2009 um 7.39 Uhr erfolgt. Der Abzug im Juli 2009 entspringe einer Überzahlung aus dem Dezember 2008. Der Lohn für August 2009 sei wegen nicht ordnungsgemäßer Arbeitsleistung des Klägers einbehalten worden. Das Hausverbot sei €nach Bekanntwerden der Datenangelegenheit€ erteilt worden. Sie hat zudem hilfsweise die Aufrechnung mit einem Bruttolohnanspruch des Klägers für August und einem Nettolohnnachzahlungsanspruch für Juli 2009 wegen ihrer Schadenersatzforderungen aus unerlaubter Handlung (§§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 17 UWG) erklärt.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15. Januar 2010 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine der beiden außerordentlichen Kündigungen vom 28. Oktober 2009 aufgelöst worden ist, es aber durch die Kündigung vom 22. Juli 2009 [gemeint ist die Kündigung vom 27. Juli 2009] erst zum 28. Februar 2010 aufgelöst worden ist. Den Zahlungsansprüchen des Klägers hat es in vollem Umfang entsprochen. Es hat gemeint, ein wichtiger Grund für die außerordentlichen Kündigungen aus dem Oktober 2009 bestehe nicht, denn der Kläger habe durch das Versenden der dienstlichen E-Mail weder einen Geheimnisverrat begangen, noch einen ansonsten ausreichenden Vertrauensbruch gegenüber der Beklagten oder eine Handlung begangen, die massiv gegen die Geschäftsinteressen der Beklagten verstoße. Der Verstoß gegen das Verbot, den dienstlichen E-Mailaccount ausschließlich dienstlich zu nutzen, erfülle weder den Tatbestand des wichtigen Grundes noch sei eine erforderliche vorangegangene Abmahnung erfolgt. Ausgehend vom Zugang der ordentlichen Kündigung am 1. August 2009 entsprechend dem klägerischen Vortrag ende das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der sechsmonatigen im konkludenten Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsfrist am 28. Februar 2010. Es hat hinsichtlich der Vergütungsansprüche ausgeführt, dass für die Monate Juli und August 2009 der Anspruch aus § 611 BGB folge und für die Zeit ab September 2009 als Anspruchsgrundlage § 615 BGB abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von monatlich € 2.181,-- netto angenommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 1. März 2011 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Sie ist der Auffassung, ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung habe bestanden und eine vorangegangene Abmahnung sei entbehrlich gewesen, weil der Kläger wegen des ausgesprochenen Hausverbots Datenschutzvorschriften ohnehin nicht mehr habe einhalten können, so dass eine Abmahnung ins Leere gegangen wäre. Im Übrigen stehe das Kopieren von Daten aus dem Bestand des Arbeitgebers einem Diebstahl gleich. Sie ist nach wie vor der Meinung, dass der Kläger einen Geheimnisverrat gemäß § 17 Abs. 2 UWG begangen habe. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe sie eingehalten, denn sie habe die Frist zur Stellung des Strafantrages gegen den Kläger und den Ausgang des Verfahrens abwarten dürfen. Sie ist der Auffassung, es sei ihr unzumutbar gewesen, die zeitgleich von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungen im Fall I dadurch zu gefährden, dass sie eine vorschnell ausgesprochene fristlose Kündigung unter Angabe des Kündigungsgrundes €Pflichtverletzung wegen illegalen Herunterladens betriebsinterner Daten€ ausgesprochen haben würde. Dann hätte die Gefahr bestanden, dass der Kläger Herrn I gewarnt haben würde und die Beschlagnahme des betrieblichen Laptops bei Herrn I gefährdet worden wäre. Dies sei so vermieden worden. Sie meint, sie habe den Ausgang des Verfahrens gegenüber dem Kläger abwarten dürfen und behauptet, der Ausspruch der fristlosen Kündigungen sei unmittelbar nach Mitteilung der Sicherstellung des Laptops und der betriebsinternen Daten sowie noch vor Ablauf der Ermittlungen in der Strafsache des Klägers erklärt worden. Sie behauptet, sie habe für die vom Kläger an seine Privatadresse weitergeleiteten Unterlagen an die G rund € 54.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer gezahlt. Sie meint, ein weiterer wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung bestehe zudem zum einen darin, dass der Kläger seine Arbeitsleistung beharrlich verweigert habe, weil er nach nahezu neunmonatiger Tätigkeit trotz ihrer konkreten Vorgaben keine ordnungsgemäßen PVM-Projektpläne (PVM = Pilot-Versuchs-, Mustermengenprojekte) vorgelegt habe. Zum anderen bestehe ein wichtiger Grund auch wegen der Minderleistung des Klägers, die ihr ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag unzumutbar gemacht habe. Sie behauptet insoweit, eine Schlechtleistung des Klägers bestehe in der unbefugten Kündigung eines zwischen ihr und der Firma K GmbH geschlossenen Vertrages, die der Kläger mit Schreiben vom 17. Februar 2009 ausgesprochen habe. Insgesamt stelle das Verhalten des Klägers insoweit eine unmittelbare wirtschaftliche Schädigung dar. Die Kündigung des Vertrages mit der K GmbH sei ihr im Mai 2009 bekannt gewesen. Sie meint, sie habe auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten.
