Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. März 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 65/01
(BPatG: Beschluss v. 26.03.2003, Az.: 26 W (pat) 65/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der Marke 399 50 528 Flaschenpostfür die Waren und Dienstleistungen
"Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere; Werbung; Transportwesen; Verpackung von Waren"
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren und Dienstleistungen
"Transport von Gütern mit Kraftfahrzeugen, Vermietung von Mobiliar, Gläseren, Geschirr, Bestecken, Tischwäsche, Dekorationsartikeln im Sinne eines Partydienstes; Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke, nämlich Weine, Spirituosen und Liköre, alkoholische Milch-Mischgetränke, Cocktails und Aperitifs auf Spirituosen- oder Weingrundlage, weinhaltige Getränke"
eingetragenen älteren Marke 398 26 888 siehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen "alkoholische Getränke; Transportwesen; Verpackung von Waren" gelöscht und den Widerspruch im übrigen sowie den Kostenantrag der Markeninhaberin zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Marken bestehe Verwechslungsgefahr, soweit die erforderliche Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen gegeben sei. Die beiderseitigen Waren seien identisch. Die mit der jüngeren Marke beanspruchten Transport- und Verpackungsdienstleistungen lägen im engsten Ähnlichkeitsbereich der von der Widersprechenden ausgeübten Dienstleistung "Transport von Gütern mit Kraftfahrzeugen". Die Praxis auf dem Logistiksektor sei dadurch geprägt, dass Transportunternehmen auch vorbereitende Verpackungsdienstleistungen anböten. Die beiderseitigen Marken seien in klanglicher Hinsicht ähnlich, weil der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke durch das Wort "FLASCHENPOST" geprägt werde. Der weitere Wortbestandteil "Getränke-Service" sei rein beschreibender Natur. Deshalb bestehe im Umfang der festgestellten Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit Verwechslungsgefahr. Ein Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten, der die beantragte Kostenauferlegung rechtfertigen könne, liege nicht vor.
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie hat das ursprüngliche Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke beschränkt auf die Dienstleistungen "Werbung; Transportwesen, nämlich Briefe oder Paketversand von Flaschen durch Transportdienstleister oder Versand von persönlicher Post per Flaschen bzw ähnlicher Verpackungen" und vertritt die Ansicht, es bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die unter der angegriffenen Marke beworbenen und transportierten Waren seien höherwertig und würden als Präsentartikel gehandelt. Weil der Begriff "Flaschenpost" für eine Nachricht in einer Flasche und nicht für einen Getränkeservice stehe, sei eine Verwechslungsgefahr mit dem Getränkekastentransport einer Getränkehandlung ausgeschlossen.
Demgegenüber vertritt die Widersprechende die Ansicht, die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen seien auch nach der von der Markeninhaberin erklärten Beschränkung ähnlich. Die von ihr weiterhin beanspruchten Transportdienstleistungen fielen nach wie vor in Teilbereichen unter den mit der Widerspruchsmarke eingetragenen Oberbegriff "Transport von Gütern mit Kraftfahrzeugen". Maßgeblich hierfür sei, dass die von der Markeninhaberin beanspruchten Dienstleistungen mangels einer entsprechenden Beschränkung auch solche unter Einsatz von Kraftfahrzeugen umfassten und es sich bei den von ihr transportierten bzw. versandten Flaschen um Güter im Sinne der für die Widersprechende registrierten Dienstleistung handele. Die Bezeichnung "Flaschenpost" sei normal kennzeichnungskräftig, weil sie umgangssprachlich eine Bezeichnung für eine Nachricht sei, die in einer verschlossenen Flasche ins Wasser geworfen werde und irgendwo von einem Finder aufgefischt werde, und damit keine Beschreibung des Transports von Gütern mit Kraftfahrzeugen darstelle. Sie präge die Widerspruchsmarke, weil der weitere Wortbestandteil "Getränke-Service" beschreibend sei. Beide Marken richteten sich auch an den Endverbraucher. Eine Beschränkung auf höherwertige Waren sei aus dem Dienstleistungsverzeichnis der Markeninhaberin nicht ersichtlich. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht auch unter Berücksichtigung der von der Markeninhaberin erklärten Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses die Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S.d. genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).
Die von der Markeninhaberin nach der Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Transportdienstleistungen sind mit der umfassenderen Dienstleistung "Transport von Gütern mit Kraftfahrzeugen", für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, teilweise identisch, soweit sie von diesem weiten Oberbegriff umfasst werden, und im übrigen sehr ähnlich. Die allein im Sachvortrag geltend gemachte Beschränkung der Dienstleistungen der Markeninhaberin auf höherwertige Waren findet auch in dem eingeschränkten Dienstleistungsverzeichnis keinen Ausdruck und kann schon von daher keine Berücksichtigung finden. Sie würde im übrigen auch bei einer Aufnahme in das Dienstleistungsverzeichnis keine für die Markeninhaberin günstigere Beurteilung rechtfertigen, weil der im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltene, weitergehende Dienstleistungsbegriff auch den Transport höherwertiger Güter umfasst.
Auch die beiderseitigen Marken sind ähnlich. Zwar unterscheiden sie sich insgesamt aufgrund der in der Widerspruchsmarke neben dem Wort "FLASCHENPOST" enthaltenen weiteren Bestandteile voneinander. Jedoch kann auch einem einzelnen Markenbestandteil ausnahmsweise eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zukommen, wenn er den Gesamteindruck einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Marke prägt, indem er eine eigenständig kennzeichnende Funktion aufweist, und wenn die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUSCH / ELFI RAUCH).
Die Widerspruchsmarke wird jedenfalls in klanglicher Hinsicht durch den Begriff "Flaschenpost" geprägt, der für die Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, normal kennzeichnungskräftig ist, weil er in seiner dem Verkehr bekannten Bedeutung einer Mitteilung, die in eine Flasche gesteckt und ins Wasser geworfen wird, um von einem Unbekannten gefunden und gelesen zu werden, die Dienstleistungen der Widersprechenden nicht beschreibt. Das in der Widerspruchsmarke weiterhin enthaltene Wort "Getränke-Service" trägt zur Prägung des Gesamteindrucks der Marke dagegen nichts bei, weil es lediglich die Art der von der Widersprechenden angebotenen Dienstleistung bezeichnet. Da sich der Verkehr zur Benennung einer Marke erfahrungsgemäß in erster Linie ihrer Wortbestandteile bedient und die in der Widerspruchsmarke enthaltene Abbildung einer Flasche zwar grundsätzlich benennbar ist, jedoch nicht dazu taugt, die Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens gegenüber solchen anderer Anbieter zu bezeichnen, wird auch dieser Bildbestandteil vom Verkehr bei der Benennung der Widerspruchsmarke vernachlässigt werden. Hinzu kommt, dass das Wort "FLASCHENPOST" die Widerspruchsmarke wegen seines Fettdrucks, seiner Unterstreichung und seiner Wiedergabe in Versalien blickfangmäßig dominiert und sich dem Verkehr dadurch zur Benennung dieser Marke geradezu aufdrängt.
Angesichts der Identität der angegriffenen Marke mit dem die Widerspruchsmarke prägenden Wortbestandteil und der Identität bzw hochgradigen Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen besteht zwischen den Marken Verwechslungsgefahr, so dass die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg haben konnte.
Für eine Aufhebung der Kostenentscheidung der Markenstelle besteht angesichts des Verfahrensausgangs kein Anlass. Auch für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) fehlt es an hierfür ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten.
Albert Kraft Reker Ju Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)65-01.2.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 26.03.2003
Az: 26 W (pat) 65/01
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