Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 20. November 1996
Aktenzeichen: 16 Wx 217/96
(OLG Köln: Beschluss v. 20.11.1996, Az.: 16 Wx 217/96)
Es widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Gemeinschaft beschließt, zur Prüfung der Rechtswirksamkeit von Beschlüssen früherer Wohnungseigentümerversammlungen ein Rechtsgutachten einzuholen. Die Umlage dieser Kosten scheitert nicht an § 16 Abs. 5 WEG, selbst wenn es möglich erscheint, daß infolge dieses Gutachtens später gegen einen Miteigentümer ein Prozeß geführt wird.
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß der 29. Ferienzivilkammer des Landgerichts Köln vom 19. August 1996 - 29 T 68/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist
statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 45 Abs.
1 WEG, §§ 27, 29 FGG). In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch
keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer
Verletzung des Gesetzes, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO.
1. Amts- und Landgericht haben es übereinstimmend abgelehnt, den
Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juni 1995 zu TOP
3 b) - Abrechnung der Kosten eines Rechtsgutachtens zur
Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom
26. April 1994 (3.910,-- DM) zu Lasten der
Wohnungseigentümergemeinschaft - für ungültig zu erklären, da es
sich bei den Kosten des Rechtsgutachtens um solche ordnungsgemäßer
Verwaltung handle. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Gemäß §
16 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, unter
anderem die Kosten der Verwaltung anteilig zu tragen. Der Begriff
der Kosten der Verwaltung ist im weitesten Sinne zu verstehen
(Weitnauer, Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl. § 16 Rn. 14). Es
handelt sich um all jene Kosten, die zu einer ordnungsgemäßen
Verwaltung erforderlich sind (Henkes/Niedenführ/Schulze,
Wohnungseigentumsgesetz, 2. Aufl. § 16 Rn. 16). Ordnungsmäßig ist,
was dem geordneten Zusammenleben in der Gemeinschaft dient und dem
Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem
Ermessen entspricht, wobei den Wohnungseigentümern ein gewisser
Entscheidungsspielraum zugebilligt wird (Weitnauer aaO § 21 Rn. 12
m.w.N.).
Die Einholung des Rechtsgutachtens stellt sich danach als eine
Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung dar, deren Kosten umgelegt
werden durften. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, daß das
Gutachten zur Vorbereitung der vom Antragsteller initiierten
Wohnungseigentümerversammlung vom 17. August 1994 eingeholt worden
war: Da in dieser Versammlung über die Gültigkeit der Beschlüsse
aus der Eigentümerversammlung vom 26. April 1994 beraten werden
sollte, unter den Wohnungseigentümern Unsicherheit über die
Ordnungsmäßigkeit der genannten Beschlüsse entstanden war und nach
dem Willen des Antragstellers eine Abstimmung über die Aufhebung
dieser Beschlüsse herbeigeführt werden sollte, hatte sich für die
Wohnungseigentümergemeinschaft das Bedürfnis nach einer
unabhängigen rechtlichen Bewertung der angegriffenen Beschlüsse
ergeben. Dem trug die Verwalterin im Einverständnis des
Verwaltungsbeirats durch die Beauftragung der Gutachter Rechnung.
Die Rüge des Antragstellers, die Einholung des Gutachtens habe nur
dazu gedient, die Verwalterin zu schützen, greift im Hinblick
hierauf schon im Ansatz nicht.
Zu Recht ist das Landgericht des weiteren davon ausgegangen, daß
§ 16 Abs. 5 WEG der Umlage der Gutachterkosten nicht entgegensteht.
Nach dieser Vorschrift gehören die Kosten eines gerichtlichen
Verfahrens nach § 43 WEG nicht zu den Kosten der Verwaltung im
Sinne des § 16 WEG, da in diesen Fällen das Gericht nach § 47 WEG
entscheidet, wer die Verfahrenskosten und die außergerichtlichen
Kosten der Beteiligten zu tragen hat. Diese gerichtliche
Entscheidung soll nicht durch Mehrheitsbeschluß der Eigentümer
unterlaufen werden können (Henkes/Niedenführ/Schulze aaO § 16 Rn.
17). Darum geht es im Streitfall nicht. Das Landgericht weist
zutreffend darauf hin, daß das Rechtsgutachten nicht im Rahmen
eines gerichtlichen Verfahrens nach § 43 WEG eingeholt wurde. Die
Rechtsbeschwerde verfolgt diesen Gesichtspunkt daher zu Recht nicht
weiter.