Hinsichtlich der Kündigungsfrist für die ordentliche Kündigung meint sie, eine Vereinbarung über eine sechsmonatige Kündigungsfrist sei nicht anzunehmen. Ihr Geschäftsführer habe den vom Kläger vorgelegten Arbeitsvertrag infolge der deutlich werdenden Minderleistungen und des auftragswidrigen Verhaltens des Klägers bewusst nicht unterzeichnet. Zudem sei gerade keine Einigkeit über die wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrages erzielt worden, weil am 8. Mai 2009 der Verantwortungsbereich des Klägers noch nicht definiert gewesen sei. Hinsichtlich des Zugangs der Kündigung bestreite sie die Annahme des Pakets durch die Nachbarin nach wie vor ebenso, wie die Urlaubsabwesenheit des Klägers am 31. Juli 2009.
Sie meint, der Lohnanspruch für August bestehe nur abzüglich der auf den August geleisteten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt € 1.928.74 und Verzugslohnansprüche bestünden auch im Übrigen nicht. An der Hilfsaufrechnung mit Schadenersatzansprüchen gegen den Kläger, auch wegen dessen Schlechtleistungen, halte sie fest. Sie behauptet, sie habe die Rechnung des Systemadministrators Heckmann vom 7. August 2009 am 10. August 2009 beglichen.
Sie beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2010 € 24 Ca 7143/09 € wird abgeändert und die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil, denn ein wichtiger Grund für eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe nicht bestanden. Er behauptet, er habe die E-Mail ausschließlich dienstlich veranlasst an seine private E-Mailadresse versandt. Er behauptet, die E-Mail habe lediglich eine Vorstudie beinhaltet, die in Absprache mit ihm erstellt worden sei. Er meint, auf angebliche Schlechtleistungen könne die Beklagte die Kündigung nicht stützen, weil er nicht abgemahnt worden sei. Für eine beharrliche Arbeitsverweigerung gebe es keinen Anhaltspunkt. Das Schreiben vom 17. Februar 2009 habe er in Absprache mit dem Geschäftsführer abgefasst und versandt. Er ist zudem der Auffassung, die Beklagte habe die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht hinreichend dargelegt. Er meint, die ordentliche Kündigung vom 27. Juli 2009 sei unwirksam, weil sie nicht von der Beklagten, sondern von der Einzelfirma ausgesprochen worden sei. Aufrechenbare Schadenersatzansprüche bestünden zu Gunsten der Beklagten nicht.
Nach dem Widerruf eines im Termin vom 1. März 2011 widerruflich geschlossenen Vergleichs ist mit Zustimmung der Parteien das Verfahren im schriftlichen Verfahren fortgesetzt worden; als Termin, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 30. Mai 2011 bestimmt.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 1. März 2011 Bezug genommen.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. Januar 2010verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main istzulässig. Das Rechtsmittel ist nach dem Wert desBeschwerdegegenstandes statthaft, §§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG undauch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerechteingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1ArbGG.
