Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 20. November 2000
Aktenzeichen: NotZ 22/00
(BGH: Beschluss v. 20.11.2000, Az.: NotZ 22/00)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 4. August 2000 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 100.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1960 geborene Antragsteller wurde am 10. April 1992 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht W. und dem Landgericht A. zugelassen. Er bewarb sich um die im Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 1999 ausgeschriebene Notarstelle im Amtsgerichtsbezirk W. Am 4. Februar 2000 teilte ihm der Antragsgegner mit, er beabsichtige, die Stelle einem Mitbewerber zu übertragen. Im Hinblick auf ein Fehlverhalten des Antragstellers im Straßenverkehr, das zu einer Verurteilung durch das Amtsgericht S. geführt habe, vermöge er die persönliche Eignung des Antragstellers für das Notariat (noch) nicht zu bejahen. Hiergegen hat der Antragsteller erfolglos Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt er die Anträge, den Antragsgegner zu verpflichten, ihn zum Notar zu bestellen, hilfsweise erneut über seinen Antrag zu entscheiden, weiter. Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 111 Abs. 4 BNotO, § 42 Abs. 4 BRAO), aber nicht begründet.
Nach der Rechtsprechung des Senats kommt der Landesjustizverwaltung bei der nach § 6 Abs. 1 BNotO gebotenen Prognose, ob ein Bewerber aufgrund seiner richtig festgestellten und rechtlich zutreffend bewerteten persönlichen Umstände (nachstehend zu 1.) für das Amt des Notars geeignet ist, ein Beurteilungsspielraum zu (BGHZ 134, 137). Den Prognosespielraum überschreitet der ablehnende Bescheid des Antragsgegners vom 4. Februar 2000 nicht (nachstehend zu 2.).
1. Der der Bestellung des Antragstellers zum Notar entgegenstehende Umstand, seine Verurteilung durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 19. Februar 1998 (im wesentlichen) wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung infolge Trunkenheit und unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§§ 142, 315 c Abs. 1 Ziff. 1 a Abs. 3 Nr. 2 StGB) steht außer Streit. In dem Verhalten des Antragstellers ist ein Charakterfehler hervorgetreten, der rechtlich geeignet ist, eine negative Prognose für die Eignung zu dem Amt zu begründen. Zu Unrecht stellt der Antragsteller darauf ab, ob eine Verfehlung gleicher Art zur Entfernung eines Notars aus dem Amt führen könnte. An der persönlichen Eignung für das Amt im Sinne der Bestellungsvoraussetzung fehlt es nicht nur dann, wenn der Bewerber in dem Falle, daß er bereits zum Notar bestellt wäre, des Amtes enthoben (§ 50 BNotO) oder wegen eines Verhaltens, das ihn für den Beruf unwürdig erscheinen läßt, aus dem Amt entfernt werden müßte (§ 97 BNotO); es genügt, wenn sonstige Gründe von Gewicht vorhanden sind, die der Eignung entgegenstehen (Senatsbeschl. v. 9. Januar 1995, NotZ 30/93, BGHR BNotO n.F. § 6, Eignung 5). Ebensowenig kommt es darauf an, daß Mandanten des Antragstellers, auch nachdem dessen Verfehlung, wie er mitteilt, im Amtsgerichtsbezirk bekannt geworden ist, seine Dienste als Rechtsanwalt oder als Notarvertreter weiterhin in Anspruch nehmen. Maßgeblich ist nicht allein oder in erster Linie die persönliche Einschätzung von Mandanten, der Antragsteller werde ihre Angelegenheiten ordnungsgemäß betreuen. Der Antragsgegner hat vielmehr darauf zu achten, daß das Ansehen des Amtes als solches und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Amtsinhaber in ihrer Gesamtheit keinen Schaden leidet. Trunkenheit im Verkehr und Unfallflucht sind Verhaltensweisen, die mit der Würde des Berufs (§ 14 Abs. 3 BNotO) unvereinbar sind und deshalb die Eignung für das Amt in Frage stellen.
2. Die Prognoseentscheidung des Antragsgegners läßt keinen Beurteilungsfehler erkennen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Ablauf der Bewerbungsfrist Mitte Juni 1999 (Senatsbeschl. v. 22. März 1999, NotZ 33/98, BGHR BNotO § 6, Eignung 13), konnte der Antragsgegner, was entgegen der Auffassung des Antragstellers genügt, vom Fortbestehen von Zweifeln an der Eignung für das Amt (st. Rspr., Senatsbeschl. v. 26. März 1973, NotZ 7/72, DNotZ 1974, 755 f; v. 18. September 1995, NotZ 30/94, NJW-RR 1996, 311; v.
20. März 2000, NotZ 22/99, ZNotP 2000, 404) ausgehen. Die am 31. Dezember 1997 begangene Trunkenheitsfahrt mit Unfallflucht lag erst ca. 1 1/2 Jahre zurück. Auch wenn der Antragsteller, wie er mitteilt, den Schaden aus eigenen Mitteln beglichen hat und sich seither -über das Gebotene hinaus -einer abstinenten Lebensführung befleißigt, konnte der Antragsgegner sich rechtsfehlerfrei die Meinung bilden, die objektiv begründeten Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers seien noch nicht ausgeräumt. Auch war -was allerdings allein nicht entscheidend ist -der Zeitpunkt der Tilgung der Verurteilung im Bundeszentralregister noch in die Ferne gerückt (voraussichtlich:
19. Februar 2003; zur Berücksichtigung getilgter Vorstrafen vgl. aber § 52 Abs. 1 Ziff. 4 BZRG). Eine "Ablehnung der Rechtsordnung" hat der Antragsgegner dem Antragsteller nicht zum Vorwurf gemacht, auch ein einmaliges Fehlverhalten kann indessen der Berufung in das Amt entgegenstehen. Die Beurteilung der Dauer des erforderlichen "Wohlverhaltens" gehört zum Kernbereich des Prognosespielraums des Antragsgegners. Das Vorbringen des Antragstellers läßt keine Verletzung der dort geltenden Regeln erkennen.
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BGH:
Beschluss v. 20.11.2000
Az: NotZ 22/00
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