Sie beanstandet aber, die Beauftragung der Gutachter habe
deshalb nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen, weil der
Verwalterin seinerzeit bekannt gewesen sei, daß der Antragsteller
zur Frage der Gültigkeit der Beschlüsse aus der
Wohnungseigentümerversammlung vom 26. April 1994 bereits ein
gerichtliches Anfechtungsverfahren eingeleitet hatte. Auch hiermit
hat die Rechtsbeschwerde aber keinen Erfolg. Zwar trifft es zu, daß
die Verwalterin bei Einholung des Gutachtens im Juni 1994 darüber
unterrichtet war, daß eine Antragsschrift des Antragstellers bei
Gericht eingereicht worden war. Das Landgericht hat jedoch zu Recht
darauf hingewiesen, daß dies die Einholung des Gutachtens nicht
etwa entbehrlich machte. Die Antragsschrift wurde der
Wohnungseigentümergemeinschaft nämlich nach den Feststellungen des
Landgerichts erst Ende September 1994 zugestellt, das heißt nach
der Wohnungseigentümerversammlung, in der nach dem Willen des
Antragstellers über die Aufhebung der streitigen Beschlüsse
abgestimmt werden sollte und zu deren Vorbereitung das Gutachten
gerade diente.
Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang schließlich
rügt, die Verwalterin hätte nach Zustellung der Antragsschrift im
September 1994 aus Gründen der Kosteneinsparung die Rechtsanwälte
mit der Prozeßvertretung beauftragen müssen, die das
Rechtsgutachten erstattet hatten, greift auch das nicht. Zum einen
ändert dieser Einwand an der Feststellung, es habe sich bei der
vorliegend allein im Streit stehenden kostenpflichtigen
Beauftragung der Gutachter um eine Maßnahme ordnungsgemäßer
Verwaltung gehandelt, nichts: Das Gutachten war bereits über zwei
Monate vor Einschaltung der Prozeßanwälte in Auftrag gegeben
worden. Zum anderen verkennt der Beschwerdeführer aber auch, daß
die spätere Beauftragung der Gutachter mit der Prozeßvertretung
nicht zu einer Kosteneinsparung für die
Wohnungseigentümergemeinschaft geführt hätte. Da die Ausarbeitung
eines Gutachtens stets eine besondere Angelegenheit im Sinne der
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte darstellt, wird die hierbei
anfallende Gebühr nach § 21 BRAGO nicht auf Prozeßgebühren oder
sonstige Gebühren angerecnet (Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert,
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 12. Aufl., § 21 Rn. 10;
Riedel/Sußbauer/Fraunholz, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte,
7. Aufl., § 21 Rn. 8).
2. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Beschwerde des
Antragstellers auch zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den
Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juni 1995 zu TOP
4 - Verteilerschlüssel - richtet: Der Beschluß mußte nicht
notwendig einstimmig gefaßt werden, da er keine Ànderung des
festgelegten Verteilungsschlüssels beinhaltet, sondern lediglich
die bereits mit Beschluß vom 1. Dezember 1984 einstimmig
festgelegte Regelung wiederholt. Soweit der Antragsteller rügt, der
Beschluß sanktioniere darüber hinaus die bisherige Praxis, die den
1984 beschlossenen Verteilungsschlüssel jedoch nicht exakt
angewendet habe, bleibt auch dies ohne Erfolg. Das Landgericht hat
den streitgegenständlichen Beschluß in rechtlich nicht zu
beanstandender tatrichterlicher Würdigung dahin ausgelegt, daß hier
allein die Anwendbarkeit des seinerzeit beschlossenen
Verteilungsschlüssels bestätigt wird und die Abrechnungspraxis,
soweit sie diesen Verteilungsschlüssel zur Grundlage hat. Nach der
Auslegung des Landgerichts enthält der streitgegenständliche
Beschluß daher nicht etwa zugleich eine Genehmigung sämtlicher
Abrechnungen der Vergangenheit in all ihren Einzelheiten. Die vom
Antragsteller aufgeworfene Frage, ob und inwieweit einzelne
Kostenpositionen der jeweiligen Abrechnungen möglicherweise nicht
unter Anwendung des vereinbarten Verteilungsschlüssels abgerechnet
wurden, wird deshalb durch den Beschluß nicht beantwortet.
Eventuell in diesem Zusammenhang bestehende Einwendungen werden
durch ihn also auch nicht abgeschnitten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Für die Anordnung
der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht keine
Veranlassung.
Wert der weiteren Beschwerde: 8.910 DM
OLG Köln:
Beschluss v. 20.11.1996
Az: 16 Wx 217/96
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