II. Die Berufung hat jedoch nur teilweise Erfolg. DasArbeitsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass keineder fristlosen Kündigungen vom 28. Oktober 2009 dasArbeitsverhältnis der Parteien beendet hat. Dennoch ist die Klageauch insoweit teilweise abzuweisen, weil die Klage unbegründet ist,soweit sie sich gegen die Kündigung der Prozessbevollmächtigten derBeklagten vom 28. Oktober 2009 richtet, die diese im Namen derEinzelfirma C Resources + Technologies Management ausgesprochen hat(Bl. 32, 33 d.A.), denn diese war zum Zeitpunkt des Zugangs dieserKündigung nicht Arbeitgeberin des Klägers. Weiterhin hat dasArbeitsgericht zutreffend angenommen, dass die Kündigung vom 27.Juli 2009 das Arbeitsverhältnis der Parteien erst zum 28. Februar2010 aufgelöst hat. Für die streitigen Monate August bis Dezember2009 bestehen dem Grunde nach zu Gunsten des KlägersVergütungsansprüche gegen die Beklagte. Auf den Vergütungsanspruchdes Monats Dezember 2009 muss der Kläger sich nicht nur erhaltenesArbeitslosengeld, sondern den Gründungszuschuss anrechnen lassen.Die Hilfsaufrechnung der Beklagten geht ins Leere. EinVergütungsanspruch für den Monat Juli 2009 besteht nicht.
Die gegen die außerordentliche Kündigung, die dieProzessbevollmächtigte der Beklagten im Namen der C Resources +Technologies € Management mit Schreiben vom 28. Oktober 2009ausgesprochen hat, gerichtete Klage ist unschlüssig, denn es istnicht ersichtlich, dass im Zugangszeitpunkt am 2. November 2009zwischen ihm und der Einzelfirma C Resources + Technologies €Management ein Arbeitsverhältnis bestand. Der Bestand einesArbeitsverhältnisses zu der Einzelfirma, in deren Namen dieKündigungserklärung abgegeben wurde, ist aber Voraussetzung für dieKündigungsschutzklage, denn ein Erfolg im Kündigungsschutzprozesssetzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dasszum Zeitpunkt der Kündigung noch oder überhaupt einArbeitsverhältnis besteht (ständige Rechtsprechung vgl. stattvieler BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - BAGE 81, 111 = AP ZPO §519 Nr. 48; 12. Januar 1977 - 5 AZR 593/75 - AP KSchG 1969 § 4 Nr.3 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 11; 15. Februar 2007 € 8 AZR 397/06€ BAGE 121, 273 = AP KSchG 1969 § 23 Nr. 38 = EzA KSchG § 23Nr. 30). Auch beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung desBundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt,die stattgebende rechtskräftige Entscheidung über einen Antraggemäß § 4 Satz 1 KSchG zugleich die Feststellung, dass noch zumvorgesehenen Auflösungszeitpunkt zwischen den Parteien einArbeitsverhältnis existiert (BAG 13. November 1958 - 2 AZR 573/57 -BAGE 7, 36 = AP KSchG § 3 Nr. 17; 12. Juni 1986 - 2 AZR 426/85 - APKSchG 1969 § 4 Nr. 17 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 31). Da der Klägerselbst sich einzig eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten, einerKommanditgesellschaft, berühmt, ist die Klage insoweitunschlüssig.
2. Die außerordentliche Kündigung, die dieProzessbevollmächtigte der Beklagten in deren Namen mit Schreibenvom 28. Oktober 2009 ausgesprochen hat, hat das Arbeitsverhältnisder Parteien nicht wirksam beendet. Die Kündigung ist nach § 626BGB unwirksam. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist des §626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1BGB liegt nicht vor.
a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis auswichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigtwerden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigendenunter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unterAbwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung desArbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nichtzugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob derSachverhalt ohne seine besonderen Umstände €an sich€,dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarfes der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung desArbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umständedes Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile -jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist odernicht (ständige Rechtsprechung BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - =EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - = AP BGB§ 626 Nr. 220; 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - BAGE 118, 104).
Unabhängig davon, ob sich die tatsächlichen und rechtlichenFeststellungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil alszutreffend erweisen und ob die Ausführungen der Berufung zu einemGeheimnisverrat nach § 17 Abs. 2 UWG zutreffen, folgt dieRechtsunwirksamkeit der Kündigung bereits aus § 626 Abs. 2 BGB,wonach die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisvon den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen durch denKündigungsberechtigten erfolgen kann. Hierbei handelt es sich umein gesetzlich konkretisierten Verwirkungstatbestand (APS-Dörner,Kündigungsrecht, 3. Aufl., § 626 BGB Rz. 116; BAG 17. März 2005 - 2AZR 245/04 - = NZA 2006). Zweck dieser Regelung ist es, denKündigenden möglichst schnell zur Entscheidung über die Kündigungaus einem bestimmten Grund zu veranlassen. Außerdem soll derKündigungsgegner möglichst frühzeitig die Konsequenzen desVorliegens eines wichtigen Grundes für sein Arbeitsverhältniserfahren und somit rasch Klarheit darüber erhalten, ob derkündigungsberechtigte Arbeitgeber einen bestimmten Sachverhalt zumAnlass für eine außerordentliche Kündigung nehmen will. DieRegelung in § 626 Abs. 2 BGB ist zwingendes Recht und stellt einemateriell-rechtliche Ausschlussfrist dar. Sie führt zurUnwirksamkeit einer gleichwohl erklärten außerordentlichenKündigung. Der Kündigende muss die Einhaltung der Zwei-Wochen-Fristgemäß § 626 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen.
b) Die Beklagte wirft dem Kläger zum einen vor, er habe am 3.August 2009 eine in ihrem Eigentum stehende Datei mit geheimem undhochsensiblem Inhalt an seine private E-MailAdresse übermittelt. Erhabe damit einen Geheimnisverrat begangen und gegen interneAnweisungen zum Umgang mit Daten verstoßen. Wegen diesesKündigungsvorwurfs ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nichteingehalten. Das ergibt sich aus Folgendem:
Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten beauftragte die Beklagtebereits Anfang August 2009 den ihre EDV-Anlage betreuendenSystemadministrator J, den E-Mailverkehr des Klägers gezielt zuüberprüfen. Im Weiteren ist nach dem Vortrag der Beklagten dieBezahlung der für diese Überprüfung erstellten Rechnung vom 7. am10. August 2009 erfolgt. Am 25. August 2009 erteilte die Beklagtedem Kläger ein Hausverbot; ihrem eigenen Vortrag zufolge€nach Bekanntwerden der Datenangelegenheit€. Darauslässt sich nur schließen, dass dem Geschäftsführer der Beklagtenspätestens am 25. August 2009 der tatsächliche Hintergrund für diegegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe bekannt war und es weitererSachverhaltsaufklärung nicht bedurfte. Mit spätestens dem 25.August 2009 lief daher die Frist des § 626 Abs. 2 BGB an und endetedemgemäß am 8. September 2009. Die Kündigung vom 28. Oktober 2009wahrt diese Frist nicht. Daran ändern auch die besondereFallkonstellation des betrieblichen Datenmissbrauchs und die gegenden weiteren Mitarbeiter I eingeleiteten Ermittlungen nichts. Zwardarf ein Kündigungsberechtigter regelmäßig den Aus- bzw Fortgangeines Strafermittlungs- bzw eines Strafverfahrens abwarten.Entschließt er sich hierzu, so kann er dann jedoch nicht zu einembeliebigen willkürlich gewählten Zeitpunkt außerordentlichkündigen. Voraussetzung für eine doch vorgezogene Kündigung istvielmehr, dass er hierfür einen sachlichen Grund hat,beispielsweise wenn der Kündigungsberechtigte neue Tatsachenerfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr einen -neuen - ausreichenden Erkenntnisstand für eine Tatkündigung zuhaben glaubt (BAG 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - .AP BGB § 626Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9). Die Beklagtehat nicht den Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrensgegen den Kläger abgewartet, denn das Ermittlungsverfahren gegenden Kläger war erst am 13. November 2009 mit der Verweisung auf denPrivatklageweg beendet. Sie kann sich für ihre vorgezogeneKündigung vom 28. Oktober 2009 auch nicht auf einen sachlichenGrund berufen. Dabei kann dahinstehen, ob ein derartiger sachlicherGrund auch aus einem anderen vom Arbeitgeber für relevanterachteten Strafverfahren herrühren kann (hier dasErmittlungsverfahren gegen den Mitarbeiter I) oder es insoweitallein auf ein gegenüber dem zu Kündigenden eingeleitetes Verfahrenankommt. Jedenfalls hat die Beklagte weder dargelegt, dass dieSicherstellung des Laptops und nicht näher bezeichneterbetriebsinterner Daten ihr neues oder zumindest notwendigesTatsachenmaterial für die Kündigung des Klägers gebracht hat noch,dass sie die Kündigung am 28. Oktober 2009 innerhalb von zweiWochen nach Mitteilung der Sicherstellung des Laptops und derbetriebsinternen Daten ausgesprochen hat. Da sie den in Bezuggenommenen Mitteilungszeitpunkt nicht bezeichnet, kann insoweit dieEinhaltung der Zweiwochenfrist nach den Darlegungen der Beklagtennicht zu ihren Gunsten positiv festgestellt werden. Die vom Klägergerügte und insoweit mangelhafte Tatsachendarlegung geht zu ihrenLasten.
Auch für die weiteren dem Kläger als Grund für die fristloseKündigung vom 28. Oktober 2009 vorgeworfenen Verhaltensweisen(Schlechtleistung, Minderleistung, beharrliche Arbeitsverweigerung)hat die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten.Die bemängelten Verhaltensweisen datieren sämtlich aus einer Zeitvor dem Hausverbot. Anhaltspunkte dafür, dass sie der Beklagtenerst danach bekannt geworden wären, sind nicht ersichtlich.
3. Wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat, hat dasArbeitsverhältnis jedoch durch die am 27. Juli 2009 schriftlichausgesprochene ordentliche Kündigung, die dem Kläger am 1. August2009 zugegangen ist, zum 28. Februar 2010 geendet.
a) Wegen der zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zumam 1. August 2009 erfolgten Zugang des Kündigungsschreibens vom 27.Juli 2009, denen die Kammer folgt, wird auf diese Bezug genommen, §69 Abs. 2 ArbGG.
b) Die Kündigungsfrist für die Beklagte beträgt sechs Monate zumMonatsende. Der von den Parteien ab November 2008 vorgenommeneAustausch der Leistungen ist zusammen mit ihren vorausgegangenenVerhandlungen und den Verhandlungen im April/Mai 2009 alskonkludenter Abschluss eines Arbeitsvertrages, der - jedenfallshinsichtlich der anzuwendenden Frist für die ordentliche Kündigungdes Arbeitsverhältnisses € mit dem Inhalt des Entwurfs, dender Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten im April 2009 perE-Mail übermittelte (Bl. 8 bis 12 d.A.) zustande gekommen ist,auszulegen.
Nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Vertrag allerdings erstgeschlossen, wenn sich die Parteien über alle Punkte desbeabsichtigten Vertrages geeinigt und dazu übereinstimmendeErklärungen abgegeben haben; diese Bestimmung gilt jedoch nur€im Zweifel€, sie ist Auslegungsregel, nichtgesetzliche Vermutung (BAG 7. August 1980 € 2 AZR 843/78€ nv., zitiert nach juris mwN.). Ein Vertrag kommt trotzfehlender Einigung in einem Punkt dann zustande, wenn es sich ausden Umständen ergibt, dass sich die Parteien ohne Rücksicht auf denoffengebliebenen Punkt endgültig binden wollten. Diese Absicht derParteien muss allerdings deutlich erkennbar sein. Ein Zeichen fürdiesen Willen kann die Ausführung des Vertrages durch die Parteientrotz lückenhafter Vereinbarung sein. Haben sich die Parteien überdie grundlegenden Arbeitsbedingungen geeinigt, so kann imallgemeinen ein Arbeitsvertrag ohne nähere Bestimmung deroffengebliebenen Nebenabreden als verbindlich angesehen werden,wenn ihn die am Vertrag Beteiligten in Vollzug gesetzt haben, essei denn, dem steht eine ausdrückliche gegenteilige Vereinbarungentgegen. Durch die bewusste Durchführung des unvollständigenVertrages haben die Parteien dessen grundsätzliche Geltungbekundet. Eine andere Frage ist, was hinsichtlich desoffengebliebenen Punktes gilt. Jedenfalls kann keine der Parteienden bereits durch Vollzug in Geltung gesetzten Vertrag im Ganzen ander Nichtregelung des Nebenpunktes scheitern lassen (BAG 7.August2008 a.a.O.). Zwar besteht bei dem Vollzug einzelnerVertragsbestimmungen grundsätzlich keine Vermutung dafür, dass derganze Vertrag als abgeschlossen gelten soll. Im vorliegenden Fallhaben die Parteien aber auch über die Dauer der Kündigungsfristnachträglich Einigkeit erzielt. War gemäß der E-Mail desGeschäftsführers der Beklagten aus dem Mai 2008 sowohl die Regelungder Kündigungsfristen als auch die Regelung der Probezeit offen, soerfolgte eine konkludente Einigung hinsichtlich dieser beidenPunkte im April/Mai 2009. Nachdem der Geschäftsführer im Mai 2008die Frage nach der Dauer der Kündigungsfristen, also der für beideParteien jeweils geltenden Kündigungsfrist, gestellt hatte, indemer formulierte €Kündigungsfristen/Probezeit 6 Monate€€und die Parteien das Arbeitsvertragsverhältnis seit November 2008in Vollzug gesetzt hatten, übersandte der Kläger demGeschäftsführer im April 2009 einen Arbeitsvertragsentwurf, der in§ 2 sowohl bezüglich der Dauer der Probezeit als auch bezüglich derKündigungsfrist €für jede der Vertragsparteien€ eineRegelung über 6 Monate enthält. Damit ist der Kläger der vomGeschäftsführer der Beklagten geäußerten €Bitte um Wünscheund Ergänzungen€ nachgekommen. Auf diesen dem Geschäftsführerder Beklagten zugegangenen Arbeitsvertragsentwurf reagierte diesermit der Mitteilung nur einer €Änderungs-Vorstellung€,die er in seiner E-Mail vom 8. Mai 2009 ausdrücklich in Bezug aufden Verantwortungsbereich des Klägers benannte. Demgemäß istzwischen den Parteien über die bis dahin noch offenen Punkte€ unter anderem die Länge der Kündigungsfristen €Konsens hergestellt worden.
Die mangelnde Schriftform des Vertrages steht der Wirksamkeitder Vereinbarung über die Kündigungsfrist nicht entgegen. Nach den§§ 125, 154 Abs. 2 BGB hat der Mangel der vereinbarten Formgrundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge. DieseRegelung gilt jedoch ebenfalls nur €im Zweifel€, dasheißt, ein anderer Wille der Parteien darf nicht ersichtlich sein.Zwar enthält der vom Kläger übersandte Vertragsentwurf in § 11 Abs.1 Satz 1 eine Regelung zur Schriftform. Dies betrifft jedoch nurÄnderungen und Ergänzungen nicht aber den Abschluss des Vertrages.Auch Satz 2, wonach mündliche Nebenabreden nicht getroffen sind,lässt keine Vereinbarung darüber erkennen, den Vertrag nur beischriftlicher Beurkundung wirksam werden zu lassen.
c) Da auf das Arbeitsverhältnis der Parteien dasKündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, endet dasArbeitsverhältnis unter Einhaltung der sechsmonatigenKündigungsfrist am 28. Februar 2010. Andere Unwirksamkeitsgründesind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Kündigung nichtdeswegen unwirksam, weil sie auf dem Briefpapier der Einzelfirmaabgefasst ist. Zum einen ist das Berufungsgericht an dieFeststellung des Arbeitsgerichts gebunden, die Beklagte habe dasArbeitsverhältnis gekündigt, zum anderen ist dieKündigungserklärung vom Geschäftsführer der Beklagten selbstausdrücklich auf das Dienstverhältnis des Klägers mit der Beklagtengerichtet und letztlich hat die Beklagte auch zeitlich nahe zumKündigungsausspruch den Briefkopf der Einzelfirma noch verwandt(vgl. Bl. 218 d.A.) und der Kläger hat die Kündigung ersichtlichals eine solche der Beklagten verstanden und angegriffen.
4. Auf die Wirksamkeit der am 28. Oktober 2009 erklärtenhilfsweise ordentlichen Kündigungen kommt es nicht mehr an, dadiese unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist dasArbeitsverhältnis nicht vor dem 28. Februar 2010 beendenwürden.
5. Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen dieVerurteilung zur Zahlung der Bruttovergütung für August 2009wendet.
a) Der Anspruch besteht € nachdem das Arbeitsverhältnisder Parteien zwar im gesamten Monat August 2009 noch bestanden hat- bis zum 25. August 2009 gemäß § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag.Ab dem 26. August 2009 bis zum Ende des Monats folgt derVergütungsanspruch des Klägers aus §§ 611, 615 BGB iVm. demArbeitsvertrag. Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges (§§ 293 ffBGB) liegen vor. Nachdem sich die Beklagte mit dem am 25. August2009 erklärten Hausverbot ernsthaft und endgültig geweigert hat,den Kläger weiterzubeschäftigen, brauchte der Kläger sich nichtausdrücklich zur Weiterbeschäftigung bereit zu erklären; einsolches Angebot war sinnlos und deswegen überflüssig.
b) Der Anspruch besteht in Höhe von € 13.695,15 brutto.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Kläger nicht nurder um die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 1.928,74geminderte Lohnanspruch zu. Zwar ist der Arbeitgeber nach § 28 gSGB IV berechtigt und verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträgevom Arbeitsentgelt abzuziehen und an den Sozialversicherungsträgerabzuführen und er erfüllt den Entgeltanspruch des Arbeitnehmersdadurch, dass er die vom Arbeitnehmer geschuldeten Steuern undSozialversicherungsbeiträge vom Entgelt einbehält, an das Finanzamtund den zuständigen Sozialversicherungsträger abführt sowie dasverbleibende Entgelt an den Arbeitnehmer auszahlt (BAG 29. Juli1980 - 6 AZR 231/78 € BAGE 34, 80, 83, 85 und - 6 AZR 1098/78- AP BPersVG § 46 Nr. 1). Führt der Arbeitgeber die einbehaltenenBeträge ab, leistet er €kraft gesetzlicher Anordnung anDritte mit der Folge der Schuldbefreiung nach § 362 BGB€. Diebürgerlich-rechtliche Schuld des Arbeitgebers gegenüber demArbeitnehmer erlischt (BAG 29. Juli 1980 - 6 AZR 231/78 - aaO und -6 AZR 1098/78 € aaO; BGH 21. April 1966 - VII ZB 3/66 - APBGB § 611 Lohnanspruch Nr. 13). Aber die Beklagte hat auf daszulässige Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen insoweit, § 138Abs. 4 ZPO, nicht hinreichend dargelegt, dass sie die Abführungwirklich getätigt hat, mithin Erfüllung tatsächlich eingetretenist. Die zu den Akten gereichten Anlagen A 17 und A 18 belegen€ wenn überhaupt - keinesfalls die Abführung von Beiträgen zuGunsten des Klägers. Insoweit es sich dabei um getätigte Zahlungenzu Gunsten des Klägers handeln soll, ist den Anlagen nicht zuentnehmen. Soweit die Beklagte sich noch auf das Zeugnis desSteuerberaters beruft, ist ihr Vortrag nicht hinreichend, denn dassder Steuerberater die Zahlungen der Beiträge selbst getätigt habensoll, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen, so dassnicht ersichtlich ist, inwieweit der Zeuge überhaupt geeignet ist,eigene Wahrnehmungen zur streitigen Tatsache zu bekunden. DieBeklagte könnte aber den Erfüllungseinwand im Rahmen derZwangsvollstreckung erneut erheben.
Die Aufrechnung der Beklagten gegen die Bruttolohnforderung desKlägers für August 2009 ist unzulässig. Gegen Bruttolohnforderungendes Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber nicht mit Gegenansprüchenaufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Das isthier nicht der Fall. Aufgerechnet werden kann nur gegenNettolohnforderungen des Arbeitnehmers (BAG 13. November 1980 - 5AZR 572/78 - nv.; 16. März 1994 - 5 AZR 411/92 € nv., zitiertnach juris Rn. 43; 22. März 2000 € 4 AZR 120/99 € nv.,zitiert nach juris). Andernfalls wäre nicht klar, in welcher Höhedas Gericht über die Gegenforderung entschieden hat. Nach § 322Abs. 2 ZPO ist €die Entscheidung, dass die Gegenforderungnicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnunggeltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig€. DerUmfang der Rechtskraft darf aber nicht unklar bleiben. Auch wenndie Klage aufgrund der Aufrechnung abgewiesen werden soll, mussfeststehen, in welcher Höhe die zur Aufrechnung gestellteGegenforderung erloschen ist. Das wäre bei der von der Beklagtenerklärten Aufrechnung nicht der Fall. Die zu den Akten gereichtenAbrechnungen der Monate Juli und August 2009 sowie Dezember 2008ermöglichen keinen Rückschluss auf die geschuldete monatlicheNettovergütung.
6. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat,bestehen auch die Vergütungsansprüche des Klägers für die außerdemnoch eingeklagten Monate September 2009 bis einschließlich Dezember2009 dem Grunde nach gemäß §§ 611, 615 BGB iVm. demArbeitsvertrag.
Die monatliche Vergütung des Klägers betrug € 13.695,15brutto. In Höhe dieses Bruttobetrages ist die Beklagte dem Klägerzur Zahlung verpflichtet. Auf die Erörterungen unter 4. b) wirdverwiesen. Davon sind allerdings die dem Kläger in den MonatenSeptember, Oktober und November 2009 gezahltenArbeitslosengeldleistungen in unstreitiger Höhe von monatlich€ 2.181,-- abzuziehen, § 115 SGB X.
Für den Monat Dezember 2009 sind € 2.481,-- an gezahltemGründungszuschuss (vgl. Bl. 298 d.A.) abzuziehen. Dabei kanndahinstehen, ob insoweit nicht bereits ein Anspruchsübergang imSinne von § 115 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeitstattgefunden hat. Der Gründungszuschuss stellt eine aufgrundanderweitiger Verwendung der Dienste erworbene Leistung im Sinnevon § 615 BGB dar (vgl. in diesem Sinne BAG 16. November 2005€ 10 AZR 152/05 - EzA HGB § 74c Nr. 35). Nach § 57 SGB III,in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung, ist wesentlicheAnspruchsvoraussetzung für den Bezug des Gründungszuschusses derEinsatz der eigenen Arbeitskraft für den Aufbau einer selbständigenwirtschaftlichen Tätigkeit. § 57 Abs. 1 SGB III setzt für dieZahlung eines Gründungszuschusses die €Aufnahme einerselbständigen Tätigkeit€ voraus. Diese Tätigkeit konnte derKläger trotz des formal zur Beklagten bestehendenArbeitsverhältnisses nur deshalb aufnehmen, weil diese ihn nichtmehr beschäftigt hat. Diese Situation stellt sich nicht anders dar,als hätte der Kläger Verdienst aus einer anderweitigen Verwendungseiner Arbeitskraft bezogen, den er nicht hätte erzielen können,wenn er im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten seineArbeitsleistung hätte erbringen müssen (vgl. LAG Köln 15. Oktober2003 € 7 Sa 163/03 - NZA-RR 2004, 612-614; LAGBerlin-Brandenburg 8. September 2009 € 7 Sa 703/09 €zitiert nach juris). Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieteteine Anrechnung des Gründungszuschusses. Der Arbeitnehmer soll ausdem Annahmeverzug keinen Vorteil ziehen, also nicht mehr erhalten,als er bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Arbeitsverhältnisseserhalten hätte. Dies wäre aber der Fall, wenn dem Kläger zum einender Gründungszuschuss, für den der Einsatz seiner Arbeitskrafterforderlich ist, zum anderen das Arbeitsentgelt seitens derBeklagten zustehen würde.
Der Zinsanspruch auf die zu zahlende Vergütung der Monate Augustbis einschließlich Dezember 2009 ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.Allerdings ist für die Monate September bis Dezember 2009 nur derum das von der Bundesagentur für Arbeit gezahlte Arbeitslosengeldbzw. den Gründungszuschuss verminderte Vergütungsanspruch zuverzinsen (BAG 13. Juni 2002 € 2 AZR 391/01 - AP BGB § 615Nr. 97).
7. Die Berufung ist teilweise begründet, soweit sie sich gegendie Verurteilung zur Zahlung von € 1.346,25 netto richtet.Insoweit ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat imBerufungsrechtszug dargelegt, dass der Kläger wegen einerÜberzahlung gleicher Höhe im Dezember 2008 ungerechtfertigtbereichert war. Die tatsächlichen Grundlagen der Überzahlung sindim Berufungsrechtszug zwischen den Parteien unstreitig. DemRückzahlungsanspruch der Beklagten aus § 812 BGB steht auch keinearbeitsvertragliche Ausschlussfrist entgegen. Denn € wiebereits ausgeführt - besteht bei dem Vollzug einzelnerVertragsbestimmungen grundsätzlich keine Vermutung dafür, dass derganze Vertrag als abgeschlossen gelten soll. Anhaltspunkte dafür,dass die Beklagte € wie bei der streitigen Kündigungsfrist€ mit der Vereinbarung der Ausschlussfrist von 3 Monatengemäß § 11 Abs. 3 des Arbeitsvertrages einverstanden war, bestehennicht. Gesetzliche Gründe sprechen ebenfalls nicht gegen denRückforderungsanspruch der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht für die erste Instanz auf § 92 ZPOausgehend von einem Kostenstreitwert von € 147.630,90 unterBerücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme des Klägersbezüglich des angekündigten Antrages nach § 256 ZPO und des fürSeptember und Oktober 2009 bezogenen Arbeitslosengeldes. DieKostenentscheidung für den Berufungsrechtszug folgt aus § 97 ZPO,wobei die Kosten für den Teilerfolg der Berufung bezüglich derVergütungsforderung für Juli 2009 der Beklagten nach § 97 Abs. 2ZPO auferlegt wurden.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil kein Revisionsgrund imSinne von § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegt.
Hessisches LAG:
Urteil v. 21.06.2011
Az: 15 Sa 254/10
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